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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.04.2018

Ein etwas anderer Krimi

Mordzeitlose
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„...Das Schauspiel der Herbstzeitlosen war beeindruckend,wenn sie in den ersten Tagen des Herbstes an die Erdoberfläche kroch und den nahenden Winter ankündigte...“

Das Buch beginnt heftig. Eine Frau ...

„...Das Schauspiel der Herbstzeitlosen war beeindruckend,wenn sie in den ersten Tagen des Herbstes an die Erdoberfläche kroch und den nahenden Winter ankündigte...“

Das Buch beginnt heftig. Eine Frau stirbt – langsam und bei vollem Bewusstsein.
Dann folgt kursiv das Zitat über die Herbstzeitlose.
Margrit lebt in einer Gärtnerei in Brandenburg. Nach dem Tode der Mutter hat sich in ihrem Leben nicht viel geändert. Zwar hofft sie auf die Zuneigung des Vaters, die aber nimmt eher ab. Eine alte Türklinke erinnert sie an den Unfall der Mutter.
Die Autorin hat einen etwas anderen Krimi geschrieben. Ermittlungen spielen nur eine Nebenrolle. Dafür werde ich tief hinein in die Welt der Botanik geführt. Eigentlich erzählt die Autorin die Lebensgeschichte ihrer Protagonistin, die von mehreren Morden begleitet wird.
Margrits Kindheit ist von wenig Liebe geprägt. Ihre Mutter ist mit dem Dasein in der Gärtnerei unzufrieden. Margrit darf keine Freundinnen mit nach Hause bringen und auch selbst keine Besuche machen. Sie lebt in der DDR. Dort ist diese völlige Abschottung eher ungewöhnlich.
Die Pflanzen werden Margrits Ein und Alles. Jahre später wird sie Gartenbau in Ost-Berlin studieren, als Redakteurin bei einer Zeitung sich Geld zu verdienen und ihre Ideen mit Claus Steiner,einem Biologen an der Gartenakademie in West-Berlin brieflich diskutieren.
Claus Steiner, karrieregeil, von sich überzeugt, überheblich, ist der Meinung, die Ideen der seiner Meinung nach kleinen Biologin für sich nutzen zu können.
Der Schriftstil ist sehr ausgereift. Obwohl Pflanzen in vielen Dingen eine überragende Rolle in der Erzählung spielen, würde ich ihn nicht als romantisch bezeichnen. Selbst die vielfältigen Metapher sorgen für einen eher sachlichen Stil. Alles andere würde Margrits Charakter nicht gerecht werden. Das zeigt das folgende Zitat:

„...Das Leben sei nun einmal so, hatte Margrit ihren Vater zu trösten versucht. Es sei wie eine Pflanze, die wurzelte und Blüten trieb und Blätter fallen ließ und manchmal, wenn sie keinen Halt mehr hatte, wie eine Ranke eigene Wege ging...“

Ab und an werden in Rückblenden Margrits Erinnerungen aufgearbeitet.
Die Ermittlungen zum Tode der Mutter werden schnell zu den Akten gelegt. Die Unfallversion klingt plausibel. Nur einem lässt die Geschichte keine Ruhe, Manfred Everding,Leutnant der Kripo.
Margrits Ziel ist es unter anderen, ihr Modell des „Slow Gardenings“ umzusetzen. Die Pflanzen sollen Zeit haben, sich zu entwickeln. Langsamkeit ist gesagt. Das gilt gleichermaßen für den Erzählstil des Buches. Nichts geschieht übereilt. Episode reiht sich an Episode. Nur an einer Stelle bricht die Autorin aus dem Schema aus. Nach der Wende werden auf wenigen Seiten einige Jahre Weltgeschichte komprimiert zusammengefasst. Das dient aber eher dazu, aufzuzeigen, wie viel Zeit wieder vergangen ist.
Wer auf einen spannenden Krimi hofft, ist bei diesem Buch mit Sicherheit falsch. Es lässt sich nur genießen, wenn man sich auf die Langsamkeit der Geschichte einlässt und sich Muse für manche Feinheiten in der Erzählung nimmt. Dazu gehören auch die sehr subtilen Zwischentöne im Briefverkehr der beiden Protagonisten Margrit Kunkel und Claus Steiner.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die vielfältigen Informationen zu Pflanzen und ihren Besonderheiten und Margrits Ideen für die Verwendung von Giftpflanzen zeugen von einer umfangreichen Recherche der Autorin auf diesem Gebiet.

Veröffentlicht am 22.04.2018

Starke Frauen

Bräute auf Abwegen
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„...Und wieder geritten diese lästigen Schmetterlinge in ihrem Bauch in Aufruhr, nicht nur, weil sie ihm so nah war, sondern auch wegen ihrer eigenen Nervosität...“

Das Buch enthält drei Liebesgeschichten ...

„...Und wieder geritten diese lästigen Schmetterlinge in ihrem Bauch in Aufruhr, nicht nur, weil sie ihm so nah war, sondern auch wegen ihrer eigenen Nervosität...“

Das Buch enthält drei Liebesgeschichten von drei verschiedenen Autorinnen. .Jede ist anders und jede hat ihren eignen Reiz.
In der ersten Geschichte wird Daniel die Farm von Josiah verlassen, um sich ein eigenes Leben aufzubauen. Marietta, Josiahs Tochter, ist in Daniel verliebt und möchte vor seinem Weggang Daniels Liebe erringen. Dabei ahnt sie nicht, dass Daniel einen harten Kampf zwischen seiner Zuneigung zu ihr und seiner Loyalität gegenüber ihren Vater auszufechten hat. Die Tochter des Chefs ist tabu.
Die Erzählung steckt voller Humor. Das Besondere des Schriftstils ist, dass Marietta einen Groschenroman liest, in dem der Held um seine Braut kämpft. Zu Beginn jedes Kapitels werde ich mit dem Inhalt dieser Geschichte konfrontiert.
Das Eingangszitat stammt aus dieser Erzählung und gibt Mariettas Gefühle wieder.
In der zweiten Geschichte hilft Josiah Katie, ein Kalb während eines heftigen Unwetters aus dem Fluss zu retten. Dann aber stürzt die Brücke ein, und Josiah kann nicht mehr zurück. Während beide in Katies Haus sind, erscheint ein Fremder und verlangt Einlass. Die jungen Leute, und selbstverständlich auch ich als Leser, sind skeptisch und befürchten, einen Banditen zu beherbergen.
Katie und Josiah geben sich ihm gegenüber als Ehepaar aus. Vor allem Katie hat ernsthafte Probleme, ihre Rolle glaubhaft zuspielen. Die Gespräche zwichen Josiah und Katie und ihr Verhalten geben der Geschichte einen humorvollen Anstrich, während das auftreten des Fremden eher für Spannung sorgt.
In der letzten Erzählung, die mir von allen dreien am besten gefallen hat, flieht die 18jährige Carrie zusammen mit ihrem 17 Jahre alten Bruder Isaak am Abend vor der geplanten Hochzeit. Carrie ist der Preis für des Vaters Spielschulden. Ihre ältere Schwester schickt ihnen den Texas Ranger Big John Conroy entgegen, damit sie auf ihrer Flucht sicher sind.
Diese Geschichte hat einen sehr ernsten Hintergrund. Sie wird spannend erzählt. Obwohl Carrie und John Sympathie füreinander empfinden, scheint eine Heirat in weiter Ferne. Andererseits wäre Carrie dann vor ihrem Bräutigam Keegan sicher, denn der will keine beschädigte Ware, kann es aber auch nicht vertragen, wenn er nicht seinen Willen bekommt.
Der Schriftstil ist gut lesbar. Die flucht wird detailgenau mit all ihren Gefahren geschildert. Dabei steht nicht nur Carrie im Mittelpunkt, sondern auch Isaak reit zu einem jungen Man, der seinen Aufgaben gewachsen ist.
Allen drei Geschichten gemeinsam sind die gut ausgearbeiteten Dialoge, die mir einen Einblick in die Gedankenwelt der Protagonisten ermöglichen. Außerdem sind es stets die Frauen, die das Geschehen in die Hand nehmen, auch wenn das vielleicht in der letzten Geschichte auf den ersten Blick nicht so wirkt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 21.04.2018

Es ist nicht vorbei!

Grado im Nebel
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„...Er hatte es sich nicht ausgesucht. Die Verhaftung dieses Narren, der alles auf sich genommen hatte, war ein Geschenk des Himmels an ihn. Ein Wink des Schicksals...“

Die Geschichte beginnt mit den ...

„...Er hatte es sich nicht ausgesucht. Die Verhaftung dieses Narren, der alles auf sich genommen hatte, war ein Geschenk des Himmels an ihn. Ein Wink des Schicksals...“

Die Geschichte beginnt mit den Gedanken eines Täters. Im Vorgängerband hatte eine anderer die Morde gestanden. Obiges Zitat zeigt, dass der eigentliche Täter weiß, was das für ihn bedeutet.
Camilla ist schwanger. Doch ihr Freund weiß nichts davon und will sie verlassen. Sie verlässt die gemeinsame Wohnung, um nachzudenken. Wenige Stunden später ist sie tot.
Der Fall landet bei Commissaria Maddalena.
Die Autorin hat erneut einen fesselnden Krimi geschrieben. Der hohe Spannungsbogen wird auch dadurch erreicht, dass die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird.
Während Maddalena zweifelt, ob sie damals den richtigen Täter verhaftet haben, ist ihr Chef der festen Überzeugung, dass dem so war. Das Arbeitsklima zwischen beiden ist angespannt. Mit Arturo kommt eine junger Mitarbeiter ins Team, der seine Stelle der Tatsache zu verdanken hat, dass sein Vater mit Maddalenas Chef befreundet ist. Außerdem fällt er durch äußere Schönheit auf.
Ginevra, eine junge Frau, die im Vorgängerband zu den Opfern gehörte und überlebt hat, bekommt ihr Leben langsam wieder in den Griff. Sehr gut wird beschrieben, wie sie Schritt für Schritt zurück in den Alltag kehrt. Dabei bleibt ihr ein latentes Gefühl für Gefahren. Gleichzeitig ist es ein Auf und Ab zwischen Erfolg und Niederlage. Allerdings hat sie gelernt, sich zu wehren.
Toto, als Täter verhaftet und geistig behindert, gelingt es, das Krankenhaus zu verlassen. Auch hier wird die psychische Tiefe des Protagonisten sehr gekonnt ausgeleuchtet. Er ist gutmütig, lässt sich ausnutzen und kann mit seinen Ängsten schlecht umgehen. Die Angst vor dem EEG war es, die ihn zur Flucht getrieben hat.
Für den eigentlichen Psychopathen aber ist diese Flucht das Signal, seine Bedürfnisse nun auszuleben. Es ist seine Chance, erneut unerkannt und unbestraft davon zu kommen. Allerdings gelangt er an die falschen Frauen. Sie reagieren nicht so, wie er erhofft hat.
Und dann verselbständigt in Folge eines Motorradunfalls das Geschehen.
Der Schriftstil ist sehr ausgereift. Gerade die Gefühle der Protagonisten werden sehr ausführlich dargestellt. Das geschieht zum einen durch ihr Handeln, zum anderen gewährt mir die Autorin einen Einblick in die Gedankenwelt der Personen.
Durch ihren trockenen Humor fällt vor allem Maddalenas Mutter auf.
Bildhafte Beschreibungen der Landschaft sorgen für Ruhepunkte, insbesondere wenn es um Maddalenas Privatleben geht. Folgendes Zitat zeigt das.

„...Vor ihnen dehnte sich die karge graubraune Landschaft, die durch Sonnenstrahlen zum Leuchten gebracht wurde, bis zum Horizont. Sie möchte den Kontrast des rötlichen Lehmbodens zum hellen Kalk...“

Gerade bei diesen Krimi der Autorin ist es günstig, wenn man den Vorgängerband kennt, da es vielfältige Verknüpfungen dahin gibt.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin versteht es, die Personen gekonnt in den Mittelpunkt ihrer Handlung zu stellen und die eigentlichen Taten so kurz wie möglich und nur so lang wie notwendig zu schildern.

Veröffentlicht am 19.04.2018

DAS hätte schief gehen können ...

Schwiegerzorn - Konrad von Kamms 4. Fall
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„...Man lebt nur einmal, und es ist keine Generalprobe...“

Konrad von Kamm ist aus dem Urlaub mit Kati zurück und findet sofort einen neuen Fall vor. Auf einem Campingplatz wurde ein junger Mann erschlagen. ...

„...Man lebt nur einmal, und es ist keine Generalprobe...“

Konrad von Kamm ist aus dem Urlaub mit Kati zurück und findet sofort einen neuen Fall vor. Auf einem Campingplatz wurde ein junger Mann erschlagen. Konrad bringt sich in die Ermittlungen mit ein, lässt die Leitung aber weiter bei Utzschneider, der sie bisher hatte.
Die Autorin hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben.
Im Team gibt es eine neue Kriminalistin. Ilga Richter wird verstärkt zusammen mit Konrad arbeiten. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig. Amor, der Tote, hätte in wenigen Wochen das Erbe seines Vaters antreten können. Der war ein Star in der Musikbranche. Sein Schwiegervater hatte Amor vor einiger Zeit rausgeschmissen. Die Verhältnisse in der Familie sind unterirdisch. Gewalt ist die Regel, nicht die Ausnahme.
Doch auch Konrad hat familiäre Probleme. Sein Schwiegervater nimmt die Trennung von Konrad und Sabine persönlich. Und auch er schlägt gern zu. Dabei interessiert ihn überhaupt nicht, dass seine Tochter schon viele Jahre volljährig ist.
Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass der Täter im Bereich des Campingplatzes zu vermuten ist. Deshalb geben sich Konrad und Ilga als Ehepaar aus und ziehen mit Ilgas Wohnwagen auf den Platz.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Was sich schon im letzten Teil andeutete, setzt sich hier fort. In jeder Zeile ist spürbar, dass Konrad ernsthaft über seine Zukunft nachdenkt. Einerseits bekommt er ein Angebot, dass er eigentlich nicht ablehnen kann, andererseits möchte Kati mit ihm durch die Welt reisen. Mit seinen Kollegen kann und will Konrad nicht darüber reden. Deshalb kommt ihm der Einsatz auf dem Campingplatz gerade recht. Allerdings ahnen weder er noch Ilga, dass sie sich damit in Lebensgefahr begeben, zumal Konrad wie eh´und je zu Alleingängen neigt.
Sehr anschaulich werden die Verhältnisse beim Campen beschrieben. Der Platz ist noch nicht ganz in der Neuzeit angekommen. MANN säuft und redet, FRAU kümmert sich um den alltäglichen Kleinkram. Die beiden werden schnell in die Gruppe der Dauercamper integriert.
Dort erfahre ich als Leser auch einiges über Konrads und Ilgas Vergangenheit. Jeder der beiden hat sein Päckchen zu tragen.
Zwei der Protagonisten bringen eine etwas andere Farbe ins Geschehen. Das ist zum einen Hildegard von Kamm, Konrads Mutter. Die alte Dame weiß genau, was sie will und sagt unverblümt ihre Meinung. Sie verfügt über einen trockenen Humor. Zum anderen ist das Franz von Wies, Konrads Onkel. Auch er ist nicht mehr der Jüngste und neigt zu philosophischen Betrachtungen. In dem Zusammenhang fällt das Eingangszitat.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Ich hoffe, dass das heftige Ende trotzdem weitere Fälle für Konrad bereit hält.

Veröffentlicht am 15.04.2018

Fesselnder und brisanter Krimi

Mann ohne Makel
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„...Wenn er seine Rache nicht vollenden konnte, musste er sterben, ohne dass sein Leben einen Sinn gehabt hatte...Schuld vererbt sich, wenn der Schuldige nicht ausgestoßen wird aus der Familie. Nichtwissen ...

„...Wenn er seine Rache nicht vollenden konnte, musste er sterben, ohne dass sein Leben einen Sinn gehabt hatte...Schuld vererbt sich, wenn der Schuldige nicht ausgestoßen wird aus der Familie. Nichtwissen schützt nicht vor Bestrafung...“

Josef Maria Stachelmann, Dozent für Geschichte an der Universität von Hamburg, liest im Zug einen Artikel über die Ermordung der kleinen Tochter des Maklers Maximilian Hollers. Der Fall gibt den Kriminalisten Rätsel auf, da zuvor die Ehefrau und ein Sohn des Maklers umgebracht wurden. Eigentlich hat Stachelmann eigene Probleme. Sein Vorgesetzter erwartet endlich sein Habilitationsschrift. Daran hängt seine Stelle an der Universität. Stachelmanns Forschungsthema beschäftigt sich mit den Konzentrationslagern im Dritten Reich, ihrer Entstehung und Entwicklung.
Dann erhält er einen Anruf von Ossi Winter, Kriminalkommissar der Hamburger Kripo und einstiger Begleiter in den Studienjahren. Stachelmann glaubt, den Namen Holler schon einmal in anderen Zusammenhang gehört zu haben, kann sich aber nicht daran erinnern.
Der Autor hat einen fesselnden und tiefgründigen Kriminalroman geschrieben, der mich sofort in seinen Bann gezogen hat.
Stachelmann ist ein Protagonist mit Ecken und Kanten. Nach einer hochgelobten Doktorarbeit kann er sich jetzt kaum zum Schreiben eines wissenschaftlichen Artikels aufraffen. Hinzu kommt, dass er mit heftigen Rheumaschüben leben muss. Seine Vorlesungen sind bei den Studenten beliebt. Allerdings erhofft sich zumindest eine Studentin mehr von ihm. Dazu ist er aber nicht bereit.
Nachdem die Polizei so gut wie keine Spur im Falle Holler hat, versucht man nun, dessen Vergangenheit zu durchleuchten, um herauszufinden, wen er sich zum Feind gemacht haben könnte. Noch lebt ein Sohn. Den gilt es zu schützen. Dabei bittet Ossi Stachelmann um Hilfe. Der findet eine Spur weit in die Vergangenheit und ahnt nicht, dass er damit auch dunkle Punkte in der Lebensgeschichte seines Vaters aufdecken wird und selbst in Lebensgefahr kommt.
Der Schriftstil des Buches unterstützt einerseits den hohen Spannungsbogen, lässt andererseits Platz für Ruhepunkte und Zeit zum Nachdenken.
Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören die gut ausgearbeiteten Dialoge. Das Gespräch mit dem Vater wirkt fast gequält. Er sagt nicht mehr als nötig. Das folgende Zitat gibt die Ansicht des Vaters wieder:

„...Wir konnten uns den Staat nicht aussuchen. Was wir tun mussten, bestimmten die Gesetze. Was sollte ein kleiner Mann daran ändern?...“

Einige Kapitel widmen sich dem Täter. Das Eingangszitat stammt von ihm. Er ist Jude, wurde mit der Kinderverschickung nach England geschickt, hat bei der Rückkehr keinen seinen Verwandten mehr vorgefunden und musste erleben, dass ihm jede Wiedergutmachung verweigert wurde. Sein Vater war Makler. Seine Kindheit in England war hart.
Ossis Sarkasmus sorgt für eine weitere Facette in der Geschichte. Als er sich mit Stachelmann in der Kneipe trifft und der Gedanke aufkommt, dass das Motiv in der Nazizeit liegen könnte, fasst er seine Arbeit folgendermaßen zusammen:

„...Ich arbeite in einem milchverarbeitenden Gewerbe. Was ich denke, ist Quark. Was ich tu, ist Käse. Aber manchmal kommt am Ende sogar Sahne dabei heraus. Zumindest in schwierigen Fällen...“

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. SO spannend kann Aufarbeitung der Vergangenheit sein!