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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.07.2018

humorvolle Interpretation

Die störrische Braut
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Die 29-Jährige Kate muss zwangsläufig im Kindergarten arbeiten, um ihre Familie über Wasser zu halten. Ihr Vater, ehemals gefeierter Wissenschaftler, ist völlig vertieft in seine Forschungen, die aber ...

Die 29-Jährige Kate muss zwangsläufig im Kindergarten arbeiten, um ihre Familie über Wasser zu halten. Ihr Vater, ehemals gefeierter Wissenschaftler, ist völlig vertieft in seine Forschungen, die aber eigentlich alle ins Nichts führen. So fehlt es auch an Förderungen. Zudem scheint er völlig unfähig einen Haushalt zu führen und überlässt alles seiner großen Tochter. Die jüngere, Bunny, tanzt Vater und Schwester gehörig auf der Nase herum und interessiert sich vor allem für Jungs. Und dann wäre da noch Piotr, der Hilfswissenschaftler, er braucht eine Aufenthaltserlaubnis. So beschließt Kates Vater kurzerhand sie mit dem jungen Mann zu verkuppeln, obwohl sie doch so gar nichts gemeinsam haben und von Liebe nun wirklich nicht zu sprechen ist.

Diesmal ist es Anne Tyler, die sich für die Shakespeare Collection an eines der alten Werke macht. Sie
interpretiert gekonnt die „widerspenstige Zähmung“ neu. Auch hier sind leicht komödiantische Züge zu finden. Die Charaktere wirken allesamt sehr überspitzt in ihren Eigenschaften. Ihr Denken und Handeln kommt mir dafür, dass der Roman nun in der Gegenwart spielt, nicht mehr zeitgemäß vor und so blieb mir besonders Kate immer etwas fern. Trotzdem konnte mich der Roman mit seiner gekonnten Erzählweise und den humorvollen Passagen durchaus überzeugen. Anne Tyler hat einen ganz besonderen Schreibstil, bei dem man einfach in die Seiten versinken kann.

Weitere Titel aus der Kollektion sind:

Jeanette Winterson: "Das Wintermärchen"- der weite Raum der Zeit
Howard Jacobson: "Der Kaufmann von Venedig" - Shylock
Margaret Atwood: "Der Sturm"- Hexensaat
Tracy Chevalier "Othello" – der Neue
Gillian Flynn "Hamlet"
Jo Nesbø: "Macbeth"
Edward St Aubyn: "König Lear" - Dunbar und seine Töchter
Anne Tyler: "Der Widerspenstigen Zähmung" die störrische Braut

Veröffentlicht am 30.05.2018

atmosphärischer Schmöker

Die letzte Stunde
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1348 – in Südengland ist die Pest ausgebrochen. Der schwarze Tod rafft ganze Dörfer innerhalb weniger Tage dahin. Lady Anne hat in Abwesenheit ihres Mannes die Verantwortung für Gut Develish übernommen ...

1348 – in Südengland ist die Pest ausgebrochen. Der schwarze Tod rafft ganze Dörfer innerhalb weniger Tage dahin. Lady Anne hat in Abwesenheit ihres Mannes die Verantwortung für Gut Develish übernommen und schützt seine Bewohner nun mit allen Mitteln. Keiner darf die Burg betreten, niemand sie verlassen, damit die Krankheit nicht weiter um sich greift. Auch ihrem Mann, der von einer Reise zurückkehrt, verweigert Anne den Zutritt. Doch dann geschieht ein Mord innerhalb der Mauern und auch dort scheint es plötzlich nicht mehr sicher zu sein.
Die Autorin Minette Walters kannte ich bisher nur von ihren Krimis. Ein historischer Roman aus ihrer Feder hat mich dann doch sehr neugierig gemacht. Nicht zuletzt weil ich Romane aus dem alten England ohnehin besonders gerne lese.
Atmosphärisch ist diese Geschichte sehr gelungen. Das Düstere und Bedrohliche wird super vermittelt. Die Handlung wird aus mehreren Perspektiven erzählt, sodass die Lage innerhalb und außerhalb der Burg beleuchtet wird. Einmal wäre da Lady Anne. Lange von ihrem Mann unterdrückt, die nun endlich Stärke zeigen kann und sehr besonnen und fortschrittlich mit der Krankheit umgeht. Auch dem Volk gegenüber zeigt sie sich als starke aber gerechte Frau. Doch sie muss sich immer wieder gegen Männer mit sehr mittelalterlichem Frauenbild, engstirnigen Gottesfürchtigen und nicht zuletzt gegen ihre Tochter zur Wehr setzten. Die Tochter Eleanor hat salopp gesagt einen an der Waffel. Ich habe selten so einen unsympathischen, fiesen und dummen Charakter erlebt. Sie tut der Geschichte gut, aber mich hat sie einfach tierisch genervt. Thaddeus – den neuen Verwalter, der ursprünglich nur ein Diener war, mochte ich sehr. Auch er setzt sich für die anderen ein, ist klug, mutig und ehrgeizig. Aus seiner Sicht erfährt der Leser, was außerhalb der Burg vor sich geht. Auffällig ist jedoch wirklich die schwarz - weiß Zeichnung der Charaktere.
Der Schreibstil ist für einen Krimi eher ruhig gehalten. Hin und wieder etwas altertümlich und gestelzt, was den Lesefluss möglicherweise ein bisschen verlangsamt, aber super zur der Zeit und Atmosphäre passt. Leider kommt es auf den 650 Seiten dann doch ein paarmal zu langatmigen Passagen, auf denen ich der Geschichte gerne einen kleinen Schubs gegeben hätte. Insgesamt jedoch ein toller historischer Schmöker. Ich bin gespannt was die Fortsetzung mit sich bringt.

Veröffentlicht am 21.02.2018

alte Story neu erzählt

Save Me
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Ruby Bell möchte nur eins: In Ruhe ihren Abschluss an der Eliteschule Maxton Hall machen, damit sie ihren größten Traum näher kommen kann - ein Studium in Oxford.
Doch eines Tages sieht sie etwas, dass ...

Ruby Bell möchte nur eins: In Ruhe ihren Abschluss an der Eliteschule Maxton Hall machen, damit sie ihren größten Traum näher kommen kann - ein Studium in Oxford.
Doch eines Tages sieht sie etwas, dass sie niemals hätte erfahren dürfen. James Beaufort, der reiche „König“ der Schule, der sie sonst niemals angesehen hätte, droht ihr den Weg nach Oxford zu verbauen…

Hach, es ist schon niedlich, wie Monika Kasten sich die zwei Helden annähern lässt. Ein bisschen wie bei Aschenputtel. Das Mädchen aus einfachen Verhältnissen, klug, verantwortungsbewusst, etwas streberhaft. Der Junge, beliebt, arrogant, und steinreich. Leider wirklich nichts Neues. Aber nett gemacht. Anfangs haben mich die vielen Klischees ein wenig gestört - alle reichen Kids scheinen oberflächlich und abwertend den anderen gegenüber zu sein. Aber nach und nach wird klar, dass auch unsere wohlhabenden Protagonisten ganz eigene Sorgen und Probleme haben, was sie dann doch ein ganzes Stück sympathischer macht. Ruby und James haben sehr unterschiedliche Charaktere, so entsteht das ein oder andere hitzige, manchmal humorvolle Wortgefecht, wenn die zwei auf einander treffen. Es hat Spaß gemacht zu lesen, wie die zwei sich weiterentwickeln und langsam Vertrauen zueinander fassen.
Der Schreibstil ist schön locker und gut zu lesen. Und die Handlung steuert viele kleine Spannungshöhepunkte an, sodass man immer mitfiebern kann.
Das Cover ist natürlich ein echter Blickfang. Welches Mädchen wird nicht von soviel Flitter angezogen? ?
Alles in allem also eine alte Geschichte, aber gut umgesetzt.

Veröffentlicht am 21.02.2018

krimi im emsland

Deichfürst
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1999 im Emsland – im Emssperrwerk wird die Leiche eines alten Mannes gefunden. Offenbar musste er kläglich in seinem Holzsarg ersticken. Es handelt sich um Tadeus de Vries. Ein ziemlich unbeliebter Geselle ...


1999 im Emsland – im Emssperrwerk wird die Leiche eines alten Mannes gefunden. Offenbar musste er kläglich in seinem Holzsarg ersticken. Es handelt sich um Tadeus de Vries. Ein ziemlich unbeliebter Geselle mit nicht gerade blütenweißer Vergangenheit. Und so trauert auch niemand wirklich um seinen Tod. Doch der Kreis der Verdächtigen wird dadurch leider nur größer. Kriminalhauptkommissar Stephan Möllenkamp ist der Ermittler in diesem Fall. Er ist neu in der Gegend und Reporterin Getrud Boekhoff hilft ihm, sich mit den Einwohnern und deren Gewohnheiten zurechtzufinden.
Rückblicke zeigen wie zwei Geschwister nach dem Krieg 1946 nach Ostfriesland fliehen und versuchen sich dort mit Müh und Not durchzuschlagen – bis die ältere Schwester verschwindet.

Es ist ein ruhiger Krimi. Sehr detailreich was die Umgebung und politischen Verhältnisse betrifft. Vielleicht manchmal etwas zu detailreich, sodass hin und wieder langatmige Passagen entstehen, die aber nicht wirklich zu einer Lösung führen. Andererseits hat es mir auch wieder ziemlich gut gefallen, wenn die Autorin auf die Landschaft einging, sie scheint das Emsland wirklich liebgewonnen zu haben. Ich komme aus der Gegend und dann ist es natürlich klasse, wenn bekannte Orte auftauchen oder in Mundart gesprochen wird.
Leider bin ich auch mit den Charakteren Stephan und Gertrud nicht richtig warm geworden. Sie bleiben eher blass und ich konnte mich schlecht in sie hineinversetzen. Dafür waren die Rückblenden von Marion und ihrem kleinen Bruder umso interessanter und spannender für mich.
Insgesamt ein solider Krimi mit einem interessanten historischen Hintergrund, der sich aber etwas schleppend entwickelt.

Veröffentlicht am 12.11.2023

schwerer Einstieg -gute Entwicklung

POSTER GIRL - Wer bist du, wenn dir niemand zusieht?
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Sonya lebt in einer dystopischen Welt. Noch vor 10 Jahren hat sie anmutig von einem Poster des Regimes auf ihre Mitbürger hinabgeblickt. Nun ist das Regime gestürzt und Sonya lebt in ärmsten Verhältnissen ...

Sonya lebt in einer dystopischen Welt. Noch vor 10 Jahren hat sie anmutig von einem Poster des Regimes auf ihre Mitbürger hinabgeblickt. Nun ist das Regime gestürzt und Sonya lebt in ärmsten Verhältnissen in einer abgesperrten Enklave. Als ihr ein alter Bekannter das Angebot macht, ein lange verschwundenes Mädchen wieder zu finden, ist Sonyas Freiheit zum greifen nah. Doch für die Suche nach dem Mädchen muss Sonya auch tief in ihrer eigenen unrühmlichen Vergangenheit graben.
Im alten Regime wurden gute Taten, Höflichkeit, aber auch Verrat an Mitbürgern mit Coins belohnt. Verhielt man sich in den Augen der Regierung falsch, wurden Coins abgezogen. Je treuer man sich gegenüber der Regierung also zeigte, desto höher war der eigene Wohlstand. Jeder Schritt wurde über ein Augenimplantat überwacht. Nach dem Regierungssturz wurde dieses Belohnungssystem abgeschafft, und dennoch scheinen die Menschen auch unter der neuen Regierung gläsern zu sein. Sonya wurde von diesen alten Werten geprägt – das bringt einen interessanten Konflikt mit sich. Natürlich möchte man Sonya als Protagonistin gernhaben, aber andererseits stand sie einmal auf der „falschen“ Seite und macht nur langsam eine Entwicklung durch, indem sie beginnt ihre alten Werte zu hinterfragen.
So spannend die Grundidee dieses Buches auch war, fiel mir der Einstieg und das Verständnis um die Regeln des alten und neuen Regimes sehr schwer. Ich musste mehrmals zurückblättern, weil ich immer wieder das Gefühl hatte, Infos überlesen zu haben. Ich konnte Sonyas Beweggründe nicht nachvollziehen, nicht weil sie früher eine Regimetreue war, sondern weil ihre Gefühlswelt meiner Meinung nach nicht ausreichend ausgearbeitet wurde. Sie wirkt sehr kalt und distanziert. Erst nach gut der Hälfte konnte mich die Geschichte packen und die Wendung zum Ende hin hat mich letztlich wieder mit dem Buch versöhnt.
Eine solide, ruhige und nachdenkliche Dystopie, mit Startschwierigkeiten, die deutlich erwachsener daherkommt, als Veronica Roths bekannte Reihe „die Bestimmung“, jedoch in ihrer Sogkraft nicht ganz an diese heranreichen kann.

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