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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2019

interessante Rezeptvarianten für den geübten Hobbybäcker

Wildbakers on Tour
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Auf das aktuelle Buch der „Wildbakers“ mit dem Untertitel „unterwegs zum besten Brot on Tour“ bin ich durch Zufall gestoßen, da ich mich seit längerer Zeit mit dem Thema Brotbacken intensiver beschäftige. ...

Auf das aktuelle Buch der „Wildbakers“ mit dem Untertitel „unterwegs zum besten Brot on Tour“ bin ich durch Zufall gestoßen, da ich mich seit längerer Zeit mit dem Thema Brotbacken intensiver beschäftige. Die beiden Autoren Jörg Schmid und Johannes Hirth sind mir vorher weder in der Presse noch im Fernsehen über den Weg gelaufen. Mich hat das Konzept interessiert, das vielfältige und originelle Brotrezepte verspricht.
Man merkt dem Buch an, dass hier keine Anfänger unterwegs sind, die mal eben schnell ein Brot zusammenrühren wollen, man sollte auch als Leser und Hobbybäcker sich mit dem Thema schon beschäftigt haben, um von den vielen Fachbegriffen und Details nicht überfordert zu werden. Die Autoren setzen eine umfangreiche Ausstattung rund um das Thema Brotbacken voraus, sicher kann man auch ohne Backstein, spezielle Formen oder Garkörbchen leckere Brote backen, über ein wenig Fingerspitzengefühl und Erfahrungen sollte man schon verfügen, um diese Rezepte umzusetzen.
Zu Beginn des Buches werden die wichtigsten Begriffe kurz erläutert sowie verschiedene Herstellverfahren für Roggensauerteig vorgestellt, das alles aber eher in kurzer und knapper Form.
Vieles ist mir bekannt und schon erprobt, mit Poolish und Lievito Madre habe ich noch nicht gearbeitet und musste gleich im Internet nach weiteren Infos suchen, weil das für meinen Bedarf etwas knapp abgehandelt wurde.
Die über 70 Rezepte sind in der Tat abwechslungsreich, mir haben es insbesondere die regionalen Spezialitäten angetan, von denen ich noch die eine oder andere ausprobieren werde. Das Eifeler Landbrot und die Bürlitos mit Paprika sind bei meiner Familie bereits gut angekommen. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei von herzhalft bis süß und exotisch. In einigen Rezepten wird bei Zutaten wie aktives Backmalz, Biertreber oder oben bereits erwähntem Lievito Madre, die man im Supermarkt vergeblich suchen wird, auf Internethändler verwiesen. Aber auch wer teure Versandkosten vermeiden möchte, findet eine umfassende Auswahl an Rezepten.
Ein gutes Brot zu backen erfordert Zeit und einiges an Planung, das ist auch in diesem Buch nicht anders. Bei den Frühstücksbrötchen zum Wochenende werde ich bei meinen bewährten Rezepten nach Lutz Geißler bleiben, da mir bei den Wildbakers die Teigruhezeiten zu lang sind, ich möchte nicht drei Stunden vor meiner Familie aufstehen müssen, um frische Brötchen aus dem Ofen zu zaubern.
Wer gerne Brot backt und neue Inspirationen sucht, dem kann ich das Buch empfehlen. Wer mit dem Brotbacken starten möchte, der sollte mit klassischeren Brotbackbüchern beginnen.

Veröffentlicht am 27.07.2019

urkomisch und tragisch zu gleich

Wanka würde Wodka kaufen
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In den Romanen um „Max Leif“ spielt Jekaterina Poljakow nur eine Nebenrolle, hinterlässt dort aber schon einen bleibenden Eindruck mit ihrer direkten Art und dem Herz am rechten Fleck. In „Wanka würde ...

In den Romanen um „Max Leif“ spielt Jekaterina Poljakow nur eine Nebenrolle, hinterlässt dort aber schon einen bleibenden Eindruck mit ihrer direkten Art und dem Herz am rechten Fleck. In „Wanka würde Wodka kaufen“ steht sie nun im Mittelpunkt des Geschehens und der Leser erfährt mehr über ihren persönlichen Hintergrund.
Sie wurde in Leningrad geboren als Wanka Nikolajewna Iwanowa, ihr Herz gehört Russland und dem Zirkus. Doch nach einem folgenschweren Zusammentreffen mit der russischen Mafia ist sie gezwungen, im Rahmen eines Zeugenschutzprogrammes nach Deutschland zu ziehen, dort einen neuen Namen anzunehmen und eine Scheinehe einzugehen.
Wanka sieht sich sich mit einer fremden Kultur konfrontiert, deren Regeln und Sprache sie vor einige Herausforderungen stellen, ihr Ehemann Vladimir und seine beiden halbwüchsigen Kinder kümmern sich ebenso wenig um sie wie ihr Betreuer Herr Lehmann. Im Arbeitsleben eckt Wanka mit ihrer direkten und unverblümten Art ebenso schnell an, wie sie ihre Jobs wieder los wird.
Doch nach und nach lernt sie, mit ihrem neuen Umfeld umzugehen, sich in das Herz ihrer neuen Familie zu schleichen und sich mit ihrer neuen Identität als Jekaterina Poljakow anzufreunden.
Wie schon in den Geschichten um Max Leif hat mich auch hier wieder begeistert, wie lebensnah die Autorin ihre Charaktere erschafft, man spürt beim Lesen immer wieder, wie sehr ihr ihre Figuren ganz offensichtlich ans Herz gewachsen sind. Dazu kommt eine ausgewogene Mischung aus humorvollen und traurigen bis tragikomischen Szenen. Ich habe mehrfach lauthals gelacht, mir aber ebenso oft Tränen der Rührung aus den Augen wischen müssen, die Geschichte dabei aber nie als kitschig empfunden. Wanka eröffnet dem Leser eine ganz andere Sicht auf unsere Sitten und Gebräuche, hinter den komisch anmutenden Szenen steckt eine Menge Gesellschaftskritik.
Mich hat dieser neue Roman von Juliane Käppler alias Jule Kaspar rundum begeistert.

Veröffentlicht am 24.07.2019

eine außergewöhnliche Geschichte, bewegend und verstörend zugleich

Harz
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Es wundert mich nicht, dass „Harz“ von Ane Riel in Skandinavien alle Krimipreise abgeräumt hat. Die Geschichte ist ebenso außergewöhnlich wie der eindringliche und zugleich einfühlsame Schreibstil der ...

Es wundert mich nicht, dass „Harz“ von Ane Riel in Skandinavien alle Krimipreise abgeräumt hat. Die Geschichte ist ebenso außergewöhnlich wie der eindringliche und zugleich einfühlsame Schreibstil der Autorin. Es gibt kaum ein Buch, dass mich derart zu Tränen gerührt hat, wie die letzten Kapitel dieses Buchs. Ich habe mich anfangs gefragt, ob ich es nicht eher als Roman einordnen würde, statt als Thriller, doch insbesondere gegen Ende nimmt die Spannung stark zu, die aus der psychologischen Dichte der Ereignisse und Umstände generiert wird.
Im Mittelpunkt steht die sechsjährige Liv, die in vielen Kapiteln aus der Ich-Perspektive die Geschichte schildert. Sie lebt mit ihrem Vater Jens Haarder, Mutter Marie und einigen Tieren auf einem abgeschiedenen Teil einer Insel. Offiziell hat ihr Vater sie seit ihrem sechsten Lebensjahr für tot erklären lassen, da er befürchten musste, die Behörden könnten sie ihm wegnehmen. Die Familie lebt isoliert auf der Insel, einzig Vater Jens hält zunächst noch über seine Geschäfte Kontakt zu Bewohnern der Hauptinsel, zieht sich jedoch zunehmend in sein Refugium zurück. Als Teenager hat Jens den unerwarteten Tod seines Vaters nicht verkraftet, zu dem er eine außergewöhnlich enge Bindung unterhielt. Er hat eine ausgeprägte Verlustangst entwickelt, sammelt unkontrolliert Gegenstände an und versucht tote Lebewesen in Harz zu konservieren wie die in Bernstein eingeschlossene Ameise, die er von seinem Vater geerbt hat.
Insbesondere die Passagen aus der Sicht Livs, die mit kindlicher Naivität ihr Leben schildert, ihr so natürlich wirkendes Vertrauen in das Handeln ihrer Eltern, ist oft ebenso anrührend wie befremdlich und erschütternd. Jens und Marie sind zunehmend vom Alltagsleben überfordert, dennoch versuchen sie beide verzweifelt, ihre Tochter auf das Leben vorzubereiten und sie gleichzeitig vor der Welt draußen abzuschirmen. Liv ist noch zu klein, um die Lebensumstände ihrer Familie in frage zu stellen, auch wenn sie aus Streifzügen in die Hauptinsel und aus Romanen eine andere Wirklichkeit kennen lernt. Es ist verstörend, von den grausamen Handlungen Jens’ zu lesen und gleichzeitig zu wissen, dass er nicht aus Boshaftigkeit handelt, sondern eher Verzweiflung hinter ihnen steckt und in gewisser Weise auch Liebe zu seiner Familie. Liv, deren Name übersetzt „Leben“ bedeutet, ist in ihren jungen Jahren von einer viel zu sehr durch den Tod geprägten Atmosphäre umgeben.
Ane Riel versteht es meisterhaft, die Stimmungen einzufangen, sie wertet nicht direkt, und doch schwingt deutliche Kritik mit an den Bewohnern der Hauptinsel, die zwar ahnen, dass bei Familie Haarder einige seltsame Dinge zugehen und Jens zunehmend verwahrlost, sie erfinden jedoch lieber wilde Geschichten, statt ihre Hilfe anzubieten.
Die Spannung der Geschichte baut sich langsam auf und erreicht gegen Ende ihren Höhepunkt, als Jens’ Besessenheit droht, in einer Katastrophe zu enden.
Mit rund 300 Seiten ist das Buch nicht lang, die Intensität seiner Geschichte macht es jedoch in meinen Augen zu etwas besonderem, ich werde mir die Autorin auf jeden Fall merken.

Veröffentlicht am 23.07.2019

spannendes und wendungsreiches Thrillerdebüt

Opfer
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Der schwedische Journalist und Autor Bo Svernström beweist mit seinem Debüt, das im Juli 2019 unter dem Titel „Opfer“ im Rowohlt-Verlag erschienen ist, dass er vom Schreiben von Thrillern einiges versteht. ...

Der schwedische Journalist und Autor Bo Svernström beweist mit seinem Debüt, das im Juli 2019 unter dem Titel „Opfer“ im Rowohlt-Verlag erschienen ist, dass er vom Schreiben von Thrillern einiges versteht. Die Geschichte ist spannend und wendungsreich mit einem außergewöhnlich psychopathischen Täter.
Dieser Band ist der Auftakt zu einer neuen Reihe, dennoch beginnt er ohne ausschweifende Einleitung oder Vorstellung der Hauptcharaktere direkt mit dem Fund eines grausam gefolterten Mannes in einer Scheune unweit von Stockholm. Aufgrund der Misshandlungen hält die Polizei das Opfer zunächst für tot, muss dann aber mit Entsetzen feststellen, dass der Mann trotz der erlittenen Qualen am Leben ist.
Kommissar Carl Edson und sein Team von der Reichsmordkommission haben kaum mit den Ermittlungen begonnen, als auch die Presse auf den Fall aufmerksam wird. Alexandra Bengtson arbeitet in der Redaktion des Aftonbladet, einer Zeitung, für die der Autor selbst einige Jahre tätig war. Die kriminelle Vergangenheit des Mannes, der bald darauf im Krankenhaus verstirbt, lässt auf einen Racheakt im Drogenmilieu oder aus persönlichem Hintergrund schließen. Während die Ermittler im Dunkeln tappen, tauchen innerhalb kurzer Zeit weitere zum Teil grausam gefolterte Mordopfer auf, die scheinbar wahllos ausgewählt wurden.
Während der erste Teil des Buches aus beobachtender Perspektive erzählt ist und überwiegend den Polizeiermittlungen folgt, folgt der zweite Teil Alexandra Bengtson, die zum Teil im Berichtstil von den Ereignissen erzählt sowie von Erinnerungen aus der Vergangenheit, die dadurch hervorgerufen werden.
Es wird schnell klar, dass vieles nicht so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Unerwartete Wendungen sorgen für Spannung, wer beim Lesen auf Details achtet, kann einige der Zusammenhänge erahnen und wird dennoch die eine oder andere Überraschung erfahren.
Das Buch liest sich flüssig, die Schilderungen der grausamen Morde werden sachlich und nicht zu detailliert geschildert, dennoch ist der Thriller nichts für schwache Nerven. Insbesondere der Mittelteil aus der Sicht Alexandras ist atmosphärisch sehr dicht und wirkt aufgrund der Nähe an der Figur sehr beklemmend.
Während der Hintergrund der Morde und der psychopathische Charakter des Täters ausführlich und glaubhaft ausgearbeitet sind, bleiben die Figuren der Polizisten eher vage. Carl Edson ist wie so viele Kommissare eine eher einsame Figur mit Bindungsschwierigkeiten. Sein Privatleben spielt zumindest am Rande eine Rolle, über seine beiden Kollegen erfährt der Leser noch weniger, insbesondere Simon Jern mit seinen Ermittlungen im Alleingang bleibt sehr undurchsichtig. Hier gibt es für die geplanten weiteren Bände der Reihe noch Potential.
Mir hat der Thriller mit seiner komplexen Geschichte und Atmosphäre gut gefallen, zumal ich während der Lektüre gerade in der Umgebung Stockholms meinen Urlaub verbracht habe. Die Bilder von den Schauplätzen sind umso deutlicher, wenn man beim Lesen ein klares Bild davon hat. Beispielsweise musste ich schmunzeln, als Alexandra auf dem Parkplatz vor einem Einkaufszentrum in Elskilstuna anhält, um sich zu beruhigen und mir klar wurde, dass wir vormittags genau an diesem Einkaufszentrum bummeln waren

Veröffentlicht am 07.07.2019

gelungene Umsetzung in eine märchenhafte Geschichte

Das Labyrinth des Fauns
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Cornelia Funke ist bekannt für ihre zum Teil sehr märchenhaften Geschichten und ihre bildhafte Sprache. In „Das Labyrinth des Fauns“ hat sie zwar keine eigene Welt erschaffen, sondern Guillermo del Toros ...

Cornelia Funke ist bekannt für ihre zum Teil sehr märchenhaften Geschichten und ihre bildhafte Sprache. In „Das Labyrinth des Fauns“ hat sie zwar keine eigene Welt erschaffen, sondern Guillermo del Toros Film „Pans Labyrinth“ in Worte gefasst, dabei hat sie jedoch der Geschichte mit ihrem besonderen Erzähltalent auf einfühlsame Art eine persönliche Note gegeben.
Wer den Film kennt, dem wird die Handlung sehr bekannt vorkommen. Cornelia Funke ist eine Bewunderin des Films und hat den Verlauf im Kern nicht verändert, sondern durch kleine Geschichten um die magischen Figuren herum ergänzt, die der ohnehin märchenhaften Atmosphäre neue Impulse und Tiefe gibt.
Gegen Ende des 2. Weltkriegs zieht die 13-jährige Ofelia in Spanien mit ihrer hochschwangeren Mutter in die Berge zu ihrem Stiefvater, der als Offizier Francos dort mit großer Grausamkeit die Partisanen bekämpft. Ofelia spürt das Böse, das nicht nur von ihrem Stiefvater sondern auch von der alten Mühle auszugehen scheint, in der er sein Hauptquartier aufgeschlagen hat. Während sie bei ihrer Mutter auf Unverständnis stößt, findet sie in Mercedes, einer der Dienerinnen, eine Verbündete. Ablenkung bietet Ofelia ein verwunschenes Labyrinth in der Nähe der Mühle, in der sie auf magische Wesen trifft und vor eine besondere Prüfung gestellt wird.
Trotz des märchenhaften Charakters ist dieses Buch weit davon entfernt, eine Kindergeschichte zu sein. Der spanische Bürgerkrieg mit seinen dramatischen Auswirkungen auf das Leben der Bevölkerung spielt eine zentrale Rolle, drastische und brutale Szenen untermalen die Grausamkeit dieser geschichtlichen Epoche. Die Märchenwelt bildet eine Parallele zur Wirklichkeit, in beiden Welten ist nicht immer auf den ersten Blick offensichtlich, was gut und was böse ist.
Um die bildhafte und fantasievolle Welt des Films herum, hat Cornelia Funke in ergänzenden Geschichten, die als solche in den Kapitelüberschriften deutlich gekennzeichnet sind, die märchenhafte Ebene weiter gesponnen, die Geschichte der Figuren verdeutlicht und auf teils spitzbübische Art weiteres Leben eingehaucht.
Mir hat das Buch inhaltlich und sprachlich sehr gut gefallen, man spürt, dass Cornelia Funke und Guillermo del Toro auf gleicher Wellenlänge liegen. In meinen Augen ist die Umsetzung der Geschichte in Buchform gelungen, es wurde ein modernes Märchen geschaffen mit einer zeitlosen sozialkritischen Botschaft.