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Veröffentlicht am 30.10.2018

Witzig!

Die Känguru-Apokryphen (Die Känguru-Werke 4)
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Als mein Sohn mir vor einigen Wochen von der Ankündigung zu den Känguru-Apokryphen erzählt hat, war ich zunächst skeptisch. Die Känguru-Trilogie hat Kultstatus, einige Aussprüche und Zitate sind in meiner ...

Als mein Sohn mir vor einigen Wochen von der Ankündigung zu den Känguru-Apokryphen erzählt hat, war ich zunächst skeptisch. Die Känguru-Trilogie hat Kultstatus, einige Aussprüche und Zitate sind in meiner Familie quasi Insider, die Spiele „Halt mal kurz“ oder auch „Game of Quotes“ haben schon des öfteren für Kurzweil gesorgt. Und nun ein paar zusätzlich Anekdoten aus der Schublade? Kann das funktionieren? Mir persönlich hatte schon der dritte Band der Känguru-Reihe nicht mehr allzu gut gefallen, er wirkte sehr hergeholt, die Lacher bemüht, es fehlte an Originalität. QualityLand hat dann einen ganz anderen Ansatz gefunden, aber neben der neuen und ebenso spitzfindigen Geschichte einen schönen Bogen geschlagen zum Charakter des Kängurus.
Die Känguru-Apokryphen erwecken schon den Eindruck eines kleinen Schmankerls für Fans, es greift bewährte Motive auf, wie die skurrilen Geschäftsideen des Kängurus, die kleinen Sticheleien und natürlich auch einige spitzfindige Kritik am politischen aber auch gesellschaftlichen System. Wie schon bei den übrigen Büchern gab es einiges, das mich zum Schmunzeln gebracht hat, aber auch Kapitel, die mich in schallendes Gelächter haben ausbrechen lassen. Man muss diese Art des Humors mögen, dann findet man auch mit den Apokryphen gute Unterhaltung. Für Neueinsteiger würde ich das Buch nicht empfehlen, einige der Gags funktionieren nur oder besser, wenn man mit dem Humor und den Geschichten der Känguru-Trilogie vertraut ist.
Mir wurde das ebook als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, die Geschichten lesen sich gut, ihren kompletten Charme entfalten sie aber erst in dem Hörbuch mit den Live-Lesungen des Autors. Marc-Uwe Kling versteht es nicht nur, unterhaltsame und gesellschaftskritische Anekdoten zu schreiben, erst seine pointierten Lesungen und die Stimme, die er dem Känguru gibt, machen den Genuss rund.

Veröffentlicht am 24.10.2018

märchenhafte Erzählung zum Thema Sprache, aber nicht ganz überzeugend

Der Wortschatz
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Elias Vorpahls Debütroman „Der Wortschatz“ bietet einen interessanten Ansatz. Im Mittelpunkt seiner Geschichte steht keine reale Figur sondern ein Wort, dem der Leser in insgesamt elf Kapiteln auf der ...

Elias Vorpahls Debütroman „Der Wortschatz“ bietet einen interessanten Ansatz. Im Mittelpunkt seiner Geschichte steht keine reale Figur sondern ein Wort, dem der Leser in insgesamt elf Kapiteln auf der Suche nach seiner Bedeutung und Bestimmung folgt. Dabei erlebt das Wort einige Abenteuer in der Welt der Worte und gelangt nach und nach zu der Erkenntnis, wie eng die Existenz und Bedeutung der Worte von den Menschen abhängt, die diese schaffen und benutzen. Abgerundet wird der Band durch liebevolle Illustrationen, die bei der Visualisierung helfen.
Das Buch spielt mit der Sprache und der Wandelbarkeit von Worten, man findet wundervolle Wortkombinationen wie „… sagte das Kamel mit sandiger Stimme“. Es erzählt fantastische Geschichten und bedient sich dabei bekannten Motiven aus Klassikern wie Alice im Wunderland und oder auch der unendlichen Geschichte.
Mich hat das Buch zwiegespalten zurückgelassen. Die Idee hinter dem Buch hat mir gut gefallen. Sprache ist aus unserer Welt nicht weg zu denken, Sprache und Kommunikation sind wichtig, Sprache wandelt sich, das Buch weckt das Bewusstsein, Sprache nicht zu verschwenden, nicht zu verunglimpfen, sondern sensibel damit umzugehen. So ist es für die Worte gefährlich, wenn sie von den Menschen hinausgeschrien oder quasi ausgespien werden, während Gesang für sie eine Wohltat ist. Dem Leser wird neben viel Fantasie aber auch großes Abstraktionsvermögen abverlangt. Während mich einige Szenen verzaubert haben wie Wortspiele oder auch der Freund des Wortes mit dem Namen „Zeig“ oder das Paar „Dichter und Denker“, habe ich mich mit anderen Bildern und Figuren schwergetan. Wieso sieht „die alte Weil“ aus wie eine Schildkröte oder „Wortgewandt“ wie eine Echse?
Auch das zehnte Kapitel um Babel habe ich in seiner Darstellung eher befremdlich empfunden, trotz der anrührenden Auflösung zum Ende des Buchs.
Insgesamt zeigt sich, wie schwer es ist, einem Wort menschliche Eigenschaften zu geben und sein Dasein mit menschlichen Maßstäben zu beschreiben und zu erklären. In einigen Passagen zeigt der Autor beeindruckende Fantasie, umso weniger habe ich verstanden, dass er an einigen Stellen bekannte Vorlagen bedient. Ich persönlich habe „Alice im Wunderland“ nie besonders gemocht, so dass mir auch in diesem Band einige Szenen eher verleidet wurden. Nachdem das Buch vielfach hoch gelobt wurde, hatte ich mir mehr versprochen.

Veröffentlicht am 08.10.2018

ein wichtiger Teil deutscher Geschichte wird lebendig

Deutsches Haus
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Eva Bruhns ist Anfang 20, lebt wohl behütet mit ihrer Familie in einer Wohnung über der titelgebenden Gastwirtschaft ihrer Eltern in Frankfurt am Main und steht kurz vor der Verlobung mit dem Unternehmersohn ...

Eva Bruhns ist Anfang 20, lebt wohl behütet mit ihrer Familie in einer Wohnung über der titelgebenden Gastwirtschaft ihrer Eltern in Frankfurt am Main und steht kurz vor der Verlobung mit dem Unternehmersohn Jürgen. Eva zweifelt manchmal, ob der biedere Jürgen wirklich der Richtige für sie ist, aber sie fügt sich den Erwartungen und die Verbindung bietet ihr einen gesellschaftlichen Aufstieg.
Als gelernte Dolmetscherin für Polnisch wird Eva kurzfristig zur Übersetzung einer Zeugenaussage hinzu gerufen. Erst, als sie am nächsten Morgen in den Tageszeitungen über die Ankündigung der bevorstehenden Auschwitz-Prozesse liest, wird ihr klar, womit sie am Vortag konfrontiert wurde. Da sie zuvor nie etwas von Auschwitz gehört hat, sucht sie das Gespräch mit ihren Eltern, doch diese reagieren abweisend und raten ihr ebenso wie ihr Verlobter davon ab, sich für den Prozess engagieren zu lassen. Eva folgt jedoch ihrem Bauchgefühl, will sich nicht bevormunden lassen und nimmt die Stelle als Dolmetscherin an. Im Verlauf des Prozesses, der sich über 20 Monate hinzieht, gibt sie vielen der Zeugen ihre Stimme und wird in eine Geschichte hinein gezogen, die nicht nur ihr Weltbild verändert sondern auch in unerwartetem Maß zu ihrer eigenen Geschichte wird.
„Deutsches Haus“ ist der erste Roman von Annette Hess, die sich bislang als Drehbuchautorin erfolgreicher Fernsehserien einen Namen gemacht hat. Man merkt dem Buch an, dass sie darin geübt ist, Geschichte und Geschichten lebendig werden zu lassen. Die Sprache ist der Zeit der 60er Jahre angepasst, die gesellschaftlichen Zwänge, das bürgerliche Spießbürgertum und das bewusste Verdrängen der eigenen Geschichte werden auf beklemmende Weise präsent. Beim Lesen werden die Figuren vor dem inneren Auge lebendig, die Beschreibungen von Schauplätzen und Charakteren sind zwar oft knapp aber dabei sehr präzise. Insbesondere die Szenen im Gerichtssaal verfügen über eine Intensität, die mich beim Lesen fast die Luft haben anhalten lassen. Die Autorin hält sich mit Wertungen zurück, sie beleuchtet die Ausmaße der Verbrechen und des Prozesses durch die Augen der zunächst unbedarften Eva, der Leser spürt durch sie das Unbehagen das entsteht durch das Bestreben vieler Beteiligter, ihre Schuld oder Mitschuld an den Vorgängen abzustreiten.
Annette Hess hat sich im Vorfeld des Romans intensiv mit dem Verlauf und den Aussagen der Frankfurter Prozesse beschäftigt, anhand des Schicksals Evas und ihrer Familie lässt sie diesen wichtigen Teil der deutschen Geschichte wieder aufleben und stimmt gleichzeitig nachdenklich auch über unseren heutigen Umgang mit aktuellen politischen Entwicklungen.

Veröffentlicht am 02.10.2018

Poesie und Gesellschaftskritik

Gun Love
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In ihrem aktuelle Roman „Gun Love“, beschäftigt sich die US-Amerikanische Autorin Jennifer Clement, die seit einigen Jahren in Mexiko-Stadt lebt, mit den zum Teil erschreckenden gesellschaftlichen Entwicklung ...

In ihrem aktuelle Roman „Gun Love“, beschäftigt sich die US-Amerikanische Autorin Jennifer Clement, die seit einigen Jahren in Mexiko-Stadt lebt, mit den zum Teil erschreckenden gesellschaftlichen Entwicklung Amerikas und dem oft sorglosen Umgang mit Schusswaffen.
Dabei beginnt die Geschichte zunächst eher beschaulich. Sie wird erzählt aus der Sicht der 14-jährigen Pearl, einem zarten Teenagermädchen, das mit ihrer Mutter Margot in Florida in einem Auto am Rande eines Trailerparks lebt. Margot war erst 16 Jahre alt, als sie von ihrem Lehrer schwanger wurde, heimlich und allein ihre Tochter zur Welt gebracht und mit dem Baby in ihrem Mercury zu eben diesem Trailerpark geflohen ist. Aus dem Provisorium wird schnell eine Dauerlösung, sie und Pearl haben es sich in dem Auto gemütlich eingerichtet. Der Mercury bildet eine Art Mikrokosmos als Gegensatz zu der oft bedrohlich wirkenden Umwelt.
Doch dann taucht ein neuer Bewohner im Trailerpark auf, Margot verfällt auf der Stelle Elis Charme, Pearl wird immer häufiger aus dem Mercury verdrängt und muss sich zunehmend mit den Härten der Realität auseinander setzen.
Die sehr poetische und bildhafte Sprache steht oft in krassem Gegensatz zu den Entwicklungen der Geschichte und unterstützt den Schein der Geborgenheit und Normalität, in der Mutter und Tochter anfangs leben. Es ist zum Teil verstörend, in einem Moment von Margots Sensibilität zu lesen und im nächsten von sinnfreien Schießereien auf die Alligatoren im Fluss, davon, wie Pearl unbedarft mit giftigem Quecksilber spielt, das sie auf der nahen Müllkippe gefunden hat, oder von dem allgegenwärtigen Geschmack von Insektenspray, das beide umgibt, und mit dem sie abends die Mücken aus dem Mercury vertreiben.
Das Thema Waffen findet nur schleichend Eingang in den Roman, je mehr Pearl sich aus der Behütung durch ihre Mutter lösen muss, umso präsenter und beherrschender werden sie.
Ich habe mich zunächst schwer getan mit dieser Mischung aus Poesie, die die Gefahr wie Watte zu umhüllen scheint und den Schilderungen der Trostlosigkeit und Chancenlosigkeit, die die Hauptcharaktere umgibt. Je genauer man beim Lesen hinsieht, umso mehr fällt auf, wieviele Details und Hinweise in kleinen Sätzen stecken, wieviel Ironie und Kritik am System.
„In seinem Innern sah meine Mutter elektrische Eisenbahnen, Spielzeugtrucks und Spielzeugwaffen,, und eine Luftpistole, mit der man Vögel töten konnte.“ „Man lernt schnell, dass Träume besser sind als das Leben, sagte meine Mutter.“ „Ich wusste, dass er nicht der starke Mann mit der weißen Fahne war, sondern mit Tesafilm, Heftklammern und Tesa zusammengeflickt.“
Das sind nur ein paar der bemerkenswerten Sätze, die ich mir gemerkt habe, und die den Charme dieses Buches ausmachen. Es gehört für mich zu den Büchern, die es verdient haben, mehr als einmal gelesen zu werden.

Veröffentlicht am 12.09.2018

Eine Fortsetzung, die es in sich hat

Die Bibliothek der flüsternden Schatten - Bücherkönig
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„Bücherkönig“, der zweite Band aus Akram El-Bahays Reihe um die Bibliothek der flüsternden Schatten, entführt den Leser erneut in die fantastischen Welten von Mythia und die in den Tiefen von Paramythia ...

„Bücherkönig“, der zweite Band aus Akram El-Bahays Reihe um die Bibliothek der flüsternden Schatten, entführt den Leser erneut in die fantastischen Welten von Mythia und die in den Tiefen von Paramythia verborgenen Geheimnisse. Die Handlung knüpft nahtlos an die Ereignisse des ersten Bandes an, den man zum Verständnis der Geschichte kennen sollte, um die Ereignisse und Entwicklungen zu verstehen. Während der Band „Bücherstadt“ in großen Teilen eine Einführung in die Besonderheiten der Stadt und ihrer riesigen unterirdischen Bibliothek darstellt, werden in der Fortsetzung einige der Geheimnisse enthüllt und die Charaktere in zum Teil gefährliche Abenteuer verwickelt.
Dieser Band beginnt nach einem kurzen Prolog gleich mit einer spannenden Szene, dennoch kam beim Lesen bei mir schnell die Erinnerung an die Hauptfiguren Samir und Kani zurück wie an einige der fantastischen Wesen, die sie aus Paramythia befreit hatten. Schnell entstanden wieder leuchtende Bilder vor meinem inneren Auge und ich war erneut von der Geschichte in den Bann gezogen. Auch hier begeistert mich wieder Akram El-Bahays Erzählstil, der sich der Szenerie und den unterschiedlichen Charakteren anpasst.
Die Rolle Kanis gewinnt zunehmend an Bedeutung, einige Szenen werden aus ihrer Sichtweise geschildert, die wechselnden Erzählperspektiven generieren zusätzliche Tiefe. Auch die Rollen anderer Figuren wurden ausgebaut und sorgen bei aller Dramatik für Situationen zum Schmunzeln. Insgesamt gefällt es mir an dem Buch gut, dass nach Momenten mit viel Action die Spannung mit ruhigeren Situationen und nachdenklich stimmenden Dialogen etwas heruntergeschraubt wird, auch der Humor kommt nicht zu kurz.
Gegen Ende dieses Bandes entwickelt sich die Geschichte jedoch in eine sehr von Kampfszenen dominierte Richtung, die ich persönlich nicht mag. Die Entscheidungen und Aktionen mögen zwar wichtig sein für den Verlauf der Trilogie, mir als Leser erschienen sie zu überstürzt und nicht passend zu den Charakteren Kanis und Samirs, die eher von Besonnenheit und Rücksichtnahme auf das Leben anderer geprägt war, zumindest nach meinem Eindruck. Samir wirkte im Laufe der Zeit reifer, verantwortungsbewusster, gegen Ende scheinen die Leben einzelner zunehmend bedeutungsloser zu werden, gleichzeitig mit der wachsenden Brutalität verliert die Geschichte ihren märchenhaften Charme. Ich werde mir genau ansehen, was der Klappentext des dritten Bandes verheißt, wenn dieser so weiter geht, wie der zweite Band endet, dann ist das kein Buch mehr für mich. Inzwischen hat mein 16-jähriger Sohn begonnen die Reihe zu lesen, vielleicht ist das eher nach seinem Geschmack.

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