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Veröffentlicht am 28.10.2024

Toll illustriertes Einstiegswerk, das noch ausführlicher hätte sein können

Smash the Patriarchy
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Thematisch und auch vom Humor her hat mich diese Graphic Novel an die von Liv Strömquist erinnert (natürlich 😅). Sie ist wirklich unglaublich schön illustriert und von einem zugänglichen Ton geprägt.

Einordnen ...

Thematisch und auch vom Humor her hat mich diese Graphic Novel an die von Liv Strömquist erinnert (natürlich 😅). Sie ist wirklich unglaublich schön illustriert und von einem zugänglichen Ton geprägt.

Einordnen würde ich sie eher als feministisches Einstiegswerk und ich hatte mir vom Untertitel ein wenig mehr Widerstandsgeschichten sowie Tiefe erhofft. Es werden allerdings nach einem kurzen geschichtlichen Abriss rund um Misogynie und Patriarchat (der mich sehr wütend gemacht hat - was bilden sich Männer eigentlich ein?! 🤬) eher Anekdoten von einzelnen widerständigen Frauen erzählt. Das finde ich auch nicht grundsätzlich schlecht, meine Erwartung war nur eine andere.

Für Menschen mit feministischer Vorprägung wird nicht viel grundlegend Neues dabei sein, ich fand das Buch aber trotzdem interessant - denn viele der Anekdoten waren mir noch nicht bekannt. Ein wenig mehr zu allgemeinen Widerstandsbewegungen hätte ich toll gefunden und in dem Zuge auch eine noch internationalere Sicht auf die sogenannten Wellen des Feminismus, die in ihrer Sichtbarkeit ja vor allem vom Globalen Norden dominiert werden. Die im Buch dargestellten Figuren waren aber nicht alle weiß und/oder cis, das fand ich sehr wichtig.

Eine kurzweilige Graphic Novel, die wütend macht, aber auch humoristische Elemente in sich trägt und die ein Anstoß für weiterführende Lektüre sein kann.

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Veröffentlicht am 14.10.2024

Keine großen Überraschungen, dafür spicy wie versprochen

Dirty Diana: Das Erwachen
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Zum Hörbuch: Nora Schulte hat eine sehr angenehme Stimme mit guter Varianz für die einzelnen Charaktere. Standardgeschwindigkeit ist mir immer viel zu langsam, weshalb ich auf doppelter Geschwindigkeit ...

Zum Hörbuch: Nora Schulte hat eine sehr angenehme Stimme mit guter Varianz für die einzelnen Charaktere. Standardgeschwindigkeit ist mir immer viel zu langsam, weshalb ich auf doppelter Geschwindigkeit gehört habe. Besonders gut fand ich die Kapitelübergänge und Zeit-/Ortseinordnungen, die immer sehr klar transportiert wurden.

Zum Buch selbst: Ich habe von diesem Roman genau das bekommen, was ich erwartet habe. Die Geschichte lässt sich unglaublich flüssig lesen, ist kurzweilig und vor allem sehr spicy. 🔥

Diana fand ich besonders in Bezug auf ihre Kunst eine spannende Figur. Die vielen Ausschnitte aus den Interviews mit anderen Frauen waren wirklich toll. So schafft es das Buch meiner Meinung nach gut, Begehren als unabhängig von 6ualität und Alter darzustellen, wodurch sich sicher viele Lesende gut aufgehoben fühlen können.

Dass mit Oliver eine sympathische, nette Männerfigur mit eigenen Unsicherheiten geschaffen wurde, lobe ich auch. Zwischendrin gab es für mich ein paar Momente, wo er aus seinem Charakter gefallen ist. Diese Ambivalenz, die ich prinzipiell gut finde, hätte noch ein wenig eleganter geschrieben werden können. Gestört hat mich zudem eine bestimmte Frauenfigur, die sich nach anfänglicher Sympathie dann leider doch in ein recht plattes Klischee des „weiblichen Konkurrenzverhaltens“ verwandelte. Das hätte es für mich in einem modernen Roman nicht gebraucht.

Spice ist ein zentrales Thema des Buches und wer das mag, wird hier nicht enttäuscht. Für meinen Geschmack hätte es noch vielfältiger sein können, was die dargestellten 6ualitäten angeht und auch abgesehen davon fand ich die entsprechenden Szenen am Ende ein wenig repetitiv. Doch insgesamt fand ich den Roman extrem kurzweilig und ansprechend. Der Cliffhanger am Ende ist unfassbar gemein, aber natürlich klug gesetzt. Ich bin deshalb sehr gespannt, wie die Serie weitergeht und empfehle sie für ein unterhaltsames Lesevergnügen ohne große Überraschungen, aber trotzdem mit Spannung.

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Veröffentlicht am 01.10.2024

Erschütternd, anspruchsvoll und so wichtig

Das Comeback
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Ein #MeToo-Buch, das sprachlich leicht zu lesen und inhaltlich schwer zu verdauen ist.

Grace ist ein mittlerweile erwachsener Kinderstar in Hollywood. Kurz vor einer Preisverleihung verschwindet sie und ...

Ein #MeToo-Buch, das sprachlich leicht zu lesen und inhaltlich schwer zu verdauen ist.

Grace ist ein mittlerweile erwachsener Kinderstar in Hollywood. Kurz vor einer Preisverleihung verschwindet sie und kommt bei ihren Eltern unter. Nach einem Jahr geht sie zurück nach L.A. und konfrontiert sich mit ihrer Vergangenheit.

Die Protagonistin ist nicht unbedingt sympathisch, trifft schlechte Entscheidungen, schlägt Hilfe aus und ist abweisend oder sogar manipulativ ihrem Umfeld gegenüber. Das fordert uns als Leser*innen natürlich heraus und genau das soll es auch: Empfinden wir Mitgefühl mit allen Überlebenden von Missbrauch oder unterscheiden wir in Abhängigkeit davon, wie „gut“ das Opfer ist?

Ich fand genau das zwar manchmal auch anstrengend, weil ich Grace emotional nicht so oft greifen konnte. Aber grundsätzlich liebe ich diese Wahl der Autorin, denn unser Mitgefühl darf sich vom Charakter des Opfers nicht beeinflussen lassen. Sprachlich ist das Buch zugänglich gehalten, ich fand jedoch auch, dass es im ersten Drittel ein paar Längen hatte. Vielleicht war das aber auch den Rückblenden und dem allgemeinen Kennenlernen der komplexen Hauptfigur geschuldet. Ab der Hälfte zieht das Tempo des Buches merklich an.

Das Thema des Romans hat nichts an Wichtigkeit verloren und ist keine leichte Kost. Obwohl die Missbrauchsszenen eher sporadisch erzählt werden, war meine Stimmung vor allem gedrückt. Die Autorin begann mit dem Schreiben vor der Aufdeckung des strukturellen Missbrauchs in Hollywood. Sie entschied sich, die Handlung des kompletten Romans im Davor zu belassen. Deshalb sieht sich Grace nicht nur mit ihrem Trauma, sondern auch mit einem fehlenden gesellschaftlichen Rückhalt konfrontiert. Das ist mehr als bitter, doch trotz aller Schwere hat das Buch seine starken Elemente, weshalb ich ihm viele Lesenden wünsche!

Lest dieses Buch, wenn ihr euch für komplexe Figuren, die Machtdynamiken an Filmsets und ganz allgemein für die Mechanismen hinter einem Karriereaufbau interessiert.

Und für immer und konsequent: Glaubt Überlebenden! 🤍

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Triggerwarnungen:
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emotionaler und 6ueller Missbrauch, Machtmissbrauch, Drogenmissbrauch, versuchter Suizid, Mobbing, Unfall

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Veröffentlicht am 23.09.2024

Zwischen Obsession und Abhängigkeit mit heftigem Pageturner

Mein Mann
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Zum Hörbuch: Stefanie Wittgenstein hat hier einer so unsympathischen Figur wirklich tadellos ein Profil verliehen. Ich habe dieses Hörbuch mit 1,75-facher Geschwindigkeit gehört und hatte damit ein ganz ...

Zum Hörbuch: Stefanie Wittgenstein hat hier einer so unsympathischen Figur wirklich tadellos ein Profil verliehen. Ich habe dieses Hörbuch mit 1,75-facher Geschwindigkeit gehört und hatte damit ein ganz tolles Hörerlebnis. Sie hat es sogar geschafft, dass ich phasenweise Mitgefühl für die Frau aufbringen konnte. In jedem Fall hörte sich „Mein Mann“ dank der Sprecherin wie ein Rausch. Ein i-Tüpfelchen wäre es noch gewesen, wenn das letzte Kapitel von einem Mann gesprochen worden wäre, da so der Schockmoment noch größer ist. Doch auch so war das für mich ein heftiger Plot-Twist. 😲

Zum Buch selbst: Ich denke, für dieses Buch muss mensch in Stimmung sein und darf auch kein Problem haben, im Kopf einer Figur zu sitzen, deren Gedanken so oft absolut absurd erscheinen. Wenn mensch sich aber in die Geschichte hineinziehen lässt, entwickelt das Werk einen Sog, der irgendwie berauscht.

Die namenlose Frau erzählt von ihrer Obsession, aber auch von ihrer Abhängigkeit, von ihrem Mann, der ebenso namenlos bleibt. Auf repetitive Art und Weise analysiert sie jede noch so kleine Handlung des Ehemannes, hinterfragt seine Liebe und verliert sich in gedanklichen Katastrophenszenarien. Und so übertrieben sie oft auch scheint, konnte ich mich doch trotzdem manchmal in sie einfühlen. Ihre Unsicherheit ist fundamental und phasenweise durchaus nachvollziehbar, die daraus folgenden Taten allerdings weniger. Doch Maud Ventura schaffte es regelmäßig, mich mit einem neuen Gedanken der Frau wieder zurückzuholen. Die idolisiert ihren Mann nämlich einerseits, lässt andererseits aber immer wieder blicken, dass er Einiges an Paternalismus und abstoßender Selbstverständlichkeit zu bieten hat.

Und so schwankte ich im Laufe der Handlung zwischen Fassungslosigkeit, Unverständnis, Wut und Mitgefühl. Ich fand die Hauptfigur auf abschreckende Art faszinierend und konnte nicht mehr aufhören. Vor allem auch deshalb, weil ich zuvor schon von dem krassen Pageturner am Ende gelesen habe. Und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage: Der wird alles zuvor Gedachte komplett erschüttern! 😲🤯

Wenn euch ungewöhnliche Charaktere nicht abschrecken und ihr in einen solchen abtauchen wollt, empfehle ich „Mein Mann“ ganz deutlich. Es ist schon ziemlich abgefahren und muss zur Stimmung passen, daher ziehe ich einen Stern ab. Für das, was es sein soll, finde ich es aber wirklich großartig umgesetzt!

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Veröffentlicht am 10.09.2024

Ein atemraubender, psychisch herausfordernder Roman

Kleine Monster
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[TW: Kindstod, Gewalt gegen Kinder, Tierquälerei (kurz)]


„Kleine Monster“ fordert seine Leser*innen. Er erwartet von ihnen, dass sie Leerstellen und extrem ambivalente Charaktere aushalten können.

Der ...

[TW: Kindstod, Gewalt gegen Kinder, Tierquälerei (kurz)]


„Kleine Monster“ fordert seine Leser*innen. Er erwartet von ihnen, dass sie Leerstellen und extrem ambivalente Charaktere aushalten können.

Der Roman beginnt mit einem Aufhänger, der fairerweise auch nur genau das ist: ein Aufhänger für ein viel tieferliegendes Problem. Am Anfang steht ein Vorfall an der Schule, in den der siebenjährige Luca verwickelt ist. Was genau hat er getan und warum? Seine Mutter Pia möchte es herausfinden und beginnt, das Vertrauen zwischen ihr und ihrem Sohn sowie ihr Kind selbst zunehmend infrage zu stellen. Im Laufe der Handlung taucht die Autorin in ganz kurzen Kapiteln, die stets aus der Sicht von Pia erzählt werden, immer mehr in die Hintergrundgeschichte der Protagonistin ein. Diese ist geprägt von dem furchtbaren Verlust der kleinen Schwester, dem mangelnden Umgang der Eltern mit diesem und einer großen Schuldfrage. Hat Adoptivschwester Romi etwas mit dem Tod zu tun? Inwieweit täuschen die Erinnerungen an ihre Kindheit? Und an welchen Stellen geht es gar nicht um Lucas Verhalten, sondern um Romi?

Jessica Lind spielt in einem extremen Ausmaß mit Leerstellen und Subtext. Auf halbem Wege war ich mir unsicher, ob es mir zu viel Ungesagtes ist. Das letzte Drittel war dann aber wie ein Rausch und mir persönlich hat Pias Entwicklung hier sehr gut gefallen. Sie befindet sich in einem dauerhaften Spannungsfeld zwischen ihrem eigenen unbearbeiteten transgenerationalen Trauma und gesellschaftlichen Erwartungen an Eltern- bzw. konkret Mutterschaft.

Die Vorfälle werden nicht bis ins letzte Detail geklärt und waren für mich doch abgeschlossen. Wahrscheinlich kommt es darauf an, inwieweit mensch den Figuren am Ende Glauben schenkt. Pia zeigt an einigen Stellen ein teilweise gewaltvolles, übergriffiges Verhalten ihrem Sohn gegenüber. Das ist wirklich hart, wird aber auch nicht beschönigt. Ich finde es so erschreckend wie spannend, dass Traumata generationsübergreifend so weitergegeben werden können und habe Pia gern zu Beginn ihrer Aufarbeitung begleitet.

Der Roman ist voller Tempo und hat teils thrillerhafte Züge, die mich mit angehaltenem Atem haben lesen lassen. Ein Buch, das sich gut in einem Zug lesen lässt, welches Aufmerksamkeit fordert und für mich im Ganzen herausfordernd war, aber trotzdem rund.

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