Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.08.2022

Kleine emotionale Barriere

Nothing Left for Us (deutsche Ausgabe von Radio Silence)
0

Nachdem ich „Heartstopper“ von Alice Oseman durch Netflix entdeckt habe, habe ich natürlich auch mitbekommen, dass Loewe nun nach und nach auch die anderen Werke der Autorin übersetzen und auflegen lässt. ...

Nachdem ich „Heartstopper“ von Alice Oseman durch Netflix entdeckt habe, habe ich natürlich auch mitbekommen, dass Loewe nun nach und nach auch die anderen Werke der Autorin übersetzen und auflegen lässt. Nachdem ich schon das wirklich großartige „Loveless“ lesen durfte, zu dem ich noch nie etwas Vergleichbares gelesen habe, war nun also „Nothing Left for Us“ dran, das im Englischen unter „Radio Silence“ erschienen ist. Hier war ich wieder sehr gespannt, welche Geschichte mich diesmal erwarten würde.

Während es bei „Loveless“ nach Anlaufschwierigkeiten schnell die große Liebe wurde, ist es mir bei „Nothing Left for Us“ etwas anders gegangen. Ich war gespannt, weil ich schon gehört hatte, dass mit Aled jemand eine Hauptfigur ist, die mit Charlie aus „Heartstopper“ befreundet ist. Ich wollte mehr über ihn herausfinden, doch die Geschichte ist aus der Sicht von Frances geschrieben, während Aled erstmal sehr unscheinbar bleibt. Nun ist Frances eine Figur, mit der ich mich durchaus auch gut identifizieren konnte, denn wieder schafft es Oseman viele Themen anzusprechen, die für mich in der Jugend Alltag waren, aber über die nie jemand sprechen wollte und die man auch sonst nirgendwo verarbeitet sah. Hier bei Frances ist eben besonders interessant, dass sie in der Schule im Grunde eine Marionette ist, die glaubt, ihren Intellekt unbedingt für etwas Großes einsetzen zu müssen und deswegen sklavisch alles lernt, ohne es aber wirklich für sich zu tun, sondern für ein Außenbild. Zudem bezeichnet sie viele Mitschülerinnen immer wieder als Freundinnen, doch es ist schnell festzustellen, dass es wahrlich keine Freundschaften, sondern vielleicht eher Zweckgemeinschaften sind. Dazu ist das alles mit der ‚Schul-Frances‘ verbunden, denn sie ist dort eine andere Person, als sie bei ihrer liebevollen Mutter zuhause ist. Das hat sich vertraut angefühlt, da ich auch lange für etwas gearbeitet habe, das völlig abstrakt war und mich immer unter Druck gesetzt habe, was später aber nie wichtig wurde und war ich dabei jemals wirklich ich selbst?

Der mit Frances geschaffene Rahmen war für mich also wieder mal sehr vertraut und ich fand es tröstlich, die ganzen Gedankengänge zu lesen. Dennoch hatte für mich die Geschichte lange keinen richtigen roten Faden. Große ‚Schuld‘ trägt daran Universe City, der Podcast mit Skript von Aled. Zwar waren immer mal wieder Auszüge abgedruckt, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass ich mir wirklich ein Bild davon machen konnte. Die Auszüge waren nämlich weniger dazu da, einen Eindruck vom Podcast zu schaffen als vielmehr eben aufzuzeigen, wie sehr Aleds Zustand, hier personifiziert durch Radio, immer mehr in einer Abwärtsspirale geriet. Das hat mir aber nicht gereicht, um mich wirklich in diesen Kult um Universe City einzudenken. Zwar sind im weiteren Verlauf immer mehr inhaltliche Geheimnisse aufgedeckt worden und es war sicherlich auch interessant, die Macht von Fans online mit ihren Recherchenkünsten zu beleuchten und dennoch war es mir einfach zu wenig, um mich wirklich inhaltlich in diese Teilhandlungen einzusteigen.

Durch diese Barriere ist es mir glaube ich auch nicht wirklich gelungen, mich mit Aled zu arrangieren, obwohl vollkommen klar ist, dass er eigentlich eine Figur sein müsste, die ich ganz fest in den Arm nehmen möchte sollte. Doch irgendwie passierte das nicht. Ich habe auch nie wirklich verstanden, wenn Frances betonte, sie und Aled seien quasi gleich, denn bei ihr war ich mittendrin, bei ihr hatte ich wirklich das Gefühl, sie zu kennen, aber Aled? Zudem fand ich die ganze Familiengeschichte mitsamt Carys sehr mysteriös und sie erschien mir auch ein weniger zu viel des Guten. Dennoch fand ich das Ende schön, denn Frances kommt zu wichtigen Erkenntnissen, die ich auch machen konnte und am Ende sind auch all die ungewöhnlichen Figuren zusammengekommen und dadurch wurde alles zu einem guten Abschluss gebracht.

Fazit: „Nothing Left for Us“ hat auch wieder viele wichtige Themen für Jugendliche und junge Erwachsene zu bieten, doch diesmal hat der zentrale Handlungsstrang rund um den Podcast mich nicht richtig überzeugen können. Ich bin nicht auf die Ebene gekommen, die wohl intendiert war und damit hat mich ein wichtiger Teil nicht erreicht. Dennoch ohne Frage wieder ein wichtiges Buch von Oseman, mit breitem Themenspektrum.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.07.2022

Gut, aber mit Luft nach oben aus der Startbox gekommen

Westwell - Heavy & Light
0

Lena Kiefer ist schon länger sehr erfolgreich im Buchgeschäft unterwegs und ich habe durchaus einige Bücher von ihr und die Begeisterung darüber wahrgenommen, aber so richtig Klick hatte es noch nicht ...

Lena Kiefer ist schon länger sehr erfolgreich im Buchgeschäft unterwegs und ich habe durchaus einige Bücher von ihr und die Begeisterung darüber wahrgenommen, aber so richtig Klick hatte es noch nicht gemacht, was bei der Breite des Angebots oft auch einfach nur Glückssache ist. Bei ihrer ersten Reihe bei Lyx, Westwell, habe ich nun aber gerade zugegriffen, denn Lyx ist der Verlag, auf den ich mich bei New Adult immer verlassen kann und natürlich haben auch die Cover wieder etwas Besonderes ausgestrahlt.

Bei New Adult habe ich mich vor allem an Reihen mit wechselnden Paaren gewöhnt, weswegen ich es durchaus interessiert aufgenommen haben, dass Kiefer hier offenbar die Geschichte eines Paares über drei Bände verteilt erzählen wird. Auch wenn das nicht grundlegend falsch ist, so habe ich in diesem Genre bislang noch leider keine Trilogie gelesen, bei der ich die Geschichte durchgehend stark bis zum Ende empfunden hätte, weswegen gewisse Sorgenfalten nicht zu verheimlichen sind. Dennoch gilt es nun nicht, für die Zukunft zu prophezeien, stattdessen geht es eindeutig vor allem um den ersten Band, der nun erschienen ist und uns mit Helena und Jess vertraut macht. Was in meinen Augen definitiv sehr gut gelingt, das ist die besondere prickelnde Chemie zwischen den beiden Figuren. Es hat sich schnell etwas aufgebaut, wobei ich gerne mitgefiebert habe und ich fand die ganzen intimen Szenen und das Hinarbeiten darauf wirklich gut gemacht. Deswegen ist im Grunde vieles vom Rest egal gewesen, weil für mich einfach klar wurde, ich will das Happy End der beiden miterleben, auch wenn es noch über zwei weitere Bände hinweg erst geschehen wird. Das ist auf jeden Fall schon einmal ein großes Kompliment, weil die unfassbare Chemie zwischen zwei Figuren definitiv die Königsklasse in diesem Genre ist.

Etwas schwerer haben es mir aber das Setting und auch Helena als Figur gemacht. Zunächst habe ich gegen die gehobene Gesellschaft als Setting nichts, denn auch „Gossip Girl“ habe ich immer gerne gesehen, das ist also kein No-Go, aber es ist natürlich auch die Frage, wie man es einbindet und was daraus gemacht wird. Die Welt der Westons und Coldwells wird sehr kalt dargestellt und es ist wirklich schwer, sympathische Figuren auszumachen, denn gerade bei den Familien finden sich viele Stolperstellen und ich bin als Leserin schon darauf angewiesen, dass ich vor allem ein solides Set an Sympathieträgern habe, so dass sich die Antagonisten leichter ertragen lassen. Hier kommt aber auch hinzu, dass auch Helena alleine es mir manchmal verdammt schwer macht. Man merkt zwar deutlich, dass sie im Grunde ein sehr sympathischer Mensch ist und auch ihr Bedürfnis, den Ruf ihrer Schwester Valerie wiederherzustellen, kann ich gut nachempfinden, aber wie unverantwortlich und rücksichtslos sie dabei vorgeht, das hat mich schon erschreckt, auch weil es zu ihrem restlichen Charakter nicht zu passen scheint. Wenn es um die Nachforschungen geht, wirkt sie unfassbar mutig mit einem Hang zum Wahnsinn, aber wenn es um die Familie geht, ist sie sehr klein mit Hut. Auch sonst sind mir einige inkonsequente Vorgehensweisen aufgefallen, denn der Boxclub schien zunächst eine große Rolle zu spielen, sowohl für Helena als auch für Jess, ist dann aber einfach unter den Tisch fallen gelassen worden.

Auch wenn mir in diesem ersten Band wahrlich nicht langweilig wurde, auch weil ich das Mysterium um den Tod von Valerie und Adam spannend finde, so befürchte ich dennoch, dass dieses künstliche Erzeugen von Drama, weil die Eltern im Hintergrund immer intrigieren, über drei Bände anstrengend werden könnte. Deswegen hoffe ich einfach, dass sich die Ansätze von Helena und Jess als Paar und vor allem auch von ihm als Einzelfigur durchsetzen werden. Denn bei ihm merkt man schon deutlich seine Abscheu, seine innere Rebellion, die er nur für seinen kleinen Bruder zurückstellt. Bei Helena ist es leider noch so, dass sie Loyalität gegenüber etwas zu empfinden scheint, was nur wie Schall und Rauch wirkt. Das ist etwas schade, weil ich mir wünschen würde, dass sie gemeinsam auf einer Seite stehen und das System so richtig auseinandernehmen. Zudem wäre es definitiv hilfreich, noch ein wenig mehr auf die Nebenfiguren zu setzen, dass hier noch mehr sympathisch werden dürfen.

Fazit: Lena Kiefer schafft mit dem Auftakt zu „Westwell“ gleich das Kunststück, mich für das Hauptpärchen einzunehmen, weil eine besondere Chemie geschaffen wird. Abseits davon ergeben sich aber auch Schwächen wie inkonsequente Entscheidungen bei Helena oder in der Handlung und es droht auch, mit drei Bänden zu sehr in die Länge gezogen zu werden. Dennoch war der Auftakt spannend und ebnet den Weg, wo noch durchgehend Gutes leicht möglich wäre. Ob das von der Autorin auch umgesetzt wird, muss sich erst noch zeigen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.05.2022

No-Gos, aber doch auch mit Highlights

More than Words
0

„More Than Words“ ist meine erste Begegnung mit Mia Sheridan, auch wenn mir der Klappentext sehr bekannt erschien, aber ich glaube, dass Brittainy C. Cherry und eine weitere Autorin einmal eine recht ähnliche ...

„More Than Words“ ist meine erste Begegnung mit Mia Sheridan, auch wenn mir der Klappentext sehr bekannt erschien, aber ich glaube, dass Brittainy C. Cherry und eine weitere Autorin einmal eine recht ähnliche Idee hatten, wo ein Pärchen aus der Jugend sich aus den Augen verliert, um nach Jahren wieder zueinander zu finden. Aber gerade weil mir die Story so ein wenig vertraut wirkte, war ich doch etwas unsicher, ob ich wirklich zuschlagen sollte. Letztlich habe ich dem Buch eine Chance gegeben und war definitiv überrascht.

Das Überraschendste an „More Than Words“ ist sicherlich, dass das Buch mir unheimlich viele unterschiedliche Eindrücke vermittelt hat, so dass ich lange nicht wusste, wie ich Mia Sheridan als Autorin einordnen soll. Die Kennenlerngeschichte von Jessie und Callen hat definitiv schon die nötige Schwere, die ich oft suche, denn gerade bei Callen hat man gleich gemerkt, dass diese definitiv von einigen Dämonen gejagt wird. Jessie wirkt dagegen zunächst sehr träumerisch und naiv, aber letztlich ist es glaube ich genau diese Kombination, die die beiden so perfekt füreinander in diesem Moment gemacht hat. Nach dem Zeitsprung in die Gegenwart war ich mit Callen dann erstmal gar nicht glücklich. Natürlich hat seine bereits in der Kindheit angedeutete Geschichte Spuren hinterlassen und dennoch lernen wir ihn als Mann kennen, wo wirklich mit der Lupe nach positiven Aspekten zu suchen ist, weswegen ich auch wirklich erst das Schlimmste befürchtete. Denn nicht nur ist Callens Perspektive zunächst viel von schmutzigen Gedanken geprägt, sondern er ist menschlich auch wirklich kalt, abweisend und damit einfach nicht zu packen. Deswegen war auch die Wiederbegegnung mit Jessie echt schrecklich, denn er hat sie nicht mal erkannt und ich dachte mir, was soll das denn für eine Liebesgeschichte sein? Vielleicht bin ich da auch zu romantisch, aber das ist schon ein Punkt, der so einer Geschichte Magie nehmen kann.

Zum Glück hat die Geschichte aber Jessie, die definitiv der ruhende Pol ist. Sie hat sich immer noch etwas von ihrer kindlichen Naivität behalten, aber gleichzeitig ist sie auch eine junge Frau, die ich gerne begleitet habe, sich noch besser selbst in der Welt zu finden. Zudem stand sie auch im krassen Gegensatz zu Callen, denn als Expertin für altfranzösische Sprache hat sie eine sehr außergewöhnliche Leidenschaft und deswegen war ich überrascht, wie intensiv ihre Arbeit auch eingebunden wurde. Auch wenn ich die Geschichte aus dem Umkreis von Jeanne D’Arc nicht gebraucht hätte, war es schon außergewöhnlich und es hat mir eben auch bewiesen, dass Mia Sheridan durchaus eine Autorin ist, die meinen Geschmack treffen kann. Als sich das Geschehen dann auch in das französische Loiretal verschiebt, greift dann langsam aber sicher diese Atmosphäre auch auf Callen über und es wurde wirklich deutlich besser. Er alleine, aber sie beide zusammen natürlich auch. Die beiden haben auch wirklich einige schöne intensive Momente, wenn doch auch immer das Damoklesschwert über ihnen schwebt, dass sich Callen für das feste Beziehungsleben nicht bereit oder vielmehr nicht würdig fühlt.

Als schließlich später sich die Konflikte häufen, hat die Geschichte wieder einen kleinen Bruch erfahren, denn ihr Streitgespräch war wirklich heftig und von beiden Seiten wurden Aussagen getätigt, die ich als viel zu viel empfunden habe, denn da wurde sich in einem Ausmaß verletzt, wovon es manchmal auch kein Zurück gibt. Dementsprechend konnte ich in dem Moment auch nicht für beide mitleiden, sondern war regelrecht entsetzt. Andererseits kommt dann dieses Ende, was wiederum echt perfekt ist. Natürlich kitschig, aber dennoch in einem Rahmen, den ich als perfekt für die gemeinsame Geschichte fand und deswegen haben mich die Schwachstellen zwischendurch umso mehr geärgert.

Fazit: Mia Sheridan hat mir mit „More Than Words” eigentlich bewiesen, dass ich sie auf dem Zettel behalten sollte, weil sie über genüg Tiefgründigkeit und außergewöhnliche Ideen verfügt, aber gleichzeitig gab es eben auch klare No-Gos. Diese konnten zwar immer behoben werden, weil ich auch nicht abgebrochen habe. Ideal war es deswegen aber definitiv nicht, weswegen ich hoffe, dass sowas in späteren Büchern nicht mehr so negativ auffällt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2022

Vielversprechend, aber mit Hinhaltetaktiken?

A River of Royal Blood – Rivalinnen
0

Bei „A River of Royal Blood” ist mein Interesse entstanden, weil es mich vom Klappentext her an die Dilogie „Iron Flowers“ erinnert hat, die von Tracy Banghart geschrieben wurde, und mich sehr unterhalten ...

Bei „A River of Royal Blood” ist mein Interesse entstanden, weil es mich vom Klappentext her an die Dilogie „Iron Flowers“ erinnert hat, die von Tracy Banghart geschrieben wurde, und mich sehr unterhalten hat. Deswegen habe ich mich einfach mal auf Amanda Joy eingelassen, die auf dem deutschen Buchmarkt auch noch ganz neu ist. Ich war dann doch überrascht, wie viel Fantasy-Elemente die Reihe beinhaltet, da der Klappentext das in diesem Ausmaß nicht angedeutet hat. Schlimm fand ich das aber wahrlich nicht, denn es war dennoch eine geschaffene fiktive Welt, in der ich mich gut zurechtfinden konnte und das ist in dem Genre für mich nicht selbstverständlich.

So habe ich im letzten Jahr den ersten Band von „Das Reich der Asche“ von Victoria Aveyard gelesen, der mich von vorne bis hinten völlig überfordert hat. Auch wenn „A River of Royal Blood“ deswegen wahrlich nicht kinderleicht gestaltet ist, so war das hier ein wahrer Genuss. Es war komplex, aber man hat gemerkt, dass Joy einen Weg gesucht und meiner Meinung nach auch gefunden hat, um nach und nach die Welt mit Informationen anzureichern. Natürlich hatte ich nach dem Prolog und dem ersten Kapitel noch viel zu viele Fragezeichen im Kopf, aber eher Fragen, die mich zum Weiterlesen angeregt haben und nicht solche, die mich demotiviert haben. In diesem Sinne glaube ich auch, dass ich die von Joy konstruierte Welt sehr gut verstanden habe. Dennoch hätte ich gerne die Serienform gleich mit dabei gehabt, denn leider reicht meine Vorstellungskraft einfach nicht aus, um für die unterschiedlichen Wesen wie Fey etc. sofort ein Bild bei mir entstehen zu lassen, aber ich bin überzeugt, dass es wirklich sehr abwechslungsreich und reizvoll gelungen ist.

Kommen wir aber nun zum Inhalt und den Figuren selbst. Eva als Protagonistin ist absolut gelungen, weil man gleich merkt, dass sie gegen das System ist, in dem sie steckt. Dennoch ist sie deswegen noch lange keine klassische Rebellin. Sie hat zwar Vorstellungen, wie es besser laufen könnte, aber gleichzeitig ist sie auch zu sehr voll von Angst, weil sie von ihrer Blut-und-Knochen-Magie das Schlimmste befürchtet, weil sie diese mit der schrecklichen Reina teilt, die die Tradition eingeführt hat, dass Schwestern um den Thron bis auf den Tod kämpfen müssen. Und diese Angst und gleichzeitig auf Demut vor ihren eigenen möglichen Fähigkeiten, das macht sie zu einer wirklich liebenswerten Person. Denn sie will nicht ihre Schwester töten, sie strebt nicht nach Macht, sie strebt eigentlich nur nach Normalität, nach Loyalität, nach Freundschaft untereinander. Und sie stellt sich immer und überall vor die Leute, die ihr wichtig sind. Sie ist für so eine Handlung dann wirklich großartig, weil es erstmal menschlich passt und weil sie gleich als eine von uns inszeniert wird, die erst mit ihren Aufgaben wachsen muss.

Die ganzen Nebenfiguren sind auch alle sehr vielversprechend und interessant, nur hier fällt deutlich auf, dass kaum eine Figur neben Eva wirklich so einen tiefen Einblick und Detailliebe bekommt. Einzig Bakkha ist ebenfalls sehr intensiv ausgearbeitet worden und dort wird dann einiges absichtlich verheimlicht, weil die Entdeckungen rund um ihn wohl erst Teil der nächsten Bände werden sollen. Bei den anderen Figuren scheint es aber gar nicht so viel zu verbergen zu geben, weswegen es dann doch schade ist, dass Figuren wie Aketo oder auch alle aus der Leibwache nicht auch mal ihre Geschichte erzählen dürfen. Gerade da viele davon aus dem unterdrückten Volk kommen, wäre hier sehr viel Potenzial gewesen, aber insgesamt klebt die Geschichte zu sehr an Eva. Auch ihre Mutter und die ältere Schwester Isa, die ‚Rivalin‘, sind somit nicht wirklich greifbar. Dazu ist auch auffällig, dass die richtig interessanten Gespräche immer ausgespart wurden. Beispielsweise wollte Aketo Eva etwas zu ihrem Vater erzählen, doch sie hat einfach nicht zugehört. Auch sonst passiert das öfters. Einzig Bakkha kommt ausführlich zu Wort und darf zudem die ganzen Geschichten erzählen, die auch wirklich wichtig sind, weil sie wie weiter oben dann beim World Building helfen. Dennoch ist hier ein deutliches Ungleichgewicht zu merken und ich weiß nicht, ob es eine Hinauszögerungstaktik für weitere Bände ist oder einfach nur schlampiges Arbeiten?

Dennoch kann ich mich über den Spannungsbogen des ersten Bandes eigentlich nicht beschweren, denn es gibt immer wieder Höhepunkte in der Handlung, die zwar in sich nicht abwechslungsreich sind, weil es immer Anschläge auf Evas Leben sind und dennoch gelingt immer eine andere Konstruktion, denn manchmal sind es richtige Attentäter, dann wieder Eva liebe Menschen, die verflucht wurden oder es trifft doch die, die sie liebt. Hier gibt es also genug mitzuleiden und man gleitet dadurch gut durch die Geschichte. Am Ende kommt es dann zum Kampf der Rivalinnen und dieser verläuft praktisch antiklimatisch, weil es nicht DER Höhepunkt des Buchs ist. Andererseits finde ich das gar nicht so schlimm, denn das Ende hat zu Eva gepasst und eröffnet ja auch weiterhin genug Möglichkeiten. Dennoch hätte man diesem Kampf intuitiv natürlich mehr Bedeutung zugewiesen.

Fazit: „A River of Royal Blood” ist definitiv ein unterhaltsamer Reihenauftakt, weil der Aufbau der fiktiven Welt zwar komplex ist, aber dennoch Stück um Stück einfühlsam aufgebaut wird, so dass man irgendwann wirklich mittendrin ist. Die Idee hinter dem Buch ist vielversprechend und mit Eva gibt es eine überzeugende Protagonistin. Neben ihr verkommt einiges etwas, was doch schade ist, aber vielleicht kommt da noch was? Insgesamt aber auch sehr spannend und mitreißend.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.02.2022

Gut, aber mit Luft nach oben

Golden Hill Touches
0

Nicole Böhm war mir schon länger ein Begriff, weil man an ihrer One-Last-Serie natürlich in den sozialen Medien nicht vorbeigekommen ist. Zudem ist sie ja auch mit dem Autorinnen- und Freundinnenkreis ...

Nicole Böhm war mir schon länger ein Begriff, weil man an ihrer One-Last-Serie natürlich in den sozialen Medien nicht vorbeigekommen ist. Zudem ist sie ja auch mit dem Autorinnen- und Freundinnenkreis verbunden, aus dem ich jetzt schon einige Bücher gelesen habe, weswegen das auch für sie spricht. Dennoch ist die Erstbegegnung nun ist ihre nächste Reihe geworden, also Vorhang auf für „Golden Hill Touches“, für das ich auch in der absolut besten Stimmung war, nachdem ich gerade „Süße Magnolien“ mit Staffel 2 auf Netflix beendet hatte. Denn da war ich einfach bereit für landschaftliche Idylle und Kleinstadtatmosphäre.

Was ich nach dem ersten Band sagen kann, das ist das knappe Fazit, dass es ein guter Auftakt ist, aber noch recht oberflächlich. Die Idee, auf dem alten Hof der Großeltern eine Pferdetherapiestätte aufzuziehen, das war auf jeden Fall vielversprechend und ich fand es ein toller roter Faden, dass wir den gesamten Band über mitverfolgen konnten, wie nach und nach alles gewachsen ist. Wie richtig alles mit Leben gefüllt sein wird, das kommt wohl erst in den nächsten zwei Bänden, aber ich finde es gut, dass sich Böhm entschieden hat, hier nichts zu überstürzen, auch weil sich rund um den Aufbau ja auch zahlreiche passende Teilgeschichten ergeben haben, die die beiden Hauptfiguren Parker und Clay geschickt in Verbindung gebracht haben. Jedoch ist mir etwas negativ aufgefallen, dass es bei den Nebenfiguren mit Sympathieträgern noch sehr düster aussieht. Natürlich sollte unterstrichen werden, dass Parker eben eine Vergangenheit hat, die ihn unliebsam gemacht hat, aber ich hätte mir klarere sympathische Figuren gewünscht, wo man weiß, dass sie die Konstanten der ganzen Reihe sein werden. Ryan als Bruder hat sicherlich Potenzial und auch die Kellnerin, aber sie sind dann doch wenig zum Zug gekommen.

Parker und Clay sind für sich jeweils faszinierende Figuren, die es mir auch beide angetan haben, auch weil sie beide nur wenig stereotyp angelegt sind, aber dennoch hätte ich mir von beiden entschieden mehr gewünscht. Parker ist spannend, weil wir ihn in der Vergangenheit als Jugendlichen voller Aggressionen kennenlernen, der mit allem unzufrieden ist und niemals den Fehler bei sich selbst sucht. In der Gegenwart ist er ein gestandener Mann, voller Empathie, Geduld und Wärme, das ist schon eine riesige Entwicklung, aber es ist eine die im Off stattfindet. Die Rückblenden sind bemüht, einen Teil der Entwicklung abzufangen, doch überzeugt hat mich das leider nicht, zumal mit seinem wütenden Abgang dann eh wieder alles auf den Kopf gestellt wurde. Aber der erwachsene Parker ist ein anderer, bei dem es mir nicht ausreicht, dass allein der Unfall seiner Schwester ihn so gemacht hat. Denn in der Gegenwart entwickelt er sich nicht mehr. Er hat zwar zig Herausforderungen vor der Brust, aber dennoch machen diese ihn nicht anders, sondern bestätigen nur, was offensichtlich in der Zwischenzeit passiert ist.

Clay ist auch mitreißend, weil sie auch überhaupt nicht typisch Frau ist. Zudem ist sie keine Überfliegerin, doch mit ihr wird uns eine Frau präsentiert, die mit dem Moment lebt, sich vor einem Studium scheut, aber nicht weil sie es nicht kann, sondern weil es einfach nicht ihr selbst entspricht. Clay ist in diesem Sinne für mich wirklich ein Ausrufezeichen. Natürlich ist sie auch von Selbstzweifeln geplagt und ruht nicht völlig in sich, aber sie weiß grundsätzlich schon, wie sie leben will und braucht nur noch den letzten Schubser. Sie macht also tatsächlich eine Entwicklung vor unseren Augen durch, die mich auch sehr berührt hat. Aber auch hier fehlte mir viel als Hintergrund, zu den Eltern etc. und auch die Beziehung zu ihrem Bruder habe ich nicht sofort als natürlich wahrgenommen. Letztlich merkt man die etwas oberflächliche Ebene dann auch bei ihrer gemeinsamen Beziehung, denn wo ich es einerseits gut fand, dass Clay für sich das Tempo so bestimmt hat und gleichzeitig auch immer wieder Anziehung verspürt hat, so hat mir einfach gefehlt, dass die beiden wirklich mal darüber reden, was früher war, was nun ist und was sein soll. Es war ein Leben im Moment und eher eine Fokussierung darauf, wer nun an der Baustelle manipuliert hat.

Fazit: „Golden Hill Touches“ ist ein guter Reihenauftakt, weil es einen vielversprechenden Überblick von dem verschafft, was die Autorin hiermit vorhat. Das Setting ist gut, die Idee für den Hof höchst interessant und auch die Hauptfiguren sind beide top. Jedoch liegt über allem der Eindruck von Oberflächlichkeit, also wäre konsequent in allen Aspekten die letzten Prozentpunkte nicht drin gewesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere