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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.04.2019

Hitze am See

Lago Mortale
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Der ehemalige Polizeireporter Simon Strasser hat seinen Beruf in Frankfurt am Main aufgegeben und lebt seit einigen Jahren in Italien direkt am Lago d‘Orta. An einem sehr heißen Augusttag sieht Simon auf ...

Der ehemalige Polizeireporter Simon Strasser hat seinen Beruf in Frankfurt am Main aufgegeben und lebt seit einigen Jahren in Italien direkt am Lago d‘Orta. An einem sehr heißen Augusttag sieht Simon auf dem See eine führerlose Segelyacht treiben. Kurzentschlossen paddelt Simon zur Yacht und findet dort den jungen Fabrikantensohn Marco Zanetti tot auf. Es ist nicht klar zu erkennen, ob es sich um einen Unfall an Bord oder vielleicht um einen Mord handelt. Zanetti ist als sehr erfahrener Segler bekannt. Die Polizistin Carla Moretti nimmt die Ermittlungen auf und bittet Simon sie zu einer Befragung zu begleiten, bei der ihr seine Deutschkenntnisse helfen könnten. Simon hatte Carla vor einiger Zeit bei der Aufklärung eines anderen Falles unterstützt, so dass er nun einen Einblick in die Ermittlungsschritte hat und sich selbst seine Gedanken dazu macht.

Besonders die erste Hälfte des Buches ist geprägt von Beschreibungen der Landschaft, des Sees und den angrenzenden Ortschaften. Die Autorin, die selbst am Ortasee lebt, kann ihre touristischen Wurzeln nicht verbergen. So passiert zum eigentlichen Fall nicht viel, aber wir erfahren einiges über den See, das Wetter, Historisches sowie Feste und Gastronomisches rund um den wichtigen Feiertag Ferragosto.

Auch wenn zum Schluss hin die Spannung anzieht, war es für meinen Geschmack einfach zu wenig Krimi. Mich hat es zwar nicht ganz überzeugt, ich glaube aber trotzdem, dass Giulia Conti mit ihrem Simon Strasser ein guter Charakter gelungen ist und somit den Einstieg zu weiteren Krimis rund um den Lago d‘Orta. Leser von Krimireihen mögen die Entwicklung der Personen und die Einbindung in regionale Gegebenheiten.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Eine spannende Nacht

Kaschmirgefühl
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Bei der ursprünglichen Leseprobe bin ich davon ausgegangen, dass der Telefonanruf bei einer Sexhotline nur der Einstieg in eine Liebesgeschichte ist. Dass der komplette Inhalt aus diesen Telefongesprächen ...

Bei der ursprünglichen Leseprobe bin ich davon ausgegangen, dass der Telefonanruf bei einer Sexhotline nur der Einstieg in eine Liebesgeschichte ist. Dass der komplette Inhalt aus diesen Telefongesprächen besteht, fand ich erstmal sonderbar. Doch ganz schnell hat mich dieser Dialog in seinen Bann gezogen. Neben dem Geplänkel gab es immer wieder Überraschungen und Wendungen, so dass ich bei jedem Ende eines Gesprächs schon wieder auf das nächste gespannt war.

Bernhard Aichner hat mit Gottlieb und Marie zwei richtige gute Charaktere geschaffen, die ich beide liebgewonnen habe: Gottlieb mit seiner zweifelnden, schüchternen und manchmal fordernden Art und besonders Marie, die frech, neugierig, humor- und auch liebevoll rüberkommt.

Ich muss zugeben, dass ich sehr neugierig wäre, wie diese Geschichte weitergeht. Es würde aber keinen Sinn machen: die Geschichte ist genau bis zu diesem Punkt perfekt, stimmig und hat mich richtig gut unterhalten. Sie braucht keine Fortsetzung im Alltag. Dieser spritzige Dialog lies mich schmunzeln, lachen und hat mich berührt. Ich fand es wirklich amüsant, die beiden durch diese lange Nacht zu begleiten. Dieses Buch ist auch optisch eine Besonderheit und mein erstes Lesehighlight in diesem Jahr dem ich sehr gerne fünf Sterne vergebe.

Veröffentlicht am 10.03.2019

ungewöhnlich

Stella
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Die Vorstellung ist ungewöhnlich, dass man im Jahr 1942 ausgerechnet in Berlin einen Urlaub bzw. einen längeren Aufenthalt verbringen will. Es zeigt, dass der junge Schweizer Friedrich in seinem reichen, ...

Die Vorstellung ist ungewöhnlich, dass man im Jahr 1942 ausgerechnet in Berlin einen Urlaub bzw. einen längeren Aufenthalt verbringen will. Es zeigt, dass der junge Schweizer Friedrich in seinem reichen, wohlbehüteten Elternhaus wenig von den katastrophalen Gegebenheiten in Europa mitbekommen hat.

Ich hatte noch nie von Stella Goldschlag gehört und auch nichts darüber, dass es sowas wie Greifer unter der jüdischen Bevölkerung gab. Für mich ist es legitim, dass man rund um eine reale Person einen solchen Roman entwirft. Tatsächlich ist diese Begegnung mit Stella und diese Liebschaft in Luxus und abseits der Kriegsumgebung das, was Friedrich in Berlin gesucht hat.

Ganz unangenehm berührt bin ich von den vielen, sehr negativen Rezensionen. Speziell diese aggressive und beleidigende Wortwahl finde ich wirklich unschön. Diese erscheinen mir nicht wie echte Einzelmeinungen, sondern lässt eine Hetzkampagne dahinter vermuten.

Veröffentlicht am 22.02.2019

Lebensbegleiter

Bleib an meiner Seite
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Dave Burchett erzählt uns von seiner Labradorhündin Hannah und wie diese in der Zeit nach einer Brustkrebsdiagnose bei seiner Frau Joni das Ehepaar mit Zuwendungen und Trost begleitet. Leider wird bald ...

Dave Burchett erzählt uns von seiner Labradorhündin Hannah und wie diese in der Zeit nach einer Brustkrebsdiagnose bei seiner Frau Joni das Ehepaar mit Zuwendungen und Trost begleitet. Leider wird bald darauf auch bei Hannah Krebs festgestellt und die beiden realisieren, dass sie mit ihrer Hündin eine schwere Zeit vor sich haben.

In dem Bewusstsein, dass Hannah sterben wird beginnt Burchett eine Art Tagebuch über Hannah zu führen. Anfangs wohl als Erinnerung an sie, werden diese Text für ihn bald eine Sammlung wichtiger christlicher Lektionen. Es hat mich erstaunt, dass er aus jedem Verhalten von Hannah und alltäglichen Abläufen mit ihr eine geistliche Lehre zieht. So beinhaltet dieses Buch bald eine große Sammlung an Bibelzitaten mit Bezug auf die jeweiligen Erkenntnisse, die Dave gewinnt. Diese erweitert er um Statements aus der gesamten Weltliteratur, um die Bibelzitate und seine gewonnenen Erkenntnisse zu untermauern.

Ich persönlich hatte etwas anderes erwartet, möchte dies aber nicht negativ werten. In der Leserunde, in der ich teilgenommen habe, wurde konkret auf den christlichen Bezug hingewiesen und auch der Untertitel des Buches gibt einen Hinweis darauf. Wer eine liebevoll-traurige Erzählung über einen treuen Hund erwartet, wird eher enttäuscht.

Mich hat am meisten angesprochen, wie liebevoll sich Hannah in der Zeit verhält, als Daves Ehefrau Joni ihre Krebserkrankung durchleidet. Man kann mitfühlen, wie gut es tut, wenn diese treue Hündin die Stimmungen erspürt und immer die Nähe ihrer Menschen sucht.

Veröffentlicht am 07.01.2019

Immense Recherche-Leistung

Stieg Larssons Erbe
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Durch Zufall entdeckt der Journalist Jan Stocklassa das persönliche Archiv von Stieg Larsson. Dieser hatte viele Jahre seines Lebens intensive Recherchen zur Ermordung des schwedischen Premierministers ...

Durch Zufall entdeckt der Journalist Jan Stocklassa das persönliche Archiv von Stieg Larsson. Dieser hatte viele Jahre seines Lebens intensive Recherchen zur Ermordung des schwedischen Premierministers Olof Palme betrieben. Beeindruckt von Larssons Material lässt der ungeklärte Mordfall nun auch Stocklassa nicht mehr ruhen und er tätigt selbst einen riesen Aufwand an Recherchen. Er reist nach Südafrika, Zypern, Prag und Israel immer auf der Kontaktsuche zu Verdächtigen. Ihm gelingen zusätzliche Interviews und Beschattungen verdächtiger Personen, wie es die Polizei selbst nie geschafft hat. Ich war ziemlich überrascht, wie wenig Fortschritte die schwedische Polizei mit dem Fall gemacht hat. Es kam mir so vor, als ob viele andere, besonders Journalisten, deutlich mehr Ehrgeiz aufgebracht haben, als es die eigentlichen Ermittler getan hatten.

Stocklassa drückt schon im Vorwort aus, dass er möglicherweise durch seine Recherchen und sein Buch dazu beiträgt, dass der Olof Palme Mord nach über 30 Jahren doch noch aufgeklärt wird. Leider kann ich nach der Lektüre des Buches seine Zuversicht nicht teilen. Denn obwohl er der Polizei so viele Fakten liefert, sind dies Theorien und Spuren, die der Polizei im Laufe der Jahre schon begegnet waren und auch solche, die diese gerne als nicht relevant eingestuft hatte. Ich denke nicht, dass damit der Fall wirklich aufgeklärt wird oder sogar jemand ein Geständnis ablegt.

Auch ich habe die Millenium Trilogie von Stieg Larsson verschlungen und dies bleibt die beeindruckendste Geschichte, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Es gibt die Kritik, dass Stocklassa seinen Buchtitel so wählt, um mit dem berühmten Autorennamen einen Marketingeffekt zu erhaschen. Das sehe ich eben nicht so. Ich finde den Titel genau passend gewählt, mir hat dieses Buch mehr über Stieg Larsson erzählt als über den ermordeten schwedischen Ministerpräsidenten. Es war sicher ein Glücksfall, dass Larssons Archiv aufgefunden wurde und zu einem solchen Werk geführt hat. Für mich ist dieses Buch wirklich ein Abbild des Lebenswerkes von Stieg Larsson.

Es war nicht einfach, dieses Sachbuch zu lesen. Die extreme Vielzahl an Fakten und Personen, die Larsson und Stocklassa präsentiert haben, ist erdrückend. Außerdem sind wohl die meisten deutschen Leser nicht wirklich mit diesem Thema betraut. Trotzdem war es nicht langweilig und trocken und es hat es ein bißchen leichter gemacht, dass die meisten Kapitel kurz waren und man den gebotenen Inhalt somit gut aufnehmen konnte.