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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.10.2018

Kein Sprintrennen, sondern ein Marathon

Slow Horses
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Zum Inhalt:
In Sloagh House finden die gescheiterten Agenten des britischen Geheimdienstes MI5 ihr Gnadenbrot unter Führung von Jackson Lamb. Die „Slow Horses“, die lahmen Gäule, werden dort mit Aufgaben ...

Zum Inhalt:
In Sloagh House finden die gescheiterten Agenten des britischen Geheimdienstes MI5 ihr Gnadenbrot unter Führung von Jackson Lamb. Die „Slow Horses“, die lahmen Gäule, werden dort mit Aufgaben abgespeist, die sie zur Kündigung nötigen sollen. Doch dann wird ein pakistanischer Jugendlicher entführt, seine öffentliche Hinrichtung angedroht und die Pferde traben los, - ungeachtet dessen, dass die Buchmacher im Hauptquartier nicht auf ihren Sieg hoffen.

Mein Eindruck:
Der Versuch, einen Geheimdienstmitarbeiter zu zeichnen, der so weit weg von James Bond ist, wie der Veganer vom Verzehr eines Hamburgers, gelingt Mick Herron nur bedingt. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass „Slow Horses“ der erste Fall für Jackson Lamb und seine Truppe von Versagern ist und die Charaktere erst einmal eingeführt werden müssen. Und da es viele Charaktere sind, dauert die Einführung lang, sehr lang, fast zu lang. Denn auch die Gegenspieler müssen gezeigt werden, hier welche (auch) aus den eigenen Reihen. Der zweite Minuspunkt ist, dass Herron in dem Ansinnen übertreibt, ein möglichst konträres Bild zu dem eloquenten Typen zu bieten, welcher der Leserschaft sonst bei dem Charakter „Geheimdienstler“ durch den Kopf spukt: Nicht wirklich sympathisch (okay), älter (geht auch noch), von sich überzeugt (geschenkt), aber dazu auch noch in großen Teilen unappetitlich (Lamb schnauft, isst ohne Manieren, läuft in ungewaschenen Klamotten herum und schwelgt in sehr oft beschriebenen Flatulenzen) – das ist des Guten doch zu viel.
Glücklicherweise bekommt die Geschichte im zweiten Teil die Kurve. Es wird spannend, das Personal wird nicht nur beschrieben sondern beginnt zu agieren, der Humor wird britisch – schwarz und tiefgründig. Die Pferde sind nicht mehr Einzelkämpfer, sondern werden eine Herde mit Leithengst und spielen ihre jeweiligen Fähigkeiten gekonnt aus. Perspektivwechsel und Gedankenspiele bringen zusätzlich Schwung in die Erzählung. Eine Erzählung, die Nachfolger finden sollte, da der zweite Teil direkt in die Vollen gehen kann.

Mein Fazit:
Wer sich durch den zähen Beginn quält, hat einigen Spaß an einem intelligenten Duell

Veröffentlicht am 03.10.2018

Nur Geplärr statt Spannung

Pfad der Lügen
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Zum Inhalt:
Sally könnte glücklich sein – ein erfolgreicher Mann, zwei hübsche Kinder. Leider ist Theo ein Schreibaby und auch die vierjährige Chloe verlangt ihr einiges ab. Sallys Gatte Matthew ist keine ...

Zum Inhalt:
Sally könnte glücklich sein – ein erfolgreicher Mann, zwei hübsche Kinder. Leider ist Theo ein Schreibaby und auch die vierjährige Chloe verlangt ihr einiges ab. Sallys Gatte Matthew ist keine große Hilfe und zeigt sich ebenfalls nicht der Situation gewachsen. Als Sally plötzlich an den Klippen Cornwalls gefunden wird, einen Abschiedsbrief in der Tasche, scheint die Lage klar. Aber ist sie das wirklich?

Mein Eindruck:
Nicht nur Sally ist von ihren Kindern überfordert, - den Lesern wird in Bezug auf Kinderfreundlichkeit und –verständnis ebenfalls viel abverlangt. Lucy Dawson(selber Psychologin und Autorin eines Magazins für Kinder) hat durchaus eine interessante Grundidee und einen guten Schreibstil. Letzteren verschenkt sie jedoch für viele Sätze mit diesen oder ähnlichen Phrasen: „Schläft Theo jetzt endlich“ bzw. „Seid ruhig, Theo schläft“ bzw. Chloe hier und Chloe da. Das mag zwar nervenaufreibend für ähnlich gelagerte Muttertiere sein, der Rest verfällt in gelangweiltes Gähnen und hofft auf weitere Zeilen, die mit dem Anfang des Buches in punkto Spannung konkurrieren könnten. Ansatzweise lassen sich diese auch finden, da einige Versatzstücke wirklich zum Grübeln einladen. Leider agieren die Figuren dabei mitunter sehr unglaubhaft oder kindisch. Und dann steuert die Geschichte auf ein Ende zu, welches tatsächlich das Prädikat „Psychothriller“ hätte verdienen können. Doch die Autorin scheint die Angst vor der eigenen Courage gepackt zu haben und man wird mit einem Schluss abgespeist, der stereotyper kaum hätte gewählt werden können. Schade

Mein Fazit:
Keine schlechte Schreibe, für den nächsten Krimi, der gerne eine Chance bekommen sollte, etwas mehr Spannung für Erwachsene und weniger Kindergeschrei

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Atmosphäre
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.09.2018

Was für ein Finale!

Rache der Orphans
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Zum Inhalt:
Evan Smoak war Teil eines Projektes mit dem Namen „Orphan“, welches Waisenkinder rekrutierte, um sie zu Kampfmaschinen zu machen. Jetzt wird versucht, alle Orphans zu eliminieren und als ein ...

Zum Inhalt:
Evan Smoak war Teil eines Projektes mit dem Namen „Orphan“, welches Waisenkinder rekrutierte, um sie zu Kampfmaschinen zu machen. Jetzt wird versucht, alle Orphans zu eliminieren und als ein Angriff aus seinen Mentor verübt wird, nimmt Evan das sehr persönlich.

Mein Eindruck:
Dieses Buch ist der letzte Teil einer Trilogie, die sich mit Evan Smoak befasst. Man muss zwar nicht die beiden anderen Teile gelesen haben, um der Story folgen zu können, einige Zusammenhänge lassen sich aber leichter erschließen, wenn der Rest der Geschichte bekannt ist. Dumm wäre der Genuss der ersten Teile aber sowieso nicht, da auch diese keinerlei Wünsche offen lassen, - wenn man sich eine Story mit Rasanz, Spannung, einem einsamen Kämpfer für das Gute und einem ebenso brillanten Antagonisten erträumt. Im dritten Teil legt Hurwitz noch einmal einen Zahn zu, denn er lässt eine Saite in Evan erklingen, die dieser selber noch nicht kannte. Dazu bedient sich der Autor einiger „Eltern“/“Kind“-Konstellationen, die nicht nur viel Konfliktpotenzial bieten, sondern sehr oft zu Szenen mit tiefgründigen Humor führen, wenn der jüngere Part sich anders als erwartet verhält. Aber hauptsächlich besteht das Buch aus Action, Action und…. Action. Kampfszenen, Folterungen, viele Tote, Waffenschnickschnack und sonstiger Hightech inklusive. Trotzdem wird es nicht langweilig – selbst wenn einen das Gen für Männerspielzeuge fehlt. Denn Hurwitz benutzt kurze Kapitel mit Orts-, Personen- und Perspektivwechseln, nimmt dadurch Tempo heraus oder zieht es wieder an und man fliegt nur so durch die Seiten. Doch leider ist dieses Buch – und damit die Trilogie - irgendwann zu Ende… oder doch nicht? Ein kleines Türchen lässt sich der Autor offen.

Mein Fazit:
In einem Wort: Großartig

Veröffentlicht am 22.09.2018

Etikettenschwindel par excellence

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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Zum Inhalt:
Die Halbwaise Louisa wird bei der Familie Mitford als Kindermädchen angestellt und freundet sich insbesondere mit der ältesten Tochter Nancy an. Zeitgleich versucht Guy, ein Angestellter der ...

Zum Inhalt:
Die Halbwaise Louisa wird bei der Familie Mitford als Kindermädchen angestellt und freundet sich insbesondere mit der ältesten Tochter Nancy an. Zeitgleich versucht Guy, ein Angestellter der Bahnpolizei, in einem zu den Akten gelegten Mord an einer Krankenschwester Florence zu ermitteln. Dabei kreuzen sich seine Wege immer wieder mit denen Louisas, da es auch im Haus der Mitfords eine Verbindung zu Florence gibt.

Mein Eindruck:
Doch, das Buch weiß in Teilen zu gefallen. Ein gefälliger Stil, ausführliche Schilderungen des Lebens im Haushalt einer berühmten, englischen Upperclass-Familie kurz nach dem ersten Weltkrieg, dazu ein bisschen Kriegsgräuel und als Tüpfelchen eine Liebesgeschichte. Leider wird vom Cover und Klappentext etwas Anderes versprochen: Ein Kriminalfall, der sich hauptsächlich um Nancy Mitford dreht. Was man bekommt ist eine Beschreibung des Lebens einer Bediensteten, die zufällig bei Mitfords arbeitet, ebenso zufällig einem Polizeibeamten, der von einem Todesfall nicht lassen kann, in die Arme und ins Herz fällt und dann noch zufällig in Kontakt mit einem Verdächtigen in diesem Todesfall gerät. Das ist erstens sehr viel Zufall und zweitens in Teilen ganz schön langweilig, denn nichts interessiert einen Krimileser weniger, als die Applikationen am Mantel einer hochherrschaftlichen Jugendlichen – und mehr erfährt man über Nancy kaum. Stundenlang geht es um irgendwelche Gefühle, die unterdrückt werden müssen und Sätze, die nicht gesagt werden dürfen – hauptsächlich jedoch nicht von Nancy. Die anderen Mitford-Geschwister kommen nur als Namen vor, auch hier ist der Titel eben nicht Programm. Der Kriminalfall kommt zum Schluss noch einmal in Wallung, - die Spannung dazu eher nicht. Das tränendrüsige Happyend ist für einen schwülstigen Möchtegern-Krimi die Kirsche auf der Torte.

Mein Fazit:
Zu viel Gesellschaft, zu wenig Krimi und kaum „Mitford“

Veröffentlicht am 20.09.2018

Was für ein Twist!

Der Abgrund in dir
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Zum Inhalt:
Rachel Child hat es noch nie leicht gehabt: Eine Mutter, die ihr das Wissen über den Vater vorenthält, eine Karriere, die ins Stocken gerät, nachdem die Reporterin Rachel in den Wirren nach ...

Zum Inhalt:
Rachel Child hat es noch nie leicht gehabt: Eine Mutter, die ihr das Wissen über den Vater vorenthält, eine Karriere, die ins Stocken gerät, nachdem die Reporterin Rachel in den Wirren nach einer Naturkatastrophe auf Haiti einen Nervenzusammenbruch erleidet, ein Ehemann, der sie verlässt. Aber dann begegnet sie Brian wieder. Spross einer ehrwürdigen Familie, charmant und reich. Er bringt Rachel Stück für Stück ins Leben zurück, die beiden heiraten, sind glücklich, doch das Glück ist plötzlich nur noch eine Illusion.

Mein Eindruck:
Nach einem wirklich furiosen Beginn plätschert das Buch nur noch so dahin. Trotz einiger Szenen, die dramatisch hätten geschildert werden können (Tod der Mutter, Vorkommnisse auf Haiti) ist der Stil Lehanes bestenfalls lakonisch. Oder – um im Genre zu bleiben – er klingt eher nach Nachrichtensprecher als nach Reporter vor Ort. Zusätzlich erhält man das Gefühl, sich eher in Kurzgeschichten zu versenken, als eine wirklich fortlaufende Story zu lesen. Die Suche nach dem Vater, das Leben als Reporterin im Zentrum des Grauens – alles beginnt als reißender Strom um dann irgendwie als Abwasser zu verrieseln. Und so quält man sich durch die Seiten, bis wirklich urplötzlich nach gut der Mitte des Buches ein großartiger Dreh den Leser aus seiner Lethargie reißt. Was dann folgt, ist eine Abfolge von Aberwitz, Brutalität und Gefahr, aber auch von großer Zuneigung und schwarzem Humor. Figuren zeigen ihre wahre Identität und ihren echten Charakter – manchmal sogar für sie selber unerwartet. Das macht Spaß, lässt einen mitfiebern und die zu lange Einleitung auf diese Wahnsinnstour der letzten 200 Seiten vergessen.

Mein Fazit:
Zum Schluss ein wahres Feuerwerk – in jeder Beziehung