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Veröffentlicht am 08.04.2021

Die Pfade mehrerer Leben treffen aufeinander im harten Land….

Hard Land
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Hard Land von Benedict Wells

Euphancholie. Ich kann nicht anders, als meine Rezension mit diesem im Buch vorkommenden Wort zu eröffnen. Beschreibt die Euphancholie doch genau DIESES EINE Gefühl, das eben ...

Hard Land von Benedict Wells

Euphancholie. Ich kann nicht anders, als meine Rezension mit diesem im Buch vorkommenden Wort zu eröffnen. Beschreibt die Euphancholie doch genau DIESES EINE Gefühl, das eben nicht nur im Roman auftaucht, sondern damit auch gleich etwas Bittersüßes. Die Mischung aus Euphorie und Melancholie. Und damit wohl bei vielen die Erinnerung an die Jugendzeit, die so gemischt war, und aus Hochgefühlen bestand, an die man sich zu gern erinnert. Die aber gleichzeitig auch traurig macht, weil diese Zeit vorbei ist, und nie mehr wiederkommt. Es ist auf jeden Fall ein Wort, dass einen zwiespältig zurücklässt, in allen Dingen. Man ist froh erwachsen zu sein, nicht mehr wie ein Teenager durch alle Lebenslagen zu stolpern, aber gleichzeitig sehnt man sich nach der Unbeschwertheit dieser Zeit. Und weil die Geschichte von Hard Land genau das wiedergibt, die Euphancholie, werde ich mich diesmal gar nicht so lange im Einleitungstext aufhalten, wollte es nur schnell erwähnen. Denn was das Buch noch mehr als andere geschafft hat, war, dass es ziemlich viele Gedanken in meinen Kopf gezaubert hat. Dazu weiter unten im Text mehr.

….hier also schon die Geschichte des Buches:

Samuel „Sam“ Turner ist 15, fast 16, und wir befinden uns mit ihm im Sommer 1985. Und es geht im Buch nun darum, ein Geheimnis zu ergründen, oder auch 49. Das Geheimnis eines Sommers? Der Jugend? Des Erwachsenwerdens? Des Verlustes? Oder gar etwas ganz Anderes? Dies offenbart sich euch am Ende. Denn die Geheimnisse seiner eigenen Jugend muss natürlich jeder für sich selbst entdecken, erleben und lösen :). So wie Sam in diesem Buch. Und so ist die Geschichte nicht nur Sams Geschichte, sondern die von uns allen, und unserer Jugend. Genau darum geht es. Denn Sam ist ein Außenseiter, spricht nicht viel, hat Angst vor Vielem, wird von anderen nicht wahrgenommen. Bis er in just diesem Sommer einen Job im alten Kino seiner Heimatstadt annimmt, Grady, diese Stadt die so eng, konservativ, langweilig, engstirnig, so sterbend erscheint, und ihm am Ende des Sommers doch so viel gegeben, aber auch genommen hat. Denn mit Kirstie, Cameron und Hightower, alle ein klein wenig älter und im letzten Schuljahr, verbindet ihn ziemlich bald nicht nur der Job im Kino, sondern genau dieser Sommer der Sehnsucht, die erste Liebe, die eigene Identitätsfindung, Erwachsenwerden, Freundschaft, Rebellion, Ablösung, Trauer und Selbstfindung. Aber das Buch erzählt auch von einer dunklen Seite, Sam nennt es sein dunkles Summen, das uns die Geschichte eines Jungen erzählt, dessen Mutter krank ist, der seinem arbeitslosen Vater aus dem Weg geht, der anfangs sehr schmächtig und in sich gekehrt ist, keine Freunde hat, und eine Schwester und einen besten Freund, die ihn beide sozusagen „verlassen“ haben. Der Sommer wo etwas beginnt, ist auch der Sommer, wo etwas endet. Nicht nur symbolisch, sondern wahrhaftig. Die Kindheit endet, die Jugend ist da, das Leben fängt nun richtig an, die eigene Freiheit, aber gleichzeitig auch die Düsternis und Dunkelheit, und der Tod. Das Ende überhaupt. Ob das Buch sich trotzdem von anderen Geschichten des Erwachsenwerdens unterscheidet? Definitives JA. Und am Ende darf jeder herausfinden, was Hard Land für ihn bedeutet, was es aussagt, was es mit diesem Buch zu tun hat, was sein Geheimnis ist, und wie man es am besten löst.

Cover:

Ein typisches Diogenes Cover, das aber trotzdem mit der Geschichte zu tun hat. Es verkörpert nämlich genau DAS, was im Buch beschrieben wird. Das Alleinsein der Jugend, sich einsam fühlen, aber auch Licht drum herum, das für Hoffnung sorgt, und sagt, dass man in allem Erwachsenwerden dann doch nicht alleine ist. So zumindest meine Interpretation.

Fazit, und ein sehr langes Gedankenallerlei zum Buch:

Um es mit den Worten aus Hard Land zu sagen: Dieses Frühjahr war chaotisch katastrophal, aber es war auch das Frühjahr, in dem ich mich in dieses Buch verliebte.

Sam Turner, einen ganz großen Dank dafür, dass du mich in die Zeit des Jahrs 1985 mitgenommen hast, um mich an deinem Sommer teilhaben zu lassen. Das Buch braucht eine Weile, wirkt in einem nach. Man sollte sich nicht durchhetzen, um es so schnell wie möglich durchzulesen. Und ich gebe zu, die Lektüre des Buches etwas hinausgezögert zu haben, ganz einfach, weil ich etwas länger in der Zeit, der Atmosphäre, und im Zeitgeist der Geschichte gefangen sein wollte. Damit ich ein bisschen länger eintauchen konnte in das Erlebnis Hard Land. Fast sind die Szenerien so intensiv, dass man erstmal blinzeln muss, um wieder in der Realität und im Jetzt zu landen. Also liebes Hard Land. Vielen Dank, dass ich dank dir nochmal jung sein durfte. Also, zumindest ein kleines bisschen jünger, als ich jetzt bin. Ich könnte nicht mal sagen, welche Lieblingsszene ich habe, da sich grandiose Szene an Szene reiht, und das Buch sich somit zu einer einzigen Lieblingsszene von Anfang bis Ende zusammensetzt. Nur dass man in dieser Szene durch alle Emotionen rollt, in ihr weint, lacht, grinst, sich gut und schlecht, hilflos, aber auch berauscht fühlt. Fast fühlt man sich beim Lesen zurückversetzt in eine Zeit, als Mitglied eines Geheimclubs, dessen Ziel es ist, gemeinsam mit den Protagonisten das Geheimnis des Buches zu entschlüsseln, und wenn es dann vollbracht ist, fühlt man sich dazugehörig. Und nach dem Buch fühlt es sich auf einmal einfach nur cool an, die Außenseiterin zu sein, die jeder anstarrt :D

Die 80er Atmosphäre ist einfach wunderbar eingefangen, und man fühlt sich im Buch wohl und beschützt, wie in einer Blase aus Jugendlichkeit und Freiheit. Und das, obwohl man doch so sehr auch im Buch bedroht wird, und die reale Welt aus Erwachsensein und problematischen Themen versucht, die Blase anzugreifen. Sie schafft es aber nicht, die Blase ganz kaputt zu machen. Und so ist es genau diese Mischung, die im Buch unheimlich gut hinbekommen wurde. Das Gleichgewicht aus Traurigkeit, Problemen, und einer sehnsüchtigen Jugendlichkeit verbunden mit allem, was Freiheit in der Jugend bedeutet. Und das, obwohl die unterschwellige Drohung einer Katastrophe immer da und gegenwärtig ist, etwas womit man sich auseinandersetzen muss: Das eigene Erwachsenwerden, aber auch die eigene Sterblichkeit. Ganz besonders gefallen hat mir das Flair der Kleinstadtatmosphäre, aus einer anderen Zeit. In der die Menschen und Jugendlichen, sich noch auf ganz andere Dinge besonnen haben. Wo es noch keine Überdigitalisierung gab, man sich untereinander mit Menschen beschäftigt hat, und es nicht so viel Ablenkung vom Menschsein gab. Wodurch man sich auch selbst schneller finden konnte, und sich als Mensch nicht verloren hat.

Die Entwicklung, ja gar Metamorphose, Sams ist so anschaulich geschaffen, dass man sie dauerhaft im Kopf hat. Vom kleinen schüchternen und schmächtigen Kerl, der kaum etwas sagt zum jungen Mann der viel nachdenkt, sich wehrt, und quasi zum Erwachsenwerden gezwungen wird. Man hat tatsächlich immer ein Bild der Wandlung vor Augen, und es wird hier geschafft, dass auch das Benehmen so angepasst ist, dass man immer weiß, was Sache ist, und alles nachvollziehen kann. Ich nenne es einfach mal die Allegorie des Erwachsenwerdens. Die Charaktere behalten durchgängig ihre Individualität. Sie bleiben individuell in ihrem eigenen Selbst, und das, obwohl sie zusammen eine Gruppe ergeben, die mal mehr, und mal weniger zusammenhält, sich aber vor allem versteht. Denn in ihrer Individualität sind sie gar nicht so unterschiedlich, selbst wenn sie so erscheinen. So ist es, wenn Leute aufeinandertreffen, die denken, nichts gemeinsam zu haben, und dann doch merken, mehr gemeinsam zu haben, als offensichtlich ist. Das anfängliche Nichtwissen von Sam erscheint sympathisch, fast wie bei einer Identifikationsfigur, der man sich nahe fühlt, wenn man an seine eigenen Unsicherheiten als Teenager (oder eben heute noch) denkt. Geschrieben mit so viel Wortwitz, der gleichzeitig eine Ehrlichkeit ausstrahlt, der man sich unweigerlich ergeben muss. Die Sehnsucht und Nostalgie nach der eigenen Jugend fließt in jedes Wort und jede Szene mit ein, und die Erlebnisse der eigenen Jugendzeit sind sofort wieder präsent. Man mutiert ein wenig zum 15jährigen Teenager beim Lesen, etwas Zeitloses passiert, mit Feinsinn und Durchblick geschrieben. Getrieben von einer ernsthaften Wahrhaftigkeit, oder einer wahren Ernsthaftigkeit. Man merkt der Seele des Buches an, dass sie manchmal schreien will, es aber nicht tut, und trotzdem erkennt man unter dem Schreibstil, der Humoriges erzählt, das Tiefgründige und fast schon melancholisch anmutende, das in kleinen Nuancen erwähnt wird, die aber eine große Sprengkraft haben. Die Atmosphäre ist sehr dicht gewoben, mit wenigen Worten wurde geschafft, viel zu sagen. Geschrieben mit der Rebellion, des Irrsinns, und mit den Worten, der Stimmung und vor allem der Stimme einer Jugend, die so immer da war, und wohl immer da sein wird. Mit den Selbstzweifeln der Jugend gespickt, in der man so vieles an sich selbst nicht mag.

Und wichtig! Das Buch ist durchwirkt von Musik, ein Ausflug in die Film- und Musikwelt der 80 er. Und ja…. Als Film – und Musikfreak mag ich auch das Heutige, schaue aber mit Tränen in den Augen auf das Vergangene zurück. Und musste dieses Durchzogene im Buch einfach erwähnen. Denn bei so mancher Musikszene im Buch musste man die Augen schließen ob der Gänsehaut, sie sich auf den eigenen Armen ausgebreitet hat, weil man sie so sehr fühlen konnte. Diese Gänsehaut – oft auch Tränenszenen, gab es natürlich bei Szenen außerhalb der Musik. Die noch eine andere Wirkung hatte. Denn ich gebe zu, dass mein Kopf während der Lektüre des Buches eine einzige 80 er Jahre Diskothek, die nicht nur dafür gesorgt hat, dass ich mit mir selbst getanzt habe (Dancing with myself, ohoooo), sondern auch während der Lektüre. Und das sowohl körperlich, als auch gedanklich, und mit Emotionen voller Freude. Hineingeschmissen wurde ich in einen Wirbel aus Erinnerungen, den Spirit einer anderen Zeit, und den Problemen eines Teenagers, dessen Probleme greifbar und wirklich da waren. Selbst die Einsamkeit und das Alleinsein.

Ich möchte nicht sagen, dass es etwas völlig Neues ist, eine Geschichte zu lesen, in der sich jugendliche Sonderlinge zusammentun, und den Sommer ihres Lebens und des Erwachsenwerdens spüren, und uns mitnehmen in ihren Gedanken und Gefühlen. Doch das ist nun mal ein Merkmal des Coming of Age Genres. Aber erstens ist jede einzelne Geschichte des Erwachsenwerdens so individuell und einzigartig wie jeder Mensch selbst. Und zweitens schafft es die bildhafte Sprache einfach eine Atmosphäre zu schaffen, die einen traurig und niedergeschlagen, aber gleichzeitig auch fröhlich sentimental, und gar schmunzelnd zurücklässt. Und von dieser Atmosphäre lebt das Buch. Deswegen ist das Erwähnen von den „Geschichten und Büchern meiner Jugend“ auch nicht als Kritik gemeint, weil andere Geschichten ihre ganz eigene Individualität haben. Genau wie dieses Werk. Und erwähnen muss ich wenigstens Filme wie „The Breakfast Club“, „Stand by me“ oder sogar „ES“ u.v.m. In genau diesem Zeitgeist der Filme, der Bücher, der Geschichten, die sich mit dem Erwachsenwerden, da spielt sich auch Hard Land ab. Es zeigt uns etwas auf, dass es heute gibt, und immer gegeben hat, nämlich die Wandlung vom Kind zum Erwachsenen, und das Erkennen, dass die Zeit der Kindheit unweigerlich vorbei ist, aber man auch noch nicht ganz ein richtiger Erwachsener ist. Diese Zeit des Zwielichtes zwischen Kindheit und Erwachsensein, die ist magisch. Und zwar für jeden einzelnen Menschen. Und natürlich hat jede Zeit ihren Reiz. Jugendliche der 60 er z.B. werden genau diese Zeit lieben, und sich nach ihrer Zeit des Aufbruchs sehnen. Und somit regt das Buch nicht nur zum Nachdenken an. Man kommt als Leser in eine Welle aus tiefer Traurigkeit, die bricht, sich dann zurückzieht mit dem Gefühl der Sentimentalität und Sehnsucht nach der Leichtigkeit der Jugend. Beides wechselt sich ab. Wir haben keinen leichten Jugendroman, der nichtssagend vor sich hinplätschert vor uns. Und trotzdem einen Roman über die Jugend. Beides im Zusammenspiel dessen, was man wohl Leben nennt. Da wären Themen wie die eigene Jugend, und ihre Vergänglichkeit, die Vergänglichkeit des Seins, das Leben, der Tod. Das aus sich rauskommen. Aber auch das Kind bleiben, das jugendlich-sein, und der Geist der Dinge, die man als Jugendlicher tut, ausprobieren will, und es dann auch macht. Und es geht auch irgendwie um ein Nichtvergessen einer schönen, aber auch schrecklichen Zeit, die einen prägt. Dieses Buch lebt von seiner einmaligen Zeitatmosphäre, den gelebten Gefühlen und Gedanken.

Entgegen dem ersten Eindruck strahlt das Buch dann doch nicht den Geist des Gefangenseins in einer Kleinstadt aus, sondern eher den der Freiheit. Selbst wenn das Gefängnis auch als Krankheit in der Familie, Alleinsein, oder das Gefangensein in der eigenen Unsicherheit wiedergespiegelt wird, aus der man ausbricht. Und es hat beim Lesen auch nicht wirklich lange gedauert, bis es szenisch als Geschichte so atmosphärisch und bildhaft beschrieben wurde, dass bei einigen Szenen eben jene Gänsehaut kam. Diese Momente kommen plötzlich, sind ohne Sicherheitsnetz einfach da, und sind deswegen umso intensiver, um sich fallen zu lassen. Es ist eine Reise in die Vergangenheit, die einen nach dem Lesen wehmütig zurücklässt. Als der Sommer noch aus Mix-Tapes, Cornetto-Eis, Rollschuhen, dem Computerspiel Defender und Vokuhilas bestand. Ich sage gerne, dass dieses Buch mir Erinnerungen an eine Zeit gibt, in der ich kein Teenager war, und es trotzdem alles nachempfinden kann, jeden Augenblick miterlebe, und mich erinnere (was ja schon was heißen will). Es war eine Zeit ohne Ablenkungen der Technisierung, in der es zwar die Anfänge dessen gab, diese aber auf Basis heutiger Sicht natürlich nicht alles bedeutet haben. Man hat seine Freizeit einfach mit den Menschen um sich herum verbracht, und sich mit ihnen beschäftigt, hat Fotos und Bilder noch als Erinnerung gesehen, und nicht wie oftmals heutzutage, als Selbstdarstellung eines Selbst. Und dann ist das Buch natürlich noch durchzogen von Weisheiten über das Leben, die direkt aus der Seele kommen, und nicht nur einfach dahingesagt sind.

Als schüchternes Teenagermädchen, das in sich gekehrt war (und wahrscheinlich immer noch ist), und das Alleinsein kennt, ist der Roman eine kleine Offenbarung, und zeigt auf, dass man nicht alleine ist in seinem Alleinsein. Und dass die Einsamkeit nur eine kleine Zeitebene ist, die nicht ewig dauert. Und somit ist das Ganze eine Symphonie aus melancholischen Sehnsuchtserinnerungen, die gleichzeitig Trauer in sich bergen. Ein Zusammenspiel, das ungewohnt gut zusammenpasst, und einen in jede Emotion und Gefühlsregung mit hineinzieht. Denn gleichzeitig strahlt das Buch aus, dass man manchmal aus seiner Sicherheit herauskommen muss, um die Unsicherheit zu überwinden, und dann etwas mehr Sicherheiz zu empfinden, mitten in einer Gruppe, die einem Sicherheit bietet. Und dann spürt man auf einmal das Leben, in diesem Buch zwischen Leben und Tod. Und man ist zerrissen. Nicht aufgrund von Wahnsinn, sondern weil man dieses Bittersüße einer ersten Liebe spürt, gepaart mit der Erkenntnis, die uns vor eine Wand aus Realität stellt. Und das zerreißt eben. Alles im Leben hat seine Zeit, und man muss auch genau zu dieser Zeit das dazu passende Leben durchmachen.

Am Ende erkennt man, dass man mit all seiner Einsamkeit, seinen verwirrenden Gefühlen, aber auch dem jugendlichen Drang nach Freiheit nicht alleine ist. Denn irgendwie muss wohl jeder durch sein eigenes „Hard Land“, um erwachsen zu werden. Aber auch, um sich zeit des Lebens seine Jugendlichkeit ein wenig zu bewahren. Darin sind sich viele Menschen gar nicht so ungleich :D. Das Buch führt und bringt, ja, entführt uns sogar, in den Wiederhall einer Zeit, in der Küsse und Erfahrungen noch nicht inflationär waren, in der erste Küsse, erste Partys, erster Herzschmerz noch besonders waren. Erster schmerzlicher Verlust noch für immer unvergessen und präsent war. Eine Zeit, in der man den Moment einfach erlebt hat, ohne sich vorher Sorgen zu machen, wie Dinge bei anderen ankommen, wobei das natürlich auch nicht ganz stimmt. Aber es war freier, weil man nicht jederzeit darauf achten musste, sich selbst darzustellen, um Dinge von sich in den sozialen Medien preiszugeben. Ja, irgendwie wird nicht nur das Zeitgefühl, sondern auch das Gefühl einer ganzen Generation rübergebracht und fühlbar gemacht, weil tanzend, springend, sich gehen lassend, die Jugend genießend, mit einem Gefühl von Freiheit und Sorglosigkeit. Und in all dieser Zwielichtatmosphäre zwischen Trauer und Euphorie, da gibt es Stellen, die grenzen an einer solch wundervollen Situationskomik, dass es einen immer wieder zum Schmunzeln bringt. Das sind die Teile der Geschichte, die in einem Humor geschrieben sind, der nicht zu übermäßigem Lachen anregt, sondern melancholisch darauf hinweist, dass man selbst solche Zeiten erlebt hat, und mit Sehnsucht, und eben einem Grinsen, darauf zurückblickt, und sich irgendwie selbst in der Situation wiedererkennt. Und am Ende wird einem klar, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte hat. Seine eigene Jugend, sein eigenes Erwachsenwerden. Und dass wir uns doch nicht so sehr darin unterscheiden. Die Geschichten mögen anders sein, aber das Menschsein in ihnen ähnelt sich doch sehr. Also lest am besten dieses Buch, hört euch danach die Playlist an…. und tanzt…… am besten mit euch selbst :). Und in dem Wissen, dass jeder in seiner Jugend irgendwelche Kirsties, Hightowers, Camerons, oder auch Chucks um sich hatte. Wenn vielleicht auch in ganz anderer Form, und natürlich mit anderen Namen.

Heutiges Rezensionslied? Irgendwie tanzt im Video dazu ja auch jeder für sich selbst, und doch keiner allein. Vielleicht ist das auch ein bisschen die Aussage des Buches. Alle tanzen allein für sich, und doch tanzt man zusammen. Und irgendwie ist es trotzdem am Ende auch so, dass man mit Sam, Kirstie, Cameron und Hightower befreundet IST. Außerdem gehört das Lied ins Jahr 1985, und zu einem Film, der im Buch erwähnt wird:

„We are not alone. You'll find out when your cover's blown. There'll be somebody there to break your fall.
We are not alone. 'Cause when you cut down to the bone. We're really not so different after all, after all. We're not alone.“

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Das Buch, das uns die Geschichte, der Geschichte von einem Lied erzählt :D

The Story of a Love Song
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The Story of a Love Song von Vi Keeland und Penelope Ward

Lieder und Musik. Seufz. Sind sie nicht einfach das Tollste, das unsere Welt hervorbringt? Nun ja. Zusammen mit Büchern und Texten natürlich. ...

The Story of a Love Song von Vi Keeland und Penelope Ward

Lieder und Musik. Seufz. Sind sie nicht einfach das Tollste, das unsere Welt hervorbringt? Nun ja. Zusammen mit Büchern und Texten natürlich. Und doch muss ich immer wieder sagen, dass die beiden Dinge sich gar nicht so sehr unterscheiden. Wir lesen Bücher, die Worte, und nehmen die Geschichten in uns auf, erleben sie mit. Und bei Liedern, zumindest bei den wirklich tollen, ist das doch genauso. Sie alle erzählen uns Geschichten, die der Komponist, sozusagen der Autor des Liedes, entweder erlebt, oder davon gehört hat. Sie sind also durchzogen mit Fantasie, oder eigenen Erlebnissen. Zeugen von Gefühlen der Wut, des Hasses, der Enttäuschung, der Freude, der Aggression, der Leichtigkeit, und natürlich der Liebe. Manchmal der Verliebtheit, manchmal der alles überdauernden oder leidenschaftlich losgelassenen Liebe. Und ja, somit gibt es für jede Situation, die man selbst erlebt, ein Lied, in dem ein anderer dieselbe oder eine ähnliche Situation erlebt hat, und diese Situation in einer vertonten Geschichte für die Welt hinterlassen hat. Damit wir sie uns anhören, und die Geschichte des Liedes kennen. Dieser Meinung war ich ja schon immer, wohl aufgrund meiner musikalischen Kindheit. Habt ihr euch nicht schon immer gefragt, was hinter bestimmten Liedern steckt? Ob der Song alleine geschrieben wurde, oder gemeinsam? Ob Alkohol im Spiel war, oder sonst was? Ob er in einem Keller, oder auf einer wunderschönen Terrasse in der Sonne geschrieben wurde, man gerade Liebeskummer hatte, oder jemanden mit dem Lied einfach nur zum Teufel schicken wollte? Natürlich sind Liedtexte auch immer Ausdruck des Menschen an sich, der sie schreibt. Denn die einen Menschen reagieren auf bestimmte Dinge mit Weltschmerz und Trauer, die anderen mit Wut oder Aggression. Es hängt immer vom Schreiber, und seiner momentanen Gemütsfassung ab, was für ein Lied dabei herauskommt. Das ist die Überraschung. Warum ich das alles schreibe? Nun ja. Zum einen wollte ich das schon immer mal loswerden, und der Welt verkünden :D. Zum anderen ist es natürlich irgendwie logisch, einen Text so einzuleiten, der sich mit einem Buch beschäftigt, das wohl irgendwas mit der Story eines Liebesliedes zu tun hat. Und das hat es diesmal tatsächlich. Lest also nun die Geschichte, die das BUCH erzählt, das euch eine Geschichte über ein Lied erzählt, das eine Geschichte wiedergibt. Alles klar soweit?! :D

Die Geschichte im Buch:

Luca und Griffin verbindet eine Brieffreundschaft seit Kindheitstagen. Er lebt in England, sie in Amerika. Trotz der weiten Entfernung, und einem Ozean zwischen ihnen, werden ihre Briefe im Laufe der Jahre immer einfühlsamer, bedeutsamer, intimer. Die beiden kommen sich dadurch näher, vertrauen sich alles an, sehen sich aber nie. Doch eines Tages, mitten in der Jugendphase der beiden, bricht Luca den Kontakt ab, ohne dass Griff weiß, warum. Grund ist ein katastrophales Erlebnis in Lucas Leben, welches bei ihr Ängste auslöst, so dass sie danach mit Therapien leben muss, und sich kaum noch aus ihrem Haus traut. Doch das Schicksal will es anders, und so flattert bei Luca eines Tages, nach einigen Jahren, ein Brief von Griffin ins Haus, der einfach nur seine Wut nochmal loswerden will, dass Luca ihn vor Jahren sozusagen hat fallenlassen. Was er nicht weiß? Was Luca geschehen ist, und wie es um ihren Gemütszustand steht. Was sie nicht weiß? Dass Griffin, der schon damals als Junge die Musik geliebt hat, mittlerweile zu einem der bekanntesten Rockstars der Welt geworden ist. Da beide ihr Aussehen nicht kennen, und unter anderem Namen die Briefe schrieben, können sie also nun in ihren Briefen sie selbst sein. Dabei kann einer verheimlichen WER er ist, und jemand WIE er ist. Und trotzdem will Luca nun mehr, nämlich Griffin endlich kennenlernen, und zwar in echt. Doch wie soll das gehen, wenn einer ein Leben in der Öffentlichkeit führt, und die andere ein einsames zurückgezogenes Leben mit Angststörungen? DAS….. dürft ihr dann selber herausfinden :)

Cover:

Ich habe das Cover von Anfang an geliebt. Nicht nur, weil es darauf hinweist, dass es eine typische Rockstargeschichte sein könnte, sondern auch, weil es mit der Verbindung des Titels sagt, dass es nicht unbedingt um den Rockstar und sein Leben gehen muss, sondern eher darum, was den Rockstar dazu treibt, ein bestimmtes Lied zu schreiben. Und DAS ist somit viel mehr als eine einfache Rockstargeschichte. Hinter dem Cover verbirgt sich also viel mehr.

Fazit und Gedankenallerlei:

Wem wir in unserer Welt vertrauen, und zu wem wir ein unüberwindbares Vertrauensverhältnis aufbauen, das geschieht manchmal per Zufall, und manchmal vielleicht ein wenig durch Schicksal. Wenn ich nun sage, dass ich jemandem vertraue, den ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, und zwar mehr, als den Menschen, die täglich um mich herum sind, dann würde ich wohl erstmal schiefe Blicke zugeworfen bekommen. Blicke die sagen, dass man vorsichtig sein soll, dass man doch jemanden, den man noch nie gesehen hat, nicht kennen kann, und ihm erst recht nichts anvertrauen sollte. Dass das sicher eine Falle ist, ein Trick, und uns dieser Mensch nur böse will. Dass es naiv ist zu glauben, derjenige könnte sogar über geschriebenen Kontakt Gefühle aufbauen. Und trotzdem denke ich, es ist nicht unmöglich, dass ein Mensch für einen der wichtigste im Leben werden kann, selbst wenn man ihn noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen hat. Verbirgt sich hinter Buchstaben, die ehrlich sind, denn weniger, nur, weil der Mensch einen nicht körperlich berührt, aber wohl im Herzen? Und müssten nicht gerade wir Lesenden es verstehen, dass geschriebenes Wort, auch in anderer Form, eben doch Gefühle in uns auslösen kann? Könnte man sich also in einen Brieffreund verlieben? Das habe ich mich die ganze Zeit gefragt. Und ich muss sagen: Luca und Griffin fühlen sich beim Lesen zusammengehörig und sich gegenseitig zugehörig an, wie eine Einheit, oder wie zwei Seiten einer Medaille, die sich jeweils ergänzen im Gegenteiligen und sich unterstützen. Ihr wisst doch, dass Charaktere mir im Buch immer am meisten bedeuten. Es wird hier geschafft, Luca und Griffin in jeder Altersstufe so darzustellen, dass es zum Alter, und zu jedem Lebensabschnitt passt, und dass man später als Erwachsene dann aber auch noch erkennt, dass es sich um die Jugendlichen und Kinder von früher handelt, weil ihr Kern, ihr Inneres, und ihre Essenz geblieben und noch da ist. Nur die Themen der Briefe haben sich eben geändert, und werden erwachsener, intimer, wenngleich man auch immer Hauch der Jugend darin erkennt.

Wenn ich einen Liebesroman lese, dann muss ich die Liebe zwischen den sich liebenden Figuren auch spüren, die Chemie muss da sein, fühlbar, und das wurde hier geschafft. Auch die Vertrautheit die sich aufbaut, oder gar schon da ist aufgrund der Vorgeschichte, ist zu spüren. Die Protagonisten müssen eine Einheit sein, ein Team, dass es gegen jede Widrigkeit aufnimmt, und zwar zusammen. Die Geschichte beinhaltet LIEBE und Vertrauen, das sogar in Massen. Und man erkennt die Verbindung der Protagonisten. Luca und Griffin sind beide auf ihre Art alleine. Luca wegen ihrer Angststörungen, und Griffin, weil alle in ihm nur den Rockstar Cole Archer sehen. Doch wenn man die beiden zusammen erlebt, dann sind sie jeweils für sich, nicht mehr nur nicht mehr alleine, sondern fast als die gemeinte Einheit zu sehen. Etwas Funktionierendes. Menschen, die sich lieben, und vor allem Verständnis füreinander aufbringen. Ich mag diese Mischung, weil ich einfach die Sicherheit mag, die der Roman ausstrahlt. Dass es wenigstens einen Menschen auf dieser Welt gibt, auf den man sich verlassen kann. Und das ist schön zu lesen. Für mich ist das Ganze auch nicht kitschig. In diese Sparte passen die beiden Protagonisten auch gar nicht. Und trotzdem fühlt man beim Lesen die Emotionen und Gefühle der beiden. Tatsächlich war ich vorher skeptisch, ob die Lektüre es schaffen wird, alles authentisch rüberzubringen. Aber aus meiner Sicht wurde das hier wirklich geschafft. Und das nicht nur in Bezug auf die Angststörungen von Luca als Thematik, sondern auch, dass man sich wohl über Schwierigkeiten hinwegsetzen muss, wenn sie dem eigenen Glück im Weg stehen. Das Hauptaugenmerk liegt im Buch nicht auf dem Lied an sich. Es greift viele Themen auf, wie natürlich die Angststörungen von Luca. Diese nehmen viel Platz ein, weil sie eben nun mal das Leben eines Menschen sehr beeinflussen. Zum anderen haben wir die Freundschaft, die immer tiefer wird, und sich von einer einfachen Brieffreundschaft wandelt zu etwas, das man beinahe schon als wichtigsten Menschen der Welt beschreiben kann. Was mir ebenfalls gefallen hat, das war die Darstellung der Situationen am Anfang. Griffin als Rockstar hatte beinahe schon panische Angst, Luca sein wahres Ich zu zeigen, seinen wahren Namen zu verraten, aus Angst, sie zu verlieren. Was auch eine gewisse Angst ist. Und Luca, die seit 8 Jahren mit Angstattacken lebt, und mit Panikstörungen dazu, war auf einmal so mutig, sich Griffin zu zeigen. Und zwar in echt und damit der Realität. Der Schritt hat mich überrascht, und ich fand ihn wirklich schön, dass er von der Autorin aufgegriffen wurde. Lernt man so von beiden Seiten eine andere kennen, als die, die man anfänglich vermuten mag. Und dazu noch eine andere Schublade, als die, in die man sie automatisch steckt, wenn man „Rockstar“ und „Mädchen mit Angststörungen“ liest. Denn auch hier habe ich das Gefühl, dass die Welt manche Dinge, die sie nicht sehen kann, einfach nicht akzeptiert, oder wahrhaben will. Griffin ist kein Bad Boy Rockstar, den man im Zaum halten muss. Bei ihm fühlt man sich sicher. Und das war tatsächlich mal einfach angenehm zu lesen. Kein Bad Boy Gehabe, kein riesiger Herzschmerz, sondern einfaches Wohlfühlen und sich in Sicherheit wiegen. Kann ja auch gerne mal sein, in einer so unsicheren Welt, wie unserer Realität.

Wundervoll fand ich, dass Menschen mit Angststörungen hier nicht als wimmernde, immer und überall weinende und schwache Menschen dargestellt werden, sondern auch mutig und selbstbewusst sein können, trotz ihrer Krankheit. Die meisten Menschen verstehen das nicht, verstehen die Krankheit nicht, verstehen Angststörungen nicht, und sind oft abwertend den Menschen gegenüber, die zugeben, diese zu haben, weil es als Makel angesehen wird. Deshalb ist das Buch super, um offenzulegen, wie so etwas funktioniert, und schon allein deswegen würde ich mir wünschen, dass es mehr Menschen wahrnehmen, und auch versuchen zu verstehen. Lasst euch das gesagt sein, von einem der Menschen, der im Vorsatz, der Widmung des Buches, erwähnt wird ;) (was das bedeutet, müsst ihr aber selbst herausfinden. Traut euch ruhig, und habt keine Angst :)). Denn Menschen mit Angststörungen bestehen nicht nur aus ihrer Angst, sondern dahinter verbirgt sich auch noch ein Mensch, den man eher wahrnehmen sollte, als ihn nur auf seine Angst zu reduzieren. Denn man ist so viel mehr als seine Angst. Das nur am Rande. Was mir am Buch ungemein gefällt ist, dass es die Realität nicht schönt. Wir haben nicht nur puderig rosarote Zeiten, die kitschig wirken, und in denen alles gut ist, aber wir haben auch nicht das Dauerdrama einer Geschichte, die uns runterzieht. Es ist eine Mischung aus beidem, zwischen Hoffnung, sich verlieren, oder zueinanderstehen. Luca mit ihren Angststörungen, die auch offen gezeigt werden, und nicht verschönt dargestellt sind. Und auch, wenn zum Beispiel in meiner Realität kein Rockstar auftaucht, wieso eigentlich?! :(, so ist es trotzdem eine Mischung aus Rockstargeschichte und Liebesgeschichte, hinter der sich aber die Realität dessen verbirgt, was sowohl Luca als auch Griffin sind. Nämlich Menschen, mit all ihren Facetten, und Tagesformen. Menschen die sich dafür entschieden haben Musik zu machen, und berühmt geworden sind, und Menschen, die wegen einer Tragödie unter Angstattacken leiden. Und ganz besonders gefällt mir die Denkanregung ob wir etwas fallen lassen, es vergessen sollten, nur, weil es schwierig ist, oder ob wir uns für dieses Ziel durch die Probleme kämpfen sollen, weil das Ziel es wert ist, auch Entbehrungen und schlechtere Zeiten neben den guten zu akzeptieren. Sprich: Will ich mit einem Menschen zusammen sein, weil ich ihn so sehr liebe, dass ich auch die dunkle Seite in seinem Leben akzeptiere, oder liebe ich nur die lichten Seiten an und mit ihm, und lasse ihn fallen, stoße ihn weg, sobald die Dunkelheit kommt?

Ich mag unheimlich das Buchgleichgewicht, die Verknüpfung, aus Humor und Ernsthaftigkeit, dass man nicht in tiefer Depression versinkt, die Thematik aber auch nicht als nichtiges und unleidliches Thema unter den Teppich kehrt, und erkennt, dass Menschen mit Angststörungen ebenso auch Witze machen können, oder fröhlich sind. Und sich sogar öffnen können. Wenn sie eben…..vertrauen. Was wohl das Wichtigste ist. Ein Halt, ein Mensch, der ein Anker ist in all der Unsicherheit und Angst der Welt. Und ich finde es ebenfalls toll, dass dieser Mensch, dieser Anker für Luca, Griffin ist, auch wenn sie ihn (anfänglich) nie gesehen hat. Die Mischung aus nicht vorhandener Körperlichkeit, und sich jemandem doch nahe fühlen, finde ich wahnsinnig gut gelungen. Denn das sagt ja andersrum auch aus, dass man sich durchaus in jemanden verlieben kann, von dem man nur Worte kennt, und sich nicht verliebt aufgrund dessen, dass er zwar ein blöder Mensch ist, aber unheimlich toll aussieht. Das hat eine gewisse Tiefgründigkeit. Und auch wenn man im Heute aufpassen muss, nicht an einen Betrüger zu geraten, so gefällt mir die Aussage an sich eben. Ich kann ja auch nichts dafür. Leute, das ist irgendwie romantisch, kommt schon (ich sehe schon die Augenroller, wie sie sagen: „…..und unglaublich naiv und gefährlich und doof..“ :D).

Und es hat wirklich gutgetan, dass die Charaktere minimiert waren auf Luca, Griffin, und den Doc, Lucas psychologische Betreuung, aber viel mehr noch Freund und Vaterfigur. Das hat das Ganze nicht nur intimer gemacht, sondern die Welt des Buches auch ein wenig schrumpfen lassen, so dass sich jeder ein wenig fühlen konnte wie ein Mensch, dessen Welt durch seine Ängste so sehr schrumpft, dass er sich entweder in seiner Wohnung vergräbt, oder die Angst ihn so sehr in Beschlag nimmt, dass er nichts Anderes mehr sieht, als genau diese. Auch kein Leben außerhalb mehr. Symbolisch gesehen fand ich das Buch also toll. Und trotzdem braucht man keine Angst zu haben, dass es einen erdrückt, einem keinen Freiraum bietet, und man sich irgendwie beengt oder gefangen durch dieses Minimale und Kleine fühlt, hier in Form der wirklichen Verbundenheit von zwei Personen, die wir die ganze Zeit begleiten dürfen. Beim Lachen, Weinen, verzweifeln, Flirten, lieben, sich austauschen, und beim restlichen ganz GROßEN Spektrum dessen, was man Leben, und miteinander leben wollen, nennt, haben wir nämlich Griffin als Ausgleich. Die Intimität fokussiert sich auf Luca und Griffin, sie ist präsent. Und da sind diese Momente, als wären sie die beiden einzigen Menschen auf der Welt. Gefangen in ihrem eigenen Mikrokosmos aus Liebe, Vertrauen und Sicherheit. Der Mikrokosmos von Griffin und Luca, außerhalb der Scheinwelt von Griffins Rockstarleben. Gelebt hat der Roman, wie so oft bei Liebesgeschichten, von seinen Figuren. Und die haben mir ziemlich gut gefallen. Ebenso mag ich dieses Minimale, das Zusammensinken der Welt von Griffin und Luca aufeinander, so dass man während des Lesens meint, man könne die Atmosphäre zwischen den beiden greifen. Was man als Leser auch irgendwie tut. Denn man fühlt sich wie eingesogen in die Stimmung des Romans.

Das Ganze ist eine Mischung, ein Zusammenschluss, aus zwei Menschen, die sich zum einen in – und auswendig kennen, alles voneinander geteilt haben, und ihre tiefsten Geheimnisse und Emotionen kennen, auf der anderen Seite sich aber auch neu kennenlernen müssen. Luca wurde glaubhaft dargestellt, ohne Frage. Und auch Griffin habe ich den Rockstar abgenommen. Und vielleicht, aber auch nur vielleicht, ist Griffin seit Langem mal wieder einer der Protagonisten, bei dem man seufzend und träumend vor dem Buch sitzt, und ihn sich in die Realität wünscht (also nicht, dass ich das täte, hüsterchen :D). Hier wurde alles in den Buchtopf geworfen, was ich an Zutaten liebe, wurde liebevoll zubereitet und angerichtet. Die Darstellung hat mir gefallen. Rockstars sind nicht immer Arschlöcher die alle ins Bett bekommen wollen, und Menschen mit Angststörungen sind nicht immer verrückt, nur, weil sie sich etwas anders benehmen, als die Normalität.

Warum ich dem Buch also meine 5 Sterne gegeben habe? Ich denke die Thematik und der Umgang mit dem Thema Angststörungen war ausschlaggebend, dass die Protagonistin mal völlig anders war, und somit vielleicht denen Mut macht, die ebenfalls darunter leiden, und sich nicht trauen, sich zu offenbaren. Und vielleicht fand ich es auch einfach toll, wie Griffin dafür gekämpft hat, DASS diese Beziehung funktionieren kann. Denn einfach ist das nicht. Und dann gibt es in der Realität viele Menschen, die sich von einem abwenden, wenn sie solche Dinge erfahren. Das Buch hat mich also nicht nur angesprochen, sondern auch zum Nachdenken angeregt. Es geht nämlich im Buch auch darum, über sich selbst, über seine Ängste hinauszuwachsen, und über den eigenen Schatten zu springen, der aus Ängsten und Panik besteht, und zu verstehen, dass es etwas gibt, dessen Verlust schlimmer wäre als all diese Ängste zusammen. Dazu gehören bedingungsloses Vertrauen und schonungslose Wahrheiten, selbst wenn sie Dinge verkomplizieren. Und was soll ich sagen?! Mir imponiert die Vehemenz, mit der Griffin an etwas festhält, nämlich an Luca, das alle anderen als etwas ansehen würden, das nie funktionieren kann, und dass er sie nicht austauscht, sich kümmert. WEGEN der verschiedenen Welten, WEGEN Lucas Angststörungen, WEIL sie sich beide kaum in der Realität kennengelernt haben…. Sich DAFÜR aber gegenseitig besser kennen, als alle anderen, durch die Briefe. Wir sehen zwei Arten eines komplizierten Lebens. Eines im Rückzug, und eines in voller Öffentlichkeit und Präsenz. Zurückgezogen und Menschen meidend, und im Rampenlicht stehend.

Und wenn man alle möglichen Ängste in sich hat, dann ist es ganz wichtig, ein sicheres Zuhause zu haben, oder immerhin einen Ort, an dem man sich sicher fühlt. Bei vielen ist das dann ihr Zuhause, dort wo man allein sein kann, sich einsperrt vor der grausamen Welt. Doch was hier gelungen ist, und was man merkt, ist, wie eine Wandlung entsteht, und wie ein Mensch für einen anderen zum Zuhause wird. Und das nicht nur für Luca, sondern auch für Griffin. Denn dessen Rockstarleben besteht auch nicht gerade aus Beständigkeit, etwas Gefestigtem und Vertrauen. Selbst sichere Häfen, die uns Schutz bieten, und sich Zuhause nennen, können plötzlich leer erscheinen, wenn der Schutz einer Person fehlt, die unser Zuhause ist.

Und das heutige Rezensionslied? Wenn wir schon bei den Geschichten sind, die sich hinter den Songs verstecken, dann fällt mir hier und heute eines ein, welches sogar so heißt. Love Song. Ihr dürft es euch gerne anhören, und euch dazu eure eigene Geschichte ausdenken :):

„Whenever I'm alone with you, you make me feel, like I am home again. Whenever I'm alone with you, you make me feel, like I am whole again. Whenever I'm alone with you, you make me feel, like I am young again. Whenever I'm alone with you, you make me feel, like I am fun again.

However far away, I will always love you. However long I stay, I will always love you. Whatever words I say, I will always love you.“



















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Veröffentlicht am 29.03.2021

Die Geschichte von Raben und Löwen und ihrer Zusammenarbeit.

Matching Night, Band 1: Küsst du den Feind? (Gewinner des Lovelybooks-Leserpreises 2021)
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Matching Night Band 1- Küsst du den Feind? Von Stefanie Hasse

Liebe Leser dieser Rezension. Ich weiß nicht ob ihr es wusstet. Raben sind sehr intelligente Vögel, wenn nicht sogar intelligenter als viele ...

Matching Night Band 1- Küsst du den Feind? Von Stefanie Hasse

Liebe Leser dieser Rezension. Ich weiß nicht ob ihr es wusstet. Raben sind sehr intelligente Vögel, wenn nicht sogar intelligenter als viele andere. Sie können unter anderem komplexe Handlungen planen, haben eine sehr große Merkleistung, und können sich sogar in andere hineinversetzen, so dass er zum Beispiel weiß, dass er sein Futter nur verstecken sollte, wenn ihm gerade kein anderer dabei zusieht. Auch ist ihr Lernverhalten überdurchschnittlich gut, so dass es sich in einem bestimmten Umkreis unter den Raben schnell verbreitet, und sie sozusagen voneinander lernen. Sie können sich Angreifer merken, und geben sogar dieses Wissen weiter. Man hat sogar festgestellt, dass dieses Wissen an die Nachkommenschaft weitergegeben wird, so dass alle sicher vor dem Angreifer sind. Und sonst? Nun ja. Krähen findet man oft in der Nähe von Wölfen, um sich an deren Beuteriss zu beteiligen und zu schauen, ob etwas davon abfällt. Was das alles mit dem Buch zu tun hat? Ich wollte es nur mal erwähnen. Denn die Raubtiere in diesem Buch sind keine Wölfe, sondern Löwen. Aber von Raben und Löwen handelt es trotzdem, und von deren Zusammenarbeit. Auch wenn die Löwen und Raben eher menschlicher Natur sind. Aber nichts von ihrer Intelligenz einbüßen, um ihresgleichen zu schützen, und all das……. Was es mit sich bringt…. Wenn man ein Rabe, also ein Raven, oder ein Löwe, also ein Lion, ist.

Wovon das Buch handelt:

Alles beginnt ganz harmlos. Cara sucht eine Wohnung in Universitätsnähe. Doch was am Ende dabei herauskommt? Ich habe etwas in die Richtung geahnt, habe immer noch Witzchen darüber gemacht, aber richtiges Wissen hat sich erst in den letzten Abschnitten aufgeklärt. Denn sie Suche wird ihr leichter gemacht, als sie ahnt. Aus einer nicht wirklich reichen Familie kommend, die ihr gesamtes Erspartes in das Studium von Cara steckt, bekommt sie plötzlich die Gelegenheit, einer Studentenverbindung, den Ravens, beizutreten. Sie hätte ein eigenes Zimmer, Kost und Logis wären frei, Unterstützung im Studium wäre da, und Cara wäre alle (Geld)sorgen los. Ein wahrgewordener Traum, oder?! Was sie dafür tun muss? Die obligatorische Studentenverbindungsprüfung ablegen. Doch die Ravens wären nicht die schlauen Raben, wenn sie es so einfach machen würden. Cara und die anderen Anwärterinnern müssen mit den Anwärtern der Lions (dasselbe wie die Ravens, nur eben in Kerlform, oder so :D) zusammenarbeiten. Jeweils ein Lion und eine Raven müssen der Welt glaubhaft vorspielen, ein Paar zu sein, und zusammenhalten, um mehrere Aufgaben zu überstehen. Am Ende gilt als Ziel der Beitritt zur Verbindung, und damit die Erfüllung dessen. Und alles weitere gehört dann auch schon in die Ecke des Selbstlesens, weil man die Geheimnisse des Buches und der Verbindungen selbst herausfinden muss.

Cover:

Tatsache ist, dass dieses Cover sofort meine Aufmerksamkeit hatte. Es handelt sich nicht nur um ein Mädchen in einem hübschen Kleid, das sozusagen in den „Fängen des Raben“ ist. Vielmehr sehen wir auch ihr Gesicht nicht. Was zum einen darauf hindeuten kann, dass Cara (denn sie scheint es zu sein) ihre alte Identität verliert, oder zum einen symbolisch für die Matching Night sein kann, in der tatsächlich Masken getragen werden. Diese Silhouette des Raben war sofort ein Blickfang. Und nach der Lektüre macht das Ganze wirklich einfach noch mehr Sinn. Cara im Bann der Raben, und mit dem Wissen, eine andere zu sein. Symbolisch sehr schön. Ich hatte dann noch den Drang, aus dem Cover einen Löwen herauszusuchen, habe ihn im Schattendasein von Schwarz und Weiß aber nicht gefunden. Zumindest könnte man mit vieeeel Fantasie (und die habe ich ja bekanntlich) Löwenzähne am Rand des Raben erkennen. :D

Fazit und Gedankenallerlei:

Ganz zu Anfang habe ich ein wenig gebraucht, um in die Geschichte rein zu finden, aber dann habe ich mich einfach von ihren eigenen Wegweisern leiten lassen, um zu entdecken, wo mich das Ganze hinführt. Und dieses “leitenlassen“ war es dann auch, was mir die Spannung der Jagd nach dem Geheimnis, oder den Geheimnissen, gebracht hat. Denn eines ist sicher. (Fast) jeder in diesem Buch HAT ein Geheimnis, und etwas, das er verbirgt. Das hat dann letztendlich dazu geführt, dass ich einen solchen Lesedrang verspürt habe, dass ich das Buch gar nicht mehr weglegen wollte. Ja, irgendwie möchte ich mich in diesem Buch suhlen, weil es einen alles vergessen lässt. Die Realität, und alles, was so um einen herum geschieht. Irgendwie ist es, als ob es einen Nebel auf das wirkliche Leben wirft, und man die Geschichte miterlebt, weil das Reale ganz weit weg hinter diesen Nebeln ist. Denn die Zeit der Aufnahmeprüfungen erscheint zum einen traumhaft, aber auch anstrengend und belastend. Man kann es nicht einteilen in schlecht oder gut. Alles ist zauberhaft, aber auch beängstigend, und das zugleich. Neu und aufregend, aber auch gefahrvoll. Denn wie schon erwähnt, diese Gefahr ist immer unterschwellig da und spürbar. Und trotzdem will man sich vollkommen reinstürzen in die Geschichte, und in die Prüfungen der Anwartschaft. Es ist beinahe wie ein Sog, der einen anzieht. Verführerisch. Und doch so, dass es einen verwirrt. Nicht nur prüfungsmäßig, sondern auch in Herzensdingen.

Wer sich unter Matching Night eine leicht flockige Collegegeschichte herbeisehnt, der wird überrascht sein. So wie ich. Locker flockig vielleicht eher nicht, doch die Collegegeschichte habe ich erwartet. Und natürlich spielt das Ganze an einer Universität. Doch was ich bekommen habe, das war noch viel besser. Denn schon bald wurde ich hineingezogen in etwas, das mir nicht geheuer war, und ein merkwürdiges Bauchgefühl verursacht hat. Sprich: Ich habe einfach mächtig mitgefiebert, und mitgeraten. Habe Theorien aufgestellt, die mehr oder weniger merkwürdig waren. Und grundsätzlich wusste ich GAR NICHT wem ich so vertrauen kann. Bravo! Dieses Buch hat mich in Misstrauens – und Paranoiatheorien geschoben :D. Am Anfang hatte ich gerade mal gar keinen Durchblick und habe einfach jeden verdächtigt und ihm misstraut, wie ich es eben gerne mal tue.

Dies ist eins der Bücher dessen wahre Identität sich erst am Ende offenbart. Under the surface quasi. Man erfährt, was sich im Hintergrund abspielt, wer ein Spiel spielt, wer sein wahres Gesicht zeigt, dass Menschen nur auf ihren eigenen Vorteil aus sind, und mit ihren eigenen Regeln spielen. So wurden geschickt in die Geschichte kleine Teile eingefädelt, die man fast hätte überlesen oder übersehen können, die aber zur Auflösung richtig wichtig sind. Denn die Abgründe und Geheimnisse die sich hier auftun, die sind fast so dunkel und schwarz wie Rabenfedern, und Rätsel und Geheimnisse müssen gelöst werden. Hier muss man ganz genau aufpassen. Wem gehört also die eigene Loyalität? Das ist ja immer so eine Sache. Dies kann abhängen von Freundschaften, aber auch Feindschaften, einem Gemeinschaftsgefühl der Zugehörigkeit, Schuld, Konkurrenzdenken, Leidenschaft, gar Erpressung, und anderen Gefühlen. Dabei ist es nicht so, dass die Leute im Buch hinter einer Maske leben, und so tun, als wären sie andere Personen. Es geht viel tiefer. Die Maske selbst ist es nicht, die verbirgt. Auch keine Lügen. Vielmehr ist es das Verschweigen von wichtigen Informationen, die das Ganze so gefährlich macht. Und so kann man auch nicht behaupten keiner sei ehrlich. Sondern eher, dass die Wahrheit einfach niemals ausgesprochen wurde. Und dieser Betrug wiegt dann meist mehr, und ist schlechter zu verkraften. Weil man einfach nicht selbst draufgekommen ist, die richtigen Fragen zu stellen, und man deshalb auch nicht weiß, wie der Angesprochene darauf reagiert hätte. Eins ist jedenfalls sicher. Wer die Welt der Ravens betritt, verlässt automatisch das normale Studentensein mit all seinen Problemen und der Normalität, und auch Langeweile. Das Ravenleben ist spannend, elektrisiert, ist aber auch gefährlich, und geheimnisvoll. Und so wie Cara als Anwärterin diese neue Welt erlebt, und zu eine anderen Cara wird, so erlebt der Leser parallel dazu eine Geschichte, die einen immer mehr in ihren Bann zieht.

Man traut Josh (Caras Lionmatch), dann wieder Tyler (Caras Kumpelfreund, oder doch nicht? Oo), und wieder Josh….. und das Vertrauen ändert sich von Seite zu Seite, schlingert, und wirbelt durchs Buch und die Gedanken wie ein Karussell. Nun ja. Wir fühlen wohl oder übel mit Cara, ohne mehr zu wissen, als sie. Wir sind immer auf demselben Wissensstand, erfahren nichts als Leser, das wir ihr voraushaben. Und können uns so tatsächlich besser in ihre Situation reindenken. Es ist diesmal etwas schwieriger darüber zu erzählen, aber das Buch lebt auch ein wenig von einer sich aufbauenden Atmosphäre der Spannung, aber auch des Vertrauens zwischen Cara und Josh, zwischen denen eine fühlbare Bindung entsteht. Je länger wir im Buch unterwegs sind, desto mehr sehen wir selbst etwas, das die Protagonisten anscheinend nicht so sehen, oder nicht wahrhaben wollen. Es gibt nämlich im Buch aber auch diese ironische Art von Witzigkeit, Humor, ja gar von ironischer Vertrautheit und Plänkelei. Die Chemie zwischen Josh und Cara ist einfach viel zu gut, als dass man sie ignorieren könnte. Oder hat das Ganze etwa gar nichts zu bedeuten, und ist nur Mittel zum Zweck? Und wenn, zu welchem Zweck überhaupt?

Bei diesem Buch verbirgt sich hinter der Maske der College- und Universitätsgeschichte einiges mehr, was man erst ergründen muss. Wir haben hier keine vor sich dahinplätschernde Liebesgeschichte, und trotzdem sind wir mit Emotionen umgeben. Hier kommen aber noch Misstrauen, Vertrauen, der Verlust dessen, und ganz viele andere Gefühle dazu. Und trotzdem büßt das Buch nichts an Spannung ein. Es hat ein wenig über die ersten Kapitel gedauert, aber dann war man sofort total von der Geschichte hypnotisiert, weil alles immer merkwürdiger wurde, und man alles, auch als Leser, hinterfragt hat. So ging es zumindest mir. Gefühlt hat man sich wie in einem Zwielicht aus Emotionen und Euphorie, aber auch Misstrauen, und dem Wissen, dass man einfach wirklich bis zum Schluss nicht weiß, WEM man eigentlich trauen darf. Was das mit unseren eigenen Leseremotionen macht? Wir misstrauen jedem Protagonisten :D . Ich habe quasi eine ganz andere Geschichte beendet, die ich begonnen habe. Und das Zwischendrin hat sich verändert, geändert, hat mich mitgenommen, und wurde immer verzwickter, verworrener, geheimnisvoller, und damit auch spannender. Denn dies alles meine ich im absolut positiven Sinne. So wie Cara nicht mehr dieselbe am Ende der Geschichte ist, so ändert sich die Geschichte mit ihr. Was auf Leserbasis vollkommen grandios ist. Denn man taucht ein in die Welt, nicht der Universität an sich, sondern die Welt der Ravens, mit all ihren Regeln, Prüfungen, und dieser unterschwelligen Bedrohung, von der man nicht weiß, wo sie herkommt, und von wem sie ausgeht.

Das Buch ist eine Mischung aus College, Geheimnissen, und einer Schnitzeljagd mit verschiedenen Aufgaben, wie auch immer diese aussehen. Ziel und Erfolg ist es, die Anwartschaft der Ravens als Phase zu überstehen, und Mitglied in der Verbindung zu werden. Die Geschichte entfaltet sich langsam, aber auch unterschwellig, und unmittelbar. Denn auf einmal ist man mittendrin in Geschehnissen, bei denen man sich fragt, was hier eigentlich los ist. Und das, obwohl man kurze Zeit vorher noch als normale Studentin einfach ein Zimmer zum Wohnen gesucht hat, und ich mir anfangs etwas ganz Anderes vorgestellt habe. Man muss bei der Lektüre genau aufpassen, jede Einzelheit einsaugen, weil sie so wichtig ist oder sein könnte. Es gibt Puzzlestücke zum Einsammeln, die ein Gesamtbild ergeben, welches sich uns aber einfach bis zum Schluss nicht zeigen will. Denn alles fügt sich wie von Zauberhand, so dass man schon beinahe vorsichtig werden sollte und stutzig werden könnte, weil einem plötzlich alles auf dem Silbertablett serviert wird.

Es ist vor allen Dingen aber auch ein Buch über Freundschaft. Seufz. Und wie ich das so sage, stimmt es auch wieder nicht, denn Freundschaftsbücher klingen natürlich immer harmonisch und vertrauenerweckend. Doch dieses Buch ist anders. Und das definitiv. Denn die Freundschaften in diesem Buch muss man erst finden, sie müssen sich aufbauen, sind einfach oder schon ewig da. Sind geheim. Überdauern alles. Sind intrigant. Hintergehen uns. Und irgendwie, weiß man gar nicht wem man trauen darf, und wem man trauen kann. Also ist es wohl viel mehr ein Buch über das Vertrauen in die Menschen um uns herum, wer vertrauen erweckt, ob wir denen vertrauen können, bei denen wir es schon ewig tun, oder denen, die wir erst kurz kennen. Was das Buch auf alle Fälle geschafft hat ist, dass es mich vom ersten Moment an paranoid hat werden lassen :D . Naja, okay, das mag nicht sonderlich toll sein. Aber was ich damit ausdrücken will ist, dass es eine Atmosphäre der Gefahr schafft, eine in der man nicht weiß wem man trauen soll, und irgendwie auch eine Atmosphäre der Bedrohung. So kam es mir auf alle Fälle vor. Und das, obwohl im Text wirklich gar nichts von offensichtlicher Bedrohung rüberkam, nein, sogar ganz im Gegenteil. Cara freundet sich mit den Ravens und anderen an. Und am Ende fragt man sich dann nur noch wem man selbst vertraut, und ob Cara ihr Vertrauen in die richtigen setzt. Was gibt es sonst noch so über das Buch zu sagen? Ach ja, das hätte ich beinahe vergessen. Es hat einen gaaaaaaanz fiesen Cliffhanger zu Band 2 :D. Man lässt jemanden im Dunkeln stehen, und sagt gerade so wenig, dass es nicht als Lüge gilt. Ganz im Sinne des Buches. :D

Das heutige Rezensionslied, bezieht sich dann auf den Untertitel. Denn ob man einen Feind küsst, oder nicht, das ist ja auch eine elementare Frage im Buch. Und im Gegensatz zum Liedtext kann man hier nicht so einfach am Kuss herausfinden, wie die wahren Gefühle des küssenden männlichen Wesens sind. Denn immerhin fragt das Buch ja, ob man den Feind küsst, oder den Freund, den Vertrauten…… oder wen überhaupt? O
o

„How 'bout the way he acts? Oh no, that's not the way. And you're not listening, to all I say.
If you want to know, if he loves you so…….it's in his kiss…..that's where it is……oh yeah.“

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Willkommen im Pompeji der Gegenwart, und gleichzeitig der Vergangenheit.

Dolce Vesuvio. Ein Italien-Roman.
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Dolce Vesuvio von Astrida Wallat

Jüngst war ich in Italien. Genauer gesagt in Pompeji. Ich streifte durch die antiken Anlagen, nahm die Gerüche, Geräusche, und das Leben um mich herum wahr, und auch auf. ...

Dolce Vesuvio von Astrida Wallat

Jüngst war ich in Italien. Genauer gesagt in Pompeji. Ich streifte durch die antiken Anlagen, nahm die Gerüche, Geräusche, und das Leben um mich herum wahr, und auch auf. In dieser Stadt, in der alles Leben vernichtet wurde, und in der heute doch so viel Leben sprießt. Ich habe die Atmosphäre des Landes und der Landschaft eingesaugt. Bin durch Geschichte gewandelt. Und habe teilgenommen an einem Alltag von Menschen, deren Leben so schnell ausgelöscht und unvorbereitet beendet wurde. Ich wurde Zeuge der letzten Sekunden im Leben von Menschen, die nur kurze Zeit später unter Lavagestein vergraben wurden, an giftigen Dämpfen erstickten, oder in heißer Lava verbrannten. Und trotzdem sah ich das Leben, das sie vorher führten, weil just diese Gegebenheiten des Vulkans dafür sorgten, alles zu konservieren, und zwar genau im Moment des Todes, der Zerstörung, und der letzten Lebensaugenblicke. Somit bekamen wir Menschen einen Einblick, der auf der Welt wohl einmalig ist. Einblicke in ein Leben vor fast 2000 Jahren, ohne Verfall. So wie es eben zur damaligen Zeit war. Ihr glaubt mir nicht? Nun gut. Ich muss zugeben, dass ich natürlich nicht körperlich in Pompeji stand (was wahrscheinlich momentan auch gar nicht sooooo wirklich möglich ist), aber das vorliegende Buch mich gedanklich genau an Ort und Stelle versetzt hat. Dazu nun mehr.

Die Geschichte, konserviert im Buch, um sie uns zu erzählen:

Carlotta, auch Lollo, oder manchmal gar von einem unverschämten Kommilitonen, wegen ihrer Locken, Salatkopf genannt, ist Archäologiestudentin, und bekommt die Möglichkeit, zu ihrer theoretischen Erfahrung nun auch Feldforschungserfahrung zu bekommen. Doch wie es das Schicksal so will, soll diese Erfahrung im antiken Pompeji gemacht werden. Und ist das nicht gut? Doch, natürlich ist es das. Italien. Dolce Vita! Moment mal….. da ist ja nur diese Sache, dass Lollos Mutter seit jeher eine Abneigung gegen Capri hat (warum das denn eigentlich?!). Aber auf die Mutter muss man ja eigentlich nicht hören, wenn man etwas wirklich will. Und dann schlägt das Schicksal nochmal zu, und schickt ihr ausgerechnet jenen unverschämten Kommilitonen mit in die Nähe Neapels, da dieser als Jahrgangsbester die Assistenz der Grabungsleitung übernehmen darf. Ausgerechnet Alessandro, der selbst Italiener ist, und mit seinem Charme zu spielen weiß. Zumindest bei allen anderen Frauen. Wie die beiden miteinander auskommen, ob Lollo ihn erträgt, was sie in Pompeji ausgraben, wie man italienische Lebensfreude erlebt, welche Personen noch mit Einzug halten, und warum Lollos Mutter Capri so gar nicht mag, aber vielleicht dann doch….. das ist die Geschichte, die ihr selbst ausgraben dürft, und die in einem kleinen Vulkanausbruch der Gefühle endet.

Cover:

Locker, sonnig, und mit Bild des Vesuvs, merkt man, dass man einen Italien Roman vor sich hat, der gleich gute Laune macht. Mir gefällt das Cover auf alle Fälle. Vielleicht auch, weil es an Zitronen, Sonne, und damit Sommer erinnert.

Fazit und Gedanken:

Dolce Vesuvio als Titel sagt so viel aus. Die Süße des Vesuvs, der für einige Menschen so bitter war, der Leben vernichtet hat, aber irgendwie auch wieder welches hervorgebracht hat in Form von einer wachsenden Natur. Kommt schon. Sowas kann man leicht als Symbolik für Erneuerung und Neuanfang sehen. Und vielleicht, aber nur vielleicht, ist das genau das, was unsere Titelheldin Lollo braucht. Neue Erkenntnisse, neue Sinneseindrücke. Und vielleicht muss manchmal erst ein Vulkan ausbrechen, und altes Leben vernichten, um etwas völlig Neues zu gestalten. Wie ein Leben, oder eben eine Landschaft. Die Geschichte ist zeitlos, genauso wie die Liebe, und das Leben, und diese beiden Dinge begleiten uns dann auch über die Jahrtausende hinweg, in verschiedenen Formen. Es ist keine reine Liebesgeschichte, so wie wir sie kennen. Aber es ist definitiv eine Geschichte über die Liebe. Und diese kann so viele Formen haben. Sie kann verborgen sein, oder erst ausgegraben werden. Im Stillen wachsen, oder ganz laut. Heimlich stattfinden, enttäuschen. Beim einen richtig sein, beim anderen falsch. Oder aus Vernunftgründen stattfinden. Alles in allem entscheiden unsere Liebesentscheidungen auch unsere Zukunft. Und auch darum geht es im Roman. Ein Roman über die Liebe zu Menschen, zu Italien, zum Vesuv, der Vergangenheit, oder einfach zu alten Ausgrabungen, und den Geheimnissen, welche sich darin verbergen. Und dann handelt das Buch natürlich noch von den Beziehungen, die wir aus Liebe eingehen, die wir eingehen, weil es unsere Pflicht ist, die wir eingehen weil…… das wissen wir selbst manchmal nicht..... die wir eingehen, obwohl wir wissen, dass es ein Fehler ist, die wir eingehen aus Liebe, aus Gewohnheit, und die wir eingehen, trotz, dass wir andere immer noch lieben und sie nicht vergessen können, und dass uns das Leben, oder manchmal die Vergangenheit, zuflüstert, was in Sachen Liebe für unser Leben richtig ist. Diese Konstellationen im Buch gefallen mir, weil sie so bunt durchgemischt sind, wie es nur das Leben schreiben kann. Und dieses Feiern des Lebens wird uns ganz bewusst, als uns im Buch der Spiegel dessen vorgehalten wird, was das Gegenteil des Lebens ist. Nämlich eine Katastrophe, die den Tod bedeutet, einen mitten im Leben ereilt. Und da wird einem klar, oder in diesem Moment spricht das Buch zu uns, dass das Leben zu kurz ist, um falsche Entscheidungen zu treffen, zu kurz um mit den falschen Menschen das Leben zu verbringen, zu kurz um nicht jeden Tag zu nutzen. Kann uns doch jeden Tag eine Katastrophe ereilen. Und auch wenn es kein Vulkanausbruch ist, so kann diese ähnlich explosiv in unser Leben eingreifen, und alles zerstören, was uns je nahe und lieb war. Ja, die Vergangenheit und die Gegenwart verschmelzen hier miteinander. Statt Romantik stellt das Buch sich eher den Fragen, ob diejenigen, mit denen wir zusammen sind, die richtigen Menschen für uns sind, und das, durch die Gezeiten hindurch. Von der Antike bis in die Gegenwart, und zwischendrin. Denn es ist keine dieser durchgehend und unentwegt romantischen Geschichten in einem Buch, welche sich dauerhaft mit romantischen Gefühlen und durchkommender Leidenschaft beschäftigen. Nein, darum handelt es sich hier wahrlich nicht. Und doch wurde es hier geschafft, dass es diese zarten Gefühle unterschwellig zu spüren gibt. Denn was das Buch hat, das sind MOMENTE. Zwischen all der Asche und dem Stein werden Momente ausgegraben, die es schaffen in genau diesem das zu sein, wofür andere Bücher all ihre Seiten brauchen. Und diese Momente, festgehalten und konserviert im Buch für die Nachwelt, werden ja symbolisch auch ausgegraben.

Ja, die Geschichte erscheint wie eine dieser lebensfrohen Komödien, die das Leben verehrt, und alles, was dieses Leben lebenswert macht. Verheimlicht dabei aber durch die Thematik von Pompeji auch nicht, wie bitter und schnell dieses lebenswerte Leben, mit all seinen Problemen aber auch Annehmlichkeiten, vorbei sein kann. Und alles läuft auf den Vesuv hinaus, diesen Vulkan, der die Süße des Lebens bringt, nachdem er so viel Tod geschaffen hat. So gesehen sehe ich darin eine kleine süße Lehre darüber, Respekt vor der Natur zu haben. Denn diese kann von einer Sekunde auf die andere nicht nur das eigene, sondern ALLE Leben verändern, und auch vernichten.

Diese Verwebungen von Vergangenheit und Gegenwart gefallen mir außerordentlich gut. Nicht nur, dass man das Buch, auch wenn es im Heute spielt, nicht direkt einer Zeit zuordnen kann. Es spielt nicht mit moderner Sprache, will nicht cool und hipp sein, maßt es sich aber auch nicht an, in solch einer alten Sprache zu uns zu sprechen, dass wir sie als heutige Leser und Menschen nicht mehr verstehen. Und genau diese Aussage finde ich schön. Das Buch spielt in der Gegenwart, und zeigt uns das pralle Leben mit einer Leichtigkeit, und ausstrahlenden Fröhlichkeit. Und somit auch, dass das Leben immer davon gehandelt hat, egal in welcher Zeitepoche man gelebt hat. Dieser Hauch der Antike ist gar nicht so antik, wie manch einer glauben mag. Zusätzlich erhalten wir noch ein kleines Hintergrundwissen zu einigen Geschichten der antiken griechischen Mythologie. Nicht im Detail. Aber so, dass man erahnen kann, warum die Menschen zur damaligen Zeit diese Geschichten in Freskenform um sich haben wollten (gefunden in den Häusern von Pompeji). Weil sie wohl in irgendeiner Form umgeben sein wollten von „Geschichten“. Und ja, wer könnte das besser verstehen, als Lesende?! Die Verknüpfungen sind also grandios gelungen. Und das nicht nur, weil ich Bücher eben liebe, die an antiken Handlungsorten spielen. Was aus meiner Liebe zu den antiken Handlungsorten an sich liegen mag :D. Man wird eingesogen in die Welt des Buches, und somit ein bisschen auch in die Vergangenheit der Geschichte, und der Geschichten in ihr.

Und wie einen Vulkan kann man auch Lollos Liebesleben sehen. Die Stille des ruhenden schlafenden Vulkans ist das, was sie mit Stoffel (schon wieder so ein Spitzname :D), ihrem Freund in Deutschland, erlebt. Sicher, nett, lieb…. Aber eben auch ohne vulkanischen Ausbruch und Leidenschaft. Was dies genau bedeutet lernt sie in der Kunst des Daseins und des Lebens in Italien. Und schon rumort das Liebesleben, es bebt, und man spürt, dass es sich bis ans Ende zu einem Ausbruch der Spannung aufbauen wird. Trotzdem. Lollo lernt natürlich nicht nur von den Menschen der Gegenwart, sondern auch aus der Vergangenheit. Und ganz besonders von den Menschen, deren Vergangenheit schon weit zurückliegt. Die damals ebenso wussten, wie leidenschaftlich sie ihr Leben verbringen mussten. Und das im Angesicht dessen, was ihr Leben so jäh beendete. Einem Vulkan.

Der Schlagabtausch, der immer dann auftaucht, wenn Lollo und Alessandro aufeinandertreffen, macht ein wenig den Reiz der Geschichte aus, davon lebt sie. Lollo Rosso oder Salatkopf, Alexander der Große. Mit Namen und Namensbedeutungen wird hier gespielt. Ich hatte bei der Lektüre an diesen Stellen eine Menge Spaß. An vielen Stellen gibt es diese bildhaft beschriebene Situationskomik, die uns daran teilhaben lässt, gleichzeitig Augenrollen und Schmunzeln wahrzunehmen, weil es gar nicht anders geht. Die Macken der Figuren sind liebenswert, und nicht nervend. Tjaaa. Manchmal sogar mit Dingen aus unserem alltäglichen Leben vergleichbar. Auch fühlt man sich in der Gruppe der Archäologen wohl, weil sie alle bunt durchgemischt sind, und nicht blass bleiben, selbst wenn sie nur kurz erwähnt werden. Unndddd…Es gibt über jedem Kapitel eine schöne lateinische Weisheit, die zum Kapitel passt, und uns netterweise auch noch ins Deutsche übersetzt wird. Es gibt ständig, und das Buch ist durchzogen davon, Anspielungen auf Namen bekannter Römer, Dichter, antiker Geschichte, Götter, und Ereignisse einer Zeit, die trotzdem jeder versteht, der sich für Geschichte und Archäologie interessiert.

Wäre ich in einem Fantasyroman, dann würde ich besonders die tolle Anschauung der Welt im Buch begrüßen und loben. Da ich mich aber im Buch in Italien befinde, würde ich das Ganze trotzdem beibehalten, und die Autorin loben, dass sie etwas so wundervoll beschrieben hat, dass man gerne sofort in einen Flieger steigen würde, um durch die Ruinen von Pompeji zu wandeln, um alles mit eigenen Augen zu sehen. Trotzdem schafft die Sprache im Buch zusätzlich, dass die Bilder im Kopf sich zumindest so bilden, dass man eine Vorstellung von Land, Leuten, und Landschaft bekommt und hat. Tatsächlich spürt man wirklich fast die Wärme der Sonne auf der Haut, die gnadenlos auf einen scheint, während man durch antike Ruinenanlagen läuft, oder dort gräbt, den Staub unter den Füßen, und das Gefühl, etwas zu betreten, und dort zu laufen, wo schon vor fast 2000 Jahren Menschen gelaufen sind. Und ich kann es nicht anders sagen: Ich habe mich im Buch, in der sommerlichen Atmosphäre Italiens, und gleichzeitig in den alten Ruinen, die doch noch zu uns sprechen, wohlgefühlt. Tatsächlich ist es so, dass man vollkommen von der Atmosphäre eingefangen wird, sich während des Lesens in Pompeji befindet, und nicht nur dort. Auch in Neapel, in den Straßen der Stadt, und dies alles mit dem Blick auf den Vesuv. Dieser Naturgewalt, die so viel Nutzen, aber auch so viel Leid bringt. Bringen kann. Gebracht hat. Wieder bringen könnte? Locker flockig von seiner Sprachwahl, macht es einem unheimlich Spaß, das Gelesene quasi mitzuerleben.

Das Schöne ist, dass sich hinter einem beschriebenen Italienroman nicht nur das verbirgt, was draufsteht. Wir müssen graben, pardon, uns durch das Buch hindurchlesen, um die Geschichte zu erfahren. Und es ist eine schöne Geschichte, eine die nicht nur von unserer Gegenwart zeugt, sondern durch das Thema und den Handlungsort auch ein wenig einen Hauch von Vergangenheit in sich hat. Die Liebe zur Archäologie, die Liebe zur Antike, Archäologie, Geschichte, zu Vergangenem, ist unumstößlich in fast jedem Satz zu finden. Grabungsanlagen entscheiden oft selbst, was sie uns heutigen Menschen von sich und der Vergangenheit preisgeben. Sie entscheiden nicht nur, was es zu sehen gibt, sondern auch wann sie sich offenbaren, und etwas ans Tageslicht fördern. Etwas, das uns die Vergangenheit näherbringt, und uns so manches Ding oder eine Erkenntnis zeigt, die bis ins Heute reichen kann, und meist auch tut. Ein bisschen auf dieser Schiene ist der Roman aufgebaut, denn neben der locker fröhlichen Grabungsgeschichte in Pompeji, geht es auch immer ein wenig um die Vergangenheit von Lollos Eltern. Und die Thematik, die alle Menschen durch alle Zeiten hindurch verbindet, nämlich die Liebe. So kann eine Ausgrabung sehr lange dauern, bis sie zu einem Erfolg kommt, eine Liebe aber genauso. So würde ich den Roman nicht unbedingt ins Liebesgenre einordnen, aber trotzdem behaupten, dass Gefühle und Liebe vorkommen. Eben vergraben unter einer Schicht aus Worten, viel Wortwitz, und Plänkeleien, die einfach nur göttlich sind, um beim Thema der alten Götter der Antike zu bleiben. Und so buddelt der Leser sich durch das Buch, was ihm allerdings ungemein leichtfällt, so wie der Archäologe sich durch den Sand und die Ascheschichten von Pompeji gräbt, um Geheimnisse der Vergangenheit zu finden. Mir gefällt das alles. Auch, dass es keine Geschichte ist, wie eine dieser tragischen Familiengeschichten, oder einfach rein auf das Thema Liebe bedacht. Es ist eine Geschichte, die vom bunten Leben erzählt. Und da gehört nun mal einiges dazu, um so ein Leben als schön zu beschreiben. So wird parallel zu einer Ausgrabung auch etwas Anderes ausgegraben. Ein neues Lebensgefühl, die eigene Geschichte der Familie? Ein kleines Geheimnis? Die Wandlung von Lollo? Ein bisschen italienische Lebensfreude? Oder gar alles? Das Schöne am Buch ist diese Klarheit, die uns vermittelt, was Archäologie bedeutet, und dass es nicht einfach nur das Ausgraben von alten Dingen ist. Dem kann ich als Archäologieliebhaber natürlich nur zustimmen. Und wie könnte man anders? Steht das Ganze doch für Erhalt und eine Einsicht in eine Zeit, sie uns so fremd scheint. Wie eine schützende Blase, etwas, das bewahrt hat, wo anderes zerfallen ist. Etwas das überdauert hat, aufgrund dessen, was es zerstört hat. Wir finden im Buch nämlich nicht nur die Liebe zu Ausgrabungen und Archäologie, sondern auch ein wenig die Liebe zu Pompeji an sich. Und wer es nicht liebt, wird es vielleicht nach der Lektüre lieben, oder es zumindest gerne mal näher in Augenschein nehmen. Denn ein kleiner Bonus des Buches ist, dass wir viel über die Arbeit eines Archäologen erfahren, und sehr viel an Infos über Pompeji, die Ausgrabungen, die Gebäude, die Menschen, die Anfänge, die Entdeckungen, das Leben und die Tragödien…….. und alles, was diese Stadt unter der Ascheschicht ausgemacht hat und immer noch ausmacht.

Das heutige Rezensionslied hat mit Pompeji erstmal eines gemeinsam, nämlich seinen Namen. Und trotzdem beschreibt es auch eine Zerstörung, und die Vorstellung, dass man sich Bilder im Kopf zusammenreimt, wie etwas gewesen ist, und dass die Vergangenheit sich oft nicht so sehr von unserer Gegenwart unterscheidet:

„And the walls kept tumbling down, In the city that we love. Grey clouds roll over the hills, bringing darkness from above.

But if you close your eyes, does it almost feel, like nothing changed at all? And if you close your eyes, does it almost feel, like you've been here before?“

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Veröffentlicht am 20.02.2021

Auf auf in die wundervolle Welt voller Wunder.

Juno und die Reise zu den Wundern
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Juno und die Reise zu den Wundern – Eine fabelhafte Geschichte von Judith Hoersch

Ach ja. Das Angepasstsein. Eines meiner Lieblingsthemen….NICHT. Oder doch? Vielleicht schon. Es ist ein zwiespältiges ...

Juno und die Reise zu den Wundern – Eine fabelhafte Geschichte von Judith Hoersch

Ach ja. Das Angepasstsein. Eines meiner Lieblingsthemen….NICHT. Oder doch? Vielleicht schon. Es ist ein zwiespältiges Thema in meinem Kopf. So richtig angepasst war ich nie. Und je nach Lebenszeit, in der ich mich gerade befand, war es mal mehr, und mal weniger, abwesend. Doch das Träumerische und Unangepasste habe ich mir bewahrt. Genauso gerne wie Geschichten über Leute zu lesen, die sich nicht anpassen. Die Träumer dieser Welt. Die anders sind. Andersartig. Die sich abheben von der Masse, und auch Dinge anders anpacken, als der Rest der Menschheit, die in ihren Fakten und der vollen wissenschaftlichen Realität leben. Für mich sind Träumer faszinierend. Besonders. Schaffen sie es doch, sich nicht unterkriegen zu lassen von den Blicken, die ihnen zugeworfen werden, ob ihrer anderen Art, und den Augenverdrehern, die mit diesen unrealistischen Menschen nichts anfangen können. Die sie sogar oftmals als naiv hinstellen, obwohl sie mehr Fantasie im Kopf haben als andere. Es ist also natürlich kein Wunder, dass ich just im ersten Kapitel, die gute Juno schon so kennengelernt habe, das sie mir ans Herz gewachsen ist. Womit wir schon beim Thema des Buches wären.

Die Geschichte, die das Buch uns zuflüstert:

Es geht im Großen und Ganzen um Junos Lebensreise, von der Kindheit, über die Jugend, bis zur jungen Erwachsenen. Es geht ums Loslösen, Loslassen, aber auch finden. Was auch immer gefunden werden will. Denn dieses Such- und Findespiel führt Juno über verschlungene Wege über die ganze Welt, bis zur Erkenntnis. Juno selbst ist eine wahrhafte Träumerin, was sich in einer Kindheit voller fantastischer Träume, notierten Geschichten und Büchern fantasievoller Erlebnisse spiegelt. Dass sie als Kind nicht ganz ernst genommen wird, und Schwierigkeiten hat, sich unter den Menschen zurechtzufinden, die sie zum einen nicht so annehmen wie sie ist, oder sie gar einfach meiden, das ist klar. Ob Juno nun ihr ganzes Leben lang die schüchterne Außenseiterin bleibt, die nur in ihren Träumen lebt, ob sie Jemanden findet, der genauso in Träumen lebt, wie sie es tut, und ob man nicht auch ab und an mit offenen Augen träumen darf, ohne zu träumen, das zeigt uns die Geschichte. Der Wegweiser sind zwei Goldringe um Junos Hals. Nur was ist das Ziel am Ende des Weges?

Cover und Gestaltung:

Zur Gestaltung ist zu sagen, dass nicht durchgehend, aber ab und an schöne Bilder im Buch enthalten sind, die uns bei der Reise begleiten, und zusätzlich zum geschriebenen Kopfkino noch visuelles beisteuern. Das Cover selbst ist mit Sequenzen aus der Geschichte gespickt, die alle in ihrer Einzelheit wichtig sind, und durch die Geschichte leiten. Denn alles hat eine Bedeutung. Sogar die Schuhe :)

Fazit und Gedankenkarussell:

Wer nüchtern denkt und Fakten liebt, wird am Buch vielleicht nicht viel Freude haben (oder vielleicht doch?!). Dies ist ein Buch für Träumer, und man muss sich nicht nur darauf einlassen, sondern auch auf die Schreibweise, die alles umschreibt, aber keine genauen und spezifischen Angaben macht. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Aber wer kurz seinen Denkapparat, das Denken ausschalten kann, der wird verstehen, was mit dem Buch gemeint ist. Das Buch ist besonders, und speziell geschrieben, und man muss sich erst eingewöhnen. Aber wie in allen Dingen sollte man vielleicht nicht gleich aufgeben, sondern auch hier die Augen öffnen, oder die Ohren, um zu hören, was uns die Geschichte zu sagen hat. Denn manchmal findet man auch in kleinen Dingen unheimlich viel Glück, wenn man auch hier wieder genau hinsieht/hinhört. Denn wir finden Fabeln, Gleichnisse, Metaphern und Symbolik. Und ein wenig umweht die Geschichte auch der Wind des Schicksals. Alles findet statt, wie es stattfinden soll, alles hat seine Zeit, und passiert, wenn es für uns vorgesehen ist. Auch die Liebe. Manche Dinge brauchen und benötigen eben Zeit und Umwege. Einiges muss erlebt sein, um anderes erleben zu können. Und mit Ungeduld sollte man nicht durchs Leben gehen. Weisheit findet man deshalb auf jeder Seite des Buches. Und auch wenn es nicht viele Seiten hat, so habe ich das Buch nicht an einem Tag lesen können, weil jede Botschaft darin sich erst mal setzen musste, um seine Wirkung zu zeigen. Trotzdem haben die Ansätze der Gedanken mir sehr gut gefallen. Was das Buch mit dem Kopf und den eigenen Gedanken macht? Es schickt uns auf eine eigene Reise in der eigenen Vorstellung, mit eigenen Lektionen für sich selbst. Nimmt uns trotzdem auf seine eigene Reise mit. Eine eigene Reise in der eigenen Reise eines anderen. Verständlich? :D

Und auch wenn sich manche Realisten ständig fragen würden, woher Juno das Geld zum Reisen hat, ob sie keinen Job hat, oder einen, der ihr so lange Urlaub gibt, wie sie dies alles mit ihrer Wohnung hinbekommt, ob sie nicht weiterhin Miete zahlen müsste und…..überhaupt. Mit all diesen Fragen wäre das Buch nur halb so schön, und würde eine Menge seines Zaubers verlieren. Deswegen sollte man sich einfach fallen lassen, die Gedanken der rauchenden Köpfe und realitätsnahen Fragen sein lassen, und genießen. Denn ja, manchmal denken wir zu viel. Wie es eben im einem Land der qualmenden Köpfe üblich ist. Land der was? Ach so. Die Reise um die Welt ist fantasievoll, und in einer Sprache beschrieben, die nicht mit der Realität zu vergleichen ist. Statt mit Fakten zu arbeiten, und alles so zu benennen, wie es in der Realität heißt, reist Juno um die Welt in Länder, deren Merkmale sie ausmachen. Wer dann wirklich wissen will, wo er mit seinen Gedanken war, der kann im Buch hinten schauen. Denn dort gibt es eine Weltkarte von Junos Reise, gepaart mit den Namen der Länder aus der Geschichte. Diese symbolisch faktische Kombination schafft es auch, dass sich unweigerlich Bilder im Kopf zusammensetzen, weil man denkt, man wüsste in welchem Land man sich befindet. Diese aber dazu noch so wunderbar beschrieben sind, als wäre man direkt da. Menschen, Gerüche, Landschaften, Tätigkeiten. Alles ist da. Wir lesen von Häusern die nicht fliegen können, Städten die schielen, Länder der runden Brote, runden Fahnen, 1001 Gerüche, oder der qualmenden Köpfe als Beispiel. Diese Ausdrucksweise ließ mich schmunzeln. Und am Ende ist das Buch vielleicht auch so etwas wie eine Liebeserklärung an unseren Planeten Erde mit seiner Vielfalt und Schönheit, seinen unterschiedlichen Facetten. Vom Meer in all seiner Vielfalt, von stürmisch rau bis still wärmend und einladend, über karge Berglandschaften, bis zur Wüste, den Wäldern und Feldern, dem Himmel mit seiner Weite, grüne Wiesen, Berge und Täler, Felslandschaften, Dschungel, den Blumen in aller Farbenvielfalt und den farbenfrohe Pflanzen. All dies kann man ja auch nur als Wunder ansehen. Und mit der Erkenntnis, dass uns die Welt so viele schöne Dinge zeigt, kann man dann vielleicht auch die Augen dafür geöffnet bekommen, dass es auch vor der eigenen Haustür Wunder und Schönes zu sehen gibt, wenn man nur genau hinschaut. Das alles bringt neue Sichtweisen auf das Leben, und nach jeder Begegnung mit einem Menschen lernt Juno eine wichtige Lektion über dieses Leben, und die Formen von Glück. Und das Tollste ist, dass Juno diese Lektionen nicht nur mit ihrem Notizbuch teilt, sondern auch mit uns. Und wir so ebenso aus den Begegnungen lernen. Es scheint wie ein innerer Kompass zu sein, der Juno führt. Jedes Land bringt eine Lektion, die zu einer neuen Erkenntnis führt, und in ein weiteres Land. Dabei ist genau diese Reihenfolge wichtig. Wer auch immer diese festgelegt hat, es macht Spaß sie genauso zu lesen. Denn eines führt zum anderen, folgt einem Ziel, aber nicht mit Hast. So, dass der Weg auch zum Lernen, und als Ziel zum eigentlichen Ziel angesehen werden kann. Wir tauchen in jede Menge philosophische Gedanken ein, reisen dem Glück hinterher, aber auch ihm entgegen, und lernen auf dieser Reise die Welt und die Menschen in ihr kennen. Länder voll Lächeln und Freude, aber auch Melancholie. Es gibt so vieles zu lernen in dieser Welt. So wird alles zu einem riesigen Abenteuer, einer Schatzsuche. Und das alles durch unsere Welt hindurch. In der es doch keine Abenteuer und Schätze und Wunder geben kann? Aber wer sagt das eigentlich?!

Das Buch lehrt uns auch, dass wir mit offenen Augen durchs Leben gehen, Dinge wahrnehmen, alles um uns herum in uns aufnehmen sollten. Denn wenn dem nicht so wäre, könnte man die Wunder der realen Welt glatt verpassen, vor lauter Realität ODER Träumerei. Und Träumerei und Fantasie können auch ein guter Start in ein Leben voller Träume sein, welches man real verwirklichen und leben darf. Es ist wie eine Reise zu sich selbst, eine Loslösung von der Traumwelt eines jeden, ohne sich von der Traumwelt gänzlich zu lösen. Eine Verbindung zwischen Leben, Realität, und den Träumen, dem Glück, das man auch als Träumerin darin finden kann. Und damit auch ein bisschen das Verlassen, das Ausbrechen, aus Sicherheit und Schutz seiner Fantasieblase, rein in die Gefahr der Realität, mit all ihren Menschen, die einem Angst machen können, weil sie so anders sind, als man selbst. So baut der Roman aufeinander auf, in den Träumen, von den Träumereien, in ein Leben mit Träumen, dann ohne Träume, und dann mit der Erkenntnis, dass alles parallel existiert… Traum und Wirklichkeit. Wenn man es nur zulässt, und nicht stillsteht und sich versteckt vor der Welt, die voller Wunder ist. Denn selten habe ich solch ein kleines Buch gesehen, das so viel Wahrheit und Inhalt erzählt, da fast jeder Satz wunderschön und wichtig zu sein scheint. Es ist kein langes Buch, kurz von den Seiten, aber auf keinen Fall nur kurzweilig, denn es macht nachdenklich auf seine ganz eigene träumerische Art und Weise, und behält seine eigene Ernsthaftigkeit.

Ich habe das Gefühl, dass es gerade in unserer heutigen schnelllebigen Zeit Dinge braucht und benötigt, die uns zum Träumen einladen, und damit alles Schnelllebige etwas entschleunigen. Und dieses Buch ist so ein Weg, heraus aus unserer analytischen, und oftmals etwas kalten Welt, voller Fakten und überhöhten Erwartungen. Es spielt in genau dieser Welt, ohne uns hinabzuziehen in die Realität, denn es legt seinen Schutz der Traumwelt von Juno beim Lesen über uns, so, dass wir zwar beobachtend mit Juno agieren, und trotzdem mit ihr die schönen Tramwelten erleben, ohne die Belastung der realen Welt zu haben, aus der wir mit der Lektüre vielleicht auch versuchen ein wenig zu entfliehen. Der Reiz ist die Mischung aus Realität und Träumerei, aus Wirklichkeit und fast schon märchenhaftem Erzählen. Gerade diese Atmosphäre erlaubt es einem wunderbar abzuschalten, auch gerne den Verstand, und abzutauchen, und so die Welt um einen herum glücklicherweise zu vergessen. Ist diese doch gerade nicht wirklich soooo traumhaft. Und just in einer Zeit, in der nicht viel Platz für Träume in der Realität bleibt, ist es wunderbar zu wissen, dass uns eines keiner nehmen kann. Nämlich unsere Fantasie, und damit die Gedanken, mit ihr um die Welt zu reisen. Selbst, wenn es nur in unserem Kopf ist.

Das Buch kommt also ganz ohne magische Welt klar, in die erst eingetreten werden darf, wenn man sie findet. Oder halt. Ist es nicht viel eher so, dass diese reale magische Welt parallel zu unserer existiert, sich über sie drüberlegt, und eben nur von denen gesehen werden kann, die ihre Wunder auch wahrnehmen? Und das ohne durch ein Portal zu schreiten, sondern einfach nur mit offenen Augen durchs Leben laufen? Die Normalität der Dinge wird hier auf solch herausragende Weise märchenhaft dargestellt, dass man sich in einer Halbwelt aus Realität und Traum befindet. Wie ein Märchen für Erwachsene, auf der Suche nach…..der wahren Liebe, wie im Märchen? Es ist ein bisschen wie eines, das uns durch eine Fantasiewelt führt, die gar keine sein sollte, da sie unsere normale Welt ist. Und doch. Wenn man sie durch Junos träumerische Augen sieht, ist es eine Welt voller Fantasie. Hinter der Normalität der Städte wird gezeigt, dass mit dem richtigen Blick und einem großen Maß an Fantasie jedes Leben wundervoll fantastisch und märchenhaft sein kann. Das Ganze ist eine kleine Ode daran, auch als Erwachsener ein Kind im Kopf zu bleiben. Denn daran ist überhaupt nichts Schlimmes. Wir verlieren im Laufe der Zeit unsere Fantasie, und ersetzen sie gegen das Hamsterrad des Lebens, das Erwachsensein, die „qualmenden und rauchenden Köpfe“. Wir nehmen alles ernst, und haben weniger kindliche Freude, und erfreuen uns nicht mehr über die Wunder des Lebens, die kleinen Dinge, die uns Glück bringen, und als Kinder genau diese Freude bereitet haben.

Was wundervoll hervorgehoben wird ist die Einzigartigkeit von Juno. Sie ist nicht wie die anderen, und das in einer Welt, in der alle gerne gleich sind, und sich sogar schämen, wenn sie anders denken, anders aussehen, oder anders agieren möchten. Sie unterdrücken dann lieber ihre Wünsche und Träume, um weiterhin zu der Masse von Menschen zu gehören. Sie sind hastig, zu sehr auf sich besonnen, als dass sie die Welt um sich herum wirklich wahrnehmen. Da sie nur auf sich fixiert sind, in ihrem Kreis aus Realitätsdingen, bemerken sie nicht die Wunder, die um sie herum geschehen. Juno ist NICHT so. und das ist natürlich erfrischend anders. Zeigt es uns doch, dass jeder so sein sollte, wie er es sich für sich selbst wünscht, und wie er glücklich ist. Selbst wenn die anderen ihn dafür komisch anschauen, oder ihn merkwürdig finden. Es scheint als seien die Menschen so abgelenkt von den Kleinigkeiten im Leben, die das Leben darstellen, und zwar durch ihre Pläne, ihre Tagesplanungen, ihre Ziele im Leben, im Beruf, in der Karriere, im Weiterkommen, und das so sehr, dass sie doch fast vergessen zu leben, sich treiben zu lassen. Und Juno ist stille Beobachterin. Das Buch ist bunt, in einer farbigen Sprache geschrieben, die einem sofort genau diese buntfarbigen Bilder in den Kopf setzt. Wir erfahren Dinge über Juno im Erzählstil. Sie erzählt uns ihre Geschichte nicht selbst, sie wird uns erzählt. Und trotzdem bleibt Juno uns nicht fremd, ihre Abenteuer uns nicht fern. Und so beginnt eine Reise auf der Suche nach dem Einen, der Juno so nimmt, wie sie ist, der sie liebt, mit all ihren Worten, ihren Eigenheiten, und allem. Juno sucht nach dem einen Menschen, der sie versteht, der ihren Weg mit ihr geht, der die Welt so sieht wie sie, und nicht bloß ein Jemand ist, der einen begleitet und einem Schmetterlinge in den Bauch zaubert, einen aber nicht versteht, und die Sichtweise auf die Welt, die man sein eigen nennt, erst recht nicht. Unweigerlich kommt dabei die Frage auf, wie viele von uns mit Menschen zusammen sind, die uns zwar begleiten und uns ein kribbelndes Gefühl im Leben bereiten, die uns innerlich aber gar nicht wirklich ähnlich sind, oder uns gar wirklich verstehen, und das wortlos. Dies ist das Wunder der Geschichte, die Suche nach Etwas, das es vielleicht nicht gibt. Und wenn doch, dass es dann wunderbar, wundervoll, und eben ein Wunder ist. Ein Buch zum Eintauchen der Fantasie und Tagträumereien, der Wunder, Träume, und Hoffnungen, in das man sich einfach nur fallen lassen möchte. Eine wundervolle Ansammlung von Verrücktheiten, in der Welt gerne auch als Unsinn verteufelt. Aber muss immer alles Sinn machen, und kann der Sinn nicht daraus bestehen, die Welt durch wundervolle Verrücktheiten ein wenig schöner und lockerer und fröhlicher zu machen? Und ja, irgendwie ist es natürlich auch ein Buch über Jemanden, der sich zwischen den Seiten eines Buches, zwischen Buchstaben die Geschichten ergeben, anfänglich wohler fühlt als in der realen Welt. Und als passionierte Leserin, die sehr früh damit angefangen hat, kann ich diese Denkweise von Juno eben sehr gut nachvollziehen. Auch wenn ich weiß, dass sie nicht immer richtig für das Leben „da draußen“ außerhalb der Bücher ist. Denn Bücher können Frieden für einen selbst, Flucht, Glück, und ganz viel Abenteuer bedeuten. Oder eben Wunder.

Das Buch zeigt, dass Menschen, die wenig haben und brauchen, oft glücklicher sind, als die die immer mehr haben wollen, und niemals genug haben. Und dieses Glück unter der Oberfläche der Wirklichkeit zu finden. Ein Glück, das dem Alleinsein entflieht, und eine andere Hälfte seiner selbst sucht, die einen reich macht. Die Geschichte wirkt wie aus der Zeit gefallen, und das meine ich positiv. Sie könnte genauso gut im Heute stattfinden, aber auch aus vergangenen Zeiten stammen. Und es zeigt sehr schön auf, dass, wenn man sich richtig fallen lässt, sich in eine Situation hineindenkt, mit dem Herz und nicht mit dem Kopf, dann kann fast alles zum Traum werden. Und so scheint es wirklich, als ob wir uns beim Lesen mitten in einem Traum befinden, der doch irgendwie in der Realität spielt, die uns aber zum Glück nicht ihr wahres reales Gesicht zeigt. Sie läuft nebenher und scheint durch, obwohl man in einer Gedanken– oder Traumwelt, weit weg von der Realität des Lebens, ist. Voller Träumerei, Phantastereien und Gefühlen. Man darf nicht nur an das glauben, was man sieht.

Heutiges Rezensionslied? Natürlich eines über Wunder!:

„Viele Menschen suchen, jeden Tag auf's neu, jemand, der sein Herz Ihnen gibt.
Und wenn sie schon glauben, er kommt nie vorbei, finden sie den einen, der sie liebt.

Wunder gibt es immer wieder. Heute oder morgen, können sie geschehen.
Wunder gibt es immer wieder. Wenn sie dir begegnen, Musst du sie auch sehen.“

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