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Veröffentlicht am 22.12.2017

Tödliche Idylle im Münsterland

Galgenhügel
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Die bekannte Schauspielerin Ellen Gerwing wird erhängt am Galgenhügel ihres Geburtsorts Ahlbeck im Münsterland aufgefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin - und doch beschleichen den ermittelnden Kommissar ...

Die bekannte Schauspielerin Ellen Gerwing wird erhängt am Galgenhügel ihres Geburtsorts Ahlbeck im Münsterland aufgefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin - und doch beschleichen den ermittelnden Kommissar Tenbrink erste Zweifel. Dabei kommt er den Ereignissen einer lang zurückliegenden Silvesternacht auf die Spur. Aber haben die damaligen Ereignisse wirklich etwas mit dem Tod von Ellen zu tun?

Da ich die historischen Romane des Autors sowie seine früheren Krimis, die er unter seinem Namen Mani Beckmann veröffentlich hat, sehr gerne gelesen habe, war ich gespannt auf den Auftakt seiner neuen Krimiserie, die im Münsterland spielt.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen der Kommissariatsleiter Tenbrink, ein Münsterländer Urgestein, und sein Partner Maik Bertram, die zwar gegensätzlich sind, aber ein gutes Team bilden, wie sich im Laufe der Handlung immer mehr herausstellt.

Tenbrink sticht durch seine Erfahrung und seinen guten Instinkt hervor, allerdings hat er seit geraumer Zeit ein gravierendes Problem, was sein Gedächtnis angeht. Anfangs fand ich es sehr sympathisch, dass er genauso ein schlechtes Namensgedächtnis wie ich hat, aber schnell stellte sich heraus, dass die Erinnerungslücken bei ihm deutlich über das Vergessen von Namen hinausgeht. Als Leser hatte ich direkt das Schreckgespenst namens Alzheimer vor Augen. Erstaunlich waren die Tricks, mit denen es Tenbrink schafft, bei einem Fall dennoch am Ball zu bleiben, auch mit Hilfe seines Kollegen Bertram.

Tenbrink hat den sprichwörtlichen Münsterländer Dickschädel, er kann extrem stur sein, was aber auch bedeutet, dass er eine Spur, die er einmal aufgenommen hat, nicht so schnell wieder aufgibt.
Bertram ist nicht ganz freiwillig im Münsterland, er hütet ein Geheimnis, um das Tenbrink zwar weiß, aber ihm egal ist, solange der Kollege seine Arbeit macht. Und Bertram dankt ihm diesen Vertrauensbeweis, indem er Tenbrinks Vergesslichkeit bei den Kollegen zu kaschieren versucht.

Die Handlung des Krimis zeichnet sich durch einen raffinierten Aufbau aus, der Autor legt immer wieder neue Spuren, die aber nicht unbedingt zielführend sind und damit auch mich als Leser in die Irre geführt haben. Und wenn ich mal dachte, jetzt weiß ich, was los ist, kam es zu überraschenden Wendungen, die meine schönen Theorien arg ins Wanken gebracht haben.
Sehr gelungen fand ich den Prolog, bei dem der Leser Zeuge eines Flugzeugabsturzes wird, der ziemlich beklemmend beschrieben wurde und mit der Ankündigung eines Geständnisses endet. Sehr spannend und dieser Cliffhanger machte direkt Spaß auf mehr.

Neben der gelungenen Handlung und den sympathischen Ermittlern liegt die Stärke des Buches auch auf der Darstellung der übrigen Charaktere, die abwechslungsreich und vielschichtig dargestellt werden. In dem Dorf Ahlbeck finden wir die unterschiedlichsten Figuren, wie den knorrigen Heini Schultewolter oder die erfolgreiche Hotelchefin Anne Gerwing. Der immer wieder eingestreute Gebrauch von typischen Dialektwörtern macht den Roman noch authentischer.

Für mich ist „Galgenhügel“ ein gelungener Auftakt und ich freue mich sehr auf ein Wiedersehen mit Tenbrink und Bertram im zweiten Teil.

Veröffentlicht am 09.12.2017

Der erste Fall für Henry Frei

Böses Kind (Alanna 1)
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Die Berliner Mordkommission um Henry Frei und Louise Albers bekommen es mit einem brisanten Fall zu tun: die Ehefrau des prominenten Fernsehpredigers Weinstein wird ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden. ...

Die Berliner Mordkommission um Henry Frei und Louise Albers bekommen es mit einem brisanten Fall zu tun: die Ehefrau des prominenten Fernsehpredigers Weinstein wird ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden. Während im Fall Sina Weinstein die Ermittlungen relativ schnell voranschreiten, wird auf einer Baustelle eine brutal zugerichtete Leiche entdeckt. Sie scheint im Zusammenhang mit der alleinerziehenden Suse Pirnatt zu stehen, die kurz zuvor ihre Tochter als vermisst gemeldet hat.

Mit Henry Frei und Louise Albers führt der Autor ein neues vielversprechendes Ermittlerduo ein. Henry Frei sticht durch seine Korrektheit und beinahe schon zwanghafte Ordnungsliebe hervor, an die sich neue Kollegen erst gewöhnen müssen. Louise Albers, die schon seit Jahren mit Frei zusammenarbeitet, hat damit keine Probleme mehr, vielmehr leiden sie und ihr Mann wegen ihrem Baby unter akutem Schlafmangel. Die beiden haben mir als Ermittler sehr gut gefallen, da sie ein eingespieltes Team sind und sich hervorragend ergänzen.

Die spannende Handlung ist in kurze und knackige Kapitel eingeteilt, bei denen immer wieder die Perspektiven wechseln und damit ein hohes Tempo aufrechterhalten wird. Unterbrochen wird die Handlung immer wieder durch die unheimlichen Intermezzi, welche aus der Sicht einer entführten weiblichen Figur beschrieben werden.

Der Autor hat es geschafft, mich bis zum Schluss im Dunkeln tappen zu lassen, was den Entführungsfall und den möglichen Mörder angeht. Daher war die Auflösung auch ziemlich überraschend für mich. Lange war mir nicht klar, ob der Fall der entführten Jacqueline Pirnatt etwas mit dem Tod an Sina Weinstein zu tun hat oder nicht. Gerade das Ende muss ich lobend erwähnen, denn es gibt schon einen Ausblick auf den nächsten Band und war einfach nur überraschend.

Von früheren Büchern des Autors weiß ich, dass Martin Krist ein Meister darin ist, kritische Lebensumstände und Situationen sehr deutlich zu beschreiben. So auch bei der alleinstehenden Suse Pirnatt, die mit ihren drei Kindern in einer Zweizimmer-Wohnung hausen muss, weil der Vater keinen Unterhalt bezahlt. Ihre finanzielle Situation muss sie mit einem unbefriedigenden Teilzeitjob verbessern. Schnell wird nicht nur dem Leser klar, dass Suse mit ihrem derzeitigen Leben völlig überfordert ist.
Es ist absolut deprimierend beschrieben, aber leider auch keine Übertreibung, denn es gibt genügend Menschen, die in solchen Umständen leben müssen. Mir haben besonders die Kinder leid getan. Als dann auch noch die Tochter spurlos verschwindet, gerät Suses Welt völlig aus den Fugen.

Neben der fesselnden Krimihandlung sticht auch die ominöse Freundschaft von Henry Frei mit Oskar Marek heraus, die aus überholtem Pflichtbewusstsein und Schuldgefühlen sowie einem gemeinsamen dunklen Geheimnis besteht. Diese Verbindung wird sicherlich in weiteren Büchern noch eine Rolle spielen, auf die ich gespannt bin.

„Böses Kind“ ist ein spannender und gelungener Auftakt für ein neues Ermittlerduo, wobei dem Leser, der bereits frühere Thriller des Autors gelesen hat, auch bekannte Figuren begegnen werden. In jedem Fall ist es dem Autor sehr gut gelungen, mich an der Nase herumzuführen und ich bin nun sehr gespannt auf den nächsten Fall von Frei und Albers.

Veröffentlicht am 09.12.2017

Ein paradiesischer Garten und die Suche nach dem ewigen Leben

Dilmun - Suche nach dem ewigen Leben
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Durch Zufall gelangt der Geschichtsprofessor Colin Rendall in den Besitz eines Bildes, einer Fotografie, welche ihn auf unerklärliche Weise fasziniert. Kaum hat er das Bild aufgehängt, bemerkt er schnell, ...

Durch Zufall gelangt der Geschichtsprofessor Colin Rendall in den Besitz eines Bildes, einer Fotografie, welche ihn auf unerklärliche Weise fasziniert. Kaum hat er das Bild aufgehängt, bemerkt er schnell, dass es sich bei dem Foto nicht um eine gewöhnliche Aufnahme handelt, sondern um ein Fenster zu dem auf dem Bild abgelichteten Ort. Colin entdeckt den magischen Garten Dilmun, der von mythischen Wesen bewacht wird und erfährt, dass nicht nur die verstoßenen Verwandten der Wächter die Kontrolle über den Garten an sich bringen wollen.

Bei dem Garten Dilmun zieht man unweigerlich die Verbindung zum Garten Eden, dem Sündenfall und der Vertreibung der Menschen aus dem Paradies. Es gibt zwischen Dilmun und Eden einige Parallelen, aber auch Unterschiede, wie der Handlungsverlauf zeigt. Die Wächter von Dilmun, die Devas, führen seit langer Zeit Krieg gegen ihre verstoßenen Verwandten, die Ashura, die mit aller Macht wieder die Kontrolle über den Garten an sich bringen wollen.
Aber auch menschliche Interessen setzen alles daran, an den Schlüssel zu dem magischen Garten zu gelangen.

Dann gibt es noch den Hüter des Gartens, bei dem es sich um einen Menschen handelt und für den ein Nachfolger gesucht wird. Zusammen mit der Studentin Annika wird Colin in die rasante Jagd nach dem Schlüssel zu Dilmun verwickelt, der ewiges Leben verspricht.

Colin Rendall als Geschichtsdozent hat mir gut gefallen, da er seinen Beruf wirklich lebt und nicht nur trockene Vorträge hält. Er begrüßt es, wenn seine Studenten mit eigenen Gedanken und Zweifel die Vorlesungen bereichern. So wie es bei der Studentin Annika der Fall ist. Wobei ich mit Annika nicht ganz so schnell warm geworden bin: sie ist neugierig, clever und mutig und voller Ideale, was mir gut gefallen hat. Allerdings hat sie durch ihre Ideale eine ziemlich radikale Seite an sich, die mich etwas abgestoßen hat, auch wenn ich nachvollziehen kann, warum sie so geworden ist. Aber genau dadurch war ich bei ihr neugierig, wie sie sich im Laufe der Handlung weiterentwickeln wird.

Als sehr eindrücklich und lebendig empfand ich die Beschreibungen der auf den Fotografien abgebildeten Lokalitäten. Die Stimmungen, welche die Fotos ausstrahlten, kamen dabei sehr gut bei mir an.

Die Suche nach dem Schlüssel für den Garten ist nicht nur rasant und spannend beschrieben, sondern überraschte mich auch mit einigen unerwarteten Wendungen. Gefallen haben mir auch die moralischen Fragen, mit denen nicht nur der Leser konfrontiert wird, Fragen, die nicht nur den Konflikt zwischen den Devas und Ashura betreffen, sondern uns Menschen leider allzu vertraut sind.

Veröffentlicht am 03.09.2017

Der Psychologe Arne Eriksen ermittelt zum dritten Mal

Kein guter Ort
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Es sind einige Monate seit den dramatischen Ereignisse des zweiten Bandes vergangen und der Psychologe Arne Eriksen lebt und arbeitet inzwischen in der norwegischen Provinz Telemark. Durch seine neueste ...

Es sind einige Monate seit den dramatischen Ereignisse des zweiten Bandes vergangen und der Psychologe Arne Eriksen lebt und arbeitet inzwischen in der norwegischen Provinz Telemark. Durch seine neueste Patientin vertieft er sich in die Geheimnisse eines alten und leerstehenden Hotels in der Rabenschlucht, das vor zehn Jahren Schauplatz einer furchtbaren Familientragödie wurde, welche bis heute nicht aufgeklärt wurde.

Da mir die ersten beiden Bände um den Halbnorweger Arne Eriksen sehr gut gefallen haben, war ich gespannt, wie es mit ihm weitergeht. Im ersten Band reiste Arne damals nach einem traumatischen Erlebnis in Berlin in das Land seines Vaters, nach Norwegen. Er, der rational denkende Psychologe, machte dabei die Bekanntschaft der Mysterien der Sami-Kultur. Gerade diese Mysterien nahmen im zweiten Band eine große Rolle ein.

Jetzt im dritten Band hat sich Arne entschieden, in Norwegen eine neue Heimat zu finden.Es hat mich gefreut, dass er nach seinem Umzug in die Telemark auch beruflich Fuß gefasst hat und wieder in seinem Beruf arbeitet. Und noch mehr habe ich mich darüber gefreut, dass er Kuling, den Schäferhund der alten Akka nach deren Tod bei sich aufgenommen hat - stellt der Hund doch die letzte Verbindung zu der Sami Akka und Arnes damaligen Aufenthalt in Nordland dar. Aber es gibt auch ein Wiedersehen mit Magnus, der lange Zeit auf dem Hof von Akka gelebt und sie betreut hat.

Natürlich war ich auch auf Kari gespannt, der Kommissarin aus Bergen, welche Auswirkungen die Ereignisse aus dem zweiten Buch auf sie hatten. Und wie sich ihr Verhältnis zu Arne entwickeln würde, jetzt, wo eine deutlich größere Distanz die beiden trennt.

Karis neueste Verhaftung führt sie über Umwege zu Arne nach Kviteseid, als sie die drogensüchtige Janne bei ihm zur Behandlung abliefert. Janne ist bald fasziniert von dem ungelösten Geheimnis des alten Hotels in der Rabenschlucht und facht damit auch die Neugier von Arne an. Janne ist äußerst anstrengend und mit ihrem Starrsinn bringt sie nicht nur sich selbst in Gefahr.

Die Szenen in und um das alte Hotel sind so spannend und klassisch gruslig beschrieben, dass man als Leser sofort an den Film „Psycho“ erinnert wird, auf den auch mehrmals in der Handlung Bezug genommen wird. Und natürlich bringt Arne die Neugier auch diesmal wieder in äußerst brenzlige Situationen.

Ich hatte zwar einen Verdacht, der sich zwar schlussendlich bestätigt hat, aber auf das Motiv bin ich bis zum Ende nicht gekommen. Die Auflösung erfolgte in einem furiosen, aber auch traurigen Showdown.

Neben den Ereignissen um das Hotel bekommt der Leser aber auch Einblick in aktuelle Themen, wie der Umgang mit Flüchtlingen, was ich sehr spannend und informativ fand.

Ich hoffe sehr, dass die Reihe um Arne weitergehen wird, möchte ich doch wissen, wie der weitere Lebensweg der Figuren aussehen wird.