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Veröffentlicht am 17.08.2022

Kritisch-realistischer Blick ins TV-Geschäft

Worlds Apart
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Die Influencer-Reihe von Anabelle Stehl, die in London spielt, geht mit „Worlds Apart“ in die zweite Runde und handelt diesmal von Kaycee, die wir schon kennengelernt haben und die nun ihre große Chance ...

Die Influencer-Reihe von Anabelle Stehl, die in London spielt, geht mit „Worlds Apart“ in die zweite Runde und handelt diesmal von Kaycee, die wir schon kennengelernt haben und die nun ihre große Chance erhält. Ich habe mich sehr auf diesen Band gefreut, weil Kaycee bereits in „Worlds Collide“ einen sehr sympathischen Eindruck gemacht hat und ihre Geschichte dort schon unweigerlich berührt hat. Den Mann an ihrer Seite, Leo, lernen wir ganz neu kennen und er ist Schauspieler. Hier habe ich kurz gestutzt, weil dieser Gegensatz zwischen reichem Star und armem Mädchen von dem Lande doch etwas klischeebesessen ist, aber das hat sich zum Glück nicht bewahrheitet, denn so schonungslos wie der erste Band mit Social Media aufräumte, so gibt es hier einen Blick ins Schauspielgeschäft und generell hinter die Film- und TV-Kulissen.

Ich fand es wirklich respektabel, wie hier dieses öffentliche Geschäft angegangen wurde. Auch wenn Kaycee durch ihre beste Fiona sicherlich viel mitbekommen hat, so verstehe ich, dass sie ihre Liebe für fiktiven Welten oder auch für ihre liebste Backshow immer beibehalten hat, denn ihr Leben ist schon hart genug und sie braucht diese Flucht in etwas anderes, was hoffnungsvoller ist. Als Kaycee aber einmal in der Wettbewerbsshow drin ist, werden nach und nach die einzelnen Schichten abgemacht und verdeutlicht, dass bei solchen Shows nicht der oder die beste gewinnt, sondern eben der oder die mit der besten Geschichte. Das will man oft nicht wahrhaben, weil so vieles 'echt' wirkt, aber so es ist im realen Leben eben. Es war auch gut dargestellt, dass Kaycee das lange wegschieben konnte, weil sie mit dem Gewinn der Show ihren großen Traum verbunden sah, aber letztlich ist sie genau an dem richtigen Punkt für sich eingestanden, denn das Geheimnis ist, in diesem Zirkus sich selbst treu zu bleiben und sich selbst nicht zu verkaufen. Auch wenn Kaycee zwischendurch ganz schön verzweifelt war, man hat immer gemerkt, was für ein Mensch sie ist und sie bleibt sich immer treu.

Mit Leo schauen wir hinter das TV-Geschäft. Ich habe gut nachvollziehen können, warum Stehl auch hier hinter die Kulissen blickt, denn seit vor und hinter der Kamera die Menschen endlich für sich einstehen können, ohne zwangsweise um ihren Job fürchten zu müssen, werden immer mehr schreckliche Geschichten publik. Dementsprechend war es clever, dass als Ausgangslage für Leos Geschichte zu nehmen. Dennoch war es klischeehaft dargestellt, denn gerade diese Sichtweise, dass Paare vor der Kamera auch im echten Leben das Traumpaar spielen müssen, damit es für das Publikum funktioniert, das war einmal. Hier waren so ein paar Elemente gewählt, die ich eher unglücklich fand, während die Reichweite der möglichen Manipulation durch Autoren, Regisseure oder Produzenten wieder deutlich besser war, weil es das im Kern trifft. Aber auch für Leo fand ich es mutig, dass er in einer vermeintlichen Traumwelt nicht glücklich ist, weil es ihm nicht entspricht. Auch allgemein waren die Parallelen zwischen Kaycee und ihm gut. Sie kommen beide aus glücklichen Familien, sie haben beide Prinzipien und sie sind ehrlich zueinander. Das hat in der Struktur wirklich gut funktioniert.

Da es nun schon das fünfte Buch von Stehl ist, was ich lese, lässt sich inzwischen auch eine deutliche Stilistik bei ihren Büchern erkennen. Sie erzählt zwar auch Liebesgeschichten, aber ich empfinde das nie als eigentlichen Kern der Geschichte. Das hat dann zur Folge, dass die Beziehungsentwicklungen für mich selten von krassen Funken oder unwiderstehlicher Chemie begleitet sind. Das ist auch bei Kaycee und Leo wieder zu beobachten. Es wird eine Art Liebe auf den ersten Blick erzählt, doch eben das Besondere, das kommt nicht rüber. Dennoch sollten meine Worte jetzt nicht zu kritisch gewertet werden, denn ich habe bislang jedes Buch sehr gerne gelesen und das eben weil Stehl auch Liebesgeschichten erzählt, die vielleicht eher nüchtern sind, dafür aber immer echt. Auch die Art und Weise, wie das Paar am Ende noch einmal auseinandergetrieben wird, ich empfinde es nie als übertriebenes Drama, sondern als wichtiger Schritt auf einer großen Reise zum eigenen Ich und das wiederum passt dann hervorragend zu den Geschichten, die die Autorin drum herum spinnt. Denn diese sind immer kritisch, emotional und tiefsinnig. Übertriebenes Drama würde hier hinten und vorne nicht passen. Damit hat Stehl eine ganze eigene Mischung, aber eine, die man sich im NA-Genre nicht entgehen lassen sollte.

Fazit: Ich fand das Setting von „Worlds Apart“ mit dem TV-Geschäft sehr interessant, auch weil es den aktuellen Zeitgeist trifft. Auch wenn kleinere Klischees mitgenommen wurden, an den entscheidenden Stellen war es genau realistisch-kritisch, wie ich es als Zuschauerin auch empfinde. Dazu zwei sympathische Figuren, die sich in diesen künstlichen Welten nicht wohl fühlen und daher ihren Weg für sich suchen müssen. Wie immer eine sehr erwachsene Erzählung, die wirklich gut erzählt ist.

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Veröffentlicht am 05.08.2022

Kehrt wieder mehr zu den innigen Wurzeln zurück

Bridgerton - Ein hinreißend verruchter Gentleman
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Band 6 der Bridgerton-Saga von Julia Quinn war für mich als Leserin der bislang größte Angang, auch wenn das bei einer Reihe seltsam formuliert klingt, denn ich hätte den Band schließlich so oder so gelesen. ...

Band 6 der Bridgerton-Saga von Julia Quinn war für mich als Leserin der bislang größte Angang, auch wenn das bei einer Reihe seltsam formuliert klingt, denn ich hätte den Band schließlich so oder so gelesen. Aber als jemand, der die Reihe erst durch die Netflix-Adaption kennengelernt und sich dann auch auf die Bücher eingelassen hat, ist Francesca bislang noch nicht die Figur gewesen, die einen bahnbrechenden Eindruck hinterlassen hat. In der Serie ist sie in den bislang veröffentlichten zwei Staffeln auch wegen Terminschwierigkeiten sehr selten zu sehen gewesen und erst für Staffel 3 kommt nun ein etwas älterer Recast. Aber auch in der Buchreihe war sie bislang nicht die Figur, die wirklich in Erscheinung getreten ist, da ist es doch eher Hyacinth, die als Nesthäkchen mit ihrer großen Klappe in Erinnerung bleibt. Zudem ist auch der männliche Protagonist, Michael, bislang eine völlig unbekannte Figur, was dementsprechend aus „Ein hinreißend verruchter Gentleman“ ein kleines Überraschungspaket gemacht hat.

Was mir von Anfang an gefallen hat, dass der sechste Band auch um eine neue Geschichte bemüht ist. Das habe ich zuvor schon angesprochen, dass aufgrund der sehr viel strengeren gesellschaftlichen Konventionen im frühen 19. Jahrhundert die Möglichkeiten nicht so groß sind, außer dass es gleich skandalös geworden wäre. Das hat die Reihe zwar auch in Kauf genommen, aber es ist eben nicht unendlich viel möglich. Demnach ist eine verwitwete Frau durchaus ein Aspekt, der etwas Interessantes mit sich bringt. Es war auch gut, dass das Buch zu einem Zeitpunkt ansetzt, als Francesca noch in erster Ehe verheiratet ist, um sie so als sehr junge Frau kennenzulernen und so auch ein Gespür für ihren ersten Mann zu bekommen. Zwar ist vieles vom Anfang aus Michaels Sicht erzählt, um seine unglückliche Verliebtheit in die Frau seines Cousins zu unterstreichen, und doch bekommt man einen Eindruck von dieser innigen Liebe. Aber auch Francescas Profil wird schnell geschärft und es passt zu dem bisherigen Eindruck. Sie ist zwar keine schüchterne Person, aber sie ist sehr bedacht auf ihre Unabhängigkeit. Auch wenn sie ihre große Familie liebt, so ist sie auch froh, wenn sie ihre Ruhe hat und ihren eigenen Weg gehen kann. Diese Merkmale merkt man ihr wirklich gut an und gerade dann nach Johns Tod, als Michael als neuer Lord erstmal Indien bereist und sie als Witwe sich um alles kümmert, zeigt sich auch ihre Selbständigkeit und ihr Wille, für sich selbst zu stehen. Was in der Serienversion bislang vor allem durch Eloise verkörpert wird, scheint in der Buchreihe Francesca zu sein und das hat mir wirklich gut gefallen.

Etwas unglücklich finde ich dagegen die zeitliche Einordnung des Bandes, denn sowohl die ersten Kapitel, als Francesca noch jung mit John verheiratet ist, aber auch nach dem Zeitsprung befinden wir uns parallel zu den Entwicklungen der Bände rund um Eloise und Penelope und Colin. Damit ist klar, dass Lady Whistledown zu dem Zeitpunkt noch aktiv ist, weswegen ich es schade finde, dass auf sie nicht gesetzt wurde. Selbst wenn man aufgrund der Reihenfolge der Bücher inzwischen weiß, wer sich hinter dem Alias verbirgt, so hätte es von der Nutzung ihrer Kommentare sicherlich nichts ans Charme weggenommen. Stattdessen wird auf Briefausschnitte von Michael und Francesca gesetzt, die ich persönlich aber wahrlich nicht so unterhaltsam fand. Zwar ist das Geschehen zwischen Michael und Francesca weit ab von gesellschaftlichen Veranstaltungen und viel hätte Lady Whistledown also nicht spitzfündig beisteuern können und doch ist es seltsam, dass sie nicht mal namentlich erwähnt wird. In dem Sinne ist es von Quinn einfach etwas inkonsequent.

Aber zurück zur eigentlichen Liebesgeschichte, die durch den Zeitsprung einen angemessenen Abstand bekommt, wo man versteht, dass sich Francesca wieder auf den Heiratsmarkt stürzen will. Aber es geht ihr weniger um den Mann als vielmehr um eigene Kinder und das ist sicherlich auch der Aufhänger, warum es dann mit Michael so schwierig wird, denn im Geiste hat sich bei Francesca einfach festgesetzt, dass John ihre große Liebe ist und sie sich auf einen angenehmen Mann einlässt, der ihn aber nie ersetzen wird. Michael war aber schon eine enorm wichtige Person für sie, bevor John gestorben ist, was alles durchkreuzt. Ich fand das Hin und Her zwischen den beiden dementsprechend sehr nachvollziehbar, weil sie auch beide ihren Grund hatten, sich zuerst zurückzunehmen und erst unterschwellig eifersüchtig zu reagieren, bis es dann eben immer intensiver wird und zu der langen Episode beim schottischen Landsitz führt. Auch wenn Michael bei mir als Figur keinen besonders bleibenden Eindruck hinterlassen hat und definitiv hinter Francesca für mich zurücksteht und es auch wieder Passagen in dem Buch gibt, die ich etwas seltsam finde, aber was für die Reihe fast schon typisch ist, so ist es doch eine Liebesgeschichte, die mir wieder besser gefallen hat als die zuvor, denn sie war insgesamt intimer von der ganzen Atmosphäre her, die Charakterarbeit war gut und die inneren Prozesse sowie auch das unerwartete Thema Unfruchtbarkeit waren gut dargestellt.

Fazit: „Ein hinreißend verruchter Gentleman“ bringt Francesca das große Glück, die bislang doch eine große Unbekannte war. Aber sie hat sich für mich als positive Überraschung entpuppt und ich habe ihre Geschichte gerne verfolgt. Insgesamt wirklich eine solide Unterhaltung wieder, die sich wieder mehr auf das Zentrale besinnt und einfach eine schöne und für die Reihe anders gestaltete Liebesgeschichte.

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Veröffentlicht am 31.05.2022

Oseman erzählt die wichtigen Geschichten

Loveless (deutsche Ausgabe)
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Auf Alice Oseman wird derzeit jeder aufmerksam, der bei Netflix die überaus charmante und ergreifende Jugendserie „Heartstopper“ gesehen hat. Diese beruht auf der gleichnamigen Graphic Novel-Reihe. Oseman ...

Auf Alice Oseman wird derzeit jeder aufmerksam, der bei Netflix die überaus charmante und ergreifende Jugendserie „Heartstopper“ gesehen hat. Diese beruht auf der gleichnamigen Graphic Novel-Reihe. Oseman hat aber auch schon ausformulierte Jugendbücher geschrieben und dazu gehört „Loveless“, das ich neugierig jetzt gerne mal lesen wollte und dass ich begeistert bin, wäre noch untertrieben, weswegen ich mir schon jetzt wünschen würde, Netflix plant hier auch mit einer Adaption.

In den Stil des Buchs musste ich erstmal einfinden, auch wenn er mir in modernen Jugendbüchern schon öfters begegnet ist, aber es ist für mich doch so selten, dass es immer eine Einfindungsphase ist. Die Kapitel sind relativ kurz und die jeweiligen Überschriften häufig ein Zitat daraus und da ist es auch egal, dass es fast ein ganzer Satz manchmal ist. Durch diesen Stil fegt man zunächst durch das Buch, denn es sind viele Informationen, die Emotionen wirken noch etwas oberflächlich und mittendrin die völlig überforderte Protagonistin Georgia. Nach und nach lichtet sich der Nebel aber und nach der etwas seltsamen Episode zum Abschluss der Schulzeit geht es ans College, wo die eigentliche Geschichte erst richtig losgeht.

Georgia ist zwar schon in der High School damit konfrontiert worden, dass sie noch ungeküsst und eine Jungfrau ist, aber spätestens im College hat sie nur noch einen Gedanken, dass sie die Themen endlich abhaken will, um ihre romantische Liebesgeschichte zu bekommen, denn Georgia liebt Liebesfilme, sie ist großer Fan von Fan Fiction, die auch gerne mal erotischer zugehen darf. Doch das Problem ist, dass Georgia körperliche Nähe, die auf sexuelle Interaktionen hinsteuern, abstoßend findet. Dennoch probiert und probiert sie, mal dieses, mal jenes Geschlecht und immer weiter, weil sie nicht glauben kann, dass Sex und Liebesbeziehungen für sie nichts sind. Was man als Leser und Leserin schnell ahnt, dass sie nämlich asexuell ist, ist für Georgia eine lange Reise zu sich selbst, die in diesem Jugendbuch wirklich sehr einfühlsam dargestellt wird. Sie landet eher zufällig bei der Pride Community, aber eigentlich will sie sich damit gar nicht beschäftigen, denn mit ihr soll ja schließlich alles normal sein, oder? Nach und nach kommt Georgia der Wahrheit auf der Spur, aber auch als die Erkenntnis einmal da ist, ist das nicht gleich einhergehend mit einer Erleichterung, weil sie sich sofort Vorwürfe macht, nicht so wie andere zu empfinden. Die Geschichte von Georgia hat mich wirklich berührt, denn sie ist trotz der spezifischen sexuellen Orientierung dennoch auch universell zu verstehen, wie es vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen (teilweise ja auch Erwachsenen) geht. Deswegen hatte ich „Heartstopper“ schon gelobt, weil es genau die Serie war, die sich meine Generation auch gewünscht hätte und das ist bei „Loveless“ nicht anders, weil es auch thematisch unglaublich den Horizont erweitert.

Das liegt auch an den ganzen Nebenfiguren, denn das Figurenspektrum ist mit Ethnien und sexueller Neigung sehr breit gestreut und jede Figur bekommt eine gleichwertige Geschichte erzählt. Natürlich liegt der Fokus auf Georgia, auch durch ihre Ich-Perspektive und dennoch ist es mir nicht schwer gefallen, mich in die anderen wie Pip, Jason, Sunil und Rooney reinzuversetzen. Georgia ist auch eine empathische Protagonistin, die zwar auch viele verletzte Gefühle hinterlässt, aber das wahrlich nicht absichtlich, sondern aus Überforderung mit sich selbst, aber man merkt deutlich, wie wichtig ihr die ganzen Menschen sind und dass sie ihnen genauso Raum gibt, wie sie ihn für sich selbst erhofft. Insgesamt wird natürlich nur ein sehr kleiner Abschnitt aus Georgias Leben erzählt, der aber sicherlich zu den wichtigsten zählen wird, weil sie sich selbst gefunden hat. Dennoch ist natürlich klar, dass damit nicht ein pauschales Happy End einhergeht und man ahnt, dass sie noch viele Baustellen zu überwinden hat, auch mit dem, was von außen an sie herangetragen wird, und dennoch ist dieser Abschnitt trostspendend. Denn die Figuren werden als wundervolle Familie dargestellt und es wird auch der Fokus generell auf Beziehungen gelegt, ganz abseits von einer oft nur rein romantisch ausgelegten Definition, weswegen das Buch auch voll von tollen Zitaten ist. Für mich ist das wirklich eine Herzensgeschichte gewesen.

Fazit: Wie auch „Heartstopper“ kann man „Loveless“ von Alice Oseman bedingungslos empfehlen, denn die Autorin beschäftigt sich wirklich mit Themen auf eine so einfühlsame und auch geduldige Art und Weise, dass man sich sofort verstanden wird, auch wenn es gar nicht zu 100% die eigene Geschichte ist. Georgias Reise steht aber für uns alle in irgendeiner Form, weswegen wirklich alle etwas mitnehmen werden können, deswegen ran an die Seiten!

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Veröffentlicht am 24.05.2022

Einfach mein Lieblingspärchen

The Truest Thing - Jeder Moment mit dir
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Unglaubliche sechs Jahre hat es nun gedauert, bis Emery und Jack für die deutschen Fans nun auch endlich ihr Happy End innerhalb der Hartwell-Love-Stories bekommen haben. Nach den ersten beiden Bänden ...

Unglaubliche sechs Jahre hat es nun gedauert, bis Emery und Jack für die deutschen Fans nun auch endlich ihr Happy End innerhalb der Hartwell-Love-Stories bekommen haben. Nach den ersten beiden Bänden hat auch Samantha Young selbst Schwierigkeiten gehabt, die Reihe noch zu vervollständigen und dann war der dritte Band auch noch über Dahlia und Michael und wieder hieß es warten. Dementsprechend hoffnungslos war ich inzwischen schon, bis dann doch endlich „The Truest Thing“ angekündigt wurde, was mich wirklich glücklich macht, denn die beiden mussten einfach ihr Glück finden.

In Reihen passiert es oft, dass man den Reihenauftakt zwar gut findet, aber schon dort ein Auge auf eine zukünftige Paarung wirft und spürt, dass da etwas Magisches vor sich geht und das will man dann natürlich endlich erleben. Bei der schüchternen Emery und dem gefährlichen Jack war das von Anfang an zu spüren, aber ihre gemeinsame Geschichte ist eben lange aufgespart worden, weswegen Young für diesen vierten Band nun auch erzählerisch in die Trickkiste greifen musste. Durch die anderen Bände war immer schon klar, dass zwischen Emery und Jack entscheidende Momente vorgefallen waren, die uns aber vorenthalten wurden, was sicherlich auch sinnig ist, da sie in ihrer Ausführlichkeit eben in den Band dieses Paares auch gehört. Aber neun Jahre holt man nicht mal so eben wieder ein, weswegen das erste Drittel des Buchs auch in der Vergangenheit erzählt ist, um die wichtigsten Momente einzufangen. Das fand ich einerseits sehr wichtig, weil nur so der Kern von Emery und Jack zu verstehen ist, aber andererseits ist es natürlich keine Erzählweise, die auf Dauer wirklich überzeugt, denn diese riesigen Zeitabstände geben der Geschichte etwas Mechanisches, so dass es schon viel Konzentration braucht, die Magie der einzelnen Kapitel wirklich aufkommen zu lassen. Da ich aber Fan von den beiden als Paar war, ist es mir natürlich gelungen, aber oft dachte ich auch, wann sind wir endlich in der Gegenwart, damit wir auch wirklich jeden kleinen Moment auch aufsaugen können?

Irgendwann ist das Buch dann wieder in der Gegenwart angekommen, aber für Emery und Jack wurde es nicht automatisch einfacher und auch hier war der Erzählstil nicht immer so geschickt. Die Chemie zwischen den beiden Figuren ist so stark, dass das alles gut zu überstehen war, aber es war schon ein krasser Gegensatz, wie auf einmal das Tempo wieder rausgenommen wurde, wie dann aber wieder Geheimnisse in völliger Idiotie aufgebaut wurden, obwohl es das gar nicht brauchte. Es war schon wirklich viel Hin und Her zwischen den beiden und die ein oder andere Schleife zu viel hätte ich gerne ausgespart, aber es gab eben auch soooo viele tolle Momente, die ich absolut nicht missen möchte. Der größte Plott Twist ist gerade für dieses Buch auch super gewählt, manches Mal ist es wegen des Verantwortungsaspekts ja etwas grenzwertig, aber bei den beiden hat es einfach gepasst, weil es die Verbindung zwischen ihnen noch mehr intensiviert hat und sich alles nur noch mehr nach Schicksal angefühlt hat.

Jack bleibt mir als Figur definitiv am meisten in Erinnerung, auch von den ganzen Herren der Reihe. Er hat wirklich unfassbar viele Fehler gemacht, aber es steckten tatsächlich nie egoistische Motive dahinter. Das mag paradox klingen, aber ich finde es ein tolles Beispiel für eine komplexe Figur, die so viel Gutes in sich hat, aber dennoch Fehlentscheidung an Fehlentscheidung reiht, wobei das schon ein subjektives Urteilen ist, denn für irgendwen hat Jack immer das Richtige getan. Bei Emery war die Entwicklung nach hinten raus als Badass-Frau etwas schnell und ich wäre auch gerne in die Gründe für ihre Schüchternheit noch tiefer eingetaucht, aber es musste eben viel Zeit abgedeckt werden und es sei der Geschichte verziehen. Naja und zusammen, das habe ich jetzt eh schon oft genug betont, zusammen war es eh Feuerwerk ohne Ende!

Fazit: Die Wartezeit auf „The Truest Thing“ war wirklich lang und ich muss auch gestehen, dass mir die Objektivität hier wirklich schwer fällt, weil Emery und Jack für mich ein Paar waren und sind, die man nicht so oft so perfekt findet. Dennoch hatte ich in der Erzählweise definitiv Kritikpunkte anzubringen, was das Leseerlebnis definitiv nicht perfekt hat werden lassen, aber ich kann die beiden als Paar nicht mit einer deutlich schlechteren Bewertung gehen lassen, weil es doch irgendwie zu gut war. Fangirl-Moment off.

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Veröffentlicht am 15.01.2021

Wirkt recht soapig, dennoch fesselnder Thriller

Die perfekte Sünde
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Unglaublich, aber wahr, nun ist die Reihe rund um Ava Turner und Luc Callanach schon vier Bände alt. „Die perfekte Gefährtin“, die ich damals in einer Leserunde als Debüt entdecken durfte, war ein riesiger ...

Unglaublich, aber wahr, nun ist die Reihe rund um Ava Turner und Luc Callanach schon vier Bände alt. „Die perfekte Gefährtin“, die ich damals in einer Leserunde als Debüt entdecken durfte, war ein riesiger Coup für mich, danach ist es tatsächlich in der Qualität schwankender geworden, aber dennoch immer unterhaltsam. Wie schlägt sich nun also „Die perfekte Sünde“?

Ich finde es in jedem Fall beachtenswert, dass Helen Fields definitiv auf klare Strukturen setzt. Sie hat immer schon auf zwei parallele Fälle gesetzt, das hat mal mehr, mal weniger gut funktioniert, aber das findet man selten so konsequent, so dass ich es als Alleinstellungsmerkmal definitiv positiv finde. In diesem Band hat für mich die Waage zwischen beiden Ermittlungen auch wieder sehr gut funktioniert. Zwar waren die Angriffe auf die Drogenabhängigen deutlich weniger behandelt, aber das passte logisch in die Geschichte. Denn es brauchte diese Handlung, weil es der Band schlechthin für die Entwicklung von Ava, als neue Leiterin der MIT, war. Da hat für mich alles in den gewichteten Anteilen gepasst. Dennoch sorgt es gegenteilig eben auch dafür, dass die Bücher immer recht lang sind. Gerade bei Thrillern habe ich aber so eine persönliche Grenze, an der es gut sein muss. Die wurde in „Die perfekte Sünde“ definitiv gereizt. Zwar könnte ich nicht sagen, dass es unbedingt schneller hätte passieren müssen, weil die Länge der Erzählung seinen Grund hatte, aber einige Beschreibungen und Gespräche hätte man doch etwas kürzen können.

Was auch weiterhin für mich etwas befremdlich ist, ist die Tatsache, dass die Reihe immer mal wieder arg soapige Handlungsstränge hat. Im ersten Band war es noch okay, dass man sich vorstellen konnte, dass Luc und Ava mehr füreinander empfinden könnten, aber inzwischen sehe ich das als Störfaktor. Denn entschieden vor oder zurück geht es nicht, das verharrt zu sehr auf der Stelle und wird dadurch langweilig. Dazu gibt es eben auch im Umfeld der gesamten Polizeieinheit immer wieder Entwicklungen, die wie aus einer Soap zu entstammen scheinen. Ich will hier nichts spoilern, aber jeder, der diesen Band gelesen hat, wird genau wissen, welche Sequenz ich hier speziell meine. Damit könnte ich deutlich besser leben, wenn auch die sonstige Stilistik der Autorin eher leichter ist. Wenn ich beispielsweise jemanden wie Jussi Adler Olsen habe, der mit seinen Figuren fast schon Parodien geschaffen hat, dann ist das okay, aber die dargestellten Fälle sind brutal und hart, da passt das als Gegensatz nicht so gut.

Der Hauptfall wiederum sowie die Komposition aus beiden Fällen ist wirklich sehr gut gelungen. Ich fand beide für sich thematisch, vom Aufbau, aber auch vom Spannungsgrad her vorbildlich. Es war zwar nicht viel zu rätseln, weil sich für den Leser nach und nach die Elemente zusammengesetzt haben, aber es war dennoch extrem spannend mitzuverfolgen, wie sich die Ermittelnden den Lösungen jeweils nähern. Ich fand es auch sehr realistisch, dass am Ende beide keine Fälle kein pures Happy End hatten, denn so ist nun mal das Leben. Dennoch merke ich auch, dass vieles sich auch so bekannt und heimelig anfühlt, weil man mit den Figuren sehr vertraut ist. Diesmal war es zwar sehr deutlich auf Ava fokussiert, was aber in Ordnung war, denn der Kern der Truppe ist dennoch immer zusammen und ich freue mich wirklich, sie auch weiterhin zu begleiten.

Fazit: „Die perfekte Sünde“ ist definitiv zu den besseren Bänden aus der Feder von Helen Fields zu zählen, denn die Zusammenstellung der Fälle, deren Thematik und alles enge drum herum hat sehr gut funktioniert. Es gibt ein paar Längen und es hat sich wieder ein soapiger Charakter eingeschlichen, der nicht zum Rest passt, aber es ändert nichts daran, dass ich mich sehr gut unterhalten gefühlt habe.

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