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Veröffentlicht am 13.10.2024

Langatmige Handlung, die Erzählstränge nicht auserzählt und charakterlich oberflächlich bleibt

Das Wohlbefinden
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Leider konnte mich der Roman trotz seines sehr interessanten Settings und einem Aufbau über mehrere Zeitebenen, was ich prinzipiell sehr gern mag, nicht überzeugen. Das hat für mich sprachliche, handlungstechnische ...

Leider konnte mich der Roman trotz seines sehr interessanten Settings und einem Aufbau über mehrere Zeitebenen, was ich prinzipiell sehr gern mag, nicht überzeugen. Das hat für mich sprachliche, handlungstechnische und charakterliche Gründe.

Sprachlich fand ich das Buch eher anspruchsvoll. Die Autorin wechselt den Sprachstil passend zur Zeitebene, sodass mensch in den Kapiteln um 1907-1909 mit einer altertümlichen, steifen Sprache konfrontiert ist. Literarisch halte ich das für sehr geschickt, dadurch aber auch wenig zugänglich. Wer eine anspruchsvolle, atmosphärische Sprache mag, wird hier mehr Freude haben als ich.

Die Heilstätten Beelitz waren mir vor der Lektüre völlig unbekannt und damit ein spannendes Setting. Und obwohl die Handlung zu Beginn auch vor allem dort spielt und ein paar Informationen zur Modernität und zum Behandlungsansatz des Ortes vermittelt werden, verliert sich der Roman im Weiteren zu sehr. Die Heilstätten spielen am Ende eine eher untergeordnete Rolle, was meine Erwartungen enttäuscht hat.

Und auch sonst werden mir viel zu viele Handlungsstränge eröffnet und große Schlüsselmomente angedeutet, denen der Roman am Ende nicht gerecht wird. Phasenweise wird ausschweifend und für mich langatmig erzählt, um eine Spannung zu erzeugen. Das hat manchmal sogar auch funktioniert und ich habe angespannt weitergelesen. Viel zu oft verlor sich die Handlung dann aber einfach und meine Spannung verpuffte. Das Okkultistische war für mich rückblickend viel mehr eine extrem ausgeprägte Religiosität, Anna stellte zunehmend eine Art gottgesandte Heilsbringerin dar, was der vorherigen Charakterzeichnung widersprach. Die vielen gottbezogenen Aussagen waren mir auch schlicht zu viel. Ich kann zwar auch mit Okkultismus nichts anfangen, würde dazu aber unter kritischen Gesichtspunkten trotzdem etwas lesen. Doch auch dieses erwartete Hauptthema verlor sich zunehmend im Buch.

Schließlich habe ich bis zum Schluss keine Beziehung zu den Figuren aufbauen können. Anna und Johanna sowie die Beziehung zwischen den beiden bleiben mir ein Rätsel. Besonders am Ende werden die Charaktere noch einmal ordentlich durcheinandergeworfen, sodass ich gar nicht mehr wusste, wer jetzt eigentlich wie wirklich war. Vanessa hatte als Urenkelin Johannas viel Potenzial, bleibt aber enorm oberflächlich und scheint einzig den Zweck zu erfüllen, Informationen aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu bringen. Da hätte es sicher elegantere Wege gegeben. Auch weitere Nebenfiguren bekommen kurzzeitig viel Raum, um dann im Nichts zu verschwinden.

Ich kann abschließend keine Leseempfehlung aussprechen. Der Roman ist literarisch herausfordernd, für manche Menschen vielleicht auch deshalb sehr ansprechend. Er kommt mit etlichen historischen, literarischen und philosophischen Referenzen daher, die ich oft nicht zuordnen konnte und deshalb zusätzlich wenig Freude hatte. Mit mehr Vorwissen in diesen Bereichen macht das Lesen vielleicht auch noch einmal mehr Spaß. Meine Kritik der vielen offenen Fragen und nicht greifbaren Figuren bleibt dann aber trotzdem noch stehen.

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Veröffentlicht am 24.09.2024

Eine distanzierte Geschichte mit unausgeschöpftem Potenzial

Verlassene Nester
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Ich war als im Osten geborenes Nachwendekind mit bislang wenigen Erzählungen aus meiner Familie neugierig auf das Setting des Romans. Doch mein Wunsch nach einem tieferen Einblick in die Gefühle der Menschen ...

Ich war als im Osten geborenes Nachwendekind mit bislang wenigen Erzählungen aus meiner Familie neugierig auf das Setting des Romans. Doch mein Wunsch nach einem tieferen Einblick in die Gefühle der Menschen in den Jahre nach der Wende konnte leider nicht erfüllt werden.

Was der Autorin gut gelungen ist, ist eine greifbare Darstellung der trostlosen, in gewisser Hinsicht hoffnungslosen Atmosphäre. Ich habe vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben realisiert, dass die Wende viel zu wenig eine Kompromisssuche zwischen den beiden Staaten war und dass es eine solche hätte sein müssen, um wirklich ein geeintes Land herauszubekommen. Durch die Lektüre habe ich Lust bekommen, das Gespräch mit ehemaligen DDR-Bürger*innen zu suchen und das ist eindeutig ein Pluspunkt.

Doch es gibt für mich an dem Roman leider zu viel, das mir nicht gefallen hat, weshalb ich ihn nicht so gut bewerten kann. Das trostlose Setting zermürbt nach einer Weile doch recht stark und damit hätte ich vielleicht sogar leben können, wenn ich wenigstens eine emotionale Bindung zu den Figuren hätte aufbauen können. Doch die metaphorische Schreibweise kam mir bis auf wenige Abschnitte ziemlich distanziert vor und es waren für mich auch schlicht zu viele Figuren. Deshalb konnte ich keine so wirklich greifen, die Lektüre blieb eher oberflächlich und zog sich.

Manche Passagen gefielen mir zwar gut, doch insgesamt lässt mich das Buch eher unzufrieden zurück und wird nicht lange in mir nachhallen. Dafür wurden mir auch zu viele Handlungsstränge offen bzw. fallen gelassen und ich hatte den Eindruck, dass sich die Autorin bei all den angesprochenen Themen ein wenig verzettelt hat. Und dabei waren sie doch so wichtig, etwa die Vermittlung des stärker werdenden Rassismus innerhalb der Gesellschaft oder die ersten (queeren) Beziehungen in der Jugend. Für das Verständnis der Zwischentöne war zum Teil recht viel Vorwissen vonnöten, was das Lesen zusätzlich erschwert hat. Zudem fand ich, dass die auf dem Klappentext angekündigte Geschichte rund um das Verschwinden von Pillys Mutter einen Hauptfokus vermittelt, dem nicht entsprochen wird.

Dementsprechend kann ich hier im Vergleich zu anderen Büchern nicht aufrunden und auch keine Leseempfehlung aussprechen.

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Veröffentlicht am 25.07.2024

Gut geschriebene Geschichte, aber die Protagonistin hat mich leider einfach nur deprimiert

Was glänzt, verschwindet mit uns
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Ich bin voller Erwartungen in diesen Roman gegangen und er hat sich zu Beginn auch vielversprechend gelesen. Dann aber fand ich die Hauptfigur so unfassbar deprimierend und wenig nachvollziehbar, dass ...

Ich bin voller Erwartungen in diesen Roman gegangen und er hat sich zu Beginn auch vielversprechend gelesen. Dann aber fand ich die Hauptfigur so unfassbar deprimierend und wenig nachvollziehbar, dass ich mich eher geärgert habe.

Nola ist Psychotherapeutin und kommt mit dem Tod ihrer älteren Schwester nicht gut zurecht. Sie flüchtet sich in ihre Arbeit, verleugnet die Realität, entwickelt eine regelrechte Obsession für einen ihrer Patienten (den sie schon zu Schulzeiten kannte und gut fand) und befindet sich zunehmend in einem hochgradig depressiven Zustand, den ich persönlich schwer auszuhalten fand. Ihre Partnerschaft erscheint auch einfach grundlegend furchtbar, distanziert und unnötig, ich konnte sie null nachvollziehen. Besonders über ihre Rolle als Therapeutin habe ich mich sehr geärgert, weil sie meiner Meinung nach komplett unverantwortlich mit ihren Patient*innen umgeht und sich im Verlauf der Handlung auf kontrollierende und manipulative Art in deren Leben einmischt. Auch die Katze ihrer Schwester, um die sie sich kümmern wollte, vernachlässigt sie auf die verheerendste Art und Weise.

Der Roman ist sehr zugänglich und leicht lesbar geschrieben, ich habe mich auch nicht großartig gelangweilt. Doch für mich persönlich war Nola als Hauptfigur einfach zu problematisch, zu selbstbemitleidend, zu übergriffig. Ein Trauerprozess ist natürlich extrem individuell, aber ich komme mit derartigen Charakteren, die sich auch völlig von anderen isolieren, einfach nicht zurecht. Und über meinen Ärger hinaus konnte ich mich leider auch nicht in die Protagonistin einfühlen und entsprechend kein Mitgefühl für sie aufbringen. Dennoch finde ich, dass der psychische Extremzustand authentisch beschrieben wurde.

Menschen, die genau solche schwierigen Figuren mögen und sich gerne von ihnen herausfordern lassen, könnten in diesem Buch etwas sehr Passendes finden, denn literarisch finde ich es durchaus gut. Und sicherlich ist es auch hilfreich mit einer mutmaßlich schwer depressiven Hauptfigur umgehen zu können. Mich hat der Roman leider sehr runtergezogen und er wird mir damit vermutlich auch nicht im Gedächtnis bleiben.

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Veröffentlicht am 05.07.2024

Klassische Romance ohne große Überraschungen und mit einigen Klischees, aber gutem Lesefluss

Weil ich an dich glaube – Great and Precious Things
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Da ich Fourth Wing und Iron Flame vor diesem Buch gelesen habe, „Weil ich an dich glaube“ ja aber im Original davor rauskam, wundert mich mein Eindruck nicht, dass hier einige Tropes weniger gut bereits ...

Da ich Fourth Wing und Iron Flame vor diesem Buch gelesen habe, „Weil ich an dich glaube“ ja aber im Original davor rauskam, wundert mich mein Eindruck nicht, dass hier einige Tropes weniger gut bereits verwendet wurden. Bad Guy trifft Good Girl, mit der er früher eng befreundet war und sich dann von ihr abwendete, weil er sie nicht „haben“ konnte. Ich persönlich bin einfach wirklich keine Freundin dieses Tropes. Auch spricht sich Cam in einem Konflikt mit Willows Vater gegen Besitzansprüche aus und dafür, dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen sollte. Dabei spricht er wiederholt davon, dass sie nun „seine“ ist und spricht ihr zumindest am Anfang wiederholt ab, selbst entscheiden zu können, ob sie eine Beziehung mit ihm eingehen möchte oder nicht. Ich muss wirklich sagen, dass ich diesen Handlungsstrang ziemlich platt fand. Und dabei geht es mir nicht darum, dass das Ende vorhersehbar ist. Das ist bei dem Genre völlig in Ordnung. Aber es wirkte eben wie eine x-te Fassung der immer gleichen Erzählung vom bösen Jungen, der „sein Mädchen“ vor einfach allem beschützen möchte. Mir ist bewusst, dass das in der Empyrean-Reihe nicht anders ist. Wahrscheinlich hat für mich der Fantasy-Aspekt den Unterschied gemacht.

Was ich wiederum sehr mochte, war die Thematisierung von Alzheimer und dem Recht auf körperliche Selbstbestimmung in Bezug auf lebenserhaltende Maßnahmen. Das hat mich deutlich mehr emotional gebunden und besonders den Gerichtsprozess fand ich unheimlich fesselnd geschrieben. Im Laufe der Handlung wurden mir die Charakteristika und Selbstvorwürfe der Figuren wiederum echt ein wenig zu penetrant wiederholt. Die ganzen Enthüllungen am Ende kamen mir zudem überstürzt vor und schienen nur der Besserstellung eines Charakters zu dienen. Hätte ich persönlich nicht gebraucht.

Ich habe das Buch gut und flüssig lesen können, es haben mir jedoch einfach Besonderheiten gefehlt und da gibt es für mich bessere Bücher des Genres.

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Veröffentlicht am 05.07.2024

Klassische Romance ohne große Überraschungen und mit einigen Klischees, aber gutem Lesefluss

Weil ich an dich glaube – Great and Precious Things
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Zum Hörbuch: Für mich waren beide Stimmen sehr angenehm, Martin Krah hat aber lebensnaher gesprochen. Bei Lisa Cardinale wirkten Extremsituationen oft zu aufgesetzt. Mir ist an einigen Stellen bei beiden ...

Zum Hörbuch: Für mich waren beide Stimmen sehr angenehm, Martin Krah hat aber lebensnaher gesprochen. Bei Lisa Cardinale wirkten Extremsituationen oft zu aufgesetzt. Mir ist an einigen Stellen bei beiden allerdings auch aufgefallen, dass der Text eine bestimmte Leseweise vorgab, die dann aber so nicht umgesetzt wurde - z. B. wenn Rose ein Wort extra langsam ausspricht. Soundeffekte gab es keine, die ich bewerten könnte. Durch die Abwechslung der beiden Stimmen waren die Übergänge immer ganz klar und so war mir immer bewusst, wessen Perspektive gerade dran ist. Ich habe also ein paar Kritikpunkte, konnte im Großen und Ganzen aber trotzdem gut zuhören.

Zum Buch selbst: Da ich Fourth Wing und Iron Flame vor diesem Buch gelesen habe, „Weil ich an dich glaube“ ja aber im Original davor rauskam, wundert mich mein Eindruck nicht, dass hier einige Tropes weniger gut bereits verwendet wurden. Bad Guy trifft Good Girl, mit der er früher eng befreundet war und sich dann von ihr abwendete, weil er sie nicht „haben“ konnte. Ich persönlich bin einfach wirklich keine Freundin dieses Tropes. Auch spricht sich Cam in einem Konflikt mit Willows Vater gegen Besitzansprüche aus und dafür, dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen sollte. Dabei spricht er wiederholt davon, dass sie nun „seine“ ist und spricht ihr zumindest am Anfang wiederholt ab, selbst entscheiden zu können, ob sie eine Beziehung mit ihm eingehen möchte oder nicht. Ich muss wirklich sagen, dass ich diesen Handlungsstrang ziemlich platt fand. Und dabei geht es mir nicht darum, dass das Ende vorhersehbar ist. Das ist bei dem Genre völlig in Ordnung. Aber es wirkte eben wie eine x-te Fassung der immer gleichen Erzählung vom bösen Jungen, der „sein Mädchen“ vor einfach allem beschützen möchte. Mir ist bewusst, dass das in der Empyrean-Reihe nicht anders ist. Wahrscheinlich hat für mich der Fantasy-Aspekt den Unterschied gemacht.

Was ich wiederum sehr mochte, war die Thematisierung von Alzheimer und dem Recht auf körperliche Selbstbestimmung in Bezug auf lebenserhaltende Maßnahmen. Das hat mich deutlich mehr emotional gebunden und besonders den Gerichtsprozess fand ich unheimlich fesselnd geschrieben. Im Laufe der Handlung wurden mir die Charakteristika und Selbstvorwürfe der Figuren wiederum echt ein wenig zu penetrant wiederholt. Die ganzen Enthüllungen am Ende kamen mir zudem überstürzt vor und schienen nur der Besserstellung eines Charakters zu dienen. Hätte ich persönlich nicht gebraucht.

Ich habe das Buch gut und flüssig lesen können, es haben mir jedoch einfach Besonderheiten gefehlt und da gibt es für mich bessere Bücher des Genres.

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