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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.12.2016

Eine zeitgemäße Betrachtung des Sündenbegriffs

Sünde
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Cover und Aufmachung:
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Auf dem Titelbild ist die Schlange als passendes Sündensymbol abgedruckt. Auf dem Hardcover hebt sie sich glänzend optisch ab und ist somit ein optimaler, passender ...

Cover und Aufmachung:
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Auf dem Titelbild ist die Schlange als passendes Sündensymbol abgedruckt. Auf dem Hardcover hebt sie sich glänzend optisch ab und ist somit ein optimaler, passender Blickfang für das Thema.
Schön ist auch, dass sich dieses Symbol am Anfang jeden Kapitels befindet und thematisch durch das Buch begleitet. Sehr gelungen!

Inhalt:
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Thorsten Dietz versucht, dem Begriff der Sünde auf die Spur zu kommen. Woher kommt der Begriff, was meint er und wie kann man den Begriff auf die heutige Zeit anwenden?
Mit Hilfe von Beispielen aus Filmen, aktuellen Ereignissen und persönlichen Erlebnissen begibt er sich mit dem Leser auf Spurensuche.

Mein Eindruck:
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Am Anfang war ich sehr begeistert von dem Buch. Jeder kennt das Wort "Sünde", aber kaum einer weiß, was es wirklich bedeutet. Man kennt die "Sieben Todsünden" oder den "Sündenfall von Adam und Eva", die von der Schlange verführt wurden und man kennt die "Zehn Gebote" und dass Verstöße dagegen Sünde bedeuten können. Aber man kennt auch Lieder wie "Wir sind alles kleine Sünderlein" und das Wort Sünde aus Sprüchen wie "Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott sofort." Sünde hat neben theologischen Auslegungen auch eine moralische Komponente. Beide Seiten versucht der Autor hier zu beleuchten, die historische Entwicklung des Sündenbegriffs zu beschreiben und mithilfe aktueller Beispiele für die Gegenwart auszulegen.
Besonders der erste Teil hat mir gut gefallen, er ist locker und gut nachvollziehbar geschrieben und mit den o. g. bekannten Beispielen konnte ich was anfangen, da ich sie in meiner Jugend oft gehört habe. Neben den Sieben Todsünden und den Verfehlungen der 10 Gebote geht der Autor dann weiter und interpretiert Sünde als nicht Vertrauen auf Gott bzw. einer fehlenden Beziehung zu Gott. Dies kann in vielen Facetten geschehen, wie z. B. man ist blind für das richtige, wahre Leben, das Herz ist erhärtet und man ist nicht liebes fähig, man ist süchtig nach den falschen (weltlichen) Dingen. In den weiteren Kapiteln werden noch Selbstlosigkeit, (weltlicher) Reichtum, extremes Sicherheitsbedürfnis und Trägheit behandelt.
So interessant ich die Ansichten hierzu fand, so schwerfällig waren diese Kapitel zu lesen. Der Autor nennt für meinen Geschmack zu viele Filmbeispiele, beschreibt diese vor allem zu ausführlich und zitiert sehr oft daraus, sodass es mir oft schwerfiel, den roten Faden zu erkennen. Dadurch hatte ich beim Lesen oft das Gefühl, ich weiß nicht (mehr) worauf der Autor hinauswill. Ich habe öfter zurückgeblättert, weil ich wieder vergessen hatte, wie denn die Ausgangsfrage des Kapitels war. Das fand ich schade, denn so kam die Botschaft nur sehr schwer bei mir an. Ich hatte mir mehr Schwung und Präzision versprochen, die ich besonders im mittleren Teil nicht gefunden habe. Auch die Übergänge zwischen den Kapiteln wirken etwas holprig, so als wolle der Autor verschiedene Aspekte der Sünde behandeln, wusste dies aber nicht gut miteinander zu verbinden.
Erst gegen Ende gibt es ein paar Zwischenbetrachtungen und Fazite, durch die man als Leser wieder abgeholt wird und versteht, was die vorangegangenen Kapitel aussagen wollten. Davon hätte ich mir am Ende jeden Kapitels zuvor mehr gewünscht.
Insgesamt hat mir die Idee des Buches sehr gut gefallen. Die Ausführungen des Autors fand interessant und haben mich das Thema "Sünde" mit anderen Augen sehen lassen und zum Nachdenken angeregt. Daher bin ich dankbar, dieses Buch gelesen zu haben. Über den Stil des Autors, die Themen zu behandeln, den mir oft nicht erkennbaren roten Faden und die vielen Filmbeispiele kann man streiten, aber ich fand es recht anstrengend zu lesen. Nachdem ich das schwungvolle erste Kapitel gelesen hatte, hatte ich das Buch so nicht erwartet.

Fazit:
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Lädt zum Nachdenken über die vielen Facetten der Sünde ein - interessant, aber leider etwas langatmig und ausschweifend geschrieben

Veröffentlicht am 18.11.2016

Etwas verworrene Psychiater-Patienten-Beziehung

Im Netz des fremden Blickes
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Cover:
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Das Cover fand ich genial, ich fühlte mich sofort magisch davon angezogen. Die Farben wechseln von kühl-dunkel (blau über dem Auge) bis hin zu energiereichen Farben. Alles spannt ...

Cover:
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Das Cover fand ich genial, ich fühlte mich sofort magisch davon angezogen. Die Farben wechseln von kühl-dunkel (blau über dem Auge) bis hin zu energiereichen Farben. Alles spannt sich in Form von vielen Glassplittern in vielen Facetten über den das Gesicht. Dies spiegelte für mich zunächst die guten und bösen Seiten des Menschen zugleich wieder. Man weiß nie, mit welchem Blick ein Mensch einen ansieht bzw. welche Gefühle noch in ihm stecken. Das Auge sieht einen direkt an, beobachtet den Betrachter, es wirkt fast gruselig. Im Buchladen hätte mich das Cover auf jeden angesprochen.

Inhalt:
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Die junge Psychiaterin Kyra hat noch nach 5 Jahren den Verlust ihres bei einem Unfall ums leben gekommenen Mannes nicht ganz verarbeitet. Dennoch stürzt sie sich in ihre Arbeit als Therapeutin. Ein neuer Patient, Michael Lanz, berührt sie innerlich mehr, als sie sich zugestehen will. Seine Albträume und Lebensgeständnisse führen dazu, dass die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben zu verschwimmen droht. Woran liegt dies? Und was hat es mit dem Einbrecher auf sich, der kurz darauf in Kyras Haus eindringt und ihr Fotoalbum ansieht? Und da ist noch Pascal, zu dem sie ihre Gefühle nicht richtig einordnen kann.

Mein Eindruck:
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Der Klappentext und die Beschreibung seitens der Autorin, dass man in diesem Buch mehr Einblicke in die Gedankengänge von Therapeuten bekäme, haben mich neugierig auf dieses Buch gemacht. Es versprach spannend und informativ zugleich zu werden. Tatsächlich las sich dieses Buch sehr zügig durch, wozu zum einen die Kürze der einzelnen Kapitel führte, aber auch die Spuren, die besonders zu Beginn immer wieder gestreut werden und dem Leser stets neue Rätsel aufgeben. Was mich jedoch störte, war zum einen die Tatsache, dass ich mit der Protagonistin nicht so richtig warm werden konnte. Die Geschichte ist abwechselnd aus ihrer Sicht und der von Michaels geschrieben, jedoch in der 3. Person, so dass eine gewisse Distanz zu den Figuren automatisch gegeben ist. Die Geschichte wechselt von Szenen, wie sie in einem Krimi oder Thriller vorkommen könnten, hin zu Szenen wie banalen Unterhaltungen und den Therapiegesprächen, in denen wiederum auf einem recht abstrakten Niveau über Symbolik, Zeit, Schuld und das Leben philosophiert wurde. Besonders das abstrakte Niveau passte für mich nicht so recht zum Rest des Geschehens und ich gestehe, dass ich dem Sinn des Ganzen oft nicht folgen konnte. Zwar wurde die Geschichte um Michael und die Verbindung zu Kyra am Ende soweit logisch aufgelöst, jedoch viele der eingestreuten philosophischen Ansätze erreichten mich nicht und das Ende war so abrupt, mittendrin, dass mich das Buch insgesamt leicht verwirrt und verstört zurückgelassen hat.
Den erhofften intimen Einblick in den Kopf eines Therapeuten habe ich nicht erhalten. Dafür blieb Kyra und vor allem ihre Gefühlswelt mir zu sehr verschlossen bzw. zu abstrakt dargestellt. So richtig begeistern konnte mich das Buch nicht, obwohl das Cover, die Idee dahinter und die ersten Ansätze zu Beginn des Romans mir sehr gut gefielen.

Fazit:
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Psychotherapie aus Therapeutensicht mit spannender Hintergrundgeschichte - teilweise jedoch zu abstrakt und verworren

Veröffentlicht am 14.11.2016

Assistentinnen vs. Chef

Die Assistentinnen
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Cover:
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Das Cover ist schön "businesslike", viele Assistentinnen laufen geschäftig hin und her, 2 davon in rot, die aus der Masse als etwas Besonderes herausstechen als Symbol für die beiden ...

Cover:
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Das Cover ist schön "businesslike", viele Assistentinnen laufen geschäftig hin und her, 2 davon in rot, die aus der Masse als etwas Besonderes herausstechen als Symbol für die beiden Protagonistinnen. Die Farben sind bunt, aber auch eher Bürostil als schrill und das Cover passt für mich sehr gut zur Handlung.

Inhalt:
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Tina Fontana ist Assistentin des großen Medienmoguls Robert. Sie ist ihm treu ergeben und arrangiert alles für ihn, schneidet gar die Zitronen für seinen Drink. Er schätzt sie und vertraut ihr, aber er fördert sie nicht und gibt ihr keine Gehaltserhöhung. Sie kommt mit ihrem Gehalt gerade so über die Runden, muss zusätzlich auch noch ihren alten Studienkredit abbezahlen. Als das Schicksal (und Roberts Vertrauen) ihr die Gelegenheit bietet, nutzt sie die Chance, um ihren Studienkredit mit Hilfe einer fehlerhaften Spesenabrechnung zu tilgen. Dabei ahnt sie nicht, welche Kettenreaktion sie damit in Gang setzt, die ihr Leben und das vieler Assistentinnen verändern wird...

Mein Eindruck:
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"Wir kamen nur damit durch, weil die Männer, die die große Kohle machten, die Verantwortung für Dinge, mit denen sie nicht belästigt werden wollten (wie eigenhändig unterschreiben) auf ihre Assistentinnen übertrugen."

Diesen (sozialkritischen) Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen und er spiegelt im Prinzip die zentrale Aussage des Buches deutlich wieder.
Die Geschichte beginnt im Grunde recht unschuldig, nur ein Klick, einmal der Versuchung nachgegeben und die Lawine rollt an und nimmt immer mehr Personen mit. Tina Fontana ist eine Person, die mir sehr sympathisch ist. Sie stammt aus einfachen Verhältnissen, hat (aus Prinzip) keine Freunde, hat viel Geld in ihre Ausbildung gesteckt mit der Hoffnung auf eine große Karriere und ist stets bemüht, das Gesetz zu befolgen. Ihrem Chef ist sie treu ergeben und verhält sich ihm gegenüber loyal. "Jemand wie ich, der obenhin über eine ängstliche Grundkonstitution verfügt, ist einfach nicht für das kriminelle Leben geschaffen." Bis zu dem Tag der Versuchung, wobei Tina zwar im ersten Moment egoistisch handelt, aber wenn man Tag für Tag sieht, dass die 20.000 Dollar für ihren Chef nur Peanuts sind, für sie aber jahrelanges Schuften bedeuten, kann man nachvollziehen, dass man aus Frust der Versuchung mal nachgeben kann. Wirklich kriminell ist sie m. E. nicht. Es macht Spaß, ihre Weiterentwicklung im Laufe der Handlung mitzuverfolgen, da man als Leser alles aus ihrer Gedankenwelt heraus erlebt. Diese wird in flüssigem Stil beschrieben und mit viel Humor. Es gibt jede Menge Anspielungen auf US-Serien und sarkastische Bemerkungen über das Leben der Reichen, die in einer ganz anderen Liga spielen als sie selbst.

Auch die anderen Charaktere ergänzen sich mit ihren oft schrägen Eigenarten zu einer interessanten Mischung. Da ist Emily, die Tinas direkte Komplizin und eine Art von Freundin wird sowie die andere Assistentinnen und natürlich darf ein "Quoten-Assistent" in Gestalt von Kevin nicht fehlen! Und der unberechenbare Gegenpart Robert, der sich (besonders gegenüber Tina) mal väterlich beschützend verhält, mal rücksichtslos wütend und macht ergreifend.
Eine Liebesgeschichte findet am Rande auch noch statt, wird aber dank der auflockernden Gedankengänge von Tina zum Glück auch nie zu schnulzig, d. h. für meinen Geschmack genau richtig.

Der tolle Schreibstil, viele raffinierte und unvorhersehbare Wendungen sowie die sarkastischen Anspielungen auf die Welt der Reichen und Mächtigen mit einem überraschenden, tollen Finale lassen dieses Buch zu einem wahren Genuss werden!

Fazit:
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Die Welt eines Mächtigen mächtig gut ausgetrickst - eine sarkastisch-humorvolle Gesellschaftssatire erster Klasse!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Gefühl
  • Lesespass
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 14.11.2016

Ein Gentleman der alten Schule als Privatdetektiv

Alte Schule
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Cover:
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Das Cover passt vom Stil zur "old school" und vermittelt ein gutes Gefühl für die Umgebung, in der Knight ermittelt: friedlich und beschaulich. Und die Möwe sowie der Stock spielen ...

Cover:
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Das Cover passt vom Stil zur "old school" und vermittelt ein gutes Gefühl für die Umgebung, in der Knight ermittelt: friedlich und beschaulich. Und die Möwe sowie der Stock spielen später noch eine besondere Rolle.
Das Bild lässt keinen Krimi vermuten, eher einen Urlaubsroman. Trotzdem wunderschön und passend zu Tom Knight, wenn man die Geschichte erst mal kennt. Im Laden hätte ich es definitiv in die Hand genommen.

Inhalt:
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Tom Knight ist ein Gentleman der alten Schule. Er ist über sechzig, dafür aber noch sehr rüstig (bis auf ein paar Zipperlein), clever und extrem neugierig. Diese Eigenschaft kommt ihm bei seinem Rentnerjob sehr zugute, er ist nämlich Privatdetektiv. Und: er ist verliebt in Fran, die in einem Altenheim als Pflegerin arbeitet. Kurz nach ihrem ersten Date werden plötzlich 3 Frauen in dem Altenheim ermordet, Fran ist die Hauptverdächtige. Natürlich versucht Tom Knight ihr zu helfen und nimmt seine Ermittlungen auf.

Mein Eindruck:
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Ich war von Beginn an gefesselt vom Geschehen. Zum einen hatte ich zunächst nicht mit einem Krimi gerechnet (die Morde wurden im Klappentext nicht erwähnt). Zum anderen gefiel mir sogleich der Charakter des Ermittlers, der aufgrund von Alter, Humor und Erfindungsreichtum sehr originell ist. Zudem fand ich den subtilen und manchmal typisch britisch-schrägen Humor klasse. Auch die Kulisse, die Idylle eines englischen Seebades, gefiel mir gut. Alles wirkt auf den ersten Blick friedlich, aber hinter den Kulissen brodelt es.
Im Prinzip ist dies ein klassischer "who dunnit"-Krimi, der in den Nebensträngen jedoch auch Themen wie Liebe und Sex im Alter, Drogenprobleme und sozialen Abstieg sowie den klassischen Kampf Privatermittler vs. mürrischem Polizeikommissar auf humorvolle, manchmal aber auch nachdenkliche Weise behandelt.
Die Spannung baut sich aufgrund der vielen Nebenstränge anfangs nur sehr langsam auf, entwickelt sich gegen Ende aber zu einer wahnwitzigen Action-Jagd, bei der ich nicht mehr aufhören konnte zu lesen. Wahres Kopfkino!
Diese Action führte jedoch dazu, dass es stellenweise etwas kompliziert wurde und sich die Auflösung am Ende für mich nicht 100%ig rund anfühlte, da auf einen Aspekt dabei nicht eingegangen wurde.
Doch soviel kann man verraten: Der Gerechtigkeit wird genüge getan.

Dies ist der erste Tom-Knight-Band von geplanten weiteren, auf die ich mich schon sehr freue!

Fazit:
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Krimi mit erfrischend skurrilem Privatdetektiv der alten Schule, subtil-britischem Humor und jeder Menge überraschenden Wendungen

Veröffentlicht am 11.11.2016

(Zirkus)Leben in Australien - Eine spannende Reise

Clown Under
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Cover:
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Im Coverbild sind leichte Höhenunterschiede spürbar, das macht haptisch einen schönen Eindruck. Die Farben passen gut zu Australien und durch das Bunte wird man gleich auf das Buch aufmerksam. ...

Cover:
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Im Coverbild sind leichte Höhenunterschiede spürbar, das macht haptisch einen schönen Eindruck. Die Farben passen gut zu Australien und durch das Bunte wird man gleich auf das Buch aufmerksam. Wenn der Autor auch noch eine Clownsnase getragen hätte, wäre es meines Erachtens perfekt gewesen.
Der Einband ist für ein Taschenbuch recht stabil, als Klappenbroschur mit Klappen vorne und hinten und hinterlässt einen hochwertigen Eindruck.

Inhalt:
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Nachdem er den Schulabschluss in der Tasche hat, stellt sich für den Autor, wie für viele andere die Frage: was nun? Wie viele andere möchte er erstmals die Welt kennenlernen, seine Wahl fällt auf Australien. Was seine Wahl von anderen unterscheidet: Um die Reise zu finanzieren, entscheidet er sich für "Work and Travel" bei einem Zirkus! Den liebt er seit seiner Kindheit und ein Traum ist es, eines Tages selbst in der Manege zu stehen. Doch ob dies gelingt? Auf jeden Fall erwarten ihn erst mal jede Menge harte Arbeit, doch Andreas gibt nicht auf.

Mein Eindruck:
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Ich habe ja schon einige Reiseberichte bzw. -abenteuerberichte gelesen. Aber zum einen ist Clown in Kombi mit Australien natürlich schon ein besonders gewähltes Thema, zum anderen habe ich selten einen so emotional packenden und gleichzeitig humorigen Schreibstil dabei vorgefunden. Als Leser hat man das Gefühl, ihm permanent über die Schulter schauen zu dürfen. Das betrifft sowohl die harte Zirkusarbeit, seine Nebenjobs in der Winterpause in der Deko-Branche oder auf einer Farm, aber auch seine Gedanken und Gefühle, sein Heimweh und noch anhaltende Trauer über den Tod seiner Mutter sowie überhaupt seine euphorischen und niedergeschlagenen Momente während der Reise.
Trotz der harten Arbeit entpuppt er sich immer wieder als Stehaufmännchen. So schreibt er nach einem stressigen Tag: "Vielleicht war ich nur ein kleines Licht im Zirkus. Aber immerhin eins, dem nicht die Sicherung durchgebrannt war, als es brenzlig wurde." (S. 51). Überhaupt wirkt der Autor sehr sympathisch auf mich. Er widerlegt auf jeden Fall das Klischee, junge Leute wollten nur Spaß haben und feiern, bei ihm hat das Zwischenmenschliche einen hohen Stellenwert. Kleine Momenten, wie der Blickkontakt mit einem behinderten Jungen in der Manege oder das Herumalbern mit kleinen Kindern bedeuten ihm sehr viel.
Der Blick hinter die Kulissen des Zirkuslebens haben mir sehr gut gefallen, zumal nicht nur die schönen, sondern auch die unangenehmen Seiten geschildert werden. Viele Dinge waren mir vorher einfach nicht bewusst, auch nicht, dass es eine Art Zweiklassengesellschaft (Arbeiter vs. Artisten) gibt und wie viel Vorarbeit notwendig ist, bis das Zelt erst mal steht und eine Vorstellung beginnen kann. Es gab auch rührende Momente und sehr intensive Gespräche mit Mitgliedern der Zirkusfamilie, zu der Andreas am Ende (temporär) gehört, die einen zum Nachdenken gebracht haben, auch die eigenen Wertvorstellungen betreffend.

Auch der Rest der Reise hat mir sehr gut gefallen. Alles ist sehr detailreich beschrieben, was daran liegt, dass Andreas zeitnah alles in seinem Blog dokumentiert hat. Man lernt sehr viel über Land und Leute, aber vor allem natürlich über das Zirkusleben. Tolle Fotos mit teilweise auch sehr lustigen Unterschriften ergänzen den Text hervorragend. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass die in den Kapiteln befindlichen QR-Codes mit URL und ggf. einer kurzen Quellenbeschreibung (Bild oder Video) versehen worden wären. So hätten a) auch Smartphone-Verweigerer was davon, und b) könnte man generell beim Lesen entscheiden, ob man sich den Link angucken möchte oder nicht. (Tipp: wenn man die QR-Codes selbst durchnummeriert, gelangt man über www.andreasschaible.de/qrcode01 bzw. .../qrcode02 usw. auch zu den Quellen). Doch auch ohne QR-Codes liest sich das Buch sehr anschaulich und spannend.

Ich freue mich jedenfalls, dieses Buch entdeckt zu haben und hoffe, bald mal wieder mit dem Autor auf seinem "Rollercoaster des Lebens" fahren zu dürfen!

Fazit:
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Fesselnd geschrieben mit Humor und tollen Fotos - ein ganz besonderes Reiseerlebnis!