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Veröffentlicht am 19.07.2021

Ein Hoch auf die Familie

Erben wollen sie alle
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Zum Inhalt:
Bianca wohnt in einem schönen Haus auf Mallorca und will - frisch verliebt in Wolfi - zu einer Weltreise starten. Doch da hat sie die Rechnung ohne ihre Kinder Steffen und Anja gemacht, die ...

Zum Inhalt:
Bianca wohnt in einem schönen Haus auf Mallorca und will - frisch verliebt in Wolfi - zu einer Weltreise starten. Doch da hat sie die Rechnung ohne ihre Kinder Steffen und Anja gemacht, die kurz vor Biancas 75. Geburtstag davon erfahren und Angst um ihr Erbe bekommen. Kurzentschlossen fliegen sie mit Steffens Frau Yvonne und Anjas Tochter Louisa nach Mallorca, um dort einige angenehme, aber auch einige unangenehme Wahrheiten zu erfahren und Erlebnisse zu haben.

Mein Eindruck:
Super! Genau das richtige Buch, um selber den Urlaub zu genießen. Ein leichter Schreibstil, ein bisschen Drama, sehr viel Gefühl und ein guter Schuss Fernweh verquirlt Tessa Hennig zu einem Cocktail, der einem die Sonne ins Herz und die Lachfältchen um Mundwinkel und Augen zaubert. Ihre Figuren sind lebensecht, die Ausgangsposition durchaus glaubwürdig und die Umgebung schön gewählt: Mallorca abseits des Ballermanns, mit dem Duft nach Orangen und dem Ausblick auf das Meer. Biancas Familie bietet dazu mit unterschiedlichen Altersklassen und verschiedenen Lebensentwürfen eine Reflexions-Fläche für fast alle Leserinnen (ehrlicherweise eher die Zielgruppe als männliche Bibliophile).
Doch glücklicherweise mixt Hennig einige Spritzer Sand ins Getriebe: Das Altwerden mit den kleinen und großen Herausforderungen, die es bieten kann: Wie lange habe ich noch für meine Träume, werde ich noch einige Jahre selbständig leben können und - als besonders großes Schreckgespenst - Alzheimer, die Geißel unserer Zeit. Doch bei allen Widrigkeiten bleibt der Roman Unterhaltung, die Probleme werden gemeistert, die Liebe und das Leben siegen. Und damit leistet er genau das, was die Seele in der heutigen Zeit benötigt (und im Urlaub sowieso): Ein bisschen Abstand von den Widrigkeiten des Lebens, ein bisschen Aufmunterung in dunkler Zeit.

Mein Fazit:
Perfekte Strand-Lektüre mit Liebe und Humor

Veröffentlicht am 19.07.2021

Wunderschön und raubtierhaft

Das Haus der Libellen
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Zum Inhalt:
Vor zwanzig Jahren - Sophie war acht - zogen die von Gutenbachs mit ihren Kindern Noah und Emilia in das Nachbarhaus. Sophie verliebte sich auf der Stelle in Noah, die drei wurden fast unzertrennlich, ...

Zum Inhalt:
Vor zwanzig Jahren - Sophie war acht - zogen die von Gutenbachs mit ihren Kindern Noah und Emilia in das Nachbarhaus. Sophie verliebte sich auf der Stelle in Noah, die drei wurden fast unzertrennlich, es folgte eine Verlobung und 14 Tage später verschwand Noah ohne ein Wort aus Sophies Leben. Nach weiteren fünf Jahren erhält Sophie einen Hilferuf Emilias: Deren Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, Noah ist verschwunden - wieder einmal - und Sophie soll ihr bei der Suche helfen. Da sich Sophie von einem Finden Noahs und möglichen Erklärungen nicht nur Hilfe für Emilia, sondern auch für das eigene Seelenheil erhofft, kehrt sie zurück an den Ort ihrer Kindheit, zurück zur kapriziösen Emilia, zurück zu den Geistern.

Mein Eindruck:
Diese Geschichte lebt vor allen Dingen von den Bildern. Sie ist nicht unbedingt spektakulär, aber überaus eindringlich. Auch findet Konversation nicht geradeheraus statt - eher in Metaphern, Eindrücken, Gesten. Man spricht nicht miteinander, man redet eher vor sich hin und das Gegenüber muss dann selber die Übersetzung leisten, um das Gesagte zu verstehen. Dadurch entstehen Missverständnisse - praktisch von Anfang an - und immer, wenn eine konkrete Antwort auf irgendetwas erwartet wird (und vor allen Dingen erfolgen muss), versuchen sich die Figuren dieser Erwartungshaltung zu entziehen. Und genau das führt dazu, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann. Auch die Leser/innen versuchen, einen Pudding an die Wand zu nageln, die Gedankensprünge nachzuvollziehen und scheitern ähnlich grandios wie die Protagonistin Sophie. Denn letztendlich bleiben - selbst nach der Erklärung zum Schluss - die Geschwister immer noch ein Rätsel, immer noch schön und immer noch für das Seelenheil anderer gefährlich. Fast wie die Libellen, für die Emilia so sehr schwärmt, dass sie für diese geheimnisvollen und schönen Raubtiere ein eigenes Biotop gebaut hat.

Mein Fazit:
Ein großer, literarischer Genuss mit viel Gefühl und Wehmut

Veröffentlicht am 18.07.2021

Joggerinnen im Visier

Die Karte
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Zum Inhalt:
Ein vermeintlicher Einbrecher sticht einem aufmerksamen Nachbarn ein Auge aus. Kurz danach stellt sich heraus, dass diese brutale Tat nur der Auftakt für eine Serie von Morden ist. Der Täter ...

Zum Inhalt:
Ein vermeintlicher Einbrecher sticht einem aufmerksamen Nachbarn ein Auge aus. Kurz danach stellt sich heraus, dass diese brutale Tat nur der Auftakt für eine Serie von Morden ist. Der Täter hat dabei Joggerinnen im Visier, die über eine App ihre Lauferfolge austauschen.

Mein Eindruck:
Charles Rettinghaus ist ein sehr guter Sprecher. Er flößt den Personen Charakter und Seele ein und scheitert auch nicht an den weiblichen Figuren, die einen guten Teil des Thrillers mit ihren Gedanken, Ängsten und Sehnsüchten tragen. Die Geschichte ist spannend durch ihren Autor Andreas Winkelmann entworfen und zieht schnell ihre Leserschaft in einen Strudel an die Nieren gehender Ereignisse. Winkelmann spinnt sein Garn und verwebt Teile einer unglücklichen Kindheit mit vielen MeToo-Momenten. Für manchen Geschmack wohl zu viele: Männerhass durch lesbische Frauen und sehr viele Typen, die Frauen nur auf Busen, Po und den Männern dienende, aber natürlich unter ihnen stehende Wesen reduzieren, sind auf Dauer enervierend und nutzen sich in der Masse ab. Gut gefällt die Vielfalt der Ereignisse und wie sich zum Schluss Zusammenhänge zeigen, weniger gut, dass die titelgebende Karte und die App irgendwann aus dem Blickfeld geraten. Das Ende ist dann überraschend, - und auch hier möglicherweise eine Spur zu sehr.
Trotzdem: Spannend ist das Buch auf jeden Fall, gesprochen ist es perfekt und die Entwicklung des Teams interessant.

Mein Fazit:
Nicht alle Männer sind unsympathisch, ehrlich nicht!

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  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.07.2021

Serienmord in Edinburgh

Das Gift der Lüge
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Zum Inhalt:
Nach Studien in Europa kehrt Will Raven zu seinem Mentor Dr, Simpson zurück und muss feststellen, dass das ehemalige Hausmädchen Sarah inzwischen verheiratet ist. Trotzdem lässt er es sich ...

Zum Inhalt:
Nach Studien in Europa kehrt Will Raven zu seinem Mentor Dr, Simpson zurück und muss feststellen, dass das ehemalige Hausmädchen Sarah inzwischen verheiratet ist. Trotzdem lässt er es sich nicht nehmen, mit ihr gemeinsam zu ermitteln, als mehrere gesunde Menschen plötzlich erkranken und sterben. Sie finden die verantwortliche Person, - und geraten dabei selbst in Lebensgefahr.

Mein Eindruck:
Ein zweites Mal schicken Ambrose Perry ihre Leser/innen zu den Anfängen der forensischen Medizin ins viktorianische England. Wie bei "Die Tinktur des Todes" macht es Spaß, mit dem unkonventionellen Pärchen auf Tour zu gehen, den Gefahren zu strotzen (inklusive dunkler Geheimnisse Wills) und die liebgewonnenen Personen des ersten Teils wieder zu treffen, - egal, ob sie sich auf der guten oder der bösen Seite befinden. Es gefällt, dass die Charaktere vielschichtig angelegt sind, - Psychopathen werden nicht unbedingt geboren, sondern manchmal dazu gemacht.
Die fundierte Kenntnis des Autorenpaars kommt nie rechthaberisch daher; sie unterfüttert nur trefflich eine sehr gute Geschichte. Und selbst wenn Täter und Motiv relativ schnell aufgedeckt werden (auch dadurch, dass sich der Mensch hinter den Gräueln in der Ich-Form entlarvt), bieten sich bis zum bittersüßen Ende noch einige Überraschungen. für die geneigte Leserschaft.

Mein Fazit:
Hoffentlich sind aller guten Dinge bald drei!

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.07.2021

Psychopathen

All die bösen Taten
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Zum Inhalt:
Cassie zögert nicht lange, als sie auf dem Nachhauseweg bemerkt, dass eine junge Frau von einem Mann attackiert wird. Sie kann diese zwar retten, der Angreifer bedenkt Cassie jedoch mit einer ...

Zum Inhalt:
Cassie zögert nicht lange, als sie auf dem Nachhauseweg bemerkt, dass eine junge Frau von einem Mann attackiert wird. Sie kann diese zwar retten, der Angreifer bedenkt Cassie jedoch mit einer unheilvollen Prophezeiung: Wenn sie die Frau vor dem Tode bewahrt, ist ihr eigenes Leben in Gefahr. Kurz danach gerät Cassies Leben aus den Fugen: Ihr Mann verschwindet, ihre Kinder werden bedroht und die Polizei findet Indizien, die auf Cassies Verwicklung in Verbrechen deuten.

Mein Eindruck:
Das ist ein Thriller im Stil von Harlan Coben: Normalo wächst über sich hinaus, als unfassbar böse Menschen sich in sein Leben mischen und seine Familie bedrohen. Das ist ohne Frage spannend; man fühlt mit Cassie, verzweifelt mit ihr, kämpft mit ihr, sucht mit ihr, leidet mit ihr. Doch tief im Innern weiß man, dass so ein Szenario absolut unglaubwürdig und typisch amerikanisch ist: Jede Menge Psychopathen, dafür auf der "guten" Seite ein Netzwerk von Freunden, die nicht lange fackeln und - dank dubioser Voraussetzungen - sich bedingungslos auf Cassie einlassen. Und natürlich ist das Familientier in uns allen gefragt.
Heather Chavez hat ihre Leser/innen im Griff. Sie vermag es zu überraschen, ihr Szenario ist bildhaft und der Stil wunderbar schnell und leicht zu lesen.
Aber zu viel nachdenken über das, was da steht, sollte man nicht. Denn diese Dichte von Gewalt in jedweder Form ist schwer zu verdauen und die Dichte von gestörten Figuren zu erschreckend, um sie als einigermaßen glaubhaft zu empfinden.

Mein Fazit:
Spiel mir das Lied von der Familie und das vom Tod