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Veröffentlicht am 05.01.2020

Ein historischer Roman über das Leben in einem Tross im 30jährigen Krieg

Die Trossfrau
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Carmen Mayer entführt uns in „Die Trossfrau“ in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und in die Welt der Marketenderinnen, die in den Trossen der Heere, ihr Auskommen suchten. Erschienen ist der historische ...

Carmen Mayer entführt uns in „Die Trossfrau“ in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und in die Welt der Marketenderinnen, die in den Trossen der Heere, ihr Auskommen suchten. Erschienen ist der historische Roman im Maximum Verlag im Dezember 2019.

Heiliges Römisches Reich deutscher Nation, 1618: Als Magdalena die Hufe eines Durchreisenden beschlägt, wirft sie ihr Vater umgehend aus dem Haus. Schon immer hatte sie einen schweren Stand in der Familie, weil die Söhne gestorben waren und sie sich nicht in die Rolle fügen wollte, die ihr die Welt als Frau jener Zeit zugesteht. Es verschlägt sie zunächst nach Krems, wo sie in die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten gerät. Fortan zieht sie durch die Lande und schließt sich immer wieder anderen Trossen an. Ihr handwerkliches Geschick und ihre Wissbegierde helfen ihr dabei ein Auskommen zu finden, doch muss sie so auch die Gräuel ertragen, die der Dreißigjährige Krieg so mit sich bringt.

Bücher, die im Dreißigjährigen Krieg spielen, habe ich bisher nicht so häufig gelesen. Meist bin ich bei historischen Romanen eher im Mittelalter anzutreffen. Dieser Krieg stellt einen kritischen Punkt in der deutschen Geschichte dar, erstreckte sich dieser über einen sehr langen Zeitraum und hat sehr viele Opfer gefordert, auch unter den Menschen, die nicht als Soldaten am Krieg beteiligt waren.
Wir verfolgen in diesem Roman beispielhaft das Schicksal der jungen Magdalena, die von ihrer Familie verstoßen wird und sich zukünftig als Marketenderin durchschlägt. Ich bin gut in das Buch reingekommen, auch wenn der Epilog ein wenig wirr auf mich wirkte, doch anschließend lässt sich das Buch gut und flüssig lesen. Eine dritte Person erzählt von Magdalenas Lebensweg, wie dieser ebenjener erzählt wurde.
Der Spannungsbogen wird gleichmäßig über den Roman gehalten. Ich habe die Ereignisse interessiert verfolgt, aber so wirklich mitgefiebert habe ich nicht. Wir erfahren viel über die Gräueltaten, die in diesem Krieg immer wieder stattgefunden haben, aber es war für mich alles eher aus einer gewissen Distanz, die mich selber wahrscheinlich in gewisser Weise auch geschützt hat. Es passieren ziemlich viele schlimme Sachen und die Menschen in jenen Tagen müssen über die Zeit mit Sicherheit ziemlich abgestumpft sein. Andauernd umherreisen, immer wieder sein Hab und Gut verlieren, Gewalt erleben und froh sein darüber, dass man überlebt hat, stelle ich mir ziemlich schlimm vor.
Es gibt immer wieder Abschnitte, in denen das Buch ein wenig in ein Sachbuch umschwenkt. In diesen Passagen erfahren wir von wichtigen historischen Ereignissen in dieser Zeit, welche Parteien und Länder beteiligt waren und wie es zu diesem Konflikt kommen konnte. Diese Informationen fand ich sehr interessant, aber es war mir fast schon ein wenig zu sehr lehrbuchmäßig. Dennoch rundet es den Roman ab, der sich mehr auf das Leben im Tross der Heere konzentriert.
Hier lernen wir, welche Aufgaben es in einem Tross zu erledigen gab und das hier teilweise die Geschlechterrollen verschwommen sind, weil man eben auf das Wissen von jeder Person angewiesen war und hier kein Rücksicht auf das Geschlecht genommen werden konnte. Wir erfahren etwas über den Aberglauben der Menschen und auch Hexenverfolgungen sind am Rande ein Thema.
Das Nachwort in diesem Roman hat mich tatsächlich sehr berührt. Es zeigt sehr gut auf, welche Rechercheleistung die Autorin für diesen Roman erbracht hat, denn das es gut recherchiert ist, merkt man auf jeder Seite. Es hat mir nochmal ein etwas anderen Blick auf das Buch und die Ereignisse darin gegeben. Neben einem Nachwort, findet sich am Ende des Buches ein Glossar, ein Quellenverzeichnis und kurze Informationen zu den realen historischen Personen im Buch. Die Anzahl der Personen ist überschaubar, so dass auf ein Personenverzeichnis verzichtet werden konnte.

Fazit: Ein solider historischer Roman, der einen die Hintergründe des Dreißigjährigen Krieges und das Leben und die Schicksalsschläge in einem Tross näher bringt. Ich war eher interessiert als Zuschauer dabei, als dass ich wirklich mitgefiebert habe. Wer sich für diese Zeit interessiert, kann aber sicherlich viele interessante Informationen aus diesem Buch für sich mitnehmen.

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Veröffentlicht am 21.12.2019

Historischer Thriller, der mir teilweise zu sehr ins Belanglose abgeschweift ist

Der Attentäter
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Mit „Der Attentäter“ hat Ulf Schiewe seinen ersten historischen Thriller vorgelegt, in dem es um das Attentat 1914 auf den Thronfolger Franz Ferdinand geht, dass den 1. Weltkrieg ausgelöst hat. Erschienen ...

Mit „Der Attentäter“ hat Ulf Schiewe seinen ersten historischen Thriller vorgelegt, in dem es um das Attentat 1914 auf den Thronfolger Franz Ferdinand geht, dass den 1. Weltkrieg ausgelöst hat. Erschienen ist der Roman bei Bastei Lübbe im November 2019.

Sarajevo, 1914: Der Thronfolger Franz Ferdinand hat sich für den 28. Juni angekündigt und wird einem Militärmanöver beiwohnen. Die letzten Vorbereitungen laufen, doch es gibt Gerüchte laut denen ein Anschlag geplant ist. Rudolf Markovic versucht alles, um dieses Attentat zu verhindern und kommt einer jungen Gruppe auf die Spur, die sich parallel zu den Ereignissen beim Geheimdienst, auf ihre Mission vorbereitet, den Thronfolger zu erschießen. Sie kämpfen für die Sache der Serben. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Dieses Buch war ein Experiment für mich, denn klassische Thriller, wo es um Mord und Totschlag geht, lese ich an sich nicht. Hier geht es allerdings um ein historisch belegtes Attentat, dass auch noch maßgeblich die Geschichte Europas bestimmt hat und da war ich dann natürlich wieder neugierig.
Der Einstieg in den Roman ist sehr gut gelungen. Es geht direkt mit einer staccatoartig geschriebenen Szene los, die die Spannung sofort ansteigen lässt, danach flaut es allerdings erstmal ein wenig ab. Man lernt die Protagonisten und unterschiedlichen Sichtweisen im Buch kennen. Da wären zum einen die Attentäter rund um Gavrilo Pricip, Franz Ferdinand und seine Frau Sophie und dann noch der fiktive Teil rund um den Geheimdienstler Rudolf Markovic. Eine gute Ausgangslage für einen Roman, der mich dann allerdings doch nicht vollends überzeugen konnte.
Die Faktendichte in diesem Roman ist sehr hoch, was mir einerseits sehr gut gefiel, denn wer mich kennt, weiß dass ich gerne mit viel Wissen zugeballert werde, aber in diesem Roman war es mir dann doch teilweise zu viel. Franz Ferdinand und seine Frau Sophie hätte man durchaus auch mit weniger Informationen gut vorstellen können, hier drifteten mir so einige Szenen dann doch zu sehr ins Belanglose ab, so dass ich zwischendurch ein wenig gelangweilt war. Der Einblick in die Gedankenwelt der Attentäter wiederum finde ich größtenteils gelungen, auch wenn es hier zu einigen Wiederholungen kam, genauso wie bei der Ermittlungsarbeit des Geheimdienstes, bei denen die aktuellen Ermittlungsstände das ein oder andere Mal vorgetragen und nochmals zusammengefasst wurden.
Der Roman schildert die letzte Woche vor dem Attentat auf den Thronfolger und ist entsprechend in die einzelnen Tage eingeteilt, wo die Ereignisse des Tages zwischen den drei Parteien in diesem Buch immer wieder hin und her springen. Die Perspektiven an sich und die Einteilung finde ich gut gelungen. Vor jedem Abschnitt gibt es echte Zeitungsausschnitte, die Einblick in die Nachrichten jener Zeit geben und dem Buch somit eine gewisse Authentizität verleihen.
Dennoch muss man festhalten, dass es in diesem Roman auch einen recht großen fiktiven Anteil gibt. Die Verfolgungsjagd mit den Attentätern hat so nie stattgefunden. In diesem fiktiven Part werden die Fakten rund um die Attentäter und ihre Vorbereitung sowie Route eingebaut. Ich finde das wichtig zu wissen, hilft es doch dabei schon während des Lesens besser unterscheiden zu können, was nun wahr ist und was eben nicht.
Das Schicksal der Personen in diesem Roman habe ich interessiert verfolgt, ich habe aber nicht total mit ihnen mitgefiebert. Die Gründe hierfür habe ich weiter oben bereits genannt. Franz Ferdinands politisches Gespür habe ich beispielsweise sehr bewundert und über weite Strecken konnten mich die Attentäter für sich einnehmen. Sie sind unerfahren und daher nicht so kalt und berechnend, wie man es von einem Attentäter erwarten würde. Es wird klar wofür sie kämpfen, aber eben auch, warum sie dennoch immer wieder Zweifel an der ganzen Aktion haben. Darüber hinaus werden ihre Ängste aufgezeigt.
Schade fand ich, dass immer wieder Antisemitismus in diesem Roman aufblitzt. Ich weiß, dass es zu dieser Zeit normal und verbreitet war, aber es ist eben nicht wirklich Thema in diesem Roman und daher bleibt dieser auch unwidersprochen. Es wird einfach nur reproduziert und gezeigt, dass es das eben zu dieser Zeit gab und ich finde, dann hätte man auch andere Beschimpfungen wählen können, die dennoch die Abneigung der Person deutlich gemacht hätten.
Recherchiert ist der Roman wieder gut, wie von Ulf Schiewe gewohnt. Im Nachwort gibt uns der Autor noch weiterführende Information zu den politischen Hintergründen jener Zeit und seiner Motive für diesen Roman. Darüber hinaus findet man im Roman noch eine Karte von Sarajevo sowie ein Glossar mit wichtigen Begriffen und ein Personenverzeichnis.

Fazit: Ein größtenteils unterhaltsamer historischer Thriller, der zwischendurch ein wenig zu sehr ins Belanglose abgleitet. Wer historische Romane mit einem recht hohen fiktiven Anteil angereichert um viele historische Fakten mag und schon andere Romane des Autors gelesen hat, ist hier auf jeden Fall gut aufgehoben, auch wenn es für mich persönlich nicht sein stärkstes Buch ist.

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Veröffentlicht am 14.12.2019

Brutal und düster, aber auch faszinierend

Vicious - Das Böse in uns
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„Vicious - Das Böse in uns“ von V. E. Schwab ist der erste Band aus der Villains-Reihe. In dieser Fantasy-Reihe geht es um Victor Vale und Eli Ever, die durch ein Experiment zu Superkräften kommen. Der ...

„Vicious - Das Böse in uns“ von V. E. Schwab ist der erste Band aus der Villains-Reihe. In dieser Fantasy-Reihe geht es um Victor Vale und Eli Ever, die durch ein Experiment zu Superkräften kommen. Der Roman ist im November 2019 bei Fischer Tor erschienen.

Eli Ever und Victor Vale beschließen zu sterben. Allerdings wollen beide nicht tot bleiben, sondern als Extraordinäre, kurz EO, wieder auferstehen. Beide sind Medizinstudenten und haben sich eingehend mit dem Thema beschäftigt. Der kurze Tod soll ihnen zu Superkräften verhelfen und das Experiment gelingt. Eli bekommt Superheilungskräfte und Victor kann seine und die Schmerzen von anderen beeinflussen. Was beide nicht bedacht haben, sind die Folgen dieses Experiments, denn der Tod geht nicht ohne ein Opfer einher.

Mal sehen, was das hier wird, denn dieses Buch ist wirklich schwer zu beschreiben. In den letzten 2 oder 3 Wochen habe ich dieses Buch überall gesehen und irgendwie hat es mich interessiert. Als es dann im ersten Türchen des Netgalley-Adventskalenders war, habe ich dann zugeschlagen, auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich wusste auf was ich mich da einlasse. Viel zum Inhalt gelesen bzw. gehört hatte ich nicht. Es war halt für mich eines dieser Bücher, dass durch Bookstagram gerade gehypt wird ohne Ende.
So hatte ich anfangs dann auch ein paar Probleme dabei meine Gefühle und Gedanken zu diesem Buch einzuordnen. Ich hatte natürlich gesehen, dass die Reihe den Namen Villains trägt und es somit wohl um Antihelden geht, aber so düster hätte ich es dennoch nicht erwartet. Ich hatte eher an sowas wie Loki gedacht, den man ja durchaus irgendwie sympathisch findet und dann war es anfangs einfach nur ganz oft gedanklich WTF. Andererseits hat einen das Ganze aber auch so fasziniert, dass man unbedingt wissen wollte, wie das Ganze weiter geht.
Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen. Eine Zeitebene erzählt das Heute und dann gibt es noch unterschiedliche Zeitebenen, die die Hintergründe des heutigen Konfliktes und der Personen erzählen. Anfangs ist man daher etwas verwirrt und muss die Puzzleteile erst zusammensetzen. Dies ist aber sehr gut gelungen. Es ist nie so, dass man davon genervt ist, dass man Dinge nicht weiß, sondern man möchte sie herausfinden und wird so zum weiterlesen animiert.
Die Spannung in dem Buch ist jederzeit hoch und steigert sich zum Showdown hin ins Unermessliche. Es ist teilweise sehr brutal und daher nichts für schwache Nerven. Es gibt überraschende Wendungen, mit denen ich so nicht gerechnet habe, aber am Ende schließt sich doch alles zu einem harmonischen Kreis. Man hat irgendwie das Gefühl letztendlich ist doch alles so abgelaufen, wie es laufen sollte.
Sehr gut gefallen hat mir, dass dieses Buch zum Nachdenken und Hinterfragen anregt. Was passiert mit einem, wenn man stirbt und dann mit Superkräften wieder aufwacht? Was ist gut und was ist böse? Habe ich als Außenstehender genug Einblick, um das beurteilen zu können? Ich liebe Superheldenfilme, aber dieses Buch hat mich dazu angeregt, auch diese nochmal kritisch zu hinterfragen. Da wird ja meist doch der glorreiche Held gezeigt, auch wenn sich hier in letzter Zeit mit Venom oder dem Suicide Squad einiges getan hat.
Wo wir dann auch bei den Personen in diesem Buch wären. Das Handeln und Treiben der beiden Protagonisten Victor und Eli habe ich teilweise fasziniert, teilweise abgestoßen mitverfolgt. Für mich erscheint es verrückt, dass man sich erst umbringt, um dann mit Superkräften wieder aufzuerstehen. Die Hintergründe der beiden, macht es verständlicher, warum sie zu dem Schritt bereit sind, aber ihr Verhalten nachdem sie ExtraOrdinäre sind, lädt für mich auch nicht unbedingt dazu ein, die beiden sympathisch zu finden. Sympathien haben hier eher die beiden Nebenfiguren Mitch und Sidney von mir bekommen, die durch gewisse Umstände in den Konflikt von Eli und Victor hineingeraten.

Fazit: Interessante Charaktere mit spektakulären Fähigkeiten und ein Plot, der einen mit seiner Mischung aus Faszination und Abgestoßenheit in seinen Bann zieht. Ein Buch, dass mich mit seiner Düsternis und Brutalität überrascht hat. Wem ich dieses Buch empfehlen soll, kann ich gar nicht so recht sagen. Wenn ihr Antihelden mögt und der Klappentext euch anspricht, seid ihr denke ich genau richtig. Langweilig wird einem bei dem Buch auf keinen Fall.

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Veröffentlicht am 07.12.2019

Mein Jahreshighlight 2019 und eine spannende Geschichte über das Leben in der DDR

Die geteilten Jahre
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„Die geteilten Jahre“ von Matthias Lisse erzählt die Lebensgeschichte des Autors vom Bau der Mauer bis zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990. Erschienen ist der Roman im September 2019 bei Droemer-Knaur.

Berlin, ...

„Die geteilten Jahre“ von Matthias Lisse erzählt die Lebensgeschichte des Autors vom Bau der Mauer bis zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990. Erschienen ist der Roman im September 2019 bei Droemer-Knaur.

Berlin, 13. August 1961: Wolfgang Leipold und seine Familie haben genug von der DDR und so beschließen sie, dass sie in die BRD fliehen möchten. Nach ihrem Urlaub an einem See machen sie sich daher auf nach Berlin um von dort aus nach West-Berlin zu fahren. Doch dies ist nicht mehr möglich. Polizisten versperren alle Übergänge und es wird begonnen eine Mauer zu bauen. Die Familie Leipold ist fortan im eigenen Land gefangen und muss sich mit dem Leben im „Arbeiter- und Bauernparadies“ arrangieren.
Viele Jahre später hat sich ihr Sohn Marcus immer noch nicht mit den Verhältnissen im Land abgefunden. Trotz Frau und Kind beschließt er eines Tages zu fliehen und alles dafür zu tun seine Familie schnellstmöglich nachzuholen. Eine bange Zeit der Trennung mit unsicherem Ausgang beginnt, die allen Beteiligten sehr viel Kraft abverlangt. Wie lange wird es dauern bis alle wieder vereint sind?

Ich war mir tatsächlich unsicher, ob dieses Buch etwas für mich ist, denn meist lese ich Geschichten die zeitlich deutlich weiter zurückliegen. Die Bilder vom Mauerfall haben mich allerdings schon immer sehr berührt, obwohl ich zu dem Zeitpunkt erst 4 Jahre alt war. Ein Treffen auf der Buchmesse mit dem Autor hat mich dann wiederum doch sehr neugierig auf das Buch gemacht, denn es ist seine eigene Lebensgeschichte und seine historischen Romane unter dem Pseudonym Mac P. Lorne lese ich sehr gerne.
Ganz am Anfang hatte ich kleinere Probleme mit dem Schreibstil. Die Kapitel über die politische Führungsriege sind in einem sehr nüchternen Stil verfasst und auch die Gespräche der Familie Leipold wirkten anfangs etwas hölzern auf mich, doch das war spätestens dann weggeblasen als klar wurde, dass sie nicht mehr fliehen können. Die bedrückende Stimmung zu sehen, wie das eigene Land in ein Gefängnis verwandelt wird, wurde sehr gut eingefangen und ab dann hatte mich das Schicksal dieser Familie vollends in seinem Bann.
Wie arrangiert man sich mit einem Staat dessen Ideologie man nicht teilt? Wie sah das Leben in der ehemaligen DDR aus? Das alles sind Fragen, die Matthias Lisse in seinem Roman beantwortet. Ich habe hier wahnsinnig viel über eine Zeit gelernt, die in meiner Schulzeit nicht wirklich behandelt wurde. Der Autor zeigt, wie sehr man dazu genötigt wurde in die SED einzutreten. Immerzu bestand die Gefahr ausgehorcht zu werden, Pakete von der Verwandtschaft wurden geöffnet und man hat jederzeit gespürt, dass der Staat und seine Behörden den Menschen im eigenen Land misstrauen. Dennoch wird nicht alles schlecht gemacht und es gibt auch einige Anekdoten, die die bedrückende Stimmung des Buches zwischendurch auflockern.
Ich habe jederzeit mit den Personen im Buch mitgefiebert, in der zweiten Hälfte des Buches wurde die Anspannung allerdings so sehr gesteigert, dass ich das Buch kaum noch aus der Hand legen konnte, obwohl ich schon vorher wusste, wie es ausgehen wird. Die Flucht der Familie Leipold ist so spannend und dramatisch geschildert. Ich habe die Verzweiflung gespürt, konnte teilweise nicht mehr weiter atmen und musste kurze Pausen einlegen, um das Gelesene sacken zu lassen und auch meine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen. Man muss hier immer im Hinterkopf behalten, dass es sich zwar um einen Roman handelt, diese aber dennoch die wahre Geschichte des Autors erzählt und das alles wirklich passiert ist.
In diesem Roman darf natürlich ein bestimmtes Stilmittel des Autors nicht fehlen, dass mich in anderen Büchern aufgrund der Häufigkeit so manches Mal gestört hat, sich in diesem Roman aber harmonisch einfügt und die Geschichte auflockert: Das Vorgreifen in der Geschichte. Obwohl ich kein Fan davon bin, hat es mich diesmal absolut gar nicht gestört.
Im Vordergrund steht die Geschichte der Familie Leipold, dennoch wurden auch die politischen Ereignisse nicht außer Acht gelassen. Diese werden in kurzen Zwischenkapiteln erzählt und zeigen wie sehr sich der Erfahrungshorizont der politischen Führung von der eigenen Bevölkerung unterschied. Da es sich um die persönliche Geschichte des Autors handelt, war hier in mancherlei Hinsicht weniger Recherche nötig als sonst. Dort wo sie nötig war, bin ich mir sicher, dass der Autor diese wie gewohnt akribisch gemacht hat und so ein realistisches Bild jener Zeit zeigt. Viel Zusatzmaterial gibt es in diesem Roman nicht. Am Ende des Buches befindet sich ein Glossar das typische Begriffe aus der DDR erklärt.

Fazit: Meine Rezension kann diesem Buch gar nicht gerecht werden. Mein Jahreshighlight 2019 und eine unbedingte Leseempfehlung an alle, denn hier wird ein wichtiger Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte erzählt. Persönlich, emotional und sehr dramatisch. Dieses Buch wird mich gedanklich sicher noch einige Zeit begleiten.

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Veröffentlicht am 30.11.2019

Friedrich Barbarossa im Zenit seiner Macht

Schwert und Krone - Herz aus Stein
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Sabine Ebert hat mit „Herz aus Stein“ den 4. Teil der Barbarossa-Saga veröffentlicht, in dem es diesmal um die Italienfeldzüge, die Allmacht Heinrich des Löwen und den Slawenaufstand geht. Erschienen ist ...

Sabine Ebert hat mit „Herz aus Stein“ den 4. Teil der Barbarossa-Saga veröffentlicht, in dem es diesmal um die Italienfeldzüge, die Allmacht Heinrich des Löwen und den Slawenaufstand geht. Erschienen ist der Roman im November 2019 bei Droemer-Knaur.

Friedrich Barbarossa wurde zum Kaiser gekrönt und befindet sich nun im Zenit seiner Macht. Nur Italien widersetzt sich ihm. Etliche Städte liegen im Streit miteinander und bekriegen sich gegenseitig und so bleibt dem Kaiser nichts anderes übrig als über die Alpen zu ziehen. Besonders Mailand tut sich durch mangelnden Respekt hervor und muss zur Räson gebracht werden.
Weiteres Kopfzerbrechen macht ihm das Ausbleiben eines legitimen Erben. Nur so kann er die Macht auch über seinen Tod hinaus für die Staufer sichern. Ein Schicksal, dass nicht nur ihm beschieden ist. Auch Otto und Hedwig in Meißen müssen lange Zeit auf einen Erben warten. Darüber hinaus streben sie die Besiedelung ihres oftmals unzugänglichen Herrschaftsgebietes an und werben daher um Siedler, zu denen auch der junge Ritter Christian gehört.
Heinrich der Löwe schafft sich immer mehr Feinde im Reich. Vom Kaiser bevorzugt kann er schalten und walten wie er möchte und so legt er sich u.a. mit dem Bischof von Freising an und errichtet eine prunkvolle Burg in Braunschweig. Auch die Abodriten sind ihm weiterhin ein Dorn im Auge und so sollen diese entweder vernichtet oder vollständig christianisiert werden.

10 Jahre, in denen wieder einmal einiges los ist im Herrschaftsgebiet Friedrich Barbarossas. 10 Jahre, die von Sabine Ebert zum Leben erweckt werden und die uns einen Teil unserer Geschichte näher bringen. Nach den hervorragenden ersten drei Teilen war ich natürlich auch sehr gespannt auf dieses Buch und ich wurde nicht enttäuscht.
Der Schreibstil ist klasse und lässt das 12. Jahrhundert im eigenen Kopf von neuem entstehen. Ich konnte mir alle Orte, die im Buch beschrieben wurden, sehr gut vorstellen. Man kommt wieder sehr viel rum. Mal befinden wir uns in Dänemark und dem Osten des Deutschen Reiches, mal sind wir in Burgund und Italien mit seinem sonnigeren Wetter.
Die Themen im Buch sind vielfältig und geben uns einen umfangreichen Einblick in jene Zeit, auch wenn jeder einzelne mit Sicherheit auch ein Buch für sich alleine gefüllt hätte. Dabei ist das Ganze von einer Ruhe geprägt, die ich selten in einem historischen Roman erlebt habe. An den Schlachten jener Zeit nimmt man eher weniger teil. Diese werden im Nachgang oftmals zusammengefasst erzählt. Wir erleben politisch wichtige Ereignisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln, sind beim taktieren dabei und können an unterschiedlichen Orten beobachten, welche Auswirkungen bestimmte Entscheidungen haben.
Die Frauen haben erneut eine wichtige Rolle. Wir erleben mit wie diese trotz ihrer eingeschränkten Rolle Einfluss ausüben können, in dem sie ihre Männer geschickt lenken. Wir erfahren etwas über die Aufgaben und Schwierigkeiten einer Markgräfin, wenn diese in Abwesenheit ihres Ehemannes alleine regieren musste. Wir sind allerdings auch dabei, wie Frauen an ihrem Schicksal zu Grunde gehen, sei es zum Beispiel an der Seite eines brutalen Ehemannes.
Diese Mischung aus großer Politik und dem Einblick des Regierens auch im Kleinen hat mir wieder sehr gut gefallen. Der dramatische Beginn hat dafür gesorgt, dass man schnell wieder im Geschehen drin war, geschickte Rückblenden haben die Erinnerung aufgefrischt und das dramatische Ende machen Lust auf den finalen Band dieser Reihe.
Der fiktive Anteil in diesem Buch ist wieder sehr gering. Fans der Hebammen-Reihe dürfen sich dennoch über neue Informationen zu ihrer Lieblingsreihe freuen. Dies ist ein Punkt, der mir wieder einmal sehr viel Respekt abringt, denn meiner Meinung nach erfordert dies eine sehr akribische Recherche, die im ausführlichen Nachwort dann auch bestätigt wird. Es gibt Personen, über die nicht viel bekannt ist und wo die Autorin ihrer Fantasie freien Lauf lassen konnte, was ich vollkommen ok finde. Ansonsten wurde sich wieder sehr genau an die überlieferte Geschichte gehalten. Das Zusatzmaterial ist sehr umfangreich ausgestattet mit Karten, Glossar, Stammbäumen, Personenverzeichnis und Zeittafel sowie einer kleinen Auswahl an Quellen.
Das Einzige was mir ein bisschen gefehlt hat, ist eine Person, mit der ich so richtig mitfiebern konnte. Kunigunde von Plötzkau hat mir doch sehr gefehlt und ich mochte die Liebesgeschichte mit dem Markgrafen Dietrich im vorherigen Teil sehr.

Fazit: Der vorletzte Teil der Barbarossa-Saga kann wieder einmal durch akribische Recherche und einen umfangreichen Einblick in das 12. Jahrhundert überzeugen. Wer etwas über die Geschichte des deutschen Reiches erfahren möchte und hierbei mehr die Politik und ihre Auswirkungen als ruhmreiche Schlachten kennenlernen möchte, ist bei Sabine Ebert genau richtig.