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Veröffentlicht am 20.03.2018

Guter Emons Regionalkrimi

Brandenburger Gold
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Ich kannte bisher die Fälle rund um die pensionierte Fallanalytikerin Enne von Lilienthal nicht.
Ennes Sohn Maik von Lilienthal, Kriminalhauptkommissar in Potsdam, ermittelt mit seiner Dienststelle in ...

Ich kannte bisher die Fälle rund um die pensionierte Fallanalytikerin Enne von Lilienthal nicht.
Ennes Sohn Maik von Lilienthal, Kriminalhauptkommissar in Potsdam, ermittelt mit seiner Dienststelle in mehreren Todesfällen, bei denen eine Vergiftung mit dem selben Insektizid nachgewiesen wurde. Weiterhin gab es einen Toten nach einer Bombenexplosion und zwei Tote beim Brand in einer Schweinemastanlage.

Sehr gelungen fand ich den Ansatz der Autorin, die Geschehnisse der Kriegszeit zu einem kompakten Teil zusammenzufassen und diesen in der Mitte der jetzigen Ereignisse zu präsentieren. Dass der Fall einen Bezug zu frühen Zeiten hat, merkt der Leser ja schon im Prolog. Die meisten Autoren streuen ihre Rückblenden oder Zeitsprünge gerne häppchenweise verteilt über die gesamte Geschichte ein. Dabei ist der Leser gefordert, sich die Zwischenstände mehrerer Zeitebenen abzuspeichern, damit er diese Sprünge gut mitmachen kann.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass alle Wendepunkte im Fall über Enne stattfinden. Dass sie, obwohl im Ruhestand, die Ermittlungen und den Fall voranbringt, ist ja sicher das Grundkonzept dieser Reihe. Allerdings waren es wirklich viele Zufälle, bei denen gerade Enne zur passenden Zeit Beobachtungen macht oder ihr wichtige Informationen zufallen.

Wie immer bei den Regionalkrimis beim Emons Verlag hat mich dieser Krimi sehr gut unterhalten. Das Regionale kommt gut zur Geltung und Carla Maria Heinze hat ein interessantes Team in Potsdam aufgebaut. In dieser personellen Konstellation ist aber auch Potential für Reibereien vorhanden und so kamen in diesem Band Überlegungen auf, dass Maik seine Position als Hauptkommissar in Potsdam aufgeben will. Mit seiner juristischen Ausbildung hätte er wohl noch andere Möglichkeiten. So hat die Autorin eine gute Grundlage, weitere spannende Fälle in Brandenburg zu entwickeln.

Veröffentlicht am 20.03.2018

Vielfältig

halb zehn - das Frühstückskochbuch
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Das Erscheinungsbild hebt sich von dem aktuellen Kochbuch-Hype ab: sowohl von dem kleineren Format als auch vom schlichteren Cover. Gerade für die Stiftung Warentest finde ich dieses Cover passend. Auch ...

Das Erscheinungsbild hebt sich von dem aktuellen Kochbuch-Hype ab: sowohl von dem kleineren Format als auch vom schlichteren Cover. Gerade für die Stiftung Warentest finde ich dieses Cover passend. Auch eine andere Marotte des Kochbuch-Hypes, ellenlang die eigenen Thesen zu erläutern und etliche Aktions- und Nahaufnahmen der Autoren abzubilden, wird hier nicht bedient. Es genügt eine Doppelseite zum Thema Frühstück und einige Gedanken dazu, dass Frühstück ein Genußmoment ist und hier Zucker und Fett nicht verbannt werden sollen. Das ansprechende Erscheinungsbild wird weitergeführt durch Schriftbild und Farbgestaltung der Rezepte mit attrakiven Fotos. Bei den Broten gibt es zusätzlich hilfreiche Fotos zu den einzelnen Arbeitsschritten.

Die bisher ausprobierten Rezepte Milchkaffee mit Kardamom, Haferporridge und die Grapefruit mit Tahin und Joghurt haben mir alle gut geschmeckt. Gerade rund um Müsli und Porridges spricht mich fast alles an. Die zahlreichen Ideen rund um fremdländische Produkte finde ich auch sehr interessant und werde diese gerne testen, wenn auch lieber als leichte Abendmahlzeit denn als Frühstück.

Die geäußerte Kritik zu vieler unbekannter Zutaten will ich so nicht bestätigen. Dies hängt doch sehr von der Koch- und Backerfahrung ab und wie gerne man aktuelle Rezepte nachkocht. In meinem Haushalt finden sich beispielsweise Produkte wie Kardamom, Ingwer und Amaranth während ich Sumach, Erdmandeln und Kakaonibs nicht kenne. Tatsächlich wäre es hier sinnvoll gewesen, dem Leser ein paar Informationen zum Produkt und mögliche Alternativen zu geben.

Mir persönlich gefällt dieses Frühstücksbuch in seiner Aufmachung und seiner Vielfalt.

Veröffentlicht am 11.03.2018

Zu viel von allem

Die Eishexe (Ein Falck-Hedström-Krimi 10)
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Schwierig fand ich schon die große Anzahl an Namen: es gibt Ermittler, Opferfamilien, Einwohner, Flüchtlinge und Schüler. Und von allen lernen wir die Kinder, die Partner und die Eltern kennen. Sogar einige ...

Schwierig fand ich schon die große Anzahl an Namen: es gibt Ermittler, Opferfamilien, Einwohner, Flüchtlinge und Schüler. Und von allen lernen wir die Kinder, die Partner und die Eltern kennen. Sogar einige Haustiere werden uns mit Namen vorgestellt. Auch gab es nach meinem Geschmack in dieser Geschichte viel zu viele Themen: Rassismus, brennende Flüchtlingsheime, Schülermobbing, Hexenverfolgung, inkompetente Vorgesetzte, Gleichgeschlechtliche Liebe und vieles mehr.

SPOILER
Die Herleitung zur Eishexe im allerletzten Kapitel fand ich echt abstruß: Eine Neuntklässlerin soll Elins über 300 Jahre alte Geschichte recherchiert und veröffentlicht haben. Und sogar die Nachkommen von damals erforscht haben bis in die Jetztzeit. Wow! Eine Hexenverbrennung in einer Zeit, in der der Großteil der Bevölkerung nicht lesen und schreiben konnte. Wie soll das Geschehene dokumentiert und überliefert worden sein?
Real betrachtet, haben die beiden Kriminalfälle in Fjällbacka nichts mit einer Eishexe zu tun und die vielen Kapitel über Elins Geschichte mit all den Grausamkeiten hätte ich in einem Krimi wirklich nicht gebraucht.
SPOILER-ENDE

Man merkt wohl, dass ich mit diesem Krimi nicht zufrieden war! Überfrachtet und in Überlänge – dabei wollte ich doch einen echten, spannenden Skandinavienkrimi lesen.

Veröffentlicht am 08.03.2018

Gegen das Vergessen

Die Vergessenen
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Bei der Vorstellung des Buches „Die Vergessenen“ von Ellen Sandberg ist mir sofort das Foto der Autorin aufgefallen: die kenne ich doch, das ist Inge Löhnig. Ich habe schon so viele Bücher von ihr gelesen, ...

Bei der Vorstellung des Buches „Die Vergessenen“ von Ellen Sandberg ist mir sofort das Foto der Autorin aufgefallen: die kenne ich doch, das ist Inge Löhnig. Ich habe schon so viele Bücher von ihr gelesen, dass sie sogar visuell erkenne. Es gibt von ihr auch ein plausible Begründung, wieso sie dieses Buch unter Pseudonym schreibt. Und ich finde, dies war keine schlechte Entscheidung bezogen auf den Genrewechsel und die Lesererwartungen.

Der Roman spielt auf zwei Zeit-Ebenen. Die eine 2013 in München. Manolis Lefteris ist Deutsch-Grieche und erledigt manchmal pikante Aufträge für einen langjährigen Freund. Im Zuge eines solchen Auftrages kreuzen sich seine Wege mit der Journalistin Vera Mändler. Keine der beiden kann ahnen, dass sie bald in die Aufklärung grauenhaftester Taten während der NS-Zeit geraten.
Die zweite Zeit-Ebene spielt 1944 in der Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg. Behinderte Pfleglinge wurden als „minderwertiges Leben“ eingestuft und systematisch verhungern lassen und auch durch Euthanasie getötet. Diese menschenverachtenden Vorgänge blieben weitestgehend ungesühnt.
In einem spannenden und flüssig zu lesenden Schreibstil bringt uns Ellen Sandberg ein vielschichtiges und schweres Thema nahe. Man merkt dem Buch an, dass viele und gute Recherchearbeit geleistet wurde.

Auszug aus einem Interview: "Ich hoffe, es ist mir gelungen, diese Menschen für eine Weile dem Vergessen zu entreißen und ihre Schicksale lebendig werden zu lassen." Ich finde, Ellen Sandberg ist es mit diesem Buch hervorragend gelungen.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Eine gute Geschichte

Ein mögliches Leben
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Als ganz junger Soldat im 2. Weltkrieg war Franz Schneider aus Essen am französischen Atlantikstrand in amerikanische Gefangenschaft geraten. Ich hatte keine Ahnung, dass damals deutsche Gefangene per ...

Als ganz junger Soldat im 2. Weltkrieg war Franz Schneider aus Essen am französischen Atlantikstrand in amerikanische Gefangenschaft geraten. Ich hatte keine Ahnung, dass damals deutsche Gefangene per Schiff nach Amerika gebracht wurden. Auch in Afrika wurden deutsche Einheiten besiegt und nach Amerika überstellt. Es gab wohl mehrere Hunderttausend dieser Prisoners of War, die German POWs. Für die Soldaten war das Leben in den Lagern ein Entkommen von den fürchterlichen Zuständen an der Front. Die Amerikaner haben die Genfer Konvention eingehalten und ihre Kriegsgefangenen anständig behandelt.

Diese Geschichte wird uns hier erzählt. Eingebettet darin, dass der fast Neunzigjährige zusammen mit seinem Enkel Martin in die USA fliegt. Franz hat im Internet recherchiert, dass es in Amerika Gedenkstätten und viele Dokumentationen zu diesen Gefangenlagern gibt. Man kann sogar mit ein paar wenigen amerikanischen Bediensteten von damals ins Gespräch kommen.

In der Gegenwart lesen wir von den drei Generationen, die Franz nachfolgen: seine Tochter Barbara, der Enkel Martin und dessen kleine Tochter Judith. In dieser Familie war das gegenseitige Verstehen und Sich-Wertschätzen nicht sehr ausgeprägt. Martin hatte bisher keine enge Beziehung zu seinem Opa und hatte dieser Reise eigentlich nur spontan zugestimmt, weil er mit seiner momentanen Lebenssituation nicht sehr zufrieden war. Diese Reise in die Vergangenheit des Opas/Vaters hat auch für Barbara das seit vielen Jahren abgekühlte Verhältnis zu ihrem Vater verändert.