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Veröffentlicht am 05.11.2020

Magie, Vampire und ein Privatdetektiv

Der letzte Held von Sunder City
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Was passiert mit den magischen Wesen, wenn ihre Welt die Magie verliert? Das ist hier die zentrale Frage und die Antwort ist ganz einfach: Sie sterben, nicht sofort aber doch irgendwann. Sie verlieren ...

Was passiert mit den magischen Wesen, wenn ihre Welt die Magie verliert? Das ist hier die zentrale Frage und die Antwort ist ganz einfach: Sie sterben, nicht sofort aber doch irgendwann. Sie verlieren all ihre Macht und werden zu gewöhnlichen, oft missgestalteten Wesen. In dieser Zeit verschwindet der 400 Jahre alte Vampir Professor Rye, der an einer Schule für ehemals magische Wesen unterrichtete. Niemand weiß was passiert ist und so wird der Privatdetektiv Fetch Phillips engagiert ihn zu suchen.

Ein ziemlich interessantes Grundsetting, das den Leser hier erwartet. Hinter allem steckt natürlich der ewige Kamp von Magisch-Begabten und -Unbegabten. Letztere sind neidisch auf erstere und versuchen mit allen Mitteln, die Lücke zu füllen und gehen dafür über Leichen, im wahrsten Sinne des Wortes. Luke Arnold hat einen recht rasanten Schreibstil, der Leser wird mitten hinein geworfen in diese Welt in der die Magie verloren ging. Doch man findet sich ziemlich schnell zurecht und kann mit Fetch auf die Jagd nach dem Verborgenen gehen. Dabei entdeckt man allerhand Informationen und merkt schnell, dass nicht alles ist wie es scheint und dass vielleicht viel mehr hinter diesem einfachen Fall steckt als zunächst geahnt. Schön finde ich auhc, dass wir hier mit Fetch nicht den typischen Superhelden präsentiert bekomen. Vielmehr ist er eine Art Antiheld, der sich in der Vergangenheit zu sehr von seinen Gefühlen leiten lies, der aber dennoch ein gutes Herz hat und der seine Taten täglich bereut. Es zeigt, dass nicht jeder nur gut sein kann und auch nicht sein muss und dass man das Vergangene manchmal einfach hinter sich lassen muss um so aus seinen Fehlern zu lernen und sie in ZUkunft vermeiden zu können.

Obwohl alles oft Schlag auf Schlag geht hatte ich nie das Gefühl, dass es zu schnell geht. Dennoch bleiben dabei die ein oder andere Möglichkeit zur Charaktervertiefung etwas auf der Strecke, deswegen hier ein Stern Abzug. Die einzelnen Figuren haben durchaus alle ihre Besonderheiten und Eigenheiten aber waren dabei doch oft nicht richtig greifbar.

Das ist aber auch mehr oder wneiger der einzige Kritikpunkt. Man sollte hier natürlich keine tiefschürfende Abhandlung über die menschliche Psyche erwarten, aber das tut denke ich auch niemand. "Der letzte Held von Sunder City" ist eine sehr kurzweilige Jagd nach einem Vampir, mit allerhand versteckten Hinweisen und einem Antihelden, der doch nur das Gute will. Macht mich neugierig auf Band 2.

Veröffentlicht am 01.10.2020

weiß oder schwarz?

Die verschwindende Hälfte
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Desiree und Stella sind Zwillingsschwestern. Sie wachsen in den 60ern in Mallard, Louisiana auf, einem kleinen Ort der nirgends verzeichnet ist. Die Bewohner sind stolz auf ihre Herkunft aber v.a. darauf, ...

Desiree und Stella sind Zwillingsschwestern. Sie wachsen in den 60ern in Mallard, Louisiana auf, einem kleinen Ort der nirgends verzeichnet ist. Die Bewohner sind stolz auf ihre Herkunft aber v.a. darauf, dass sie von Generation zu Generation hellhäutiger werden. Für Stella ist klar, dort will sie nicht bleiben, sie fühlt sich eingesperrt und auch Desiree strebt nach mehr, sie will aufs College und nicht mit ihrer Mutter zusammen bei reichen Weißen putzen gehen. Also machen sich die beiden nachts auf die Flucht nach New Orleans um dort neu anzufangen. Doch ihre Wege trennen sich. Während Desiree ein Leben als schwarze Frau, mit einem schwarzen Mann und einer schwarzen Tochter lebt, verschwindet Stella spurlos, sie wechselt die Seite und gibt sich fortan als Weiße aus, mit einem reichen weißen Mann und einer weißen Tochter.

Das war mein erstes Buch von Brit Bennet aber ich mochte ihren Schreibstil direkt. Ihre Protagonisten sind geprägt von dem Wunsch zu fliehen, auszubrechen aus dem für sie vorbestimmten Weg, sie sind rastlos und suchen stets nach einem Ziel aber auch nach der eigenen Identität und einem Gefühl von Zugehörigkeit.

Nach dem ersten Teil war ich ein wenig ernüchtert, die Geschichte von Desiree konnte mich irgendwie nicht richtig packen, sie blieb mir ein Rätsel und ich konnte mich nicht so richtig in sie hineinversetzen (das blieb auch bis zum Schluss so, für mich ist sie die schwächste und unahbarste Figur in Bennets Erzählung). Doch spätestens ab dem 2. Teil war ich gefesselt von den Protagonisten und ihrem Lebensweg, den sie einschlagen. Das Getriebensein und die Konsequenzen, die ihre Hautfarbe für sie bedeuten wird sehr eindrücklich und sensibel geschildert. Man kann sich als Leser gut in die einzelnen Figuren hineinfühlen, sieht die Welt plötzlich mit ihren Augen und spürt die Zerrissenheit am eigenen Leib.

Durch die beiden völlig verschiedenen Lebenswegen, die die Zwillinge einschlagen zeigt Bennet die zwei Seiten der Gesellschaft sehr gut. Schwarz und Weiß beginnen sich zu vermischen, man gibt sich großzügig und pseudoliberal aber die Nachbarschaft soll doch bitte rein bleiben - die schwarze Seite soll doch bitte wieterhin unter sich bleiben. Sie wirft auch einen Blick auf die Gesellschaft abseits von Fragen der Hautfarbe. Die Frage nach der eigenen Identität prägt die Figuren. Sie wollen sich nicht durch festgelegte Kategorien definieren, denn sie spüren, dass diese nicht zu ihnen passen. Die eigene Identität ist geprägt von Veränderungen. Veränderungen, die fließend verlaufen und solche, die Zeit brauchen, Veränderungen, die von Dauer sind und solche, die nur begrenzte Zeit anhalten. Doch jede Veränderung prägt die Figuren und lässt sie zu denen werden, die sie am Ende sind. Sie machen sich frei von Kategorien und Schubladen, frei von Hautfarbe oder Herkunft, vordefinierten Geschlechterrollen und Sexualität, frei von Erwartungen. Und dadurch entwickelt sich etwas, das mich als Leser in seinen Bann gezogen hat.

Veröffentlicht am 26.08.2020

Vaelin Al Sorna ist zurück...

Das Lied des Wolfes
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... und mit ihm ein weiterer Krieg. Die Geschehnisse aus "Die Königin der Flammen" liegen einige Jahre zurück, der Verbündete ist besiegt und die Welt scheint sich beruhigt zu haben. Doch in der Dunkelheit ...

... und mit ihm ein weiterer Krieg. Die Geschehnisse aus "Die Königin der Flammen" liegen einige Jahre zurück, der Verbündete ist besiegt und die Welt scheint sich beruhigt zu haben. Doch in der Dunkelheit lauert eine noch viel größere Gefahr und bedroht Vaelin und seine Heimat aufs Neue. Und nicht nur das, weit über dem Meer schart ein Mann, der sich selbst für einen Gott hält, seine Anhänger um sich und erorbert die dortigen Königreiche. Als Vaelin erfährt, dass Sherin, die Frau, die er einst liebte und aus Angst um sie fortschickte, in Gefahr ist, macht er sich auf den Weg über das Meer zu dem Mann, den man Dunkelklinge nennt.

Anthony Ryan beweist mit "Das Lied des Wolfes" wieder sein schriftstellerisches Talent. Er schafft es, dass seitenweise Kampfszenen nicht langweilen oder als zu viel erscheinen. Auch seine Charaktere sind jedes Mal einzigartig und vielschichtig, niemand ist nur gut oder böse, die Welt ist ein System aus Grau und die Figuren müssen versuchen ihren Weg darin zu finden. Der (Wieder-)Einstieg in Vaelins Welt fiel mir sehr leicht, da Ryan die Landschaften vor meinem inneren Auge entstehen lässt. Lediglich die Namen waren, wie so oft bei ihm, manchmal sehr ähnlich, was mitunter zu Verwechslungen geführt hat bei mir. Ryan beschreibt alles sehr detailliert, aber dennoch spannend und interessant. Dadurch macht es beim Lesen sehr viel Spaß, Vaelin und seinen Freunden zu folgen und man fiebert jeder Schlacht entgegen und fragt sich, wie sie wohl ausgehen mag. Toll fand ich auch, die mitunter sehr eigensinnigen weiblichen Charaktere, die sich in der doch noch immer sehr männerdominierten westlichen Welt sehr gut behaupten können.

Fazit: Ein gelungener Auftakt zu einer neuen Trilogie rund um Vaelin Al Sorna und seine Freunde! Man sollte jedoch vorher die Rabenschatten-Trilogie gelesen haben, da sonst einige der alten Charaktere und ihre Geschichten fehlen.

Veröffentlicht am 20.08.2020

Ein sehr intensiver Roman über jesidische Kurden

Die Sommer
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Wenn Leyla in den Sommerferien zur Familie ihres Vaters fährt, darf sie nicht sagen "Ich fahre nach Kurdistan" sondern sie muss sagen "Ich fahre zu meinen Großeltern". Denn Kurdistan und seien Bewohner ...

Wenn Leyla in den Sommerferien zur Familie ihres Vaters fährt, darf sie nicht sagen "Ich fahre nach Kurdistan" sondern sie muss sagen "Ich fahre zu meinen Großeltern". Denn Kurdistan und seien Bewohner gibt es nicht.

Doch wie kann es etwas nicht geben, dass sich so real anfühlt für Leyla? Wie soll sie anderen begreiflich machen, was in den Sommern in Nordysrien geschieht, was diese Menschen, die es nicht geben soll, ausmacht? Und wie soll sie es ihren Mitmenschen recht machen? Ihren Großeltern ist sie nicht kurdisch genug, ihrem Vater nicht fleißig genug und ihren Mitmenschen nicht deutsch genug.

Ronya Othmann hat mit "Die Sommer" einen sehr besonderen Roman geschaffen, der das Schicksal der Jesiden eindrucksvoll aufarbeitet. Es ist durch seinen Inhalt aber auch durch seinen Aufbau sicherlich kein leichtes Buch, dennoch konnte ich es kaum aus der Hand legen. Leyla erzählt die Vergangenheit ihrer Familie durch Geschichten, durch Gedanken und kurze Momentaufnahmen. Dadurch wirkte v.a. der Mittelteil sehr fragmentarisch, das Fehlen von klar strukturierten Kapiteln trägt ebenfalls nicht zur 'besseren' Ordnung bei. Doch das ist nicht schlimm, denn auch das Leben von Leyla und ihrer Familie ist nicht geradlinig. Trotz dieser 'zerstückelten' Erzählweise schafft es Othmann, eine Verbindung zwischen Leser und Charakteren aufzubauen, die zunehmend intensiver wird.

Leyla lebt in zwei Welten, ihr Leben ist aufgeteilt in zwei Länder und zwei Jahreshälften, und bei jedem Wechsel ist es wie beim ersten Mal. Die Welt dreht sich weiter, doch in beiden Lebenshälften fehlt ihr ein wichtiger Teil dieser Entwicklung, was man als Leser deutlich spürt. Sie muss sich immer wieder neu an die Menschen und ihre Sprache gewöhnen und versteht doch nicht alles. Und mit zunehmenden Konflikten in Syrien und der immer größeren Gefahr für ihre Familie und Freunde im Heimatdorf ihres Vaters, versteht sie ihre Mitmenschen in Deutschland immer weniger. Wie können sie so uinbeteiligt sein, wie ihr normales Leben weiterleben, wenn dort in Syrien die Menschen verfolgt und gefoltert werden und sogar sterben? Und die viel wichtigere Frage, wie kann sie selbst es?

Beim Lesen startet man in der Vergangenheit des Vaters, man spürt seine Hoffnung, dass sich jetzt wo der Präsident tot ist, endlich etwas verändert in seiner Heimat, dass die Jesiden nicht mehr unterdrückt werden. Man spürt die Euphorie und man spürt auch die Enttäuschung, die Resignation, die sich unweigerlich einstellt. Denn es ändert sich nichts, ein Krieg wurde von einem anderen abgelöst, seine Familie ist vielleicht bedrohter denn je. Und immer stärker kommen diese Gefühle auch bei Leyla auf, sie muss eine Entscheidung treffen und weiß doch nicht welche.

Ich dachte, vieles wüsste ich schon, doch Ronya Othmann hat mir mit ihrem Roman gezeigt, dass es nicht genug ist. Durch Leyla und ihre Familie sensibilisiert sie den Leser und animiert ihn zum Nachdenken und Sich-Informieren und schon alleine dafür ist das Buch empfehlenswert.

Veröffentlicht am 18.08.2020

Ein Roadtrip nach Griechenland

flüchtig
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Maria und Herwig sind seit 30 Jahren verheiratet, doch so richtig zusammen sind sie schon lange nicht mehr, beide verlieren sich in ihrem eigenen Leben und anderen Partnern. Nach einer unerwarteten Nachricht ...

Maria und Herwig sind seit 30 Jahren verheiratet, doch so richtig zusammen sind sie schon lange nicht mehr, beide verlieren sich in ihrem eigenen Leben und anderen Partnern. Nach einer unerwarteten Nachricht flieht Maria schließlich aus der gemeinsamen Ehe und dem gemeinsamen Haus und bricht zusammen mit Lisa, einer jungen Frau, die sie unterwegs aufgabelt, auf nach Griechenland.

Das ist sicherlich nciht die originellste Geschihcte und auch die Figuren und deren Handlungen lassen das ein oder andere Klischee nicht aus. Dennoch hat mir das Buch großen Spaß bereitet und mich positiv überrascht. Das liegt vermutlich auch am Schreibstil von Hubert Achleitner, der sich wunderbar leicht lesen lässt und der trotzdem mit tollen Beschreibungen daher kommt ohne jemals langweilig zu werden oder zu sehr abzudriften.

Maria selbst komt eigentlich nei zu Wort, der Leser erfährt ihre Geschihcte durch Lisa und zum Teil durch Herwig. Letzterer erzählt parallel noch seine eigene Geschichte. Beides zusammen hat am Ende gut zusammen gepasst finde ich.

'flüchtig' erzählt die Geschichte einer gescheiterten Ehe, über Menschen, die unzufrieden sind und versuchen die Leere in ihrem Leben zu füllen und die das Gefühl haben, ihr Leben verpasst zu haben. Das Zusammenleben von Maria und Herwig ist alles andere als harmonisch, sie haben sich immer weniger zu sagen, halten aber dennoch immer am anderen fest, die eine entdeckt den exzessiven Sport für sich, der andere Alkohol und Drogen. Erst durch die Trennung versuchen sie irgendwann zu verstehen, was ihnen der andere bedeutet, doch ihr Schicksal bleibt am Ende offen.

Hubert Achleitner hat hier einen überraschenden Roadtrip nach Griechenland geschaffen, der keine Klischees auslässt, dafür aber umso mehr Lesespaß bereitet hat.