Profilbild von melange

melange

Lesejury Star
offline

melange ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit melange über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2021

Erwartungen erfüllt

Juno Browne und der Tote im Antiquitätenladen
0

Zum Inhalt:
Juno trägt nicht nur den Namen einer Göttin, sie zeigt sich auch furchtlos gegenüber den Anforderungen des Lebens. Nicht auf Rosen gebettet fungiert sie als Ein-Frau-Betrieb als hilfreicher ...

Zum Inhalt:
Juno trägt nicht nur den Namen einer Göttin, sie zeigt sich auch furchtlos gegenüber den Anforderungen des Lebens. Nicht auf Rosen gebettet fungiert sie als Ein-Frau-Betrieb als hilfreicher Geist und trifft dabei auf einen Antiquitätenhändler, der nicht immer sauber agiert. Durch ihn lernt sie sympathische und unsympathische Zeitgenossen kennen und - nach seinem gewaltsamen Tod - wird ihr Leben (auch Dank ihrer angeborenen Neugierde) noch turbulenter als zuvor.

Mein Eindruck.
Diese Geschichte hat meine Erwartungshaltung voll erfüllt. Ein Cosy Crime, wie er im Buche steht: Nicht allzu blutdurchtränkte Todesfälle, liebenswerte Nebenfiguren mit Schrullen und eine Protagonistin, die das Herz auf dem rechten Fleck trägt und über einige Nehmerqualitäten verfügt. Diese Göttin ist keine Prinzessin auf der Erbse, sondern packt mit an und weiß sich zu wehren. Zusätzlich weiß die Autorin Stephanie Austin mit ihren Nebencharakteren zu überzeugen: Egal ob Künstlerpärchen, leicht demente, ältere Dame, Oberschichten-Zicke oder netter Handwerker – alle haben eine besondere Art, die bekannt und damit überzeugend wirkt.
Doch auch der Kriminalfall ist hier keine reine Nebensache. Dass die Aufklärung im Wesen seiner Charaktere liegt, ist eine wunderbare Hommage an Hercule Poirot, der immer die psychologischen Aspekte seiner Fälle in den Vordergrund schob.
Der Schreibstil Austins ist flüssig und nötigt seinen Leser/innen keine erschwerte Aufmerksamkeit ab. Leichtfüßiger Humor und ein Ende mit Ausblick (jedoch ohne Cliffhanger) machen zusätzlich Spaß. Und dann ist – last but not least – das ländliche England sowieso immer ein Pfund.

Mein Fazit:
Gerne mehr von dieser Serie

Veröffentlicht am 20.06.2021

Ein großes Spiel

SØG. Dunkel liegt die See
0

Ein alter Fall um fünf brutal ermordete Seeleute geht Nina nicht aus dem Sinn. Als die dänische, alleinerziehende Kommissarin neue Erkenntnisse gewinnt und sie zusätzlich in Tallinn zu einer Schulung weilt ...

Ein alter Fall um fünf brutal ermordete Seeleute geht Nina nicht aus dem Sinn. Als die dänische, alleinerziehende Kommissarin neue Erkenntnisse gewinnt und sie zusätzlich in Tallinn zu einer Schulung weilt – hier ist ein damaliger Verdächtiger zu Hause – ermittelt sie auf eigene Faust und findet sich plötzlich im Fadenkreuz von Geheimdiensten und international agierenden Terroristen wieder.

Mein Eindruck:
Wie auch Oxen hat Jens Henrik Jensen seine Reihe um eine toughe Polizistin als Trilogie ausgelegt. Und dieses Mal nimmt er sich sehr lange Zeit, seine Hauptfigur – und mit ihr die Leser – an die Geschichte heranzuführen. Nach 100 Seiten hat man deshalb den Eindruck, mehr der Idylle einer Frau beizuwohnen, die es schafft, Beruf und Familie dank Kollegen und Verwandten unter einen Hut zu bringen, als dass ein spannender Fall die Seiten beherrscht. Da nutzen auch einige Einschübe von Verfolgungsjagden nichts, da sie einen kurioserweise kalt lassen, weil sie völlig realitätsfern erscheinen. Doch dann zieht Jensen ganz plötzlich einige Asse aus dem Ärmel und lässt seine Marionetten – zu denen die Protagonistin ohne ihr Wissen gehört – richtig tanzen und verblüfft mit eleganten Wendungen ein um das andere Mal. Die Schauplätze sind vielfältig, der Schreibstil gefällig (im besten Sinn); er verlangt seinen Lesern nicht zu viel ab und wirkt trotzdem nie banal.
Seine Charaktere – abseits Ninas – besitzen Struktur und Tiefe, ein Teilstrang der Geschichte wird geklärt, das große Ganze bleibt jedoch noch gefährlich im Hintergrund. Beste Voraussetzungen dafür, dass man bei der literarischen Stange bleibt.
Die Idee, ein reales Verbrechen zur Grundlage zu nehmen, ist dabei besonderer Ehren wert, da man nach der Lektüre nicht das Gefühl hat, völlig im luftleeren Raum zu schweben, obwohl auch Jensen (natürlicherweise) keine gänzliche Aufklärung bieten kann.

Mein Fazit:
Ein etwas zäher, dafür später umso begeisternder Start

Veröffentlicht am 12.06.2021

Grandioser Auftakt

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
0

Zum Inhalt:
1893, Wien. Leopold von Herzfeldt ist neu in der Stadt und macht sich mit seiner neunmalklugen Art direkt unbeliebt bei den Kollegen der Polizeidirektion. Doch gegen alle Widerstände ermittelt ...

Zum Inhalt:
1893, Wien. Leopold von Herzfeldt ist neu in der Stadt und macht sich mit seiner neunmalklugen Art direkt unbeliebt bei den Kollegen der Polizeidirektion. Doch gegen alle Widerstände ermittelt er gemeinsam mit Julia, eine Mitarbeiterin im Sekretariat und Augustin Rothmayer, dem Totengräber des Zentralfriedhofs. Denn auf dem Friedhof scheinen alle Fäden zusammenzulaufen, die sich um gepfählte Dienstmädchen, Kindesmissbrauch durch die High Society und Scheintote entspinnen.

Mein Eindruck:
Oliver Pötzsch ist ein fulminanter Beginn für seine neue Reihe historischer Krimis gelungen, - und ebenso großartig ist die Wahl von Hans Jürgen Stockerl als Sprecher für das Hörbuch. Nicht nur, dass er den Wiener Schmäh absolut lebensecht in seine Stimme packt. Zusätzlich versteht er es, die Personen (männlich wie weiblich) mit Tiefe und Charakter auszustatten.
Dass selbstbewusste Auftreten vieler Frauenfiguren verwundert zwar ein bisschen, dafür machen der Humor, die Charaktervielfalt und die Aus- und Einblicke in das Wien des 19. Jahrhunderts sehr viel Spaß. Pötzsch verquickt geschickt "echte" Personen der Zeitgeschichte mit seiner erfundenen Story und fügt noch eine gehörige Prise Gesellschaftskritik dazu. Antisemitismus ist nicht nur überall, - er wird sogar offen thematisiert.
Trotzdem hat man bei dem ersten Fall des Totengräbers (dem hoffentlich noch viele folgen) zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, belehrt oder moralinsauer getriezt zu werden. Bei aller Unterfütterung ist das Buch perfekte Unterhaltung mit gut recherchiertem, historischem Hintergrund an interessanten Örtlichkeiten. Die Charaktere sind vielschichtig und selbst in ihrer Unvollkommenheit liebenswert, die Intrigen glaubhaft, die Fälle spannend beschrieben und die Motivlage von Tätern und Opfern gut herausgearbeitet.

Mein Fazit:
Schöne Kulisse, tiefgründige Charaktere und ein paar Morde, - perfekt!

Veröffentlicht am 12.06.2021

Popcorn

Die Nacht der Acht
0

Zum Inhalt:
Eine Clique von zumeist bessergestellten Jugendlichen nutzt die sturmfreie Bude eines Mitglieds, um eine Horronacht zu durchleben. Dazu denkt sich jeder der acht Kunststudenten eine besondere ...

Zum Inhalt:
Eine Clique von zumeist bessergestellten Jugendlichen nutzt die sturmfreie Bude eines Mitglieds, um eine Horronacht zu durchleben. Dazu denkt sich jeder der acht Kunststudenten eine besondere Show aus, um die anderen zu erschrecken. Dumm nur, dass dann irgendwann der echte Horror beginnt... und einer nach dem anderen verschwindet...

Mein Eindruck:
Ein Buch, welches einen wirklich zwiegespalten zurücklässt. Zuerst einmal sind es sehr viele Charaktere, - einen wirklichen Protagonisten gibt es nicht, alle agieren relativ gleichberechtigt, auch wenn einige länger als andere im Fokus stehen. Zu viele Charaktere, um mehr als Holzschnitte zu bieten. Dafür gibt es nicht einen „normalen“ Menschen, - alle sind entweder superreich, superschön, superbegabt und/oder supercool. Die Handlung geht jedoch schnell voran und bietet in der ersten Hälfte wirklich einiges an Grusel, da die Scherze der Jugendlichen zum Teil an die Grenzen des guten Geschmacks gehen (und manchmal auch darüber hinaus). Schlag auf Schlag folgt ein guter Einfall auf den nächsten, doch dann verschwindet die erste Person und das Buch driftet ab und wird unglaubwürdig, belanglos und - trotz aller Hektik und Aktivität – langweilig. Popcorn-Horror-Kino im Buchformat: Es wird der Zusammenhalt beschworen, nur um dann doch alleine irgendwohin zu gehen und schwupps – wieder einer weniger. Das Ende setzt dann dem Ganzen die Krone auf, - absolut suspekt, neben der Spur und bar jeder Vernunft.

Doch bis man sich über dieses Ende ärgert, ist man durch die Seiten geflogen, - zuerst, weil es wirklich spannend und einfallsreich war, was die acht sich gegenseitig boten, danach, weil man auf die Auflösung hinfieberte, die es ja schließlich geben musste.
So bleibt eine mittelmäßige Wertung für eine Geschichte mit viel Fantasie und dem Gefühl, dass man sich manchmal doch eine gewisse Moral für ein Jugendbuch wünscht. Doch hier herrscht Wohlstandsverwahrlosung auf ganz hohem Niveau, verquickt mit unglaubwürdiger Charakterentwicklung.

Mein Fazit:
Jugend-Horror-Groschenheft

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.06.2021

Partnerschaften

Eine perfekte Ehe
0

Zum Inhalt:
Früher hegte Lizzie altruistische Pläne, doch nach einem alkoholbedingten Absturz ihres Mannes steht sie mit dem Rücken zur finanziellen Wand und hat das lukrative Angebot einer Anwaltskanzlei ...

Zum Inhalt:
Früher hegte Lizzie altruistische Pläne, doch nach einem alkoholbedingten Absturz ihres Mannes steht sie mit dem Rücken zur finanziellen Wand und hat das lukrative Angebot einer Anwaltskanzlei angenommen und bearbeitet dort Wirtschaftsfälle. Als Zach sie anruft, weil er des Mordes an seiner Frau Amanda verdächtigt wird, will sie das Mandat zuerst weitergeben, nimmt es dann jedoch widerstrebend an. Sie recherchiert in Zachs Umfeld und stellt fest, dass viele Leute Geheimnisse haben... wie auch Lizzie einige pflegt...

Mein Eindruck:
Dieser Psychothriller der Autorin Kimberley McCreight nimmt sich lange Zeit, um in Fahrt zu kommen, für meinen Geschmack ein bisschen zu lange. 544 Seiten sind eben viel Platz für einen Krimi und vielleicht hätte die Autorin zu Beginn ein bisschen straffen können. Der Aufbau des Krimis macht dabei Spaß, - Lizzies Perspektive spielt in der Gegenwart, dazu erfährt man einiges aus der nahen Vergangenheit durch Amandas Augen und zusätzlich gibt es Versatzstücke, die sich aus Zeugenaussagen im Prozess und einem Mailverkehr zusammensetzen.
Nach dem etwas kaugummimäßigen Beginn zieht McCreight jedoch die Spannungsschraube unerbittlich an und verblüfft ihre Leser ein ums andere Mal mit Kabinettstückchen, überraschenden, aber nicht absurden Wendungen und dem Aufdecken von Geheimnissen, die es in sich haben. Nicht nur Lizzie fühlt sich irgendwann wie in einer Waschmaschine - keine Ahnung mehr, wo oben und unten ist und wann man dem Schleudergang wieder entkommen kann.
Die Charaktere besitzen alle genügend Tiefe, ihr Verhalten ist glaubwürdig und der Weg dorthin ist nicht nur für Lizzie ein langer Weg, der viele Untiefen und Stolpersteine bietet. Die Aufklärung des Todesfalles und der Epilog sind dabei die Kirsche auf der Torte.

Mein Fazit:
Kommt langsam, wird dann aber zur Lawine