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Veröffentlicht am 30.12.2022

Überraschend spannender Roman

Ein ganzes Leben lang
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„Ein ganzes Leben lang“ von Rosie Walsh war eine Leihgabe mit dicker Empfehlung, aber von der Autorin hatte ich bis dato noch nichts gehört, wenn mir auch das Cover von ihrem ersten Bestseller „Ohne ein ...

„Ein ganzes Leben lang“ von Rosie Walsh war eine Leihgabe mit dicker Empfehlung, aber von der Autorin hatte ich bis dato noch nichts gehört, wenn mir auch das Cover von ihrem ersten Bestseller „Ohne ein einziges Wort“ durchaus mal ins Auge gefallen war. Deswegen war das Ganze für mich also völliges Neuland und ich war überrascht, wie rätselhaft die Handlung erzählt wurde. Natürlich ist „Ein ganzes Leben lang“ kein Thriller oder Krimi, aber ich fand, dass das Miträtseln tatsächlich ein wichtiger Hauptfaktor dieser Geschichte war. Manches war mehr vorhersehbar als anderes, aber alleine die Tatsache, dass dann auch im letzten Fünftel noch etwas Neues ausgepackt wird, diese Aufgabe habe ich teilweise in dem typischen Genre Thriller/Krimi nicht erfüllt gesehen, weswegen ich dementsprechend schon einmal angetan war.

Zuvorderst ist „Ein ganzes Leben lang“ aber eine gefühlsbetonte Geschichte, weil wir das gemeinsame Leben von Emma und Leo kennenlernen. Es geht um ihre Liebesgeschichte, der wir in Rückblenden beiwohnen und es geht vor allem um Emmas Lebensgeschichte, die in ihren 39 Jahren wirklich sehr bewegend und abwechslungsreich ist. Dennoch macht es das Buch mit ihr nicht einfach. Den Umständen entsprechend muss sie im Gegensatz zu Leo undurchschaubar bleiben. Zwar merkt man deutlich, dass sie ein gutes Herz hat, weswegen meine Alarmglocken nie geschrillt haben, aber dennoch bleibt sie in ihrem ganzen Handeln undurchdringlich, weil auf der einen Seite diese deutlich spürbare Liebe für ihre Familie ist und weil sie auf der anderen Seite dennoch an ihren jahrelangen Geheimnissen festhält, obwohl es wohl das 1x1 einer Beziehung ist, dass so etwas nie gut ausgehen kann. Auch wenn Emmas Verhalten später erklärt wird und in einem engen Verhältnis zu Leos Geschichte steht und welche Muster wohl durch die Wahrheit bei ihm bedient worden wäre, so ist doch augenscheinlich, dass vor allem Angst der Antrieb war, Angst, Leo zu verlieren.

Leo ist wirklich die herzensgute Seele dieses Buchs. Bis auf den zweiten Teil, der Emmas Vergangenheit aufklärt, sind seine Kapitel in der Überzahl und er ist auch ein wirklich guter Kompass für diese Geschichte, denn er steht sinnbildlich für uns Leser, denn er ist so unwissend wie wir und gemeinsam graben wir nach der Wahrheit. Auch wenn im Verlauf der ganzen Entdeckungen viele hässliche Gedanken durch Leos Kopf zirkeln (aber kann man ihm das wirklich vorwerfen?!), so ist er ein sehr verzeihender Mensch, aber einer, der es im eigenen Tempo machen muss. Am Ende war ich etwas enttäuscht, dass die Versöhnung des Paares relativ simpel gelöst worden ist, weil sie mit ihrer Liebe doch für mich das Zentrum bildeten, was dann nach hinten raus etwas vernachlässigt wurde. Mir war zwar immer klar, dass die Liebe zwischen den beiden alles überstehen wird, aber eine richtige Aufarbeitung hätte deswegen sicherlich nicht geschadet.

Ein wirklich beeindruckender Aspekt des Buchs ist auch der zweite Teil, der wie angedeutet, Emmas Vergangenheit erklärt. Ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, weil es zu viel vom eigentlichen Inhalt wegnehmen würde, aber ich war beeindruckt, wie Walsh hier ihre Perspektive dargestellt bekommen hat. So etwas habe ich bislang wirklich selten zu lesen bekommen und ich war tief beeindruckt, wie echt sich das alles anfühlte. Es war düster und man hätte einerseits gerne die Seiten überblättert, um endlich wieder Licht im Dunkeln zu sehen, aber andererseits war es auch zu faszinierend und einnehmend, hier solche Gedanken einmal geschildert zu bekommen. Janices Perspektive, die anteilig nur wenig Rolle spielt, aber dennoch sehr entscheidend ist, ist eine gute Ergänzung, auch weil die beiden Frauen so sinnbildlich für viele Konflikte stehen.

Fazit: Ich war überrascht, wie spannend „Ein ganzes Leben lang“ gelungen ist. Manches war sicherlich irgendwann abzusehen, aber nicht alles und diese Aufgabe erfüllt mancher Krimi oder Thriller nicht. Vielleicht ging für die Spannung manchmal die Gefühlsebene etwas unter, gerade der Ausgang war dann doch etwas abrupt, aber alles in allem ein wirklich empfehlenswerter Roman.

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Veröffentlicht am 20.12.2022

Mixtape-Flop

Denn ohne Musik werden wir ertrinken
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Brittainy C. Cherry wartet mit einer neuen Dilogie auf, die sich der Musik widmet und daher den Reihentitel Mixtape trägt. „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ bildet nun den Anfang und ich habe mich ...

Brittainy C. Cherry wartet mit einer neuen Dilogie auf, die sich der Musik widmet und daher den Reihentitel Mixtape trägt. „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ bildet nun den Anfang und ich habe mich am Anfang doch erstmal ganz schön zurechtfinden müssen, weil ich dachte, ich wäre im falschen Buch bei der falschen Autorin gelandet. Auch wenn Cherry immer schon auf Sexszenen gesetzt hat, so ist das für mich nicht der vorrangige Aspekt, der mir bei ihr als Autorin ins Auge fällt. Dementsprechend war ich doch etwas irritiert, wie oberflächlich der Einstieg daherkam und wie speziell Ian sich verhalten und gedacht hat. Cherrys Bücher sind für mich vor allem immer eine tolle Gelegenheit, schöne Zitate zu genießen und zu sammeln, aber im ersten Viertel habe ich höchstens vielleicht eine Liste mit versauten Sprüchen und Anspielungen füllen können…

Zum Glück bekommt Cherry schließlich die Kurve. Auch wenn sie sehr bemüht ist, Ian, aber natürlich auch Hazel, menschlich zu erklären, so bleibt der Einstieg für mich doch zu klischeehaft-oberflächlich. Hinterher wird vieles besser und ich habe mich mehr und mehr in das Setting hineinfinden können, aber dennoch wird mit „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ nicht als Highlight in Erinnerung bleiben. Das liegt neben dem Einstieg auch an dem Umstand, dass die Musik so prominent über den Titel in Szene gesetzt wird, aber die Geschichte hat mir das nicht so in dem Umfang geboten, wie ich mir das erhofft hätte. Auch als Hazel schließlich als Songschreiberin einspringt, wäre für mich der logische nächste Schritt gewesen, dass auf die tatsächlichen Texte näher eingegangen wird. Es gibt nur so minimale Eindrücke, dass ich mir kein wirkliches Bild machen konnte, was für eine Musik The Wreckage eigentlich auf die Beine stellen. Dazu hat es mich einfach gestört, dass Hazel nicht mehr Anteil an dem Erfolg der Band hatte. Wenn man sich manchmal die Booklets anschaut, da ist wirklich jeder aufgeführt, der nur ein minibisschen an dem Album oder dem einzelnen Track mitgewirkt hat. Das Buch vermittelt, dass Hazel die Retterin ist, aber dafür wird das nahezu null gewürdigt. Gerade auch, als der Manager es auf Hazel als Störfaktor abgesehen hatte und nicht einmal zur Sprache kam, dass sie die Band eigentlich an diesen Punkt gebracht hat. Dieses Buch macht Hazel und der Musik nicht genug Ehren…

Abseits davon ist aber wieder eine süße Liebesgeschichte entstanden, die erstmal in Fahrt kommen muss. Spätestens als klar ist, wie eng die Geschichte von Hazel und Ian ist, da wirkt es noch mehr wie Bestimmung. Man kann die Szenen der beiden wirklich genießen, auch weil sie zusammen viel erwachsener als getrennt wirken. Aber auch die Großeltern von Ian sind als Nebenfiguren sehr wichtig für die Geschichten. Abseits davon geht es viel um Kriminalität und kaputte Charaktere, wo viel mit gearbeitet wird, was aber zu dem ländlichen Setting einer hoffnungslosen Stadt passt. Spätestens mit dem Sprung nach L.A. und dass Hazel familiäre Verantwortung übernimmt, hat mir die Geschichte gut gefallen, weil sie bedeutungsvoller wurde und weil auch zunehmend die geliebten Botschaften eine Rolle spielten. Es wird schließlich an allen Stellen schön rund, aber die Fehler davor sind dadurch nicht vergessen.

Fazit: „Denn ohne Musik werden wir ertrinken“ ist der Auftakt der Mixtape-Dilogie, den ich aber nicht als Cherry-Highlight bezeichnen kann. Um Musik ging es mir entschieden zu wenig und der Einstieg war auch viel zu oberflächlich. Cherry hat definitiv schon genug Bücher mit besserer Mischung geschrieben.

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Veröffentlicht am 19.12.2022

Das Beste zum Schluss

Worlds Beyond
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Bei Anabelle Stehl empfinde ich es oft so, dass sie inhaltlich mit die stärksten Geschichten für das NA-Genre schreibt, weil sie ausgefeilt, inhaltlich relevant und wichtig sowie mitreißend sind. Jedoch ...

Bei Anabelle Stehl empfinde ich es oft so, dass sie inhaltlich mit die stärksten Geschichten für das NA-Genre schreibt, weil sie ausgefeilt, inhaltlich relevant und wichtig sowie mitreißend sind. Jedoch sind die Liebesgeschichten immer eher Beiwerk gewesen, weswegen ich bei ihr bislang auch kein Paar hätte rauspicken können, das mich im Speziellen auch nachträglich noch beschäftigt hat. Natürlich fand ich die Happy Ends immer schön und es haben auch tolle Paare zueinandergefunden, aber es war da zu wenig Wow-Effekt. Habe ich deswegen aufgehört? Nein, weil ich es honoriere, das NA-Genre etwas aufzuräumen. Dennoch hat Stehl mit „Worlds Beyond“ nun etwas geschafft, denn Nele und Matthew haben sich definitiv nachhaltig in mein Herz geschlichen und das hätte ich so nie erwartet.

Bei so dreiteiligen Reihen mit Einzelgeschichten ist es oft so, dass der erste oder zweite Band als besonderes Highlight in Erinnerung bleiben, so zumindest meine Erfahrung. Stehl hat das für mich jetzt aber umgekehrt, denn „Worlds Beyond“, das ihre Worlds-Reihe rund um Influencer abschließt, ist definitiv mein Liebling geworden. Das hatte ich nicht erwartet, weil mich im Vorfeld der Klappentext nicht sonderlich umgehauen hat und weil Matthew im zweiten Band schon aufgetaucht ist, ohne aber nachhaltig Interesse zu hinterlassen. Zwar wurde zum Abschluss die erste Begegnung von Matthew und Nele angeteasert, aber s war noch zu nichtssagend. Stehl hat es dann aber mit dem eigentlichen dritten Band schnell geschafft, dass Nele und Matthew mein Herz erobern konnten, denn man hat ihnen diese Liebe auf den ersten Blick sofort angemerkt. Da haben sich einfach zwei gefunden, die sich vor allem nicht nur attraktiv fanden, sondern die sofort wichtige Eigenschaften ineinander erkannt haben, weswegen es auch so süß war, was sich Matthew für das erste offizielle Date ausgedacht hat. Auch wenn der Klappentext die erste große Wendung schon verraten hat, so war es für mich gleichermaßen ein Schlag, als ihre gemeinsame Geschichte sofort ausgebremst wurde. Aus Matthews Sicht hat es mir sogar fast mehr leid getan, obwohl natürlich Nele als Volontärin in der schwächeren Position war, aber wenn man so nach und nach seine Geschichte ergründet, da kann man schnell merken, was Liebe und Geborgenheit für ihn bedeutet und er hat es auf dem Präsentierteller und es wird ihm einfach entrissen. Was dann aber auch die Liebesgeschichte weiter aufrechterhalten hat, das war definitiv, dass die Funken weiterhin gesprüht haben, dass also eine knisternde Grundspannung beibehalten werden konnte. Auch wenn sie an manchen Stellen die beiden unvorsichtig hat werden lassen, aber es war authentisch und hat eben unterstrichen, dass sie sich so lieben, dass der Verstand eben aussetzt.

Aber auch abseits der Liebesgeschichte ist wieder eine tolle Erzählung geboten worden, weil die Figuren gut ausgearbeitet waren. Weder Nele noch Matthew schienen mir wirklich nah, auch wenn wir sicherlich einige Hobbys miteinander teilen, und dennoch hatte ich das Gefühl, sie jeweils bei allen Teilschritten nachvollziehen zu können. Es war auch angenehm, dass es angesichts der Vermischung aus Job und Privatleben dennoch immer zivilisiert geblieben ist. Es hat auch Tränen, Häme und Mobbing gegeben, ja, aber dennoch lief alles in einem angemessenen Rahmen ab, mit dem nicht alles gesprengt wurde, nur um möglichst viel Drama zu erzeugen. Es wirkte einfach echt, was zunehmend bemerkend ein echtes Kompliment ist. Der Einblick in den Alltag einer Literaturagentur war spannend, da man sonst eher die Verlagsseite erlebt. Auch wenn nicht übertrieben ins Detail gegangen wurde, man hat doch Matthew als Chef und Nele, die ganz neu anfängt, jeweils ihre Liebe für den Job angemerkt und in einer Zeit, wo nur noch viele arbeiten, um Geld zu verdienen, ist es schön, dass beide etwas gefunden haben, was sie auch wirklich lieben.

Am spannendsten war aber definitiv die Verarbeitung der Thematik, als die Beziehung der beiden aufgeflogen ist, denn sie waren ganz klar in eine schwierige Position gebracht worden. Machtmissbrauch, angebliches Hochschlafen der Frau, so viele Themen sind hier untergebracht und interessant angegangen worden. Aber positiv war auch, dass es nicht statisch geblieben ist, sondern dass in ernste Themen immer viel Persönliches eingebaut wurde, so auch Matthews Fehde mit seinem Mitarbeiter, die weit zurückreicht, die aber schön aufgearbeitet wurde, ohne dass es dafür ein kitschiges Happy End geben musste. Zwischendurch habe ich mich auch gefragt, wie es nun ausgehen kann und alle gewonnen haben. Eine offensichtliche Lösung schien es nicht zu geben, weswegen ich mit der Endlösung von Stehl mehr als glücklich war. Selbstverwirklichung hin oder her, aber es gibt eben auch gewisse Regeln und dementsprechend ist es doch für alle gut ausgegangen.

Fazit: „Worlds Beyond“ ist möglicherweise mein neuer Liebling von Anabelle Stehl, weil sowohl die Geschichte wieder hochaktuell war, aber auch die Liebesgeschichte mich wirklich berührt und bewegt hat. Eine tolle Kombination und ohne Frage ein grandioses Ende für die gesamte Worlds-Reihe.

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Veröffentlicht am 14.12.2022

Vertauschte Rollen mit rundem Ausklang

Fragile Heart
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Um Mona Kasten war es nach ihrer Maxton Hall-Reihe (die im Übrigen jetzt für Prime Video als Serie adaptiert wird!) ruhig geworden, weswegen es doch eine schöne Sache war, dass in diesem Frühling mit „Lonely ...

Um Mona Kasten war es nach ihrer Maxton Hall-Reihe (die im Übrigen jetzt für Prime Video als Serie adaptiert wird!) ruhig geworden, weswegen es doch eine schöne Sache war, dass in diesem Frühling mit „Lonely Heart“ endlich mal wieder etwas von ihr erschienen ist, was mich auch zu begeistern wusste. Auf die Fortsetzung „Fragile Heart“ mussten wir netterweise auch nicht lange warten, denn so waren die Ereignisse aus dem ersten Band noch sehr präsent und ich konnte mich sofort wieder in das Geschehen stürzen.

Die drei Monate Zeitsprung, die zwischen den beiden Bänden liegen, werden durch Nachrichten von Rosie an Adam symbolisiert, die allesamt unbeantwortet bleiben. In der Zwischenzeit hat Adam seinen Entzug und seine Therapie durchgezogen und muss nun wieder langsam im Alltag Halt finden und dort steigen wir ein. Ehrlich gesagt finde ich es schade, dass wir an diesem Therapieprozess nicht intensiver beteiligt waren. Im ersten Band hatte ich schließlich gelobt, dass Kasten sich nicht gescheut hat, Adams gefährliche Spirale authentisch und in voller Dosis abzubilden. Sich nun den wichtigsten Teil der Behandlung zu sparen, wirkt wie eine Abkürzung genommen. Zudem setzt es uns postwendend einen anderen Adam vor. Den mochte ich zwar sehr, weil er immer empathischer wurde, aber es war doch etwas wilde Achterbahn, wenn man zuletzt von Adam seinen absoluten Zusammenbruch vor Augen hatte. Ich will nicht behaupten, dass es eine magische Heilung ist, denn immerhin vergehen ja drei Monate, aber der Kontrast ist riesig und damit erstmal irritierend. Zumal dann umgekehrt in diesen drei Monaten auch Rosie in etwas abgerutscht ist, wo nun bei ihr die Alarmglocken schrillen müssen und somit sind die Rollen einfach mal vertauscht worden.

Aber das ist anfängliches Bemängeln, aber die Entscheidung wurde nun mal getroffen und es gibt auch ehrlich Schlimmeres. Die Stimmung zwischen Adam und Rosie wird erfreulich sofort wieder aufgegriffen. Auch wenn der erste Teil des Buchs erstmal getrennt abläuft, aber das ist auch wichtig, um die aktuelle Situation der beiden zu erklären, wie vor allem auch bei Rosie, dass sie einen neuen Assistenten hat und wie es ihrer Webshow gerade geht. Aber sie denken eben viel aneinander und da entsteht sofort wieder ein Kribbeln. Deswegen ist es gut, als sie wieder Kontakt zueinander aufnehmen, auch wenn stets Elefanten im Raum sind. Es ist nicht unbefangen, aber es ist dennoch auch immer roh ehrlich, was bei der Stange hält, weil es eine interessante Mischung ist. Zudem ist eben wichtig, dass diesmal Adam ihr so viel geben kann, was sie ihm wiederum zuvor gegeben hat. Da ich in Beziehungen einen gewissen Ausgleich immer für wichtig erachte, finde ich schön, dass es so am Ende quasi unentschieden ausgeht und sie sich gegenseitig aus einem sehr dunklen Loch geholfen haben. Dazu ist eben durchgehend etwas in der Luft, was einfach toll ist.

Dennoch hätte ich diesen zweiten Band inhaltlich im Vorfeld wohl so nicht vermutet. Es war eine durchgängig gute Geschichte, vielleicht hätte ich mir jeweils mehr Alltag von beiden wieder gewünscht. Wir haben bei Rosie nur noch dieses unerträgliche Interview mit dem Rüpelrapper sowie der koreanischen Band von Anne Pätzold (liebe sowas ja!), wobei ich den Sinn hinter dem ersten Interview nicht wirklich verstanden haben (das wirkte für mich eher wie Zeitkommentierung statt inhaltliche Bewandtnis). Und Adam braucht zwar verständlich erstmal Abstand von der Musik, aber dennoch liegt auch für die gesamte Band alles brach und mir fehlten dazu die Gespräche, wie die Zukunft aussehen kann etc. Zwar ist es nicht schlecht, dass es so auf Rosie und Adam fokussiert war, weil so eben auch die fehlende körperliche gemeinsame Zeit wieder aufgeholt wurde, aber es wirkte eben so rausgerissen aus dem Alltag, als wäre eine künstliche Blase entstanden. Ich fand daher auch den Grund, warum Rosie bei Adam einzieht, etwas gekünstelt. Dennoch hat die Geschichte so auch echt tolle Momente noch schaffen können, wie Rosies Aussöhnung mit ihrem Vater oder auch das abschließende Benefiz-Konzert, das Musik aus dem Herzen entsprach. Am Ende war die Handlung damit auch rund und das ist eigentlich das wichtigste.

Fazit: „Fragile Heart“ büßt zwar minimal gegenüber „Lonely Heart“ ein, weil das Schwierige diesmal umschifft wurde und manches auch eher gekünstelt wirkte, aber die Handlung war rund, sie hatte ihre wichtige Botschaft und sie hat vor allem eine tolle Liebesgeschichte erzählt.

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Veröffentlicht am 07.12.2022

Eine ungewöhnliche (Liebes-)Geschichte

Anatomy
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Auf „Anatomy“ von Dana Schwartz bin ich durch die Buchcommunity aufmerksam geworden, weil so begeisterte Stimmen wegen des Covers laut wurden und ich muss zugeben, diese geniale Idee mit dem Kleid, das ...

Auf „Anatomy“ von Dana Schwartz bin ich durch die Buchcommunity aufmerksam geworden, weil so begeisterte Stimmen wegen des Covers laut wurden und ich muss zugeben, diese geniale Idee mit dem Kleid, das gleichzeitig so ein Herz darstellt, das hatte schon was. Zwangsweise habe ich mich mit dem Inhalt dann auch auseinandergesetzt und bin bei dem Untertitel „Eine Liebesgeschichte“ hängen geblieben. Passte natürlich zum Cover, aber dennoch war es für mich optisch und logisch erstmal eine wilde Mischung, weswegen es kaum verwundert, dass ich eine Geschichte bekommen habe, die ich so niemals erwartet hätte.

Bei „Anatomy“ handelt es sich um ein Jugendbuch, das im frühen 19. Jahrhundert spielt. Es ist keine Fantasy, es ist tatsächlich einfach historisch, aber mit einer sehr ungewöhnlichen Geschichte. Es ist sicherlich auch ein Krimi, da Protagonistin Hazel in eine mysteriöse Geschichte hineingezogen wird und es ist einfach ohnehin so viel. Solche Bücher bekommt man wirklich selten zu lesen, wobei ich mich stilistisch an „Enola Holmes“, wovon es schon zwei Verfilmungen bei Netflix gibt, erinnert fühlt, da es um eine jugendliche und ungewöhnliche Protagonistin mit scharfem Verstand geht, die allen gesellschaftlichen Widerständen zum Trotz ihren Weg gehen will. Hazel ist aber in erster Linie keine Detektivin, sondern sie ist an der Chirurgie interessiert. Als Frau generell, aber speziell als Dame aus gutem Hause, die schon seit ihrer Kindheit quasi für die Ehe versprochen ist, ist es ein Unding eine Karriere in der Medizin zu verfolgen. Zwar muss man manchmal bei der Geschichte ein wenig die Augen kneifen, um gewisse Umstände als gegeben hinzunehmen, aber dennoch war es auch ein interessanter Einblick in die damalige Zeit.

Hazel wächst einem sofort ans Herz, weil sie so herrlich unangepasst ist und weil man ihr einfach gönnen würde, ihre Träume verfolgen zu können. Man fiebert regelrecht mit ihr mit, wenn sie sich als ihr verstorbener Bruder ausgibt, um chirurgische Vorlesungen besuchen zu können und wie sie schließlich auf eigene Faust sich alles an Wissen aneignet. Manchmal sind die Szenen wirklich brutal, aber ich fand, dass das der Geschichte trotz manchem Augenzwinkern eine wichtige Ernsthaftigkeit gegeben hat. Somit wurde letztlich auch Hazel als Person noch mehr in ihrem Wert hervorgehoben, weil sie eben dickköpfig, sehr intelligent, aber gleichzeitig auch empathisch und durchsetzungsfähig ist. Auf der anderen Seite haben wir Jack, der eher ein sehr einfacher Kerl ist und immer wieder neu ums Überleben kämpfen muss. Er und Hazel haben zusammen eine gute Dynamik, zumal sie ihm erst ein wenig mitleiderregend erscheint, bis er schließlich auch sie durchschaut und ihre Persönlichkeit begreift, so dass er ihr fortan als Auferstehungsmann aushilft und die Leichen ranschafft. Auch wenn sich zwischen den beiden letztlich etwas entwickelt, so würde ich dennoch sagen, dass der Untertitel „Eine Liebesgeschichte“ nicht unbedingt (nur) für sie beide gedacht ist, denn eigentlich geht es vielmehr um die Liebe von Hazel zur Chirurgie, für die sie alles riskiert.

Auch wenn „Anatomy“ mehrteilig ausgelegt ist, hätte dieser Band eigentlich sogar für sich stehen können und dieser Umstand verrät auch viel über den Erzählstil. Es ist manches Mal eher oberflächlich erzählt, vieles passiert ohne große Erklärungen. Das sorgt einerseits dafür, dass sich ein sehr angenehmes Lesetempo ergibt und man sich am Ende fragt, wie schnell man dieses Buch beendet hat, aber es bringt auch an mancher Stelle die Frage auf, wäre hier nicht noch mehr möglich gewesen? Ich bezweifle, dass diese grundsätzliche Stilistik sich im nächsten Band ändern wird, weswegen es ein Abwägen ist, was man von dieser Geschichte will. Natürlich endet der Band auch mit vielen Möglichkeiten und mir würden auch viele Fragen noch in den Kopf schießen, aber gleichzeitig war es auch so, dass es in sich rund und eben letztlich angenehm offen war. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ein Mysterium aufgebaut wird, was dann über zig Bände aufgeklärt werden muss. Dennoch begrüße ich persönlich es, noch mehr aus dieser Welt zu erleben. Eine tiefsinnige Geschichte werde ich sicherlich nicht bekommen, aber eine, die herrlich ungewöhnlich ist und die einfach im vielen Allerlei sehr viel Spaß bereitet.

Fazit: Bei „Anatomy“ mit diesem Cover und diesem Klappentext wäre ich wohl nie auf dieses Endergebnis gekommen, aber genau das ist auch der Trumpf, denn es ist eine außergewöhnliche Geschichte im Stile von „Enola Holmes“, die blutige Chirurgie mit Murder Mystery vermischt. Von „Eine Liebesgeschichte“ aber bitte nicht verleiten lassen, das empfinde ich eher doppeldeutig und unterstreicht für mich eher noch diesen doppeldeutigen Witz der Geschichte.

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