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mari_liest

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.09.2021

Ergreifend und sehr lesenswert!

Der Brand
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Klammheimlich und leise von hinten kam die Story angeschlichen. Zu Beginn hatte ich mehrmals das Bedürfnis sie wegzulegen. Ich fragte mich, warum die Rezensionen dazu durchwegs so positiv sind. Und dann ...

Klammheimlich und leise von hinten kam die Story angeschlichen. Zu Beginn hatte ich mehrmals das Bedürfnis sie wegzulegen. Ich fragte mich, warum die Rezensionen dazu durchwegs so positiv sind. Und dann hatte es mich! Denn auf einmal kamen die Dinge daher wie ein riesiger Waldbrand, aber unaufgeregt. Unaufhaltsam hat sich die Geschichte von Rahel und Peter in mich gebrannt.

Rahel und Peter sind ein älteres Ehepaar, gut situiert, zwei erwachsene Kinder. Er ist Professor an einer Hochschule und sie Psychologin. Rahel vom Typ her eher emotional, temperamentvoll. Peter emotional eher introvertiert; jemand, der Dinge mit sich ausmacht. So würde ich die beiden beschreiben. Immer mehr zieht Peter sich von Rahel zurück, scheint fast vor ihr zu fliehen. Die Frage, was los ist, kann Rahel für sich nicht beantworten. Haben sie beide doch Jahrzehnte miteinander verbracht, alles gemeistert, waren im Einklang miteinander und nun „knatterts buchstäblich im Getriebe“.
Um einer Freundin zu helfen, deren Mann schwer erkrankt ist, ziehen die beiden für drei Wochen auf deren Bauernhof, versorgen dort das Haus, die Tiere und Pflanzen. In Zeiten, wo allein sind reflektieren beide. Auch als die beiden Kinder zu Besuch kommen, merkt man, wie unterschiedlich diese beiden sind und auch Dissens zwischen Rahel und Peter bringen.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Rahel. Dies aber nicht einseitig, denn auch die Sorgen, Ängste und Emotionen von Peter kommen in der Geschichte nicht zu kurz.
Die Geschichte kommt leise daher, hat mir dann aber quasi eine von hinten „mitgegeben“ … denn die Themen tun irgendwie weh im Herzen. Jeder von uns hat gewisse Themen schon erlebt, und doch schafft es die Autorin, dies auf direkte, aber auch sanfte Weise zu erzählen. An mancher Stelle habe ich geschluckt und mir gedacht: Na bumm, voll erwischt. Und auch, wenn vieles nicht – gefühlt – in die Tiefe geht, war es trotzdem nicht zu wenig oder zu viel … die Story ist vollkommen richtig dosiert.
Eine feine, sensible, unaufgeregte und doch auch direkte Lektüre, die ins Herz geht. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Der Hype des Buches ist mir unerklärlich

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Die Mittdreißigerin Kim Jiyoung hat ihr erstes Kind zur Welt gebracht und ihren Job gekündigt, damit sie sich um dieses kümmern kann. Ihr Mann geht weiter seiner Arbeit nach. Zunehmend ändert sich das ...

Die Mittdreißigerin Kim Jiyoung hat ihr erstes Kind zur Welt gebracht und ihren Job gekündigt, damit sie sich um dieses kümmern kann. Ihr Mann geht weiter seiner Arbeit nach. Zunehmend ändert sich das Verhalten von KJ, was dazu führt, dass ihr Mann sie zu einem Psychiater bringt. Dieser Psychiater erzählt nun ihre Geschichte.
Der Plot startet mit ihrer Geburt, bringt Einblicke in die familiären Verhältnisse mit den Geschwistern. In der koreanischen Welt üblich, werden die Jungen in Watte gepackt, während dies bei den Mädchen nicht so ist. KJ ist aber ein Mädchen, dass diese „Kultur“ hinterfragt und nicht für gut befindet, sich aber dennoch nicht wirklich dagegen wehren kann. Dennoch erlauben es die Möglichkeiten, dass sie studiert. Trotzdem zeichnet sich aber immer wieder ab, dass Frauen in Korea das doppelte leisten müssen als Männer – egal in welchem Bereich. Die Misogynie zieht sich somit durch das gesamte Buch.

Meine Meinung:
Die Geschichte hat mich, zu einem gewissen Grad, extrem gelangweilt. Das Thema ist eines, dass keinesfalls außer Acht gelassen werden darf und soll – trotzdem werden diese ca. 200 Seiten die Welt in Korea nicht ändern. Hier müsste ganz anders angesetzt werden, denn diese Kultur im Umgang mit Mann und Frau gibt es ja nicht erst seit gestern. Ich heiße dies keinesfalls gut, trotzdem kann ich den Hype um dieses Buch nicht nachvollziehen!
Die Geschichte plätschert nüchtern und emotionslos dahin und hatte für mich keinen Höhepunkt. Es gibt keinen Spannungsbogen, es hat mich null gepackt. Ich konnte keine Bindung zu KJ aufbauen. Der einzige, der mich etwas gecatcht hat war ihr Mann, der scheinbar gewisse Dinge doch anders handhabt in einer Ehe.
Wer sich nicht mit dem Thema Misogynie, etc. auseinandersetzt wird hier einen Plot vorfinden, der auch die Nachbarsfamilie betreffen könnte; der auch in anderen Ländern in Europa täglich so stattfindet.
Das Buch regt, bei einem gewissen Vorwissen, sicherlich zum Nachdenken an, denn das Unverständnis für das Thema liest sich „zwischen den Zeilen“. Es ist wichtig und hat mich auch an vielen Stellen wütend gemacht, dennoch glaube ich nicht, dass dieses Buch die Welt verändern wird.

Verändern können diese Zustände nur die Menschen, die es betrifft. Ich habe mir hier definitiv mehr erwartet, vielleicht an Erkenntnissen, Änderungen im gesetzlichen System und dessen Rahmen … dies ist hier leider nicht zu finden. Wie gesagt, den Hype um diese Lektüre kann ich persönlich nicht nachvollziehen.

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Tolle Welt

Die Verlobten des Winters
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Ophelia ist auf der Arche »Anima« zu Hause und lebt dort mit ihrer Familie. Neben ihrer Fähigkeit als Leserin, durch die Ophelia die Vergangenheit eines jeden Gegenstands durch eine einfache Berührung ...

Ophelia ist auf der Arche »Anima« zu Hause und lebt dort mit ihrer Familie. Neben ihrer Fähigkeit als Leserin, durch die Ophelia die Vergangenheit eines jeden Gegenstands durch eine einfache Berührung ergründen kann, hat sie auch noch die besondere Gabe, durch Spiegel reisen zu können. Doch am liebsten ist sie unauffällig, versteckt sich hinter ihrer Brille, eingemümmelt in ihren Schal.
Als beschlossen wird, dass Ophelia nun endlich heiraten muss, ändert sich das beschauliche Leben der schüchtern jungen Frau schlagartig. Denn sie muss auf eine andere Arche ziehen, den eisigen „Pol“, um dort Thorn zu heiraten, von adeliger, reicher Abstammung ist. Sie kann sich dieser Situation auch nicht entziehen, denn sie würde ihrer Familie Schande bereiten und verstoßen werden. Das einzig gewohnte, das Ophelia auf der Arche Pol haben wird, ist ihre Tante Roseline, die ihr als Anstandsdame in die neue Heimat folgt. Roseline soll Ophelia auch unterstützen sich besser einzufinden und sich auf die Heirat vorzubereiten.
Am Pol angekommen zerschlägt sich ihre Hoffnung, dass ihre Situation von nun angenehmer wird, recht schnell. Thorn schärft ihr ein, dass sie niemandem von ihrer Hochzeit erzählen darf und sich bis zur Trauung in Zurückhaltung üben muss.
Ophelia hat es nicht leicht, denn auf der Arche Pol sind der junge Animistin nicht alle freundlich gesinnt, wie sie bald herausfindet.

Meine Meinung:
Mit „Die Verlobten des Winters“ hat die Autorin den ersten Meilenstein zu ihrer erfolgreichen Tetralogie gelegt. Und nach Band 1 gehe ich wirklich davon aus, dass diese Fantasy-Reihe ein Erfolg ist.

Die Geschichte fand ich von Beginn an spannend, hat mich neugierig gemacht und mitfiebern lassen. Die Entwicklung von Ophelia geschieht über das ganze Buch – vom der grauen Maus zur Frau, die sich ihr Schicksal nicht mehr vorschreiben lässt.

Das Worldbuilding ist neu und vielfältig. Die Autorin hat hier viel Liebe ins Detail gelegt. Man lernt viele Dinge und Figuren kennen, und ich hoffe, in den Folgebänden noch mehr darüber zu erfahren. Auch wenn vieles nicht in die Tiefe behandelt wurde, hat mich der Plot doch in seinen Bann gezogen.

Eine fantasievolle Welt von Welt mit Archen und Familienklans … ich bin sicher, dass uns in den weiteren drei Bänden noch viele Überraschungen und Plottwists bevorstehen.
Von mir eine klare Leseempfehlung und 5/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 24.08.2021

Die unsäglichsten Lover der Zeitgeschichte

I'm every woman
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„Frauen sind nicht für das abstrakte Denken geschaffen. Marie Curie ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt“, das sagt Einstein einst.

Einstein, uns allen als kluger Mann bekannt, hatte da wohl ...

„Frauen sind nicht für das abstrakte Denken geschaffen. Marie Curie ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt“, das sagt Einstein einst.

Einstein, uns allen als kluger Mann bekannt, hatte da wohl viele dümmliche Aussagen vom Stapel gelassen. Einer der bekanntesten Männer der Geschichte kommt in dieser Graphic Novel so gar nicht gut weg. Zu Recht! Hatte doch seine Ehefrau Marič - Physikerin, Mutter - einen hohen Anteil an seinen Forschungsergebnissen, da sie selbst mitgeforscht hat. Doch wie es zu dieser Zeit klassisch war, verschwand diese Information doch in der Versenkung.

Ströquist nimmt in dieser Graphic Novel die unsäglichsten Lover der Zeitgeschichte auf die Schippe. Wie gehabt mit feiner humorvoller, feministischer Klinge seziert sie den Mythos des männlichen Genies berühmter Männer, von denen viele ihre „Karriere“ auf Kosten ihrer Frauen machten. In genialer Umkehr holt sie deren Frauen aus der Versenkung und paart dies mit einem bekannten Song von Chaka Khan „I’m every woman“ (der ja von Whitney Houston gecovert wurde, die wiederum auch zu den Frauen gehört, deren Mann durch sie erfolgreich wuchs). Die Geschichten kommen auf eine Art und Weise daher, wie wir sie in keinem Geschichtsunterricht je gelernt habe, was ich ehrlich gesagt aber sehr bedaure.

Erwähnt werden Männer wie Marx, Picasso, Einstein, Presley, u.v.m., deren Geschichte Strömquist einfach zeitweise unter den Tisch fallen lässt und deren tolle Frauen vor den Vorhang holt: Priscilla Prellen, Yoko Ono, Jenny Marx und weiteren tollen Frauen. Mit Charme und Witz, bunt und in schwarz-weiß, trägt sie in amüsanter Manier und gesellschaftskritisch das Dasein von Frauen in diesen Zeiten und entlarvt die bekannten Muster des männlichen Verhaltens. Mit diesen humorvoll gezeichneten Comics entlarvt Strömquist die Geschlechterstereotypen und zeigt, dass hinter den meisten bekannten Männern, viel tollere Frauen standen, deren Genie einfach ignoriert wurde.

Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 24.08.2021

... was zum Nachdenken ...

Ich fühl’s nicht
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In dieser Graphic Novel befasst sich Strömquist mit der Frage, ob wir in der heutigen Zeit der „Konsumgesellschaft“ überhaupt noch fähig sind zu lieben und eine andauernde Liebesbeziehung eingehen können. ...

In dieser Graphic Novel befasst sich Strömquist mit der Frage, ob wir in der heutigen Zeit der „Konsumgesellschaft“ überhaupt noch fähig sind zu lieben und eine andauernde Liebesbeziehung eingehen können. Kann man doch in Zeiten wie diesen die Partnerinnen-Suche der Auswahl eines Konsumguts gleichsetzen. Wir haben Ansprüche an andere Menschen, differenzieren die Auswahl anhand von Kriterien (sportlich, belesen, kinderlieb, tierlieb, (Nicht-)Raucherin, vegetarische Ernähung, etc.). Das „Werben“ umeinander hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm verändert. Galt es vor ca. 100 Jahre noch als männlich, starke Gefühle zu zeigen, hat sich dies kulturell stark „modifiziert“.
Um dieser Aussage tiefen Eindruck zu verleihen wird hier exemplarisch Leonardo DiCaprio in die Zange genommen. Ein Mann, der regelmäßig seine Beziehungen zu Frauen (meist Models) tauscht, wie andere ihre Unterhosen. Strömquist beschreibt, wie sich der Fokus in unserer heutigen Gesellschaft nur auf uns selbst richtet und so die Möglichkeit eine andere Person zu lieben eingeschränkt wird. Unterstrichen werden ihre Aussagen von Fachleuten. Strömquist zeigt auf, dass Leistung und Liebe nicht zusammenpassen und präsentiert uns Männer die sagen „Ich fühl’s nicht“.
Mit Zeichnungen und satirischen Aussagen herangezogener Personen, wie bspw. Beyonce oder Sokrates, baut Strömquist die Brücke zur griechischen oder indischen Mythologie (Liebesgeschichte zwischen Shiva und Parvati).
Entwickeln wir uns kontinuierlich zu Narzissten, die gar nicht mehr fähig sind zu lieben? Wann haben wir verlernt die Ecken und Kanten einer anderen Person zu mögen und begonnen zu glauben, dass Beziehungen perfekt sind? Sollten wir unser Konsumverhalten in diesem Kontext doch mal überdenken, ohne einen „gefühlten Rückschritt unseres Frauseins“ zu empfinden?
Leseempfehlung!

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