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Veröffentlicht am 20.07.2023

Interessante Milieustudie

Das Café ohne Namen
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Ein Café ohne Namen in Wien und die Besucher sind in dieser Geschichte Dreh- und Angelpunkt. Was zunächst vielleicht ein bisschen fad wirken könnte, entpuppt sich aber als interessante Milieustudie, zumal ...

Ein Café ohne Namen in Wien und die Besucher sind in dieser Geschichte Dreh- und Angelpunkt. Was zunächst vielleicht ein bisschen fad wirken könnte, entpuppt sich aber als interessante Milieustudie, zumal die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs in der Zeit noch deutlich zu spüren sind, die Aufbruchstimmung aber schon mitschwingt.

Ich habe schon so viel über den Autor gehört, hatte bis dato allerdings noch nichts von ihm gelesen. Da mich hier der Klappentext direkt angesprochen hatte, habe ich zugeschlagen und es auch nicht bereut.

Wie der Titel schon vermuten lässt, ist das Café in Wien der zentrale Ausgangspunkt. Hier treffen sich die unterschiedlichsten Leute des „gemeinen Volks“ und verbringen ihre Zeit, entspannen, treffen sich zum Karten oder einfach so. Der Leser wird mitgenommen in die Welt der Besucher und des Betreibers Robert Simon, der als Hauptfigur des Buches eine gute Figur abgibt, wenngleich er vielleicht nicht sehr schön, intelligent oder sonst wie toll dargestellt ist. Dadurch wirkt er aber auch ziemlich authentisch und vor allem hat der das Herz am rechten Fleck. Der Leser erlebt mit, wie er sich für das Café auftreibt, seine letzten Kraftreserven und noch mehr gibt, wie er sich um seine Mitmenschen sorgt und wie er Chancen gibt, wo sie andere vielleicht nicht gäben.

Das Gros der Geschichten ist unaufgeregt – sieht man von einer Explosion, einem Feuer, einem Brückeneinsturz ab (okay, das klingt nach deutlich mehr Action, als ich es beim gemütlichen Lesen empfunden habe) und doch sind in den leisen Tönen ganz schön heftige Geschichten verpackt. Von Menschen, die aufgeben, von solchen, die es schwer haben und dennoch immer weitermachen. Es ist eine Art Milieustudie, die das harte Leben der Menschen samt aller möglichen Sorgen und Nöte beleuchtet, den Zeitgeist einfängt und die Geschichte eines Cafés vom Anfang bis zum bitteren Ende erzählt.

Ein wenig blieb mir der Autor aber zu sehr an der Oberfläche, manchmal hätte ich mir gewünscht, dass er noch tiefer gräbt, den Finger noch mehr in die Wunde legt. Vielleicht wäre es besser gewesen auf ein paar Figuren zu verzichten und deren Geschichte mehr auszuarbeiten, aber das ist Kritik auf hohem Niveau. Unter dem Strich empfehle ich das Buch gerne weiter.

Veröffentlicht am 03.04.2023

Man sieht mit anderen Augen

Lebendige Nacht
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Die Nacht ist schon irgendwie faszinierend, sie zieht einen einerseits an, andererseits möchte man vielleicht auch nicht ganz allein umhergehen, denn dort raschelt was, da knackt ein Zweig unter (wessen?) ...

Die Nacht ist schon irgendwie faszinierend, sie zieht einen einerseits an, andererseits möchte man vielleicht auch nicht ganz allein umhergehen, denn dort raschelt was, da knackt ein Zweig unter (wessen?) Füßen – wir sehen und hören einfach ein wenig zu schlecht, um uns nachts sicher zu fühlen. Warum das so ist und wie es die Tiere der Nacht anders machen – genau das ist ein Aspekt dieses sehr gut verständlichen und nachvollziehbaren Buches. Man muss kein Biologe sein, sondern einfach nur interessiert und dann klappt es auch mit diesem Buch, denn die Autorin macht es dem Leser leicht. Sie verbindet spannende oder auch mal lustige Fakten mit ihren eigenen Erfahrungen, lässt den Leser gefühlt hautnah mit und bringt aber auch Fachbegriffe ein – jedoch so erklärt, dass es wirklich jeder verstehen sollte.

Schon ihr Buch „Von Füchsen und Menschen“ hatte mich begeistert, darum war ich hier auch sehr gespannt, welche Abenteuer wir durch die Augen der Autorin miterleben dürfen und es hat sich echt gelohnt. Auch die Auswahl der Tiere, die sie näher vorgestellt hat (klassisch beispielsweise die Fledermaus, aber auch den Waschbären). Dabei beschränkt sie sich aber nicht nur auf unsere heimische Flora und Fauna, sondern blickt sich auch mal weltweit um – ich denke kaum ein Leser kann sich danach das Googlen verkneifen.

Und dann gibt es natürlich noch den Aspekt der Umweltverschmutzung – im Falle der nachtaktiven Tiere bedeutet das auch Lichtverschmutzung. Das es sie gibt war mir auch als Landei klar, wie extrem sie ist, habe ich gerade erst zufällig in Nähe eines Flughafens entdeckt. Ohne Buch hätte ich es wahrscheinlich nicht einmal so richtig wahrgenommen, aber mit dem ganzen Hintergrundwissen sieht man selbst eine kleine Gartenleuchte noch einmal mit ganz anderen Augen…

Schade fand ich, dass es nur sehr wenige Bilder gab, auch die Fun Facts, die bei ihrem ersten Buch schon klasse waren, zündeten hier nicht so richtig bei mir. Dennoch empfehle ich dieses Buch sehr gerne weiter und ich hoffe, dass die Biologin bald wieder ein Buch schreibt. Thema ist egal – ich bin dabei!

Veröffentlicht am 30.03.2023

Wieder im Aufwärtstrend

Die letzte Lügnerin
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Wie dreckig das Politikgeschäft sein kann zeigt sich schnell in diesem Buch. Ein Video, das den Berliner Bausenator ganz schlecht aussehen lässt, wird veröffentlicht und schlägt enorm hohe Wellen. Auf ...

Wie dreckig das Politikgeschäft sein kann zeigt sich schnell in diesem Buch. Ein Video, das den Berliner Bausenator ganz schlecht aussehen lässt, wird veröffentlicht und schlägt enorm hohe Wellen. Auf Empfehlung seines Vater wird Rechtsanwalt Rocco Eberhard vom Politiker engagiert. Derweil hat Rechtsmediziner Justus Jarmer zunächst eine auf den Kopf reduzierte Leiche auf dem Tisch, aber es soll noch eine andere folgen und eine juristische Schlacht beginnt.
Es ist der dritte Band der Reihe und nachdem ich den zweiten sehr durchwachsen fand, habe ich diesem Fall und dem Autorenduo noch eine Chance gegeben – zum Glück, denn es hat sich wirklich gelohnt. Dass Politiker nicht immer nur astreine Geschäfte machen und bei Entdeckung der Aufschrei groß ist – kein Geheimnis, aber entspinnt sich dann eine Geschichte, die sicher nicht alltäglich ist. So auch hier, und der neue Mandant in Roccos Kanzlei kommt auf Empfehlung seines Vaters, was der ganzen Sache auch noch eine persönliche Note gibt.
Bei diesem Buch sollte man ein gewisses Interesse an Politik mitbringen, denn sie spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Bei mir ist das der Fall, obwohl ich von dem Thema Wohnungsnot und allem daraus folgenden nicht einmal betroffen bin, und ich fand die juristischen Hintergründe auch sehr interessant und die Frage nach dem Strippenzieher war lange, wenn auch nicht bis zum Schluss, ziemlich offen. Das Buch hatte wieder eine Sogwirkung auf mich, was das erste Buch auch schon hatte. Das zweite Buch der Reihe hatte mich ja so gar nicht gefesselt, aber dieses hier war wieder richtig interessant und spannend. Dabei erschien es mir auch weitgehend authentisch, wenn auch dadurch sicher weniger Thrill enthalten ist, wie das vielleicht möglich gewesen wäre. Es liest sich sehr angenehm und schnell, dank kurzer Kapitel und gelungenen Szenenwechseln (sowohl Personen, als auch Zeit und Ort betreffend), kann ich das Buch mit seinem sowas von aktuellen Thema, nur empfehlen. Der Schluss war weitgehend stimmig, leider zeichnete sich nur allzu deutlich ab, wer da aktiv war, aber immerhin das Motiv stand ja noch offen. Die Gerichtsverhandlung und wie sich alles so nach und nach entwickelt fand ich wieder richtig klasse. Viel zu kurz kam mir der rechtsmedizinische Anteil, wenngleich die Auftritt aus dem Metier dann aber doch im Kopf bleiben, weil sie schon eher besonders sind. Und ich habe mich immer und immer wieder gefragt, warum Vater und Sohn so manches nicht mittels einfachen Gesprächs auf die Kette bekommen. So summierten sich die Kleinigkeiten, die mich dann doch ein wenig gestört und/oder genervt haben, ergo keine volle Punktzahl, sondern vier Sterne. Kenntnis der Vorgängerbände wäre von Vorteil, prinzipiell ist es aber auch unabhängig zu lesen.

Veröffentlicht am 20.03.2023

Besonderes Setting

Tod in Siebenbürgen
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Paul Schwartzmüller ist Journalist und lebte bis zu seiner Jugend in Siebenbürgen, heute in Deutschland. Nun erhält er ein Schreiben, dass er das Erbe seiner jüngst verstorbenen Tante antreten soll. Das ...

Paul Schwartzmüller ist Journalist und lebte bis zu seiner Jugend in Siebenbürgen, heute in Deutschland. Nun erhält er ein Schreiben, dass er das Erbe seiner jüngst verstorbenen Tante antreten soll. Das Problem: Paul dachte sie sei seit über 30 Jahren tot. Er fährt in seine alte Heimat, wird mit seiner Vergangenheit, besonderen Menschen und dann auch noch einem brisanten Todesfall konfrontiert. Wird er seinem Freund, der als Tatverdächtiger in Haft genommen wurde, helfen können?

Der Krimi ist interessant und mal was anderes. Zum einen ist das reizvolle Setting in Rumänien besonders, zum anderen sind die „Ermittlungen“ nicht gewöhnlich. Natürlich kennt man ermittelnde Journalisten, aber Paul ist ein bisschen anders. Nicht nur, weil er aus Siebenbürgen stammt, sondern auch, weil er für einen gestandenen Journalisten hier eine ziemlich bescheidene Figur abgibt. Er stellt sich wirklich manchmal extrem doof an, trinkt viel zu viel Alkohol, missversteht so einiges und dann hat er auch mit sich und seiner eigenen Vergangenheit so einiges zu tun. Zwischendurch schien er immer wieder mal zu vergessen, dass sein Freund im Knast sitzt und er ihm eigentlich helfen sollte. Und zu allem Überfluss gibt es dann auch noch enorm viel Aberglaube, den einen oder anderen Mythos und vielleicht auch Übernatürliches?!
Die Region Siebenbürgen und die Siebenbürgen Sachsen waren mir ein Begriff, allerdings hatte ich keine konkreten Vorstellungen. Daher habe ich beim Lesen einiges Neues gelernt, manches war informativ, einiges skurril, aber meist war es einfach nur unterhaltsam. Für Unterhaltung sorgen nicht nur die Geschichte, sondern auch die Charaktere, allen voran Paul, der mich – allen oben genannten Vorbehalten zum Trotz - von Beginn an gut unterhalten hat. Manchmal habe ich mitgefiebert, manchmal hätte ich ihn am liebsten geschüttelt. Das gilt aber auch für manchen anderen Charakter, darunter die seltsame Maia. Der eine oder andere Charakter ist auch ein wenig zu klischeehaft, an der einen oder anderen Stelle wurde auch Potenzial verschenkt - auch den Fall betreffend.

Zum Fall als solchem will ich gar nicht soooo viel verraten, aber es steckt deutlich mehr dahinter, als man zunächst vermuten würde. Was hat die Dorfgemeinschaft gestört? Warum musste der von allen gehasste Günter sterben und warum wurde es so gedreht, dass Pauls Freund verdächtigt wird? Am Ende wird alles gut aufgelöst und hat mich auch überzeugt. Ich habe das Buch unterm Strich gerne gelesen, daher vergebe ich -trotz Kritik- vier Sterne, eine Leseempfehlung und bin schon gespannt auf den nächsten Band.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 07.02.2023

Vogelliebe in Buchform

Vogel entdeckt - Herz verloren
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Was haben der Albatros, Blaumeise, Stockente und Lerche gemeinsam? Sie sind – neben einigen anderen Arten – Teil des Buches rund um Vögel und mögliche Schutzmaßnahmen. Es ist kein reines Sachbuch, vor ...

Was haben der Albatros, Blaumeise, Stockente und Lerche gemeinsam? Sie sind – neben einigen anderen Arten – Teil des Buches rund um Vögel und mögliche Schutzmaßnahmen. Es ist kein reines Sachbuch, vor allem nicht zu wissenschaftlich, sondern gespickt mit eigenen Erfahrungen und Anschauungen, die neben den vorgestellten Vogelarten, auch die Autoren/Podcaster greifbar machen.

Vögel kann man überall wahrnehmen – öffnet man Augen und Ohren für die kleinen und großen gefiederten Tiere, die sowohl auf dem Land, als auch in der Stadt leben und auch mal Alltagsstress vergessen lassen, wenn man der Nachtigall lauscht, ein Dohlenpaar beobachtet oder dem Schnattern von Enten zuhört.

Ich selbst bin schon immer eine Vogel-Freundin gewesen und habe auch so einiges an Tipps in unserem Garten schon umgesetzt. So biete ich diverse Nistmöglichkeiten, füttere Vögel mit hochwertigem Futter und ich habe vor allem einen naturnahen Garten mit dem einen oder anderen wilden Eck und mehrheitlich heimische Pflanzen, sodass es nicht nur überall piept, sondern auch ordentlich summt und brummt, denn gerade bei der Aufzucht helfen Sämlinge eben nicht. Das und noch vieles mehr zeigen die Autoren auf, aber nicht mit dem mahnenden Zeigefinger. Sie versuchen nur den Lesern den einen oder anderen Anstoß zu geben, zu animieren die Vögel wahrzunehmen und im besten Fall auch noch das eine oder andere Angebot zu machen, um ihnen ein bisschen Schutz zu bieten. Vor diese Hinweise haben die Autoren ihre eigenen Beobachtungen und ihre Vogelliebe gestellt – und dabei werden Porträts der Vögel wunderbar eingewoben. Die Vögel – bis auf den Ortolan - kannte ich vorab schon alle und dennoch unterhielten mich die Kapitel allesamt sehr gut.
Cover und Titel werden dem Buch nicht gerecht finde ich. Die beiden Autoren betreiben auch einen gemeinsamen Podcast „Gut zu Vögeln“ - also haben sie wohl ein Faible für spezielle Namen. Das ist Geschmacksache, Fakt ist jedoch, dass die Schrift in weiten Teilen recht klein daherkommt. Für mich persönlich kein Problem, aber es gibt sicherlich genug Leute, die damit ihre Probleme haben werden. Besonders loben möchte ich aber die Bilder, die mehrheitlich einfach gelungen sind (auch, wenn es einige Schnappschüsse gibt, die amateurhaft wirken) und einfach mal zum Durchblättern einladen.

Unter dem Strich ist das Buch jedem Vogelfreund ans Herz zu legen, zumindest wenn man keine theoretische Abhandlung zu den einzelnen Arten sucht, sondern einfach die gefiederten Freunde noch mehr in den eigenen Fokus rücken möchte.