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Veröffentlicht am 18.06.2018

spannendes Thrillerdebüt

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
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Lars Schützs Debüt, das im Juni im Ullstein-Verlag erschienen ist, erzählt auf 384 Seiten eine spannende und temporeiche Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat.
Im Westerwald wird in einem Gehege eines ...

Lars Schützs Debüt, das im Juni im Ullstein-Verlag erschienen ist, erzählt auf 384 Seiten eine spannende und temporeiche Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat.
Im Westerwald wird in einem Gehege eines Wildparks eine grausam zugerichtete Leiche aufgefunden, ein laienhaft eintätowiertes „A“ lässt die Ermittler gleich auf eine gezielte Tat schließen. Nahezu zeitgleich wird wenig entfernt eine weiter Leiche aufgefunden, auch diese mit einer Tätowierung gezeichnet. Diesmal ist es der Buchstabe „B“, offensichtlich treibt hier ein Serienmörder ein perfides Spiel. Jan Grall und Rabea Wyler, Profiler des LKA in Frankfurt, werden zur Unterstützung der schnell eingerufenen SOKO „Alphabetmörder“ hinzugezogen. Für Jan Grall ist es die Rückkehr in die Heimat seiner Jugend, die er einige Jahre zuvor nach einschneidenden Ereignissen fluchtartig verlassen hat, neben der Lösung des Falls hat er mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen. Die Zeit drängt, denn es wird nicht nur eine weitere Leiche mit dem Buchstaben „C“ gefunden, sondern vor Jan Gralls Hotelzimmer wird der Buchstabe „Z“ als drohende Botschaft auf die Wand gemalt.
Der Thriller dreht sich um eine Serie von sehr brutalen Morden, die Schilderungen der Taten sind jedoch moderat gehalten, verzichten auf blutrünstige Details und lassen viel Raum für Kopfkino, was mir positiv aufgefallen ist, da ich seitenweise brutale Schilderungen von Gewalt als abstoßend und unangemessen empfinde. Es gibt wechselnde Spuren, verschiedene Personen verhalten sich verdächtig, heiße Spuren erweisen sich als Finte. Der Leser rätselt mit, die Charakterisierung der Hauptfiguren habe ich als gelungen und nachvollziehbar empfunden, der zunehmende Druck und die zeitweise Frustration wirken fast greifbar. Die psychopathische Figur des Täters kommt allerdings in meinen Augen etwas kurz, seine Beweggründe werden fast ausschließlich von Außen analysiert, Nähe zu den Taten entsteht nur durch Szenen, in denen ein gefangenes Opfer sein Martyrium beschreibt. Die Motivation zu den Taten in diesem Ausmaß habe ich als nicht wirklich plausibel empfunden, die Geschichte ansich ist aber komplex und spannend erzählt. Jan Grall als zentrale Figur ist ein interessanter Charakter, über den man in diesem Band einiges erfährt, er dürfte aber auch in Folgebänden für die eine oder ander Überraschung gut sein. Ich werde den Autor und diese Thrillerreihe im Auge behalten.

Veröffentlicht am 02.06.2018

spannender aber eher knapper Fortsetzungsband zu Teufelskälte

Der einsame Bote
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„Der einsame Bote“ von Gard Sveen ist der insgesamt dritte Band um den norwegischen Ermittler Tommy Bergmann und die direkte Fortsetzung des Krimis „Teufelskälte“. Er wird zwar von den Ullstein Buchverlagen ...

„Der einsame Bote“ von Gard Sveen ist der insgesamt dritte Band um den norwegischen Ermittler Tommy Bergmann und die direkte Fortsetzung des Krimis „Teufelskälte“. Er wird zwar von den Ullstein Buchverlagen beworben als geeignet für Fans und Neueinsteiger, in meinen Augen baut dieser aktuelle Band aber stark auf der Vorgeschichte auf. In „Teufelskälte“ hatte Tommy Bergmann mit grausamen Morden an jungen Mädchen zu tun, deren Serie seit seinem Einstieg bei der Polizei beschäftigt. Am Ende ist der Fall nur scheinbar gelöst, denn es tauchen Hinweise auf, dass der Verdächtige Jon-Olav Farberg nicht wie gedacht ums Leben gekommen ist, sondern erneut ein junges Mädchen gekidnappt hat. Tommy Bergmann steht mit seinen Zweifeln jedoch allein da, seine Kollegen bei der Polizei und die Staatsanwaltschaft wenden sich von ihm ab, ihm droht eine Suspendierung, wenn er seine Ermittlungen nicht einstellt. Doch Tommy sieht eine Chance, dass die 13-jährige Amanda noch lebt, eine Spur zu einer Sekte, die in grausamen Ritualen junge Mädchen opfert, weckt in ihm die Hoffnung, den Fall doch noch lösen und weiter Morde verhindern zu können. Im Alleingang reist Tommy nach Litauen und gerät dort in einige brenzlige Situationen, er zieht lediglich seine Kollegin Susanne Bech ins Vertrauen, die aufgrund von Hinweise zu weiteren Morden zunehmend an Tommys Theorie glaubt.
Im Gegensatz zu den ersten beiden Bänden ist dieser Krimi mit 304 Seiten eher kurz, dies macht sich auch in der Komplexität bemerkbar und trägt zu dem Eindruck bei, lediglich eine Fortsetzung zu sein. Als Fan der Reihe waren mir die Charaktere weitgehend bekannt, trotz kurzer Rückblenden auf die Vorgeschichte dürfte es Neueinsteigern aber schwer fallen, die Anspielungen und Nuancen der Persönlichkeiten zu verstehen. Im Verlauf der Geschichte gibt es jedoch auch hier einige falsche Fährten und unerwartete Entwicklungen ebenso wie einen actionreichen Showdown. Der Fall um die ermordeten Mädchen ist diesmal gelöst, es gibt jedoch auch diesmal einige los Fäden insbesondere um die Hauptfigur Tommy Bergmann, die auf einen weiteren Band hoffen lassen, der hoffentlich an die Qualität der Vorgänger anknüpfen kann.

Veröffentlicht am 24.05.2018

Ein sprachlich überzeugendes Buch, das zum Nachdenken anregt

Wie man die Zeit anhält
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Mit welcher Frage sich Matt Haig in seinem aktuellen, gerade bei dtv erschienenen Roman beschäftigt steckt schon im Titel „Wie man die Zeit anhält“.
Was bedeutet Zeit für uns? Wieviel Zeit bleibt uns? ...

Mit welcher Frage sich Matt Haig in seinem aktuellen, gerade bei dtv erschienenen Roman beschäftigt steckt schon im Titel „Wie man die Zeit anhält“.
Was bedeutet Zeit für uns? Wieviel Zeit bleibt uns? Viele Menschen leben bewußt und gesund, um ihr Leben zu verlängern, einige träumen sogar von einem ewigen Leben. Aber ist das wirklich so erstrebenswert?
Tom Hazard ist mit der Gabe ausgestattet, sehr viel langsamer zu altern als bei den Menschen üblich. Er wurde Ende des 16.Jahrhunderts geboren und sieht mehr als 400 Jahre später erst aus wie Anfang 40. Doch er zahlt einen hohen Preis für diese Besonderheit, denn dieses lange Leben bezahlt er mit Einsamkeit. Seine große Liebe musste er vor vielen Jahren verlassen, um sie nicht dem Verdacht der Hexerei auszusetzen, eine enge Beziehung zu ihm bedeutet Gefahr für andere Menschen aber auch für Tom selber, so dass alle 8 Jahre Aufenthaltsort und Identität wechselt, bevor anderen auffällt, dass er nicht altert. Als er in unserer heutigen Zeit doch erneut Gefühle für eine Frau entwickelt, zweifelt er an der Entscheidung, immer auf der Flucht zu leben. Kleinigkeiten lassen bei ihm Erinnerungen aufleben, in Rückblenden lässt er den Leser teilhaben an seiner ereignisreichen, von interessanten aber auch niederschmetternden Erlebnissen geprägten Geschichte. Dass er dabei viele berühmte Persönlichkeiten getroffen hat, wirkt manchmal etwas überzogen, passt aber zu seinem Leben. Seine Biographie bleibt lückenhaft, eine detailreichere Ausführung würde aber auch den Rahmen des Buches sprengen. Es gibt amüsante aber auch traurige Episoden, Toms Schwermut und die Tragik seines Schicksals sind gut nachvollziehbar. Die folgende Aussage hat mir unter anderem gut gefallen und mich zum Nachdenken angeregt: „Die Geschichte war - ist - eine Einbahnstraße. Es geht nur in die eine Richtung. Aber man muss nicht immer nach vorne blicken. Manchmal kann man sich umschauen und einfach da, wo man ist, glücklich sein.“
Schon in „Ich und die Menschen“ hat mir die Mischung aus philosophischen Gedanken und tragikomischer Handlung sehr gut gefallen. Der aktuelle Roman verströmt nicht ganz diese Intensität und wirkt etwas weniger Rund, wer sich gerne mit ungewöhnlichen Gedankenansätzen auseinander setzt, wird hier aber gut unterhalten.

Veröffentlicht am 02.05.2018

ein beklemmender Krimi über die Abgründe unserer Gesellschaft

Sommernachtstod
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Anders de la Motte hat in Schweden bereits Preise für seine Krimis eingeheimst, „Sommernachtstod“ war für mich der erste Krimi, den ich von ihm gelesen habe. Mir hat der Erzählstil sehr gut gefallen, die ...

Anders de la Motte hat in Schweden bereits Preise für seine Krimis eingeheimst, „Sommernachtstod“ war für mich der erste Krimi, den ich von ihm gelesen habe. Mir hat der Erzählstil sehr gut gefallen, die Geschichte ist eher ruhig und dennoch fesselnd, sie lebt von den Stimmungen und dem genauen Blick des Autors auf die Menschen und hinter ihre Fassaden.
 An einem Spätsommerabend des Jahres 1983 verschwindet der fünfjährige Billy spurlos aus dem Garten seiner Eltern in einem kleinen Dorf in Schonen, als einzige Spur hinterlässt er einen Schuh im angrenzenden Maisfeld. Obwohl sich das ganze Dorf an der Suche beteiligt, wird keine Spur von Billy gefunden, stattdessen mehren sich Gerüchte und Verdächtigungen. Die polizeilichen Ermittlungen bleiben trotz Hilfe von Außerhalb ergebnislos und werden schließlich eingestellt, Billys Mutter verkraftet den Tod ihres Jüngsten nicht, und auch der Rest der Familie droht an diesem Verlust zu zerbrechen.
20 Jahre später hat Billys Schwester Vera sich in Stockholm eine neue Existenz aufgebaut und leitet eine Gruppentherapie zur Trauerbewältigung. Als sich ein junger Mann der Gruppe anschließt und von seinen Erinnerungen erzählt, brechen alte Wunden bei Vera auf, sie reist in ihr Heimatdorf in der Hoffnung, dem Rätsel um das Verschwinden ihres Bruders doch noch auf den Grund zu kommen und dem Sommer von damals zu entkommen, der nie zu enden scheint.
Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, im Jahr 1983 schildert in erster Linie der Polizist Krister Månsson seine Eindrücke und zunehmende Frustration während der Ermittlungen. Als Zugezogener fällt es ihm nicht leicht, gegen die eingeschworene Dorfgemeinschaft und ihre Vorurteile an zu kommen. In der zweiten Zeitebene 20 Jahre später steht Vera, oder Veronica wie sie sich jetzt nennt, im Mittelpunkt der Ereignisse, mit ihrer erneuten Suche nach der Wahrheit stößt sich im Ort nicht überall auf Zustimmung.
Die Geschichte ist beklemmend und in manchen Punkten erschreckend. Der Autor fängt nicht nur die Gefühle der Hauptcharaktere gut ein, er hat ein Gespür für die Abgründe, die in manchem lauern und für die gefährliche Dynamik, die sich in einer abgeschiedenen Dorfgemeinschaft entwickeln kann. Mich hat das Buch von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt, für Liebhaber von Krimis mit psychologischem Schwerpunkt gebe ich eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 24.04.2018

ein mitreißender und beklemmend erzählter Psychothriller um Stalking und häusliche Gewalt

Ich beobachte dich
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Lindsey ist erst 19, als sie in dem nur wenige Jahre älteren Andrew ihre große Liebe findet. Nach nur sechs Monaten heiraten die beiden, wenig später macht ihre Tochter Sophie das Glück komplett. Andrew ...

Lindsey ist erst 19, als sie in dem nur wenige Jahre älteren Andrew ihre große Liebe findet. Nach nur sechs Monaten heiraten die beiden, wenig später macht ihre Tochter Sophie das Glück komplett. Andrew ist charmant, besitzt eine eigene kleine Baufirma und unterstützt Lindseys Familie. Doch wenn die beiden allein sind, zeigt Andrew sein wahres Gesicht. Er ist eifersüchtig, kommt häufig betrunken nach Hause und wird dann Lindsey gegenüber gewalttätig. Als Lindsey ankündigt ihn zu verlassen zu wollen, falls er sich nicht in den Griff bekommt, droht Andrew ihr und schüchtert hat sie ein. Doch Lindsey wagt die Flucht kann mit Sophie entkommen, während Andrew im Gefängnis landet. Elf Jahre lang genießt sie Sicherheit und baut sich mit Sophie ein neues Leben auf, dann wird Andrew entlassen und spürt sie auf.
Durch die Ich-Perspektive schafft die Autorin eine große Nähe zu ihren Hauptpersonen. Im ersten Teil überwiegen Lindseys Eindrücke, ihre zunehmende Verzweiflung wirkt sehr glaubhaft und bedrückend. In Rückblenden wird deutlich, wie sich Andrew geschickt Lindseys Vertrauen erwirbt, um sie dann gezielt von sich abhängig zu machen. Im weiteren Verlauf des Buches erfährt der Leser zunehmend mehr über Sophies Sicht der Dinge, sie verbindet überwiegend positive Erinnerungen an ihren Vater und kann die Ängste ihrer Mutter nicht nachvollziehen.
Über weite Teile gefällt mir die Umsetzung der Geschichte gut, es werden beim Leser immer wieder Zweifel gesät an dem Charakter und der Glaubwürdigkeit Andrews. Aber auch andere Personen im Umkreis von Lindsey und Sophie fangen plötzlich an, sich seltsam zu verhalten, die Autorin streut zu bewußt irre führende Situationen ein. Mir kam in der zweiten Hälfte des Buches zu schnell der Verdacht auf, wo der Roman hinführen würde, so dass mich Ende nicht überraschen konnte. Die Charaktere der Hauptfiguren sind gut und glaubhaft angelegt, die schwierige bis ausweglose Lage der Opfer häuslicher Gewalt werden insbesondere im ersten Teil des Romans sehr realistisch beschrieben, im zweiten Teil war mir die Geschichte zu sehr auf Verwirrung und den Showdown hin konstruiert, um überzeugend zu wirken.