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Veröffentlicht am 12.06.2021

Grandioser Auftakt

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Zum Inhalt:
1893, Wien. Leopold von Herzfeldt ist neu in der Stadt und macht sich mit seiner neunmalklugen Art direkt unbeliebt bei den Kollegen der Polizeidirektion. Doch gegen alle Widerstände ermittelt ...

Zum Inhalt:
1893, Wien. Leopold von Herzfeldt ist neu in der Stadt und macht sich mit seiner neunmalklugen Art direkt unbeliebt bei den Kollegen der Polizeidirektion. Doch gegen alle Widerstände ermittelt er gemeinsam mit Julia, eine Mitarbeiterin im Sekretariat und Augustin Rothmayer, dem Totengräber des Zentralfriedhofs. Denn auf dem Friedhof scheinen alle Fäden zusammenzulaufen, die sich um gepfählte Dienstmädchen, Kindesmissbrauch durch die High Society und Scheintote entspinnen.

Mein Eindruck:
Oliver Pötzsch ist ein fulminanter Beginn für seine neue Reihe historischer Krimis gelungen, - und ebenso großartig ist die Wahl von Hans Jürgen Stockerl als Sprecher für das Hörbuch. Nicht nur, dass er den Wiener Schmäh absolut lebensecht in seine Stimme packt. Zusätzlich versteht er es, die Personen (männlich wie weiblich) mit Tiefe und Charakter auszustatten.
Dass selbstbewusste Auftreten vieler Frauenfiguren verwundert zwar ein bisschen, dafür machen der Humor, die Charaktervielfalt und die Aus- und Einblicke in das Wien des 19. Jahrhunderts sehr viel Spaß. Pötzsch verquickt geschickt "echte" Personen der Zeitgeschichte mit seiner erfundenen Story und fügt noch eine gehörige Prise Gesellschaftskritik dazu. Antisemitismus ist nicht nur überall, - er wird sogar offen thematisiert.
Trotzdem hat man bei dem ersten Fall des Totengräbers (dem hoffentlich noch viele folgen) zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, belehrt oder moralinsauer getriezt zu werden. Bei aller Unterfütterung ist das Buch perfekte Unterhaltung mit gut recherchiertem, historischem Hintergrund an interessanten Örtlichkeiten. Die Charaktere sind vielschichtig und selbst in ihrer Unvollkommenheit liebenswert, die Intrigen glaubhaft, die Fälle spannend beschrieben und die Motivlage von Tätern und Opfern gut herausgearbeitet.

Mein Fazit:
Schöne Kulisse, tiefgründige Charaktere und ein paar Morde, - perfekt!

Veröffentlicht am 12.06.2021

Popcorn

Die Nacht der Acht
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Zum Inhalt:
Eine Clique von zumeist bessergestellten Jugendlichen nutzt die sturmfreie Bude eines Mitglieds, um eine Horronacht zu durchleben. Dazu denkt sich jeder der acht Kunststudenten eine besondere ...

Zum Inhalt:
Eine Clique von zumeist bessergestellten Jugendlichen nutzt die sturmfreie Bude eines Mitglieds, um eine Horronacht zu durchleben. Dazu denkt sich jeder der acht Kunststudenten eine besondere Show aus, um die anderen zu erschrecken. Dumm nur, dass dann irgendwann der echte Horror beginnt... und einer nach dem anderen verschwindet...

Mein Eindruck:
Ein Buch, welches einen wirklich zwiegespalten zurücklässt. Zuerst einmal sind es sehr viele Charaktere, - einen wirklichen Protagonisten gibt es nicht, alle agieren relativ gleichberechtigt, auch wenn einige länger als andere im Fokus stehen. Zu viele Charaktere, um mehr als Holzschnitte zu bieten. Dafür gibt es nicht einen „normalen“ Menschen, - alle sind entweder superreich, superschön, superbegabt und/oder supercool. Die Handlung geht jedoch schnell voran und bietet in der ersten Hälfte wirklich einiges an Grusel, da die Scherze der Jugendlichen zum Teil an die Grenzen des guten Geschmacks gehen (und manchmal auch darüber hinaus). Schlag auf Schlag folgt ein guter Einfall auf den nächsten, doch dann verschwindet die erste Person und das Buch driftet ab und wird unglaubwürdig, belanglos und - trotz aller Hektik und Aktivität – langweilig. Popcorn-Horror-Kino im Buchformat: Es wird der Zusammenhalt beschworen, nur um dann doch alleine irgendwohin zu gehen und schwupps – wieder einer weniger. Das Ende setzt dann dem Ganzen die Krone auf, - absolut suspekt, neben der Spur und bar jeder Vernunft.

Doch bis man sich über dieses Ende ärgert, ist man durch die Seiten geflogen, - zuerst, weil es wirklich spannend und einfallsreich war, was die acht sich gegenseitig boten, danach, weil man auf die Auflösung hinfieberte, die es ja schließlich geben musste.
So bleibt eine mittelmäßige Wertung für eine Geschichte mit viel Fantasie und dem Gefühl, dass man sich manchmal doch eine gewisse Moral für ein Jugendbuch wünscht. Doch hier herrscht Wohlstandsverwahrlosung auf ganz hohem Niveau, verquickt mit unglaubwürdiger Charakterentwicklung.

Mein Fazit:
Jugend-Horror-Groschenheft

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.06.2021

Partnerschaften

Eine perfekte Ehe
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Zum Inhalt:
Früher hegte Lizzie altruistische Pläne, doch nach einem alkoholbedingten Absturz ihres Mannes steht sie mit dem Rücken zur finanziellen Wand und hat das lukrative Angebot einer Anwaltskanzlei ...

Zum Inhalt:
Früher hegte Lizzie altruistische Pläne, doch nach einem alkoholbedingten Absturz ihres Mannes steht sie mit dem Rücken zur finanziellen Wand und hat das lukrative Angebot einer Anwaltskanzlei angenommen und bearbeitet dort Wirtschaftsfälle. Als Zach sie anruft, weil er des Mordes an seiner Frau Amanda verdächtigt wird, will sie das Mandat zuerst weitergeben, nimmt es dann jedoch widerstrebend an. Sie recherchiert in Zachs Umfeld und stellt fest, dass viele Leute Geheimnisse haben... wie auch Lizzie einige pflegt...

Mein Eindruck:
Dieser Psychothriller der Autorin Kimberley McCreight nimmt sich lange Zeit, um in Fahrt zu kommen, für meinen Geschmack ein bisschen zu lange. 544 Seiten sind eben viel Platz für einen Krimi und vielleicht hätte die Autorin zu Beginn ein bisschen straffen können. Der Aufbau des Krimis macht dabei Spaß, - Lizzies Perspektive spielt in der Gegenwart, dazu erfährt man einiges aus der nahen Vergangenheit durch Amandas Augen und zusätzlich gibt es Versatzstücke, die sich aus Zeugenaussagen im Prozess und einem Mailverkehr zusammensetzen.
Nach dem etwas kaugummimäßigen Beginn zieht McCreight jedoch die Spannungsschraube unerbittlich an und verblüfft ihre Leser ein ums andere Mal mit Kabinettstückchen, überraschenden, aber nicht absurden Wendungen und dem Aufdecken von Geheimnissen, die es in sich haben. Nicht nur Lizzie fühlt sich irgendwann wie in einer Waschmaschine - keine Ahnung mehr, wo oben und unten ist und wann man dem Schleudergang wieder entkommen kann.
Die Charaktere besitzen alle genügend Tiefe, ihr Verhalten ist glaubwürdig und der Weg dorthin ist nicht nur für Lizzie ein langer Weg, der viele Untiefen und Stolpersteine bietet. Die Aufklärung des Todesfalles und der Epilog sind dabei die Kirsche auf der Torte.

Mein Fazit:
Kommt langsam, wird dann aber zur Lawine

Veröffentlicht am 30.05.2021

Zweiter Aufschlag

Nordwestzorn
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Zum Inhalt:
Annas neue Stelle als Bearbeiterin von Cold Cases führt sie zurück nach St. Peter Ording. Ein Junge ist vor vielen Jahren verschwunden und die Polizei hat sich bei den Ermittlungen nicht mit ...

Zum Inhalt:
Annas neue Stelle als Bearbeiterin von Cold Cases führt sie zurück nach St. Peter Ording. Ein Junge ist vor vielen Jahren verschwunden und die Polizei hat sich bei den Ermittlungen nicht mit Ruhm bekleckert. Die Rückkehr des Hauptverdächtigen schüttet dabei zusätzlich Öl ins Feuer.

Mein Eindruck:
Dieser Kriminalroman ist der zweite in der Reihe von Svea Jensen und auch, wenn der Fall für sich steht, ist es besser, den ersten zu kennen, da viele Komplikationen und Konstellationen des ersten Buches aufgenommen und vertieft werden. Mit der Einbindung des alten Vorgesetzten Hendrik Norbergs und vergangener – jedoch nicht vergessener – Differenzen dieser beiden erschließt Jensen ein weiteres Konfliktfeld im beruflichen Umfeld.
Überhaupt Konflikte: Damit spart die Autorin an keiner Stelle, - nicht nur, dass ihre Charaktere fast alle ein oder mehrere wirklich schwere Päckchen zu tragen haben, sie schafft auch noch sehr unangenehme Figuren mit noch mehr absolut negativen Eigenschaften. Das stört dann irgendwann, weil männliche Kumpanei und Rücksichtslosigkeit ein Maß annehmen, das in seiner Größe nur noch unglaubwürdig sein kann. Insbesondere der Schluss ist einfach unvorstellbar. Und dann nützen auch die schönen Landschaften, die gelungene Aufklärung des Falls und die Annäherung der beiden Hauptpersonen nichts mehr, wenn so viele Teufel in Menschengestalt ein Buch bevölkern, das nicht mit „Fantasy“ überschrieben ist.

Mein Fazit:
Ich hoffe auf Buch Drei in St. Peter Ording

Veröffentlicht am 29.05.2021

Super

Unterm Schinder
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Zum Inhalt:
Zwei Jahre nach ihrem Mann wird auch Carmen ermordet. Es stellt sich die Frage, ob und wie die Taten zusammen hängen. Die Spur führt in die Vergangenheit und dort in die Szene der Autohändler ...

Zum Inhalt:
Zwei Jahre nach ihrem Mann wird auch Carmen ermordet. Es stellt sich die Frage, ob und wie die Taten zusammen hängen. Die Spur führt in die Vergangenheit und dort in die Szene der Autohändler und Kreditverleiher.

Mein Eindruck:
Dieser Titel ist der neunte seiner Reihe und auch wenn der Fall für sich alleine steht, ist es dringend zu empfehlen, sich an die Reihenfolge zu halten, da insbesondere viele Personen-Konstellationen besser zu verstehen sind und einige Querverweise zu früheren Folgen erst dann in Gänze ihren Witz versprühen.
Michael Schwarzmaier liest seit Beginn die "Wallner & Kreuthner"-Reihe von Andreas Föhr und macht das so genial, einfühlsam und mit spitzbübischem Humor wie eh und je. Selbst die Intonation der Frauenfiguren gelingt diesem großartigen Sprecher ohne Probleme. Doch egal wie gut der Sprecher ist, - die Geschichte muss ebenfalls stimmen. Und das tut sie! Wie schon in den früheren Bänden verquickt Föhr Vergangenheit und Gegenwart und Kreuthner findet die erste Leiche. Doch das war es dann mit Schema F(öhr), denn im Gegensatz zu sonstigen Fällen gewinnt die Tragik nicht die Oberhand. und die Klarheit über die Zusammenhänge wird länger als sonst hinausgezögert.
Richtig super ist aber der Wortwitz und das, was der Jurist Föhr und dann Sprecher Schwarzmaier daraus machen: Wiedersehen mit alten Bekannten, Exzesse, Liebeleien, kleine und große Übertretungen des Gesetzes, Justizirrtümer und ein großes Finale: Spaß und Spannung und sogar ein Pokerspiel, - dieses Überraschungsei ist ein Leckerbissen mit einem wirklich schönen Ausblick. Und das Beste: Die Probleme der Beamten sind absolut übersichtlich und lassen eher schmunzeln als mitfühlen!

Mein Fazit:
Perfekt

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  • Erzählstil
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