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Veröffentlicht am 24.03.2017

Geschichte einer zerbröckelnden Freundschaft zweier ungleicher Frauen: literarische Unterhaltung auf hohem Niveau

Ein Sommer in Corona del Mar
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Mia und Lorrie Ann wachsen in Corona del Mar in Kalifornien auf und sind während ihrer Schulzeit beste Freundinnen, auch wenn sie grundsätzlich verschieden sind. Mia, aus deren Sicht der Roman geschrieben ...

Mia und Lorrie Ann wachsen in Corona del Mar in Kalifornien auf und sind während ihrer Schulzeit beste Freundinnen, auch wenn sie grundsätzlich verschieden sind. Mia, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, ist schon immer "die Böse" gewesen. Sie ist das rebellische Mädchen, das im Gegensatz zu der zurückhaltenden, hübschen Lorrie Ann auffällt und nicht in so liebevollen, geordneten Familienverhältnissen aufwächst. Mias Mutter ist aufgrund ihres Alkoholkonsums häufig nicht ansprechbar und kümmert sich auch nicht um ihre jüngsten Söhne.

"Für mich war meine Freundin Lorrie Ann die Gute, und ich war die Böse. Sie war wunderschön (geradezu skandalös, wie ein Gemälde von Vermeer), ich hingegen sexy (mit dreizehn bedurfte es nichts weiter als einer Tonne kirschfarbenem Labello). Wir waren beide schlau, aber Lorrie Ann auf die nachdenkliche Art, wohingegen ich gewieft war, sie ernst und ich verschroben. Während sie sentimental war, war ich sarkastisch."

Während sich Mia mit 15 Jahren, ungewollt schwanger, für eine Abtreibung entscheidet, wird Lorrie Ann früh ungeplant Mutter. Auch wenn sie der Vater des Kindes heiratet und Jim sich sogar als Soldat verpflichtet, um seine kleine Familie zu ernähren, verläuft Lorrie Anns Leben nicht glücklich.

Mia fängt an zu studieren und zieht nach Europa, weshalb sich die Freundinnen über Jahre nicht sehen und sich fremd werden. Da kommt Lorrie Ann unerwartet zu Mia nach Istanbul: ohne Mann und Kind, ohne Schuhe, aber vollgepumpt mit Drogen.

Mia, die mit inzwischen 28 Jahren mit ihrer Vergangenheit in Corona del Mar abgeschlossen hat und sich ein eigenes Leben zusammen mit einem Freund, der sie liebt, aufgebaut hat, ist entsetzt über den Zustand ihrer ehemals so schönen, gutherzigen Freundin, Sie nimmt Lorrie Ann bei sich auf, in der Hoffnung, sie zu einem Entzug zu bewegen, damit sie auch wieder zu ihrem Sohn nach Kalifornien zurückkehren kann.
In Rückblenden erzählt Lorrie Ann ihre Geschichte und was sich seit der Trennung der Freundinnen ereignet hat.

"Ein Sommer in Corona del Mar" ist keine leichte (Urlaubs-)lektüre, wie der Titel suggeriert. Ich habe mich allerdings aufgrund der Kurzbeschreibung für den Roman entschieden und bin nicht enttäuscht worden.
Es ist ein Roman über eine langjährige Freundschaft zweier junger Frauen in den 90er-Jahren, die sich, aufgrund von verschiedenen Schicksalsschlägen und letztlich auch der räumlichen Distanz über zwei Kontinente hinweg geschuldet, verläuft. Während die beiden unmittelbar nach dem Wegzug von Mia den Kontakt telefonisch halten und Mia auch noch später in Corona del Mar zu Besuch ist, haben sie sich - schon fast unbemerkt - später über Jahre nicht gesehen.
Völlig hilflos und fertig mit dem Leben, taucht Lorrie Ann überraschend in Istanbul auf uns drängt sich kurze Zeit in Mias Leben, die ihrerseits ihre Freundin kaum wiedererkennt.

Es scheint, als haben die beiden Protagonistinnen die Rollen getauscht: Nun ist Lorrie Ann "die Böse", die ihre Familie in Kalifornien zurückgelassen hat, um durch Indien zu reisen, und Mia diejenige, die sich zum Positiven verändert hat, erwachsen und sesshaft geworden ist.

Die Schicksale beider Frauen sind unheimlich eindringlich geschildert, gehen sehr nah und stimmen traurig. Die Geschichte einer zerbröckelnden Freundschaft gleicht einer feinfühligen Charakterstudie und zeigt, in welch ganz andere Richtungen Menschen sich entwickeln können. Zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar, ist das Debüt von Rufi Thorpe berührend und literarische Unterhaltung auf hohem Niveau - eine Geschichte, die ich so schnell nicht vergessen werde. Ein Lesehighlight!

Veröffentlicht am 18.03.2017

Ein Roman voller Wärme und emotionaler Tiefe über Familie, Vertrauen, Verlust und den Mut zu einem Neuanfang

Der Tag, an dem der Sommer begann
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"Der Tag, an dem der Sommer begann" ist ein Roman über drei Generationen von Frauen. Im Zentrum der Handlung steht die 40-jährige Joana, genannt Jo, die vor zehn Jahren auf tragische Weise ihren ersten ...

"Der Tag, an dem der Sommer begann" ist ein Roman über drei Generationen von Frauen. Im Zentrum der Handlung steht die 40-jährige Joana, genannt Jo, die vor zehn Jahren auf tragische Weise ihren ersten Ehemann Stephen verloren hat und vor Kurzem von ihm zweiten Ehemann Richard für das Au-Pair-Mädchen verlassen wurde. Sie ist nun alleinerziehende Mutter ihrer ältesten Tochter Lydia und den beiden Jüngsten, Oscar und Iris.
Schon mit dem ersten Kapitel wird man sehr anschaulich mit Jos anstrengendem, vollgepacktem Alltag konfrontiert. Dennoch schafft sie es durch ihre geduldige, liebenswürdige und selbstlose Art allen Widrigkeiten zum Trotz ihr Leben zu meistern, immer das Positive zu sehen und als Problemlöser stets Tee und Gebäck zu servieren.

Für sie ist es auch selbstverständlich, ihre ruppige Schwiegermutter Honor, die Mutter ihres verstorbenen Mannes, zu sich in Pflege zu nehmen, als sie in ihrem Haus von der Treppe stürzt und sich die Hüfte bricht, Honor ist ein richtiges Biest, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sie sich nicht gern bemuttern lässt und schon gar nicht akzeptieren kann, mit 75 Jahren ihre Selbstständigkeit aufgeben zu müssen. Als ihr dann bewusst wird, dass Lydia ihre letzte lebende Verwandte ist, versucht sie zumindest zu ihr eine Beziehung aufzubauen und öffnet anschließend auch die Augen dafür, was die in ihre Augen viel zu nette und naive Jo leistet, ohne auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten.

Lydia steckt mitten in den Abschlussklausuren, die sie als sehr gute Schülerin eigentlich mit Bravour leisten müsste, sieht sich aber mit ganz anderen Problemen eines Teenagers belastet und trägt all ihre inneren Konflikte mit sich selbst aus. In Tagebucheinträgen öffnet sie nur dem Leser ihre Gefühlswelt.

Honor, Jo und Lydia wohnen zwar zusammen, verschweigen aber Dinge, die sie belasten bzw. die sie aus Angst vor Ablehnung nicht offenbaren können. Die Beweggründe sind menschlich und nachvollziehbar, machen den Frauen allerdings ihr Leben schwer, was am Ende fast zur Katastrophe führt.

"Der Tag, an dem der Sommer begann" ist der vierte Roman, den ich von Julie Cohen gelesen habe und der wie die Vorgänger berührend geschrieben ist und Schicksale von ganz normalen Frauen beschreibt, so dass sich jede Leserin in einer der Frauen wiederfinden kann.

Einziger Kritikpunkt ist für mich der Titel der deutschen Ausgabe des Romans. Das Original wurde unter dem Titel "Falling" (bzw. später "After the Fall") veröffentlicht, der in seiner Knappheit sehr viel Aussagekraft besitzt und optimal zur Handlung passt. Das "Fallen" zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman, beginnend mit dem Sturz Honors, erstreckt sich über einen Rückblick zu Stephens Unfalltod und wird im dramatischen Schluss noch einmal aufgegriffen.

Bücher von Julie Cohen sind voller Wärme und emotionaler Tiefe geschrieben, ohne kitschig zu sein oder auf ein gewolltes Happy End hinzuarbeiten. Mit einer Leidenschaft beschreibt sie tiefgründige Charakteren, in deren Leben man buchstäblich eintaucht.

"Der Tag, an dem der Sommer begann" ist ein Roman über Familie, Vertrauen, Verlust und den Mut zu einem Neuanfang, der mit vergnügliche Lesestunden bereitet hat und zu schnell vorbei war. Gerne hätte ich noch länger am Leben von Jo, ihrer Schwiegermutter und Teenager-Tochter und ihrer beiden quirligen Kleinsten teilgehabt.

Veröffentlicht am 13.03.2017

Tiefgründiger, emotionaler Roman, der zeigt, wie wichtig Beziehungsarbeit ist

Wenn die Liebe hinfällt
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Die 35-jährige Alia ist im letzten Abschnitt ihres Studiums angelangt und schreibt gerade an ihrer Magisterarbeit. Als Mutter einer kleinen Tochter findet sie zu wenig Zeit sich auf den Abschluss ihres ...

Die 35-jährige Alia ist im letzten Abschnitt ihres Studiums angelangt und schreibt gerade an ihrer Magisterarbeit. Als Mutter einer kleinen Tochter findet sie zu wenig Zeit sich auf den Abschluss ihres Studiums zu konzentrieren und ist zusätzlich genervt von ihrem Freund, der auch noch Ansprüche an sie erhebt. Da die beiden trotz ihrer eheähnlichen Gemeinschaft und der gemeinsamen Tochter getrennte Zimmer in ihrer gemeinsamen Wohnung haben, hat jeder einen Rückzugsraum für sich. Die Streitereien zwischen den beiden gehen jedoch so weit, dass Leander nur noch nach Hause kommt, um Katie in den Kindergarten zu bringen und ansonsten in seiner kleinen Wohnung aus Single-Zeiten über seiner Kneipe schläft.
Die beiden entfernen sich immer weiter voneinander, bis Leander Alia gesteht, dass es eine andere Frau in seinem Leben gibt. Es handelt sich nicht nur um eine Affäre, offensichtlich hat sich Leander in die rassige Brasilianerin verliebt, die schon bald bei ihm einzieht.

Trotz ihrer schon seit längerem sehr distanzierten Beziehung kommt dies für Alia sehr überraschend. Für sie bricht eine Welt zusammen. Sie kann nicht akzeptieren, dass Leander eine andere Frau an seiner Seite hat und möchte ihn zurückgewinnen, auch wenn vor allem ihre beste Freundin Majken ihr davon abrät.

Alia ist mit den Nerven völlig am Ende und muss ihr Studium unterbrechen und die Prüfungen um ein halbes Jahr verschieben. Als sie einen psychischen Zusammenbruch erleidet, wird sie eine Woche in einer Klinik untergebracht. Um ihr Leben wieder auf die Reihe zu kriegen, wird ihr eine absolute Kontaktsperre zu Leander empfohlen. Nach ihrer Entlassung beschließt Alia deshalb, sich eine Auszeit zu nehmen und für drei Monate zusammen mit ihrer Tochter zu ihrer Mutter nach Cornwall zu gehen.

Als sie zurückkommt, sieht sie sich nicht nur mit den Problemen ihrer Freundin Bianca und ihres sehr hilfsbereiten Nachbarn konfrontiert, sondern auch mit Annäherungsversuchen Leanders.

"Wenn die Liebe hinfällt" ist eine schöne Metapher, die den Inhalt des Buches sehr gut zusammenfasst. Dreh- und Angelpunkt des Romans ist die Liebe zwischen Alia und Leander, die vor dem Aus steht. Beide haben sich im Alltag von Beruf, Studium und der Erziehung der kleinen Tochter keine Zeit mehr für sich als Paar genommen und keine Mühe mehr um einander gegeben. Sie haben nur noch aneinander vorbei gelebt, zunächst räumlich und dann auch noch emotional getrennt.

Leander lernt eine neue Frau kennen, die ihn begehrt und ihm wieder das Gefühl gibt, ein Mann zu sein. Gleichzeitig verbindet ihn aber auch durch die zehnjährige Beziehung und die gemeinsame Tochter Katie, die er regelmäßig sehen möchte, viel mit Alia.

In Rückblenden erfährt man als Leser, wie sich Alia und Leander kennengelernt haben und wie romantisch ihre Beziehung zu Beginn war. Auch der Absturz von Alia, wie sie unter der Trennung leidet, ist sehr bewegend geschrieben.

Auch wenn die Liebesgeschichte zwischen Alia und Leander im Vordergrund steht, überzeugt der Roman auch mit interessanten Nebencharakteren, deren Probleme Stoff für eine eigene Geschichte geben würden.

"Wenn die Liebe hinfällt" ist ein tiefgründiger, emotionaler Roman ohne Längen, der mich bis zum Schluss sehr gut unterhalten hat und der zeigt, wie wichtig es ist, an einer Beziehung zu arbeiten, so dass die Liebe nicht ins Stolpern gerät.

Veröffentlicht am 27.02.2017

Modernes Großstadtmärchen voller Magie - ein Buch, das ein Lächeln ins Gesicht zaubert

Madame Cléo und das große kleine Glück
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Die 70-jährige Cléopâtre Pierret-Monchouaris lebt nach dem Tod ihres Mannes seit langer Zeit allein in ihrer Altbauwohnung in Berlin-Schöneberg. Als aufgrund von Sanierungsarbeiten die Miete um 120 € monatlich ...

Die 70-jährige Cléopâtre Pierret-Monchouaris lebt nach dem Tod ihres Mannes seit langer Zeit allein in ihrer Altbauwohnung in Berlin-Schöneberg. Als aufgrund von Sanierungsarbeiten die Miete um 120 € monatlich erhöht wird, sieht Madame Cléo sich gezwungen, ein Zimmer unterzuvermieten, um ihrer vertraute Umgebung nicht verlassen zu müssen.

Nach zwei indiskutablen Bewerbern hat sie Glück mit ihren neuen Untermietern, dem zuvorkommenden Italiener und Witwer Adamo und seiner reizenden achtjährigen Tochter Magdalena, genannt Mimi.
Die beiden werden wie eine Familie für die alleinstehende ältere Dame, die noch mitten im Leben steht und jünger wirkt.

Adamo träumt von der Eröffnung einer eigenen Trattoria, arbeitet mangels Budget aber bei seinem Cousin in einem Restaurant. In seiner Abwesenheit kümmert sich Cléo um Mimi, die nach dem Tod ihrer Mutter noch sehr verschüchtert ist, aber nach und nach aufblüht. Sie liebt die Erzählungen von Cléo über Coco Chanel und ihrer Zeit als Mannequin in den 60er-Jahren in Paris.

Da findet Mimi in einem Gebüsch im Park unverhofft einen Rucksack voller Geld, der den dreien auf einen Schlag alle Sorgen nehmen könnte. Cléo hat jedoch eine andere Idee, wie die 250.000 € in Umlauf gebracht werden können. Das Glück scheint perfekt, bis Adamo seinen Job verliert und mit Mimi zu seiner Familie nach Neapel zurückkehren möchte. Mimi möchte jedoch unbedingt bei Cléo in Berlin bleiben und auch Cléo kann sich ein Leben ohne ihre neue Familie nicht mehr vorstellen...

"Madame Cléo und das große kleine Glück" ist ein Roman, der einen wieder an das Gute im Menschen glauben lässt. Er ist so unheimlich positiv und lebensbejahend geschrieben, dass er einem während des Lesens ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Die Protagonist mögen vielleicht etwas übertrieben herzensgute Menschen sein, Mimi etwas zu altklug und die Geschichte um Schicksal, Aberglaube und "13. Fee" in der heutigen Zeit etwas weltentrückt - auf so manchen gar kitschig wirken - aber zu diesem märchenhaften Roman passten die kleinen Träumereien für mich perfekt.

Das Buch ist ein Lesegenuss bis zum Schluss, ein modernes Großstadtmärchen und eine Hommage an Coco Chanel und das Paris der 60er-Jahre. Einfach nur schön und eine klare Leseempfehlung für all diejenigen, die durch Bücher der Realität entfliehen wollen!

Veröffentlicht am 21.01.2017

Egal ob man Guido Westerwelle zu Lebzeiten mochte oder nicht- ein ergreifendes Buch über den Menschen Westerwelle, das Mut macht

Zwischen zwei Leben
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Guido Westerwelle beschreibt in seiner Biographie die Zeit "zwischen zwei Leben": sein Leben als FDP-Politiker und Bundesaußenminister und sein Leben nach der Leukämieerkrankung.

Das Buch beginnt im ...

Guido Westerwelle beschreibt in seiner Biographie die Zeit "zwischen zwei Leben": sein Leben als FDP-Politiker und Bundesaußenminister und sein Leben nach der Leukämieerkrankung.

Das Buch beginnt im Dezember 2013 als Westerwelle noch in seiner Funktion als Außenminister die Ukraine besucht, die von inneren Unruhen geprägt ist. Zuvor hatte Präsident Wiktor Janukowytsch das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterzeichnet.

Es ist eine der letzten Dienstreisen von Westerwelle, der sein Amt aufgrund der herben Stimmenverluste der FDP bei der Bundestagswahl im September 2013 abgeben muss. Er ist nicht resigniert, sondern vielmehr enttäuscht darüber, was aus den Liberalen geworden ist. Die bevorstehende ruhigere Zeit möchte er zusammen mit seinem Mann Michael Mronz verbringen und diese mit einem Urlaub auf seiner geliebten Insel Mallorca einläuten. Anschließend möchte er sich der "Westerwelle Foundation", einer Stiftung für internationale Verständigung, widmen.

Westerwelle genießt die unbeschwerte Zeit auf Mallorca ohne Verpflichtungen und Termine, feiert dort Weihnachten mit seinem Mann, nur das rechte Knie bereitet ihm Probleme. In Deutschland möchte er seinen kaputten Meniskus operieren lassen, erhält jedoch bei einer Blutuntersuchung die niederschmetternde Diagnose Leukämie. Westerwelle hat Glück, dass die Erkrankung so früh erkannt wurde, dennoch beginnt ein körperlicher und seelisch belastender Leidensweg, bis im September 2014 ein geeigneter Spender für die Stammzellentransplantation gefunden ist.

Egal wie man zu Guido Westerwelle als Politiker bzw. Person des öffentlichen Lebens stehen mag, in "Zwischen zwei Leben" lernt man den Menschen Westerwelle kennen, der die Sympathien des Lesers leicht gewinnt und der mit Hilfe des Journalisten Dominik Wichmann seinen Schicksalsschlag der Krebserkrankung berührend und eindringlich erzählt. Er schildert einerseits den Verlauf der Erkrankung, die Möglichkeiten der Therapie und vor allem ganz offen, wie er sich fühlte und wie froh er war, die Unterstützung durch seinen Mann und seine Freunde zu erfahren und die Versorgung durch vertrauenerweckende Ärzte zu haben. Gleichzeitig gibt er in Rückblenden Einblicke in sein Leben als Politiker, die Hürden, die er als Homosexueller umschiffen musste, und in sein Verhältnis zu Angela Merkel, die er sehr schätzt.

Mit dem Buch möchte Westerwelle Mut machen, sowie ihm nach Erhalt der Diagnose und der schweren Zeit der Erkrankung selbst von Fremden immer wieder Mut gemacht wurde. Er betont, wie wichtig es ist, zu kämpfen, zuversichtlich zu bleiben und niemals aufzugeben. Gleichzeitig erinnert er daran, wie kurz das Leben sein kann und dass man es mit allen Facetten genießen sollte, solange es geht.

Umso trauriger ist es, dass Westerwelle nur ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus nach der erfolgten Stammzellentransplantation und kurz nach der Veröffentlichung seines so optimistischen Buches wieder stationär behandelt werden musste und am 18. März 2016 den schweren Folgen der Leukämie erlag.