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Veröffentlicht am 27.04.2020

Zwei junge Frauen, die für ihre Träume kämpfen

Neuleben
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Deutschland Anfang der 50er-Jahre: In West-Berlin studiert Therese Trotha Jura. Aufgewachsen ist sie im Osten, aber der Tochter eines Wehrmachtoffiziers und einer Großgrundbesitzerin verwehrt die DDR ein ...

Deutschland Anfang der 50er-Jahre: In West-Berlin studiert Therese Trotha Jura. Aufgewachsen ist sie im Osten, aber der Tochter eines Wehrmachtoffiziers und einer Großgrundbesitzerin verwehrt die DDR ein Studium in der Heimat. Entstellt nach einer schweren Ohrenentzündung, ist die junge Frau nicht besonders attraktiv und muss in der Männerwelt an der Universität kämpfen, um sich zu behaupten. Auch Gisela Liedke, ihre künftige Schwägerin, würde gerne ihre Träume verwirklichen. Die gelernte Schneiderin steht kurz vor der Hochzeit mit Thereses Bruder Felix und möchte nicht als reine Hausfrau enden. Doch auch vor ihr liegt ein steiniger Weg…

„Neuleben“ von Katharina Fuchs ist die Fortsetzung des Romans „Zwei Handvoll Leben“.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus fast 60 Kapiteln mit einer angenehmen Länge und endet mit einem Epilog. Die Handlung spielt – mit Ausnahme des Epilogs – in den Jahren 1953 und 1954. Angefügt ist außerdem eine kurze „Nachlese“, die darüber aufklärt, wie es mit dem Leben der Personen weiterging. Erzählt wird vorwiegend im Wechsel aus der Sicht von Therese und Gisela, zwischendurch aber auch aus der weiterer Figuren.

Der Schreibstil ist unauffällig, aber anschaulich, einfühlsam, detailreich und lebhaft. Der Einstieg fällt nicht schwer. Der Roman knüpft inhaltlich an „Zwei Handvoll Leben“ an, in dem es um die Großmütter von Katharina Fuchs geht. Zwar ist „Neuleben“ auch ohne Vorwissen verständlich. Dennoch empfiehlt es sich, zunächst den Vorgängerband zu lesen.

Dieses Mal steht die nächste Generation im Vordergrund, genauer gesagt Therese und Gisela, zwei sympathische junge Frauen. Man kann sich gut in sie hinein fühlen, sie werden vielschichtig dargestellt und wirken realitätsnah. Darüber hinaus trifft der Leser wieder auf Anna und Charlotte aus dem ersten Band, worüber ich mich gefreut habe. Auch andere interessante Charaktere tauchen auf. Hilfreich beim Verständnis der Familienzusammenhänge ist der abgedruckte Stammbaum.

Ein Pluspunkt des Romans ist es, dass auch diese Fortsetzung auf der eigenen Familiengeschichte der Autorin basiert. Dieses Mal spielen Mutter und Tante von Katharina Fuchs eine wichtige Rolle. Biografische Fakten und literarische Verarbeitung werden erneut auf sehr gelungene Weise miteinander verbunden. Dass sich Katharina Fuchs intensiv mit der Historie ihrer Familie beschäftigt hat, wird an vielen Stellen deutlich. Leider gibt es kein Nachwort, in dem uns die Autorin an der Recherche und der Arbeit am Roman teilhaben lässt. So lässt sich nicht nachvollziehen, ob und, falls ja, an welchen Stellen schriftstellerische Freiheit zum Tragen kam.

Inhaltlich geht es um die Nachkriegszeit, deutsch-deutsche Geschichte und das Schicksal zweier junger Frauen. Der Leser erfährt auf unterhaltsame Weise viel über die Umstände der damaligen Zeit, zum Beispiel die Rolle der Frauen. Dabei ist der Roman sehr facettenreich. Allerdings ist die dargestellte Zeitspanne deutlich kürzer als im ersten Band, was ich ein wenig schade finde. Auf rund 480 Seiten kommt keine Langeweile auf, denn die Handlung ist ereignisreich und immer wieder überraschend.

Das nostalgisch anmutende Cover ist ansprechend gestaltet. Es passt sehr gut zu Inhalt und Genre. Auch der Titel ist durchaus treffend. Mir gefällt, dass er das Wort „Leben“ vom Vorgängerband aufgreift.

Mein Fazit:
Auch die Fortsetzung von „Zwei Handvoll Leben“ ist gelungen. Mit „Neuleben“ konnte mich Katharina Fuchs ebenfalls überzeugen.

Veröffentlicht am 27.04.2020

An der Memory Lane

Die kleinen Geheimnisse des Herzens
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Der kleine Ort Pengelly in Cornwall: May Rosevere ist zwar schon 110 Jahre alt, doch immer noch sehr rüstig und geistig fit. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, noch mindestens ein weiteres Jahr zu schaffen. ...

Der kleine Ort Pengelly in Cornwall: May Rosevere ist zwar schon 110 Jahre alt, doch immer noch sehr rüstig und geistig fit. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, noch mindestens ein weiteres Jahr zu schaffen. Gute Gene sind aber nicht ihr Geheimnis. Sie hat eine ganz besondere Gabe: Über die Erinnerungen von anderen Menschen gelingt es ihr, ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Meist lebt sie recht einsam in einem Cottage am Meer. Doch ihr sonst sehr ruhiger Alltag wird ein wenig turbulent, als die 33-jährige Emily Lovell, die Enkelin ihrer Nachbarin Julia, anreist. Mit der jungen Frau versteht sich May seit Jahren sehr gut. Nur mit Julia hatte sie in der Vergangenheit so ihre Schwierigkeiten. Denn seit einem tragischen Vorfall vor ein paar Jahrzehnten, in den die Familien beider Frauen verwickelt waren, fühlt sich die Seniorin gegenüber Emilys Familie schuldig. Nun hat May einiges wiedergutzumachen. Aber zunächst sorgt sie für weitere Probleme…

„Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ ist ein Roman von Celia Anderson.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 46 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird im Präsens in chronologischer Reihenfolge aus wechselnden Perspektiven. Eingestreut sind Ausschnitte aus Briefen. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist unauffällig, aber anschaulich und einfühlsam. Die Beschreibungen der Landschaft sind bildhaft und machen Lust auf einen Besuch in Cornwall. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht.

Eine Stärke des Romans sind die Charaktere. Allen voran ist May eine sehr ungewöhnliche Protagonistin, die zwar durchaus liebenswürdig ist, allerdings ihre Ecken und Kanten hat. Auch Julia, Emily, Andy und die übrigen Bewohner des charmanten Örtchens werden vielschichtig und authentisch dargestellt. Durch die Perspektivwechsel lassen sich die Gedanken und Gefühle der Personen sehr gut nachvollziehen.

Die Geschichte verfügt über ein fantastisches Element in einem ansonsten realitätsnahen Setting. Die Idee der Autorin, wie es May gelungen ist, so lange am Leben zu bleiben, ist in sich schlüssig und trägt zum Reiz des Romans bei. Ich war anfangs ein wenig skeptisch, ob mich diese Komponente überzeugen würde, wurde aber nicht enttäuscht.

Zwar spielt die romantische Liebe keine unwichtige Rolle im Roman. Darüber hinaus ist die Geschichte thematisch aber recht facettenreich. Es geht um Freundschaft, Zusammenhalt, Schuld und Vergebung, das Altern, Lebensentscheidungen und Familiengeheimnisse. All diese Punkte werden auf gelungene Weise miteinander verknüpft.

Die Geschichte nimmt zu Beginn nur langsam Fahrt auf. Allmählich tauchen aber Fragen und Unklarheiten auf, sodass man beim Lesen gespannt ist, was hinter den Geheimnissen steckt. Einige Verbindungen werden nach einiger Zeit deutlich. Auf den mehr als 470 Seiten kommt dennoch keine Langeweile auf, da die Geschichte auch ein paar Überraschungen parat hat. Vor allem zum Ende hin wird die Handlung in Teilen überzogen und unglaubwürdig. Das schmälert den ansonsten sehr positiven Eindruck jedoch nur geringfügig.

Als kleines Extra ist am Ende des Buches ein Rezept für würzige Fischpastete abgedruckt. Eine schöne Idee, wobei sich mir der Bezug nicht so recht erschließt, weil diese Speise keine besondere Rolle in der Geschichte einnimmt.

Das ansprechende Cover wirkt ziemlich verspielt, passt aber zum Inhalt und Genre. Der deutsche Titel weicht stark vom englischen Original („59 Memory Lane“) ab, wobei beide Formulierungen in Ordnung sind.

Mein Fazit:
„Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ von Celia Anderson ist ein vielschichtiger und unterhaltsamer Roman mit reizenden Charakteren. Empfehlenswert für alle, die mehr als nur eine Liebesgeschichte erwarten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 20.04.2020

Wenn das Date nicht so lange warten kann

Rendezvous in zehn Jahren
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Ein kleines Café in Amsterdam im Jahr 2011: Die 30-jährige Valerie aus München begegnet zufällig dem gleichaltrigen Holländer Ted. Er lädt sie zu sich an seinen Tisch ein. Sie sind sich auf Anhieb sympathisch ...

Ein kleines Café in Amsterdam im Jahr 2011: Die 30-jährige Valerie aus München begegnet zufällig dem gleichaltrigen Holländer Ted. Er lädt sie zu sich an seinen Tisch ein. Sie sind sich auf Anhieb sympathisch und tauschen sich über ihre Sehnsüchte aus. Dabei entsteht spontan die Idee, sich in zehn Jahren, also am 24. Juni 2021, am selben Ort wieder zu treffen. Ob sich ihre Träume bis dahin erfüllt haben? Doch beide merken nach einiger Zeit, dass sie sich jeweils in den anderen verliebt haben. Ted will nicht mehr lange warten und beginnt, nach Valerie zu suchen. Nur wie soll er bloß eine Person finden, von der er nur den Vornamen und den Wohnort kennt?

„Rendezvous in zehn Jahren“ ist ein Roman von Judith Pinnow.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 18 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Die Handlung erstreckt sich über die Jahre 2011 bis 2021 und spielt an unterschiedlichen Schauplätzen. Erzählt wird vorwiegend abwechselnd aus der Sicht von Valerie und von Ted, allerdings auch aus der weiterer Personen. Der Aufbau funktioniert ganz gut.

Der Schreibstil ist schnörkellos, schlicht und unspektakulär, aber dank viel wörtlicher Rede lebhaft. Der Einstieg in die Geschichte fällt nicht schwer.

Valerie und Ted sind die beiden Protagonisten. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich. Sie kommen sowohl sympathisch als auch authentisch rüber. Zudem tauchen mehrere interessante Nebenfiguren auf.

Die Grundidee der Geschichte ist zwar nicht sonderlich originell, hat mich aber dennoch sofort angesprochen. Inhaltlich spielen Liebe und Freundschaft eine große Rolle. Dabei ist die Geschichte sehr gefühlvoll, jedoch auch etwas nah am Kitschigen. Der Humor kommt nicht zu kurz.

Die Handlung wirkt an einigen Stellen reichlich überzogen und arg konstruiert. Allerdings kommt aufgrund von etlichen Wendungen beim Lesen der rund 260 Seiten keine Langeweile auf.

Das genretypische Cover gefällt mir sehr gut, auch wenn es ein wenig uninspiriert erscheint. Der Titel passt zum Inhalt und ist aussagekräftig.

Mein Fazit:
„Rendezvous in zehn Jahren“ von Judith Pinnow ist ein Roman, der vor allem denjenigen Freude bereitet, die sich gerne auch Liebeskomödien anzuschauen. Eine kurzweilige Geschichte, die für unterhaltsame Lesestunden sorgt.

Veröffentlicht am 15.04.2020

Four forever?

Hibiskustage
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Während ihrer gemeinsamen Schulzeit waren die vier gleichaltrigen Frauen enge Vertraute. Doch nun gehen die Freundinnen getrennte Wege. Melanie Sonthusen, genannt Mel, lebt mit ihrem Mann Sven und den ...

Während ihrer gemeinsamen Schulzeit waren die vier gleichaltrigen Frauen enge Vertraute. Doch nun gehen die Freundinnen getrennte Wege. Melanie Sonthusen, genannt Mel, lebt mit ihrem Mann Sven und den Kindern Arne und Kim an der Ostsee und betreibt dort einen Ferienhof. Doch um ihre Ehe ist es nicht gut bestellt. Sarah Bergmann arbeitet nach dem Abbruch ihres Jurastudiums als schlecht bezahlte Assistentin in einer Londoner Kanzlei. Köchin Kerstin hat gerade ihren Job gekündigt, nachdem sie jahrelang in der Küche des Restaurants ihres Geliebten Friedrich geschuftet hat, um von ihm nur immer wieder belogen zu werden. Nur die Vierte im Bunde, Schauspielerin Isabella, kurz Izzy, scheint ein wahrlich glamouröses und erfolgreiches Leben zu führen. In den vergangenen Jahren haben die Frauen nur sporadisch über ihren „44ever“-Chat Kontakt gehalten. Doch kurz nach dem Abitur haben sich die Freundinnen geschworen, Izzys vierzigsten Geburtstag zusammen zu feiern. Nun ist das Datum bald gekommen und der Film- und Fernsehstar lädt zu sich nach Hawaii ein. Dort ist von Izzy aber keine Spur und die Freundinnen beschleicht das Gefühl, dass irgendwas mit ihr nicht stimmt…

„Hibiskustage“ ist ein Roman von Sabine Lay.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 64 Kapiteln, die angenehm kurz ausfallen. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Mel, Sarah und Kerstin – jeweils im Präsens. Es gibt mehrere Rückblicke, doch insgesamt ist der Roman chronologisch aufgebaut. Diese Struktur funktioniert hervorragend.

Der Schreibstil ist unauffällig, aber anschaulich und einfühlsam. Dank viel wörtlicher Rede wirkt er sehr lebhaft. Gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche gelungene Beschreibungen, die viele Bilder erzeugen. Trotz der Perspektivwechsel bin ich sehr gut in die Geschichte gestartet.

Die vier Protagonistinnen sind recht unterschiedlich angelegt und werden vielschichtig dargestellt. Alle vier Frauen machen aufgrund ihrer Ecken und Kanten einen lebensnahen Eindruck. Vor allem die Gedanken und Gefühle von Mel, Sarah und Kerstin lassen sich sehr gut verfolgen. Izzy lernt der Leser nicht so intensiv und vorwiegend indirekt kennen, was aber der Geschichte an sich geschuldet ist und mich überhaupt nicht gestört hat.

Eine große Stärke des Romans ist für mich das wundervolle Setting und das, was die Autorin daraus gemacht hat. Hawaii fasziniert mich schon seit Längerem, deshalb hat mich die Geschichte sofort angesprochen. Dass die Autorin bereits mehrfach auf den Inseln war und eine profunde Ortskenntnis besitzt, vor allem was Oahu angeht, ist dem Buch an vielen Stellen anzumerken. Ich finde es klasse, wie viel Wissenswertes über regionale Spezialitäten, Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten in die Geschichte eingeflochten ist. Das macht die Lektüre nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich.

Gut gefallen hat mir auch, dass es weniger um die romantische Liebe geht, sondern vielmehr um das Thema Freundschaften. In dieser Hinsicht vermittelt der Roman eine positive Botschaft. Dabei gleitet er erfreulicherweise nicht ins Kitschige ab und kann dennoch berühren.

Schnell wird klar, dass zwei der Frauen Geheimnisse haben, die der Leser noch nicht zu Beginn kennt: Sarah und Izzy. Die Frage, was die beiden den anderen nicht gesagt haben, sorgt für Spannung. Auch sonst kommt auf mehr als 400 Seiten keine Langeweile auf. Die letztendlichen Auflösungen erscheinen mir schlüssig. Allerdings konnte ich nicht in allen Fällen nachvollziehen, warum sich diejenige nicht viel früher ihren langjährigen Freundinnen offenbart hat. Zudem habe ich im letzten Viertel zwei weitere Teile der Handlung als unnötig überzogen empfunden. Das schmälert den ansonsten sehr positiven Gesamteindruck aber nur geringfügig.

Das farbenprächtige Cover ist optisch sehr ansprechend und passt gut zum Inhalt. Der knappe Titel sagt mir ebenfalls sehr zu.

Mein Fazit:
Mit „Hibiskustage“ ist Sabine Lay ein unterhaltsamer, aber nicht seichter Roman gelungen, der mich besonders mit immer wieder eingestreuten Infos und tollen Beschreibungen überzeugt hat. Aber nicht nur eingefleischte Hawaii-Fans kommen bei der empfehlenswerten Lektüre auf ihre Kosten.

Veröffentlicht am 09.04.2020

Von Zauberkunst und wahrer Magie

Da sind wir
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Das englische Seebad Brighton Ende der 1950er Jahre: In einer allabendlichen Varietéshow während der Sommermonate tritt der 28-jährige Jack Robbins als Conférencier auf. Er bezeichnet sich selbst als den ...

Das englische Seebad Brighton Ende der 1950er Jahre: In einer allabendlichen Varietéshow während der Sommermonate tritt der 28-jährige Jack Robbins als Conférencier auf. Er bezeichnet sich selbst als den „Flinken Jack“ und ist beim Publikum beliebt. Auch sein gleichaltriger Freund Ronnie Deane macht sich auf dem Brighton Pier als Zauberer unter seinem Künstlernamen Pablo einen Namen. Zusammen mit seiner Assistentin und Verlobten Evie White (25) wird der Magier zum Highlight der Show. Beruflich läuft es gut für die beiden jungen Männer, doch privat bahnt sich Ärger an. Auch Jack hat ein Auge auf die ansehnliche Evie geworfen…

„Da sind wir“ ist ein Roman von Graham Swift.

Meine Meinung:
Der Roman ist zwar in Abschnitte, nicht jedoch in Kapitel unterteilt. Erzählt wird aus einer auktorialen Perspektive heraus, jedoch nicht in chronologischer Reihenfolge. Zeiten und Orte wechseln hin und her.

Der Schreibstil ist sehr besonders. Der Autor beweist, dass er mit Sprache vortrefflich umgehen kann. Davon zeugen unter anderem seine Wortspiele und Metaphern. Manche Formulierungen und Motive tauchen immer wieder auf, sie bilden einen roten Faden. Vor allem zu Beginn habe ich mich mit dem Schreibstil allerdings ein wenig schwergetan, da sich dort Vorausdeutungen und Rückblenden vermischen.

Die beiden Freunde und Evie stehen im Fokus der Geschichte. Vor allem Ronnie und dessen Vergangenheit werden intensiv und in aller Tiefe beleuchtet. Mit ihm beschäftigt sich ein Großteil des Romans. Doch der Leser erhält auch Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt von Jack und Evie. Die drei Charaktere wirken vielschichtig und authentisch.

Vordergründig dreht sich alles um eine Dreiecksgeschichte, kein origineller, neuer Stoff. Doch der Roman behandelt viel mehr als eine einfache Lovestory. Auf nur rund 160 Seiten stecken viele Themen und Details. Es geht unter anderem um Zaubertricks und wahre Magie, um Illusionen und Träume, um die Kinderlandverschickung im Zweiten Weltkrieg, um dysfunktionale Familienverhältnisse und um die Suche nach einem Platz im Leben. Und immer wieder sind da die ganz grundlegenden Fragen. Wie offen und ehrlich sind wir gegenüber anderen und uns selbst? Ist das ganze Leben nur eine Show und wir sind die Schauspieler?

Dem Autor gelingt es, den Leser bei der Stange zu halten. Obwohl es inhaltliche Wiederholungen gibt und bereits früh vorweggenommen wird, wie die Geschichte in ihren Grundzügen endet, kommt beim Lesen keine Langeweile auf, denn nach dem ersten Viertel entsteht ein Sog, dem man sich schwerlich entziehen kann.

Das Cover ist nicht nur für sich betrachtet ein richtiger Hingucker, sondern passt auch inhaltlich hervorragend, da das Motiv des Papageis mehrfach im Buch auftaucht. Der deutsche Titel ist nicht so treffend wie das englischsprachige, mehrdeutige Original („Here we are“), das sich allerdings nicht einfach übersetzen lässt.

Mein Fazit:
„Da sind wir“ von Graham Swift ist ein empfehlenswerter Roman, in dem trotz seiner Kürze dank einer ausgeklügelten Erzähltechnik sehr viel steckt.