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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2021

Feine Konstruktion

Das Geheimnis von Zimmer 622
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Zum Inhalt:
Der Schriftsteller ist angeschlagen: Sein Verleger ist gerade gestorben und seine On-Off-Freundin will nach diversen Missverständnissen nichts mehr von ihm wissen. In einem Hotel trifft er ...

Zum Inhalt:
Der Schriftsteller ist angeschlagen: Sein Verleger ist gerade gestorben und seine On-Off-Freundin will nach diversen Missverständnissen nichts mehr von ihm wissen. In einem Hotel trifft er auf Scarlett und ein Geheimnis: Es gibt kein Zimmer 622. Gemeinsam beginnen sie zu schnüffeln, was es mit der fehlenden Nummer auf sich hat.

Mein Eindruck:
Eine Geschichte wie eine russische Matroschka: Immer wenn man meint, man hätte das Konstrukt durchschaut, setzt Joel Dicker noch eine Ebene drauf. Sein Protagonist „der Schriftsteller“ besitzt dabei autobiographische Züge, thematisiert Vorkommnisse der eigenen Vergangenheit und insbesondere die Anekdoten um seinen Verleger zeigen Humor und eine tiefe Dankbarkeit.
Das Kernstück des Romans ist allerdings die Suche nach den Verantwortlichen für das, was in Zimmer 622 geschah: Ein bis jetzt unaufgeklärter Mordfall im Zusammenhang mit einer Schweizer Privatbank. Und damit hat die Geschichte alles, was eine spannende Story braucht: Interessante Schauplätze, schöne Menschen, Glamour und Geld in Reinkultur, gewürzt mit einer Prise Geheimdienst und einer großen Portion Liebe.
Geschickt hält Dicker dabei seine Leser bei der Stange, indem er die Zeitebenen durcheinander schüttelt und seine Cliffhanger so elegant setzt, dass man fast nicht bemerkt, wie man sich im Lesen verliert. Manches Mal wird es dann zwar ein bisschen zähflüssig, aber die große Erklärungsrunde zum Schluss zeigt, dass keine Seite vergeudet war, weil irgendwie dann doch Alles mit Allem zusammenhängt.

Mein Fazit:
Geld oder Liebe – was braucht man zum Glücklichsein?

Veröffentlicht am 27.03.2021

Großartig

Der große Sommer
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Zum Inhalt:
Der 16jährige Frieder droht an seiner Versetzung zu scheitern, - und damit das Gymnasium insgesamt nicht zu schaffen. Die Zeit bis zur Nachprüfung soll er deshalb nicht gemeinsam mit seinen ...

Zum Inhalt:
Der 16jährige Frieder droht an seiner Versetzung zu scheitern, - und damit das Gymnasium insgesamt nicht zu schaffen. Die Zeit bis zur Nachprüfung soll er deshalb nicht gemeinsam mit seinen Eltern verbringen, sondern bei seinem Großvater lernen. In diesem Sommer lernt Frieder nicht nur neue Seiten an seinen Großeltern kennen, er macht auch die Bekanntschaft mit vielen Facetten, die das Leben zu bieten hat. Danach ist nicht nur er ein anderer Mensch.

Mein Eindruck:
Wenn der Mensch vor dem Buch beim Friseur sitzt und die Tränen nicht nur wegen der Chemikalien fließen, die ihn dort umgeben, hat ein Autor ziemlich viel richtig gemacht. Ewald Arenz gelingt dieses Kunststück mit „Der große Sommer“ mit einer Leichtigkeit, die an einen gekonnten Kopfsprung vom 7,5-Meterbrett erinnert: Geradeheraus, elegant und pfeilschnell in die Seele seiner Leserschaft eintauchend. Möglicherweise verhilft die Ähnlichkeit im Alter von Schriftsteller und Protagonist, dass die Einbettung in die Zeit perfekt ist, - von der Pershing bis zum Kassettenrecorder, vom Münztelefon bis zu Großeltern mit Nachkriegserinnerungen. Arenz trifft den Slang der damaligen Zeit genauso gut wie er Gefühle und Empfindungen beschreibt. Dabei hält er gekonnt die Balance zwischen Humor und Tragik. Seine Figuren – egal wie unbedeutend, egal wie alt – besitzen alle eine Würde und Wahrhaftigkeit, dass man meint, sie greifen zu können. Vom Ich-Erzähler bis hin zum Bademeister. Ein wunderbares Buch. Ein ganz wunderbares Buch.

Mein Fazit:
Eine Coming of Age- Geschichte, wie sie selten besser gelungen ist

Veröffentlicht am 27.03.2021

Guter Neustart

Lockvogel
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Zum Inhalt:
Tonis Freund ist weg, - und mit ihm sämtliche Ersparnisse. Und ohne Geld den Privatdetektiv Edgar zu engagieren, erweist sich zusätzlich als schwierig. Aber glücklicherweise schneit diesem ...

Zum Inhalt:
Tonis Freund ist weg, - und mit ihm sämtliche Ersparnisse. Und ohne Geld den Privatdetektiv Edgar zu engagieren, erweist sich zusätzlich als schwierig. Aber glücklicherweise schneit diesem eine Klientin ins Haus und mit der Observation des möglicherweise untreuen Ehe-Mannes wird Toni beauftragt – im Gegenzug für Recherchen. Der Beginn einer wundervollen Freundschaft? Oder doch eher ein Fiasko….

Mein Eindruck:
Nach ihren Krimis im Opernmilieu hat sich Frau Prammer an die Erschaffung eines neuen Dream-Teams gegeben, bleibt aber der künstlerischen Umgebung treu: Ihre Protagonistin ist Absolventin einer Schauspielschule und wirft das Talent zur Verwandlung und Improvisation gekonnt in den Ring. Dem Zeitgeist geschuldet noch eine Prise „divers“ und ein guter Schluck aus der Me-Too-Pulle, - trotzdem ist die Geschichte nicht bemüht, sondern bleibt bis zu einem gewissen Grad glaubwürdig und wird durch eine hübsche Dosis Humor und Spannung aufgepeppt. Die Autorin hat ganz einfach die Gabe, mit einem guten Stil und interessanter Umgebung ihre Leserschaft zu fesseln. Dass weitere Bücher geplant sind (worauf das Ende von „Lockvogel“ schließen lässt), freut deshalb ungemein.
Ein Manko ist jedoch zu beklagen: Einige Wendungen, welche die Spannungsschraube anziehen und auf die falsche Fährte locken sollen, sind sehr unglaubwürdig und die letztendliche Verhaftung und Motivlage wirken überstürzt und lassen an der Güte der Ermittlungen zweifeln. Super eingebaut hingegen die unterschwelligen Botschaften (beispielsweise der Grund für das Detektiv-Dasein Edgars), die auf ein Wiederaufleben von Verbindungen im zweiten Buch hoffen lassen. Gerne auch mit vielen, sehr liebevoll ausgearbeiteten Nebencharakteren.

Mein Fazit:
Fast großartig

Veröffentlicht am 21.03.2021

Auf gute Zusammenarbeit

Nordwesttod
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Zum Inhalt:
Anna wurde geschieden, Hendriks Frau ist gestorben, deshalb starten beide einen Neuanfang und ermitteln gemeinsam in dem Vermisstenfall der Umweltaktivistin Nina. Nina sagte sich von ihrer ...

Zum Inhalt:
Anna wurde geschieden, Hendriks Frau ist gestorben, deshalb starten beide einen Neuanfang und ermitteln gemeinsam in dem Vermisstenfall der Umweltaktivistin Nina. Nina sagte sich von ihrer reichen Hoteliersfamilie los und - da diese ein großes Projekt plant - könnte der Grund für ihr Verschwinden in Differenzen mit der Familie liegen. Doch dann tun sich noch mehr Möglichkeiten auf.

Mein Eindruck:
Zuerst einmal gefällt die Grundidee: Diese Polizisten sind zwar geübt, fangen trotzdem noch einmal an fremder Wirkungsstätte an. So müssen sie sich mit ihrer neuen Umgebung, fremdelnden Kollegen und Startschwierigkeiten auseinandersetzen. Da der eine Familienunterstützung und die andere ein sonniges Gemüt hat, fällt das nicht so schwer, dass es zu sehr von dem Kern eines guten Krimis ablenkt: Dem Fall.
Svea Jensen baut dazu einige politisch kompatible Versatzstücke ein; dieses jedoch so geschickt, dass es nicht nervt: Me Too, Umweltaktivismus, Ansehen der Polizei. Dazu beackert sie Problemfelder für ihre beiden Hauptcharaktere, die jeden treffen können: Verlust des Partners, zuwenig Zeit für die Familie, Scheidung. Aber trotz dieser Gemengelage hält sie eine gute Balance zwischen Privatgedöns und Ermittlung und damit die Leser/innen bei der Stange. Denn neben der schönen Landschaft hat St. Peter-Ording einen guten Krimi zu bieten und – gemeinsam mit Anna und Hendrik – hofft man nach der gelungenen und schlüssigen Aufklärung auf eine weitere Zusammenarbeit im mörderischen Norden.

Mein Fazit.
Macht trotz einiger Tiefgründigkeit auch Spaß, - gerne mehr

Veröffentlicht am 20.03.2021

Liebenswert

Wattenmeermord
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Zum Inhalt:
Laura und Jan haben mit ihrem alten Leben als Kriminalpolizisten im Ruhrgebiet abgeschlossen und sind nach Pellworm gezogen. Hier arbeitet Jan als "Dorfbulle" und Laura führt eine Pension. ...

Zum Inhalt:
Laura und Jan haben mit ihrem alten Leben als Kriminalpolizisten im Ruhrgebiet abgeschlossen und sind nach Pellworm gezogen. Hier arbeitet Jan als "Dorfbulle" und Laura führt eine Pension. Als jedoch ein Toter auf dem Deich gefunden wird und Kollegen vom Festland anrücken, merken die beiden, dass sie doch nicht aus ihrer Haut können, - und beginnen zu ermitteln.

Mein Eindruck:
Am besten bei diesem liebenswerten Krimi von Katja Lund und Markus Stephan aus dem Norden der Republik gefallen der Lokalkolorit und die sympathische Zeichnung der einheimischen Figuren. Die eingestreuten friesischen Fragmente sind dabei gut zu verstehen oder werden im Nachsatz übersetzt. Der Hintergrund der beiden Protagonisten ist gute gewählt und vermittelt nicht nur glaubhaft die Beweggründe für den Umzug nach Pellworm, sondern auch die Liebe zur Ermittlung, die sich nicht einfach abschütteln lässt. Die Nachforschungen laufen stringent; die Tätersuche zerrt zwar nicht an den Nerven, lädt aber zum Mitraten ein und bietet eine gute Auflösung. Und auch wenn auf so einer kleinen Insel wohl nicht noch ein Mord passieren wird, könnte man sich einige Szenarien vorstellen, in dem Jan und Laura zu einem weitern Einsatz in ihrem alten Metier kommen.

Mein Fazit:
Feiner Urlaubskrimi mit Flair