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Veröffentlicht am 01.06.2018

ein düsterer und schonungsloser aber sehr spannender Schwedenkrimi

In den Fängen des Löwen
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Der am 31. 5. Im Tropen- Verlag erschienene Thriller „In den Fängen des Löwen“ ist bereits der 2. Band des Autorenduos Kallentoft/Lutteman um den Stockholmer Ermittler Zack Herry, für mich war es der Einstieg ...

Der am 31. 5. Im Tropen- Verlag erschienene Thriller „In den Fängen des Löwen“ ist bereits der 2. Band des Autorenduos Kallentoft/Lutteman um den Stockholmer Ermittler Zack Herry, für mich war es der Einstieg in die Reihe, aber es wird ganz bestimmt nicht der letzte bleiben.
Das Buch beginnt mit einem spannenden Einstieg, auf dem Schornstein einer stillgelegten Zementfabrik wird durch einen Zufall die Leiche eines brutal ermordeten Jungen aufgefunden. Wenig später wird der Polizei ein Film zugespielt, in dem eben dieser Junge über Wochen in einer Berghöhle in einem Käfig gefangen gehalten wird, während der Entführer im Hintergrund wie ein löwenartiger Schatten um ihn herum schleicht und ihn am Ende außer Sicht der Kamera schleift.
Die Polizei kann zwar den Jungen identifizieren, zunächst Erfolg versprechende Spuren laufen jedoch ins Leere. Kurz darauf taucht ein weiterer Film auf, in dem ein verängstigt wirkender Junge in einer ähnlichen Höhle gefangen ist, diesmal ist im Hintergrund jedoch eine rückwärts laufende Uhr zu sehen. Der Ermittler Zack Herry versteht schnell, dass das Leben des Jungen auf dem Spiel steht, wenn es ihnen nicht gelingt, diese Höhle und den Jungen rechtzeitig zu finden. Dabei hat Zack Herry gerade genug eigene Probleme, er droht den Kampf gegen seine Drogensucht zu verlieren ebenso wie das Vertrauen und die Loyalität seiner Kollegin Deniz.
Der Thriller ist spannend und actionreich aber auch bis an die Grenze gehend brutal. Die Sprache ist einfach aber direkt, die kurzen Kapitel erhöhen das Tempo. Die Gruppe der Ermittler besteht aus interessanten Charakteren, wobei die Figur Zack Herrys sehr anstrengend düster ist. Hier wird das Klischee des des mit persönlichen Problemen kämpfenden Ermittlers auf die Spitze getrieben. Der extrem kalte schwedische Winter verstärkt die düstere Stimmung der Geschichte.
Gut gefallen hat mir die Komplexität des Thrillers und der Bezug zu der Sage um Herkules Kampf mit dem Nemischen Löwen; In Schweden trägt die Serie um Zack Herry sogar den Untertitel „Herkulesserie“.
Der Band kann alleinstehend gelesen werden, ich hatte nicht den Eindruck, etwas nicht zu verstehen, weil ich den Anfang der Reihe nicht kenne. Dennoch habe ich mir den ersten Teil schon bestellt, da mich das Autorenduo mit ihrem fesselnden Thriller überzeugt, dass sie ihr Handwerk verstehen. Ich hoffe sehr, dass auch Teil 3 und 4 zeitnah ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht werden.

Veröffentlicht am 24.05.2018

Ein sprachlich überzeugendes Buch, das zum Nachdenken anregt

Wie man die Zeit anhält
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Mit welcher Frage sich Matt Haig in seinem aktuellen, gerade bei dtv erschienenen Roman beschäftigt steckt schon im Titel „Wie man die Zeit anhält“.
Was bedeutet Zeit für uns? Wieviel Zeit bleibt uns? ...

Mit welcher Frage sich Matt Haig in seinem aktuellen, gerade bei dtv erschienenen Roman beschäftigt steckt schon im Titel „Wie man die Zeit anhält“.
Was bedeutet Zeit für uns? Wieviel Zeit bleibt uns? Viele Menschen leben bewußt und gesund, um ihr Leben zu verlängern, einige träumen sogar von einem ewigen Leben. Aber ist das wirklich so erstrebenswert?
Tom Hazard ist mit der Gabe ausgestattet, sehr viel langsamer zu altern als bei den Menschen üblich. Er wurde Ende des 16.Jahrhunderts geboren und sieht mehr als 400 Jahre später erst aus wie Anfang 40. Doch er zahlt einen hohen Preis für diese Besonderheit, denn dieses lange Leben bezahlt er mit Einsamkeit. Seine große Liebe musste er vor vielen Jahren verlassen, um sie nicht dem Verdacht der Hexerei auszusetzen, eine enge Beziehung zu ihm bedeutet Gefahr für andere Menschen aber auch für Tom selber, so dass alle 8 Jahre Aufenthaltsort und Identität wechselt, bevor anderen auffällt, dass er nicht altert. Als er in unserer heutigen Zeit doch erneut Gefühle für eine Frau entwickelt, zweifelt er an der Entscheidung, immer auf der Flucht zu leben. Kleinigkeiten lassen bei ihm Erinnerungen aufleben, in Rückblenden lässt er den Leser teilhaben an seiner ereignisreichen, von interessanten aber auch niederschmetternden Erlebnissen geprägten Geschichte. Dass er dabei viele berühmte Persönlichkeiten getroffen hat, wirkt manchmal etwas überzogen, passt aber zu seinem Leben. Seine Biographie bleibt lückenhaft, eine detailreichere Ausführung würde aber auch den Rahmen des Buches sprengen. Es gibt amüsante aber auch traurige Episoden, Toms Schwermut und die Tragik seines Schicksals sind gut nachvollziehbar. Die folgende Aussage hat mir unter anderem gut gefallen und mich zum Nachdenken angeregt: „Die Geschichte war - ist - eine Einbahnstraße. Es geht nur in die eine Richtung. Aber man muss nicht immer nach vorne blicken. Manchmal kann man sich umschauen und einfach da, wo man ist, glücklich sein.“
Schon in „Ich und die Menschen“ hat mir die Mischung aus philosophischen Gedanken und tragikomischer Handlung sehr gut gefallen. Der aktuelle Roman verströmt nicht ganz diese Intensität und wirkt etwas weniger Rund, wer sich gerne mit ungewöhnlichen Gedankenansätzen auseinander setzt, wird hier aber gut unterhalten.

Veröffentlicht am 02.05.2018

ein beklemmender Krimi über die Abgründe unserer Gesellschaft

Sommernachtstod
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Anders de la Motte hat in Schweden bereits Preise für seine Krimis eingeheimst, „Sommernachtstod“ war für mich der erste Krimi, den ich von ihm gelesen habe. Mir hat der Erzählstil sehr gut gefallen, die ...

Anders de la Motte hat in Schweden bereits Preise für seine Krimis eingeheimst, „Sommernachtstod“ war für mich der erste Krimi, den ich von ihm gelesen habe. Mir hat der Erzählstil sehr gut gefallen, die Geschichte ist eher ruhig und dennoch fesselnd, sie lebt von den Stimmungen und dem genauen Blick des Autors auf die Menschen und hinter ihre Fassaden.
 An einem Spätsommerabend des Jahres 1983 verschwindet der fünfjährige Billy spurlos aus dem Garten seiner Eltern in einem kleinen Dorf in Schonen, als einzige Spur hinterlässt er einen Schuh im angrenzenden Maisfeld. Obwohl sich das ganze Dorf an der Suche beteiligt, wird keine Spur von Billy gefunden, stattdessen mehren sich Gerüchte und Verdächtigungen. Die polizeilichen Ermittlungen bleiben trotz Hilfe von Außerhalb ergebnislos und werden schließlich eingestellt, Billys Mutter verkraftet den Tod ihres Jüngsten nicht, und auch der Rest der Familie droht an diesem Verlust zu zerbrechen.
20 Jahre später hat Billys Schwester Vera sich in Stockholm eine neue Existenz aufgebaut und leitet eine Gruppentherapie zur Trauerbewältigung. Als sich ein junger Mann der Gruppe anschließt und von seinen Erinnerungen erzählt, brechen alte Wunden bei Vera auf, sie reist in ihr Heimatdorf in der Hoffnung, dem Rätsel um das Verschwinden ihres Bruders doch noch auf den Grund zu kommen und dem Sommer von damals zu entkommen, der nie zu enden scheint.
Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, im Jahr 1983 schildert in erster Linie der Polizist Krister Månsson seine Eindrücke und zunehmende Frustration während der Ermittlungen. Als Zugezogener fällt es ihm nicht leicht, gegen die eingeschworene Dorfgemeinschaft und ihre Vorurteile an zu kommen. In der zweiten Zeitebene 20 Jahre später steht Vera, oder Veronica wie sie sich jetzt nennt, im Mittelpunkt der Ereignisse, mit ihrer erneuten Suche nach der Wahrheit stößt sich im Ort nicht überall auf Zustimmung.
Die Geschichte ist beklemmend und in manchen Punkten erschreckend. Der Autor fängt nicht nur die Gefühle der Hauptcharaktere gut ein, er hat ein Gespür für die Abgründe, die in manchem lauern und für die gefährliche Dynamik, die sich in einer abgeschiedenen Dorfgemeinschaft entwickeln kann. Mich hat das Buch von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt, für Liebhaber von Krimis mit psychologischem Schwerpunkt gebe ich eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 30.04.2018

ein aktuelles Thema, in der Umsetzung zu flach und konstruiert:

Die Geschichte des Wassers
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Nach dem Erfolg ihres Debütromans "Die Geschichte der Bienen" widmet sich Maja Lunde nun in "Die Geschichte des Wassers" einer anderen wichtigen Resource unsere Umwelt. Ich kenne den ersten Band nicht ...

Nach dem Erfolg ihres Debütromans "Die Geschichte der Bienen" widmet sich Maja Lunde nun in "Die Geschichte des Wassers" einer anderen wichtigen Resource unsere Umwelt. Ich kenne den ersten Band nicht und kann mir nach der Lektüre dieses Romans die Begeisterung um ihre Geschichten nicht wirklich erklären. Auch in "Die Geschichte des Wassers" stehen nicht die Umweltaspekte im Vordergrund, sondern Maja Lunde versucht anhand verschiedener Charaktere darzulegen, wie wichtig das Element Wasser für unser Leben ist. Diesmal sind es zwei Handlungsstränge, die zum einen in der Gegenwart spielen, zum anderen in der nahe gelegenen Zukunft im Jahr 2041. In der Gegenwart steht die knapp 70-jährige Signe im Mittelpunkt, die mit ihrem Segelboot, der „Blau“ allein von Norwegen nach Frankreich segelt, um ihrem dort lebenden Jugendfreund Magnus Gletschereis vor die Füße zu kippen, an dessen Handel er beteiligt ist. In Rückblenden erfährt der Leser, dass Signe schon seit ihrer Jugend als Umweltaktivistin aktiv ist, als die Ehe ihrer Eltern an allzu unterschiedlichen Einstellungen zu einem Kraftwerksbau in der norwegischen Heimat zerbrochen ist.
Im zweiten Handlungsstrang haben David und seine kleine Tochter Lou mit der Wasserknappheit in Frankreich zu kämpfen. Nach einem Brand in ihrem Heimatort haben sie auf der Flucht nicht nur eine Hälfte ihrer Familie, Mutter Anna und Baby August, verloren sondern ihre gesamte Existenz. In einem Flüchtlingslager finden sie Unterschlupf, aber auch dort werden die Zustände zunehmenden schwieriger, die Menschen unzufriedener und kampfeslustig. David und Lou finden Ablenkung in einem Segelboot, das sie in einem Vorgarten finden. Signes „Blau“ lässt sie von einem Neuanfang in den „Wasserländern“ träumen.
Das Thema des Buchs ist hochaktuell, schon heute sind die Folgen von Wasserknappheit vielerorts spürbar. Mir ist das Buch jedoch zu flach, die Figuren zu leblos und naiv. Ich kann Signe als Umweltaktivistin nicht ernst nehmen, dafür sind ihre Motive zu eigennützig und engstirnig, zumindest die hier aufgezeigten. In dem in der Zukunft spielenden Teil ist mir die Geschichte zu einseitig, die Autorin schafft ein konstruiertes Szenario, das ihre Zwecke erfüllt, realistisch wirkt es ohne Hintergrundinformationen nicht.
Die Umsetzung des Hörbuchs mit den Sprechern Christiane Blumhoff und Shenja Lacher habe ich als gelungen und angenehm zu hören empfunden.

Veröffentlicht am 24.04.2018

ein mitreißender und beklemmend erzählter Psychothriller um Stalking und häusliche Gewalt

Ich beobachte dich
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Lindsey ist erst 19, als sie in dem nur wenige Jahre älteren Andrew ihre große Liebe findet. Nach nur sechs Monaten heiraten die beiden, wenig später macht ihre Tochter Sophie das Glück komplett. Andrew ...

Lindsey ist erst 19, als sie in dem nur wenige Jahre älteren Andrew ihre große Liebe findet. Nach nur sechs Monaten heiraten die beiden, wenig später macht ihre Tochter Sophie das Glück komplett. Andrew ist charmant, besitzt eine eigene kleine Baufirma und unterstützt Lindseys Familie. Doch wenn die beiden allein sind, zeigt Andrew sein wahres Gesicht. Er ist eifersüchtig, kommt häufig betrunken nach Hause und wird dann Lindsey gegenüber gewalttätig. Als Lindsey ankündigt ihn zu verlassen zu wollen, falls er sich nicht in den Griff bekommt, droht Andrew ihr und schüchtert hat sie ein. Doch Lindsey wagt die Flucht kann mit Sophie entkommen, während Andrew im Gefängnis landet. Elf Jahre lang genießt sie Sicherheit und baut sich mit Sophie ein neues Leben auf, dann wird Andrew entlassen und spürt sie auf.
Durch die Ich-Perspektive schafft die Autorin eine große Nähe zu ihren Hauptpersonen. Im ersten Teil überwiegen Lindseys Eindrücke, ihre zunehmende Verzweiflung wirkt sehr glaubhaft und bedrückend. In Rückblenden wird deutlich, wie sich Andrew geschickt Lindseys Vertrauen erwirbt, um sie dann gezielt von sich abhängig zu machen. Im weiteren Verlauf des Buches erfährt der Leser zunehmend mehr über Sophies Sicht der Dinge, sie verbindet überwiegend positive Erinnerungen an ihren Vater und kann die Ängste ihrer Mutter nicht nachvollziehen.
Über weite Teile gefällt mir die Umsetzung der Geschichte gut, es werden beim Leser immer wieder Zweifel gesät an dem Charakter und der Glaubwürdigkeit Andrews. Aber auch andere Personen im Umkreis von Lindsey und Sophie fangen plötzlich an, sich seltsam zu verhalten, die Autorin streut zu bewußt irre führende Situationen ein. Mir kam in der zweiten Hälfte des Buches zu schnell der Verdacht auf, wo der Roman hinführen würde, so dass mich Ende nicht überraschen konnte. Die Charaktere der Hauptfiguren sind gut und glaubhaft angelegt, die schwierige bis ausweglose Lage der Opfer häuslicher Gewalt werden insbesondere im ersten Teil des Romans sehr realistisch beschrieben, im zweiten Teil war mir die Geschichte zu sehr auf Verwirrung und den Showdown hin konstruiert, um überzeugend zu wirken.