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Veröffentlicht am 28.09.2022

Ein Zeitgemälde

Die Passage nach Maskat
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„Die Passage nach Maskat“ ist ein gelungenes Zeitgemälde, hier feiert das Jahr 1929 Wiederauferstehung. Der Erste Weltkrieg ist noch nicht lang vorbei, schon verdüstert der Nationalsozialismus den Horizont, ...

„Die Passage nach Maskat“ ist ein gelungenes Zeitgemälde, hier feiert das Jahr 1929 Wiederauferstehung. Der Erste Weltkrieg ist noch nicht lang vorbei, schon verdüstert der Nationalsozialismus den Horizont, in wenigen Wochen wird die Börse zusammenbrechen.

Das alles lässt der Fotojournalist Theodor Jung in Gedanken hinter sich, denn er begibt sich auf eine luxuriöse Schiffsreise, begleitet von seiner Frau Dora und deren Familie. Ihr Reiseziel: Maskat im Oman. Der Schwiegervater will dort Geschäfte anbahnen, Jung macht Reisefotos für die Berliner Illustrirte. Und dann verschwindet Dora.

Die Geschichte besticht besonders, wenn man ein Faible für die Zwanzigerjahre hat, denn der Autor beschert uns ein Déjà-vu nach dem anderen. Im Tal der Könige treffen die Passagiere auf den britischen Ägyptologen Howard Carter und sehen zu, wie er gerade das Grab des Tutanchamun ausräumen lässt. Bei einem Kinoabend schaut man zusammen „Metropolis“, einen Film, den zu seiner Zeit kaum jemand im Kino sehen wollte. Nebenbei macht der Leser Bekanntschaft mit der bekannten Skandaltänzerin Anita Berber, die zwar 1929 schon tot war, aber hier als Mitreisende für reichlich Gesprächsstoff an Bord sorgt.

Die Kriminalgeschichte selbst kommt erst spät in Gang, bis dahin müssen wir mit dem Fotografen so manche Runde an Deck drehen, Hinweise auf den Verbleib seiner Frau suchen und zahlreiche verdächtige Mitreisende belauschen. Wer allerdings sein Vergnügen eher am Reisen in vergangene Zeiten hat, wird hier vortrefflich bedient.

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Veröffentlicht am 22.09.2022

Mäßig interessante Familiengeschichte

People Person
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Als Dimple, 30 Jahre alt, wohnhaft in London, eines Tages richtig in die Klemme gerät, sucht sie Hilfe bei ihren vier Halbgeschwistern, die sich vor 16 Jahren zuletzt gesehen haben. Was da mit viel schwarzem ...

Als Dimple, 30 Jahre alt, wohnhaft in London, eines Tages richtig in die Klemme gerät, sucht sie Hilfe bei ihren vier Halbgeschwistern, die sich vor 16 Jahren zuletzt gesehen haben. Was da mit viel schwarzem Humor und Situationskomik beginnt, könnte sich zu einer richtig guten Kriminalkomödie entwickeln, driftet dann aber ab in einen mäßig interessanten Familienroman.

Cyril, jamaikanischer Einwanderer und Vater der fünf erwachsenen Kinder, hält diese Geschichte zusammen. Er sorgt für die erste bewusste Zusammenkunft seiner Nachkommen, tritt danach aber nur noch sporadisch in Erscheinung. Gefühlt dreht sich trotzdem alles um den verantwortungsscheuen Lebemann. Die fünf Halbgeschwister entwickeln dagegen nach ihrem anfänglichen gemeinsamen Abenteuer einen echten Zusammenhalt und beginnen, sich in allen Lebenslagen zu unterstützen. Das ist sehr erfreulich, aber nicht auf Dauer unterhaltend.

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Veröffentlicht am 25.08.2022

Parkour 2052 - Vega rennt!

Vega – Der Wind in meinen Händen
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Es ist das Jahr 2052, nur eine Generation nach uns. Die siebzehnjährige Vega lebt in der Stadt und verdient sich ihren Lebensunterhalt als Wettermacherin. Doch anders als andere, die hierfür mit Drohnen ...

Es ist das Jahr 2052, nur eine Generation nach uns. Die siebzehnjährige Vega lebt in der Stadt und verdient sich ihren Lebensunterhalt als Wettermacherin. Doch anders als andere, die hierfür mit Drohnen und Chemikalien arbeiten, kann Vega das Wasser mit der Kraft ihres Willens herbeirufen und Regen dort erzeugen, wo ihre Kunden ihn gerade benötigen.

Als ein solcher Einsatz schiefgeht, muss Vega von jetzt auf gleich flüchten. Die Prüfstelle für atmosphärische Optimierung (PAO) ist hinter ihr her, denn Vega steht im Verdacht, Stürme verursacht zu haben, bei denen Menschen verletzt und getötet worden sind.

Eine Flucht über die Dächer der Stadt beginnt. Man erlebt Vega förmlich als Parkourläuferin, die sich von keinem architektonischen Hindernis aufhalten lässt, und kommt als Leser selbst kaum zum Luftholen.

Es ist dieses Tempo über den gesamten Ablauf, das dem Buch zugute kommt. Dazu gibt es ein Verwirrspiel um die Guten und die Bösen, ein bisschen Romantik und eine Handvoll Übernatürliches. Und wenn sich das Geschehen doch mal zieht, macht es der souveräne Schreibstil wieder wett.

Hier ist die Stadt der Dschungel, und wem das gefällt, der erlebt mit „Vega“ eine moderne Abenteuergeschichte - mit Aussicht auf eine Fortsetzung im kommenden Frühjahr.

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Veröffentlicht am 17.08.2022

Très charmant!

Agnes und der Traumschlüssel
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„Agnes und der Traumschlüssel“ ist als Kindergeschichte ein bisschen aus der Zeit gefallen. Rätselhafte Träume, Botschaften aus der Vergangenheit, eine Villa mit Geschichte - viel davon erinnert an „Das ...

„Agnes und der Traumschlüssel“ ist als Kindergeschichte ein bisschen aus der Zeit gefallen. Rätselhafte Träume, Botschaften aus der Vergangenheit, eine Villa mit Geschichte - viel davon erinnert an „Das Haus der Krokodile“, einen Kinderkrimi aus den frühen Siebzigerjahren, der vor allem als Fernsehserie sehr bekannt wurde. Dennoch ist es schön, dass jemand heute noch solche Geschichten schreibt.

Es geht um Agnes, elf Jahre alt. Sie träumt seltsame Episoden, die in einer anderen Zeit passieren. Nach und nach kommt sie dahinter, was die alte Villa der Familie Brycknen damit zu tun hat, wer das Kind ist, dessen verwitterten Grabstein sie auf dem Friedhof gefunden hat, und welche Rolle die geheimnisvolle Schatulle spielt, die das Heimatmuseum ausstellt.

Hilfe bekommt sie von ihrem neuen besten Freund Muffin und dem Jagdhund Oskar. Und von der Lokalzeitung, denn da gibt es noch ein echtes Zeitungsarchiv mit historischen Ausgaben zum Blättern. Très charmant!

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Veröffentlicht am 15.08.2022

Liest sich gut, ist aber keine Offenbarung

Snowflake
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Debbie, 18 Jahre alt, ist ein wenig ambitionierter Teenager. Ihr neues Uni-Studium bringt ihr die Freundschaft mit Xanthe ein, in deren Dubliner Wohnung sie sich oft aufhält. Von ihren fachlichen Interessen ...

Debbie, 18 Jahre alt, ist ein wenig ambitionierter Teenager. Ihr neues Uni-Studium bringt ihr die Freundschaft mit Xanthe ein, in deren Dubliner Wohnung sie sich oft aufhält. Von ihren fachlichen Interessen erfährt man nur wenig. Der Fokus der Erzählung liegt stattdessen auf den außeruniversitären Veranstaltungen: Parties, Alkohol, Männerbekanntschaften. Da ist Debbie wenig wählerisch, weder in der Stadt, noch auf dem Dorf, wo sie auf dem Milchbauernhof ihres Onkels lebt und die manisch-depressive Mutter sie laufend auf Trab hält.

„Snowflake“ ist eine Geschichte, die so daherflattert. Sie bietet keine Entwicklung, keine Wendepunkte, keine Erkenntnis. Auch wenn pausenlos persönliche Angelegenheiten erörtert werden, wirkt das Buch doch verstörend unpersönlich. Es ist eher ein Zeugnis der Verschwendung - von Jugend, von Bildungsmöglichkeiten und leider im Großen und Ganzen auch von Lesezeit. Zwei Sterne kriegt es dennoch, für den guten Schreibstil, denn die knapp 340 Seiten lesen sich trotz allem gut weg.

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