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Veröffentlicht am 24.04.2021

Ein Buch mit Höhen und Tiefen: Top Recherche, die Figuren haben mir hingegen nicht so gefallen

Das Kaffeehaus - Falscher Glanz
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„Das Kaffeehaus - Falscher Glanz“ von Marie Lacrosse ist der zweite Band, der Kaffeehaus-Trilogie, der sich um das Leben am österreichischen Kaiserhof und das Café Prinzess in Wien dreht. Erschienen ist ...

„Das Kaffeehaus - Falscher Glanz“ von Marie Lacrosse ist der zweite Band, der Kaffeehaus-Trilogie, der sich um das Leben am österreichischen Kaiserhof und das Café Prinzess in Wien dreht. Erschienen ist der Roman im April 2021 bei Goldmann.

Um Sophie von Werdenfels Schweigen in der Mayerling-Affäre zu gewährleisten, wird diese an den kaiserlichen Hof gerufen und zur Promeneuse Kaiserin Sisis. Schnell muss sie feststellen, dass nach außen hin alles glanzvoll und prächtig erscheint, aber bei genauerem Hinsehen vieles seinen Glanz verliert.
Richard hingegen blickt seiner erzwungenen Hochzeit mit Amalie von Thurnau mit Besorgnis entgegen. Das Trauerjahr nach dem Tode Kronprinz Rudolfs und neue wichtige Aufgaben in der kaiserlichen Armee gewähren ihm in dieser Angelegenheit einen Aufschub.

Auch diesmal habe ich mich aus meiner Komfortzone herausgewagt und habe dem österreichischen Kaiserhof eine Chance eingeräumt. Einige Social Media Posts im Vorfelde der Veröffentlichung des zweiten Teils haben mich neugierig gemacht auf die echte Sisi und bei Marie Lacrosse kann ich mir einer ausführlichen Recherche und zusätzlicher Themen sicher sein, die mich interessieren werden.
Den Schreibstil der Autorin mag ich sehr, auch hier hat sie es wieder geschafft, dass ich mir den Kaiserhof, das Palais Werdenfels und viele weitere Schauplätze wunderbar vorstellen konnte. Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen, so dass die 750 Seiten dieses historischen Schmökers schnell gelesen sind.
Vom Spannungsbogen in diesem Roman war ich diesmal nicht so begeistert. Der Roman enthält zwar viele interessante Informationen und auch viele interessante Themen, der eigentliche Plot des Buches, der auf dem Klappentext angedeutet wird, geht allerdings nur langsam voran und nimmt die gesamte Buchlänge ein. Erst auf den letzten 200 Seiten beginnt das richtige Drama und die Geschichte nimmt ordentlich an Fahrt auf. Durch diese Seiten bin ich geflogen, auch wenn mir persönlich nicht alle Entwicklungen wirklich zugesagt haben. Den Klappentext finde ich daher nicht wirklich gelungen. Meiner Meinung nach sollte ein Klappentext nur den Beginn des Buches erzählen und gewisse Entwicklungen höchstens andeuten.
Beeindruckt war ich wieder einmal von dem vielen historischen Wissen, dass Marie Lacrosse eingebracht hat. So erfahren wir in diesem Teil viel über das Leben einer Hofdame im Gefolge Sisis. Wir sind bei einigen Reisen dabei und lernen dabei die echte Sisi und ihre Eigenheiten kennen. Es gibt zusätzlich noch einiges über die Hoffeste und wichtige Feierlichkeiten am kaiserlichen Hof zu entdecken. Andererseits nimmt diesmal auch die k.u.k.-Armee eine wichtige Rolle im Gesamtgefüge des Romanes ein und so erfahren wir einiges über den Aufbau der Armee und seiner Hierachie sowie die Missstände, die teilweise herrschten. In kleinerem Umfang werden die sozialen Fragen jener Zeit aufgenommen und die Arbeitsbedingungen der einfachen Arbeiter geschildert.
Das Kaffeehaus, als Namensgeber dieser Trilogie, kam mir insgesamt betrachtet auch diesmal zu kurz. Schade fand ich in diesem Zusammenhang, dass das Kaffeehaus, wenn es mal Schauplatz ist, immer als außergewöhnlich gelobt wird, insbesondere wegen seine Mokkaprinzentorte und der Mandelmelange, aber genau diese Dinge fast immer kalt oder bitter bzw. kaum angerührt werden. Sehr schön hingegen fand ich, dass man diesmal auch den rustikaleren Teil des Hauses kennengelernt hat, in dem die Bürger Wiens und nicht der Hochadel ein und aus gehen.
Sophie von Werdenfels und Richard von Löwenstein sind mir leider auch in diesem Band nicht wirklich sympathischer geworden. Nach wie vor ist mir die Liebe der beiden zueinander absolut schleierhaft und das hat es mir schwer gemacht, so manche Szene ernst zu nehmen. Sophie ist durchaus nett, aber an mancher Stelle handelt sie so nachlässig, dass man es fast schon als dumm bezeichnen muss und auf der anderen Seite nutzt sie manche Situation knallhart zu ihrem Vorteil aus. Darüber hinaus habe ich mich so manches Mal über ihre Prioritäten gewundert.
Richard ging mir mit seiner Doppelmoral richtig auf die Nerven. Seine wichtige Position bei der Aufklärung der Missstände in der Armee sollte seine positiven Seiten hervorheben und zeigen, dass er für gute Werte eintritt. Das macht ihn zeitweise tatsächlich etwas sympathischer, aber für mich überwiegt das Negative mehr. Insbesondere sein Verhalten gegenüber seiner Verlobten mochte ich gar nicht. Amalie hat ganz sicher ihre Fehler und ist kein Kind von Traurigkeit, aber auch sie hat es verdient respektvoll behandelt zu werden.
Das Zusatzmaterial ist wieder einmal sehr umfangreich ausgefallen, was ich sehr mag. Wer die Mokkaprinzentorte aus dem Café Prinzess nachbacken will, wird auf der vorderen Klappeninnenseite fündig. Darüber hinaus gibt es einiges Kartenmaterial und ein ausführliches Personenverzeichnis zu Beginn des Buches und ein umfangreiches Nachwort mit Danksagung, Glossar und Quellenverzeichnis am Ende.

Fazit: Ein zweiter Teil mit Höhen und Tiefen. Die Recherche bewundere ich auch diesmal wieder, die Hauptpersonen hingegen haben es nicht geschafft, mich für sich einzunehmen. Man sollte sich auf jeden Fall sehr für Sisi und das Leben am habsburgischen Kaiserhof interessieren, denn dann kann einen diese Reihe sicher gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 10.04.2021

Spannend von Anfang bis Ende

Der Fall des Präsidenten
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Marc Elsbergs neuester Thriller „Der Fall des Präsidenten“ beschäftigt sich mit der Verhaftung eines Ex-Präsidenten und dessen Folgen. Erschienen ist der Roman im Februar 2021 bei blanvalet.

Ein Skandal ...

Marc Elsbergs neuester Thriller „Der Fall des Präsidenten“ beschäftigt sich mit der Verhaftung eines Ex-Präsidenten und dessen Folgen. Erschienen ist der Roman im Februar 2021 bei blanvalet.

Ein Skandal der seinesgleichen sucht: Als der amerikanische Ex-Präsident Douglas Turner in Athen landet, wird er sogleich von der griechischen Polizei im Namen des Internationalen Strafgerichtshofes festgenommen. Dana Marin, eine junge Juristin, die im Auftrag des ICC bei der Verhaftung anwesend ist, hat nun dafür zu sorgen, dass die Verhaftung bestätigt und eine Überstellung nach Den Haag erreicht wird. Dies ist gar nicht so einfach, denn sofort nach Bekanntwerden erhöhen die USA den politischen Druck auf die Europäische Union und das Gericht massiv. Es ist Wahlkampf und der amtierende US-Präsident kann sich solche Schlagzeilen nicht leisten, wenn er wiedergewählt werden möchte. Zwei Gegner prallen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Dana Marins stärkste Waffe in diesem ungleichen Kampf ist ein Zeuge, der mit seiner Aussage den Ex-Präsidenten zu Fall bringen kann. Doch auch die US-Geheimdienste sind an diesem schon dran und auch eine gewaltsame Befreiung Douglas Turners ist nicht ausgeschlossen. Wem wird es gelingen am Ende die Oberhand zu gewinnen?

Zuerst war ich ein bisschen traurig, dass es diesmal kein wissenschaftliches Thema ist, das Marc Elsberg in seinem neuen Roman behandelt. Nachdem ich in einem Interview Einiges zum neuen Roman erfahren hatte, war ich dann aber doch sehr neugierig und wollte wissen, wie es einem Ex-Präsidenten in einem der berüchtigsten Gefängnisse Griechenlands ergehen wird.
Der Schreibstil ist so, wie wir es von Marc Elsberg gewohnt sind. Die Kapitel sind insgesamt alle recht kurz. Das Tempo wird teilweise durch stakkatoartige Sätze hoch gehalten, der Autor nimmt sich an anderer Stelle aber auch die Zeit, um die Umstände und Gegebenheiten kurz zu beschreiben. Das hat mir wieder gut gefallen und ich bin gut mit dem Buch vorangekommen.
Der Aufbau der Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Das Buch beginnt direkt mit einem Paukenschlag - der Verhaftung des Ex-US-Präsidenten Douglas Turner. Die Ereignisse werden meist chronologisch erzählt und die Spannung baut sich immer mehr auf. Zwischendurch gibt es einige kleinere Rückblenden, die etwas mehr zum Hintergrund der Anklage und der Protagonisten verraten.
Wir erleben die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven und sind so bei allen wichtigen Entwicklungen dabei. Das hat mir wahnsinnig gut gefallen. Wir erleben, wie die USA auf die Verhaftung reagieren und was alles in Gang gesetzt wird, wir sind bei einem Team dabei, dass sich auf die mögliche gewaltsame Befreiung des Ex-Präsidenten vorbereitet, wir erleben wie sich Dana Marin auf die Gerichtsverhandlungen vorbereitet, sind hautnah am Zeugen dran, der den Präsidenten zu Fall bringen könnte und erleben natürlich auch mit, wie die europäische Union und der ICC auf den massiven politischen Druck reagieren. Marc Elsberg hat hier einen sehr umfassenden und meiner Meinung nach auch recht realistischen Blick auf eine solche Situation erschaffen. Zu jeder Zeit war ich mitten im Geschehen drin und konnte mich gut in die unterschiedlichen Perspektiven hineinversetzen.
Dieser Thriller hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Es spielen viele unterschiedliche Themen in die Bewertung der ganzen Situation hinein. Ich war teilweise erschüttert, ich habe mich gefragt, wozu wir eine Institution wie den Internationalen Strafgerichtshof haben, wenn wir nicht bereit dazu sind, die Rechtsprinzipien konsequent umzusetzen. Es war spannend für mich zu sehen, wie unterschiedlich eine Situation, je nach Erfahrungshorizont oder Informationsstand, bewertet werden kann. Ich fand es grandios, wie Marc Elsberg die vielen unterschiedlichen Bausteine (Politik, Social Media, Journalismus, etc.) zusammengebracht hat. Zusätzlich hat er es geschafft, kleine Szenen einzubauen, die das Ganze ein bisschen auflockern und einen nicht alles nur düster betrachten lassen.
Sonst habe ich auch gerne an seinen Thrillern bemängelt, dass es mir irgendwann zu sehr ins actionlastige abdriftet. Das ist diesmal überhaupt nicht der Fall. Es gibt zum Ende hin ein bisschen Action und ein bisschen Verfolgungsjagd, aber das Übertriebene fehlt diesmal, für mich persönlich, vollkommen. Es gibt Menschen, die in diesem Roman über sich hinauswachsen, aber es wirkt nicht so, dass man sagt, jeder normale Mensch wäre bei diesen Ereignissen schon fünf mal tot. Es wirkt machbar, es wirkt nahbar und schmälert dennoch nicht die Leistungen der Personen, die an den Ereignissen beteiligt waren.
Für mich ist dies definitiv der beste Roman, den Marc Elsberg bisher vorgelegt hat, und ich fand Helix bis auf ein oder zwei Kleinigkeiten schon grandios. In einem kurzen Nachwort gibt Marc Elsberg kurz ein paar Informationen zu Fiktion und Wahrheit. Wer das Buch kauft, findet in der Innenseite einen Code für eine Veranstaltung, in der Marc Elsberg nochmals ausführlich mit Dietmar Wunder und einem US-Experten über das Thema spricht.

Fazit: Ein rundum gelungener Thriller von Marc Elsberg, der wie immer am Puls der Zeit ist und ein spannendes Thema bespricht. Ich bin mir sicher, wir werden in Zukunft bei so mancher Schlagzeile an diesen Roman zurückdenken. Empfehlenswert für politisch interessierte Menschen, die einen Thriller lesen möchten, der nicht ins Übertriebene abdriftet und zum Nachdenken anregt und natürlich für alle Marc Elsberg-Fans.

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Veröffentlicht am 14.03.2021

Eine Familiensaga wie aus dem Bilderbuch

Der leuchtende Himmel
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„Der leuchtende Himmel“ von Ellin Carsta ist der mittlerweile 7. und vorletzte Band der Hansen-Reihe, in der es um die Kaufmannsfamilie Hansen geht. Erschienen ist der Roman im Februar 2021 bei Tinte & ...

„Der leuchtende Himmel“ von Ellin Carsta ist der mittlerweile 7. und vorletzte Band der Hansen-Reihe, in der es um die Kaufmannsfamilie Hansen geht. Erschienen ist der Roman im Februar 2021 bei Tinte & Feder.

Hamburg, 1896: Luise kämpft mit ihren unterschiedlichen Rollen. Einerseits ist sie gerne Geschäftsfrau, doch in letzter Zeit merkt sie immer mehr, dass sie auch mehr Zeit mit ihrer Tochter Viktoria verbringen möchte. Als sie sich endlich dazu durchringt, mehr Zeit für ihre Tochter zu schaffen, überschlagen sich die Ereignisse.
Die Hafenarbeiter sind immer unzufriedener mit den Arbeitsbedingungen und es rumort gewaltig. Auch das Thema Streik ist eine Option. Und auch in Wien kündigen sich einige Veränderungen an als Felix, der das Kontor verwaltet hat, unerwartet stirbt.

Ich muss sagen, dass mich dieser siebte Teil mit so einigen Entwicklungen überraschen konnte. Ich habe sechs Teile gelesen, da war es klar, dass ich diese Reihe auch zu einem Ende bringen möchte. Mittlerweile steht fest, dass dies hier der vorletzte Band ist und die Voraussetzungen für den letzten Teil könnten spannender nicht sein.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir schon von Beginn dieser Reihe an sehr. Man ist sofort drin, man fühlt sich schnell mit den Charakteren verbunden, man kann deren Beweggründe nachvollziehen, auch wenn man selber ganz anders handeln würde. Ellin Carsta ist immer sehr nah an ihren Figuren dran und versteht es dies auch an den Leser zu vermitteln.
Der Spannungsbogen hat für mich in der zweiten Hälfte deutlich zugenommen. Zuerst dachte ich, es wird für mich eher ein mittelmäßiger Teil der Hansen-Reihe sein. Es ist eine Familiensaga und so bedient die Autorin gewisse Klischees, die mir für mein persönliches Empfinden ein bisschen zu viel in der ersten Hälfte des Buches waren. Die Familie Hansen ist die fortschrittliche Familie, sie halten zusammen, sie legen moderne Maßstäbe bei der Beurteilung von Sachverhalten an den Tag. Mich hat zuerst auch genervt, dass in diesem Band Homosexualität wieder eine Rolle spielen wird und das nicht im positiven Sinne. In der zweiten Hälfte dieses Buches hat die Autorin einiges an Überraschungen gepackt, die sowohl positiv als auch negativ waren und die meine Beurteilung dieses siebten Bandes maßgeblich beeinflusst haben.
Mit den Personen im Buch habe ich mitgefiebert, aber diesmal hatte ich keine Person, die besonders hervorgestochen ist. Luise hat mich mit ihrem konsequenten Handeln beeindruckt, Therese und Robert sind sympathisch wie eh und je, waren aber sehr blass in diesem Teil, Florentinus hat in diesem Teil für mich an Kontur gewonnen, die Kinder der Familie Hansen sind alle auf ihre Weise zuckersüß. Die Hafenarbeiter bekommen in diesem Band eine eigene Stimme, was mir sehr gefallen hat, da man dort noch mehr Hamburg rausgehört hat.
Die Hansen-Saga ist in erster Linie Familiensaga, dennoch werden auch historische Themen im kleineren Rahmen eingewoben. Über Briefe oder Zeitungsartikel erfahren wir etwas über die Erfindungen und Fortschritte jener Zeit, erleben die Entwicklungen in den deutschen Kolonien in Afrika mit und bekommen ein Stimmungsbild jener Zeit vermittelt. Für meinen persönlichen Geschmack würde ich mir hier deutlich mehr wünschen, dann müssten die Romane allerdings auch länger sein.
Kamerun ist mir auch dieses Mal wieder zu kurz gekommen. Hamza hat man so gut wie gar nicht gehört. Es gab diesmal glaube ich nur ein oder zwei Kapitel die dort spielen, dabei ist das das Thema, dass mich ursprünglich einmal zu dieser Reihe hat greifen lassen.
Am Ende des Buches gibt es ein kurzes Nachwort zu den historischen Hintergründen und ein Quellenverzeichnis über das man sich tiefergehend mit den Themen aus dem Roman beschäftigen kann.

Fazit: Der siebte Teil kommt etwas langsam in Gange, versteht es aber in der zweiten Hälfte den Leser zu überraschen und neugierig auf den finalen Band der Saga zu machen. Die typischen Klischees des Genres haben die Lesefreude bei mir zu Beginn etwas getrübt. Empfehlenswert ist die Reihe für alle, die typsiche Familiensagas lieben und zu schätzen wissen.

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Veröffentlicht am 06.03.2021

Ein Buch, dass etwas anders war als erwartet

Die Störung
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„Die Störung“ von Brandon Q. Morris handelt von einer Weltraummission, die einen Blick auf den Urknall werfen möchte. Erschienen ist der Roman bei Fischer Tor im Februar 2020.

2094: 20 Jahre sind die ...

„Die Störung“ von Brandon Q. Morris handelt von einer Weltraummission, die einen Blick auf den Urknall werfen möchte. Erschienen ist der Roman bei Fischer Tor im Februar 2020.

2094: 20 Jahre sind die vier Astronaut*innen zu ihrem Ziel geflogen. Kein Mensch hat sich bisher weiter von der Erde entfernt. Sie wollen mithilfe exakt ausgerichteter Sonden einen Blick auf die Entstehung des Universums erhaschen, doch bei einem ersten Test ist ein Schleier auf dem Bild zu sehen. Für die Astronomin Christine ist dies eine herbe Enttäuschung. Sie macht sich an die Arbeit eine Lösung zu finden. Doch was sie dann findet, erschüttert sie zutiefst.

Meine Reise in der Welt der Science-Fiction geht weiter und ich habe mich erneut an Hard Science-Fiction gewagt. Für mich persönlich klingt ein Blick auf den Urknall einfach spannend und was könnte man dabei möglicherweise entdecken? Theorien hierzu gibt es bestimmt genug.
Ich habe mich mit diesem Buch zu Anfang etwas schwer getan und ich gebe zu, zuerst dachte ich, ich bin einfach zu dumm für dieses Buch. Gerade am Anfang wird recht viel mit Fachbegriffen und Theorien um sich geworfen und ich musste mich daran gewöhnen, bestimmte Dinge einfach hinzunehmen, dennoch war zumindest für mich alles noch faszinierend genug, dass ich dem Ganzen auf den Grund gehen wollte und ich wurde mit Fortschreiten des Buches mit befriedigenden Erkenntnissen belohnt.
Den Schreibstil empfand ich als sehr nüchtern. Die Dinge werden so beschrieben wie sie sind, man ist bei Beobachtungen dabei und schließt seine Schlüsse daraus und dennoch hat das Ganze irgendwie Spannung erzeugt. Ich bin durch einige Emotionen mit diesem Buch gegangen: Verwirrung, Angst (Grusel), Erleichterung, Faszination. Dieses Buch war auf jeden Fall eine interessante Leseerfahrung für mich, gerade auch im Hinblick darauf, dass so etwas Ähnliches in Zukunft möglich sein wird. Wer entscheidet sich dafür sein Leben aufzugeben und mit lediglich drei anderen Personen für die nächsten 20 Jahre durchs Weltall zu fliegen? Das ist ja nicht wie Star Trek, wo viele Menschen auf einem Schiff leben und sich Beziehungen entwickeln können.
Wir bekommen in diesem Buch auf jeden Fall einen Einblick wie so eine Raumfahrtmission aussehen könnte. Wir sind dabei, wie mit der Erde über eine weite Strecke kommuniziert wird, sind bei der Entscheidungsfindung dabei, wenn sich Probleme ergeben, erleben wie Reparaturen im Weltall erledigt werden, die Wichtigkeit der Zusammensetzung der Raumschiffcrew und noch vieles mehr.
Es ist recht schwierig etwas zu dem Buch zu schreiben, ohne zu viel zu verraten. Die Geschichte ist deutlich anders verlaufen als ich es erwartet habe. Das hatte für mich positive als auch negative Aspekte. Es gibt auch einen Teil der Geschichte, der rein auf der Erde spielt, der aber im Verlauf wichtige Erkenntnisse zu dieser Raumfahrtmission beiträgt.
Ich war bei den Personen und den Ereignissen dabei, aber eine wirkliche tiefe Verbindung zu jemanden hatte ich nicht. Ich war ein Beobachter von außen, der zwischendrin versucht hat sich vorzustellen, wie man selber mit den Dingen, die im Buch passieren umgehen würde. Meine Lieblingsserie Fringe hat an mancher Stelle dazu beigetragen, dass ich dem ein oder anderen Phänomen besser folgen konnte.
Die Crew an Bord hatte eine spannende charakterliche Zusammensetzung. Jeder hatte seinen eigenen Antrieb bei dieser Mission dabei zu sein, die eine Person ist optimistischer ran gegangen als jemand anderes, jeder hat spezielles Wissen mitgebracht. Am meisten beeindruckt hat mich dennoch Rachel als CapCom dieser Mission auf der Erde. Sie hat immer das Wohl der Crew im Sinn, obwohl diese 4,3 Lichtjahre von ihr entfernt ist.
Das Buch hat einen ausführlichen Anhang, der einige Phänomene erklärt, die auch im Buch eine Rolle spielen. Mit über 30 Seiten ist dieser wirklich sehr lang und die Erklärungen sind ganz gut, aber ich bin dennoch an der ein oder anderen Stelle ausgestiegen. Mit Quantenphysik ist doch einiges möglich, was irgendwie nicht so recht logisch erscheinen möchte, der Autor beweist hier aber einen exquisiten Humor und man begegnet hier einigen Begriffen, die man auf jeden Fall schon mal gehört hat.

Fazit: Ein Roman, der anders war als erwartet und der für mein Empfinden, der Inbegriff eines Science-Fiction-Romanes ist. Einen Science-Fiction Neuling würde ich diesen Roman nicht empfehlen, da das glaube ich eher abschreckend wirken würde. Man sollte den Klappentext spannend finden und sich grundsätzlich für wissenschaftliche Themen und den Weltraum interessieren.

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Veröffentlicht am 27.02.2021

Ein spannender Techno-Thriller mit einer Droge, die Schwarmintelligenz ermöglichen könnte.

Crux
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„Crux“ von Ramez Naam ist der zweite Teil der Nexus-Reihe, in der es um eine Nanodroge geht, die den Menschen außergewöhnliche Fähigkeiten verleiht. Erschienen ist der Roman im August 2015 im Heyne-Verlag. ...

„Crux“ von Ramez Naam ist der zweite Teil der Nexus-Reihe, in der es um eine Nanodroge geht, die den Menschen außergewöhnliche Fähigkeiten verleiht. Erschienen ist der Roman im August 2015 im Heyne-Verlag.

Oktober 2040: Ein halbes Jahr zuvor hat der Erfinder Kaden Lane die Nanodroge Nexus freigegeben. Die Welt ändert sich seitdem dramatisch, denn die Verschmelzung von Mensch und Computer wurde dadurch auf eine neue Ebene katapultiert. Nexus 5 ist keine Droge, die einen im klassischen Sinne high macht. Sie ermöglicht die Vernetzung von Bewusstseinen und steigert so beispielsweise die Intelligenz. Insbesondere auf autistische Kinder hat die Droge einen außergewöhnlichen Effekt, ermöglicht sie ihnen doch den Zugang zu anderen Menschen und deren Erfahrungen. Doch die Droge kann auch missbraucht werden. Durch sogenannte Hintertüren kann man gewaltsam in andere Bewusstseine eindringen und diese so übernehmen. Ein Anschlag auf den US-Präsidenten sorgt für eine Verhärtung der Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern der Droge und mitten drin ist Kaden Lane, der von beiden Seiten gejagt wird.

Dieses Buch habe ich vor längerer Zeit in einem Tauschregal bei der Arbeit entdeckt. Als ich den Klappentext las, erinnerte ich mich daran, dass ich den ersten Teil dieser Reihe schon gelesen hatte und das mir dieser Recht gut gefallen hat. Warum ich die Reihe danach nicht wirklich weiter verfolgt habe, kann ich nicht wirklich sagen. Noch einmal passiert mir das sicher nicht, dass ich einige Jahre bis zur Fortsetzung verstreichen lasse.
Der Autor katapultiert einen direkt in die Geschichte hinein und demonstriert einem die gute sowie böse Anwendung der Nanodroge Nexus. Ich war sofort absolut hype auf dieses Buch. Unterschiedliche Bewusstseine miteinander vernetzen zu können, finde ich eine absolut spannende Idee. Ramez Naam schafft es dabei sehr gut seine Ideen greifbar darzustellen. Jeder, der im Alltag und auf Arbeit mit Computern zu tun hat, sollte hier ganz gut mitkommen.
Die Spannung wird von Anfang an recht hoch gehalten. Im ersten Teil des Buches erfahren wir etwas zu den möglichen Anwendungsbereichen von Nexus 5, die sehr vielfältig sind. Eingebettet wird das Ganze in einem Zukunftsszenario, in dem die Klimaerwärmung weiter fortgeschritten ist und den Fortbestand der Menschheit massiv zu bedrohen beginnt. Etwa ab der Hälfte entwickelt sich der Roman zu einem rasanten Thriller, der einem kaum Luft zum atmen lässt. Die unterschiedlichen Stränge werden zusammengeführt und es ist ab einem gewissen Punkt einfach nur noch Action, Action, Action. Das war mir teilweise ein wenig zu viel. Langweilig wurde einem auf jeden Fall nie.
Immer schwebt die Frage im Raum, ob man einen Fortschritt, wie er durch Nexus möglich ist, überhaupt von der Menschheit fern halten darf. Überwiegen die positiven oder die negativen Eigenschaften dieser Technologie? Ich war absolut fasziniert von der Vielfalt der Möglichkeiten. Manche davon wären definitiv eine Bereicherung und sich das einfach nur vorzustellen, löst positive Empfindungen aus. Die Abgründe der Menschheit haben mich wiederum nicht wirklich überrascht. Es wird immer Menschen geben, die etwas einzig und allein zu ihrem eigenen Vorteil benutzen wollen und dazu reichen oftmals schon wenige.
Mit den Personen im Buch habe ich mitgefiebert. Jeder Erzählstrang hat seine eigenen interessanten Fragestellungen. Kaden Lane hadert mit seiner Entscheidung, Nexus allen zugänglich gemacht zu haben. Während er gejagt wird, arbeitet er kontinuierlich daran, die Missbrauchsmöglichkeiten zu minimieren und so einen sicheren Umgang mit seiner Erfindung zu ermöglichen. An seiner Seite kämpft Feng, der zur Organisation der konfuzianischen Faust gehört. Die ehemalige Geheimagentin Sam Cataranes findet ihre Bestimmung in jungen Kindern, die bereits mit Nexus geboren wurden und die sie mit allen Mitteln vor Missbrauch schützen möchte. Ein indischer Visionär ist von dem Wunsch angetrieben, die Welt zu retten und ist dazu bereit einige Grenzen zu überschreiten. Aber es gibt eben auch Geheimorganisationen, die die Missbrauchsmöglichkeiten für ihre eigenen Zwecke nutzen möchte.
In einem recht ausführlichen Nachwort umreißt Ramez Naam nochmals die Ideen aus dem Buch und beleuchtet die wissenschaftlichen Fakten und Forschungen, die schon jetzt in diese Richtung laufen. Ich liebe das und es macht ein Buch und seine Ideen nochmals greifbarer. Es mag vielleicht nicht im Jahr 2040 soweit sein, aber vieles, das im Buch beschrieben wird, wird irgendwann möglicherweise Realität. Der Autor hat auch Sachbücher zum Thema geschrieben und ist vom Fach, u.a. hat er für Microsoft gearbeitet und war maßgeblich an der Entwicklung des Internet Explorers beteiligt.

Fazit: Ein sehr spannender Techno-Thriller mit faszinierenden Ideen, etwas zu viel Action für meinen Geschmack und einer Zukunftsversion, die teilweise recht beängstigend wirkt, aber auch positive Aspekte hat. Wer sich für Themen wie Schwarmintelligenz interessiert, ist hier auf jeden Fall an der richtigen Adresse.