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Veröffentlicht am 23.04.2020

Charlie Berg - Wer ist das?

Das eiserne Herz des Charlie Berg
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Der vorliegende Roman von Sebastian Stuertz ist nicht nur die Beschreibung eines Lebensabschnittes der Hauptperson Charlie Berg. Seine recht exzentrische Familie sowie ein auch sehr spezielles Umfeld ...

Der vorliegende Roman von Sebastian Stuertz ist nicht nur die Beschreibung eines Lebensabschnittes der Hauptperson Charlie Berg. Seine recht exzentrische Familie sowie ein auch sehr spezielles Umfeld mit all seinen Freunden, Bekannten, Lehrern, Förderern bis hin zu Ärzten, die sich um Charlies Gesundheit bemühen, verlangt dem Leser Aufmerksamkeit und Konzentration ab. Der Roman umfasst immerhin 714 Seiten reiner Lesestoff. Im ersten Teil bemühte ich mich, den Charakter von Charlie zu verstehen. Das ist gewiss nicht einfach. Charlie ist einerseits ein netter Junge. Gleichzeitig hat er nicht das geringste Problem damit, seinen erschossenen Großvater im Wald einfach liegen zu lassen. Er plant eiskalt gedanklich durch, wie er den Vorfall vertuschen kann und selbst dabei in keinerlei Zusammenhang mit dem Mordfall gebracht werden kann. Zu diesem Eingangsvorfall gesellen sich im Verlauf der Handlung noch mehrere Geschehnisse, die einen ganz normalen Menschen aus der Bahn werfen würden. Nicht so Charlie Berg. Er ist eben ein ganz spezieller Typ. Ich dachte zu Beginn des Romans, dass Charlie so ganz knapp am Autismus vorbeigeschrammt wäre. Es kann aber auch sein, er ist einfach nur hochbegabt. Seine Begabung ist vielseitig. Nach und nach wird seine Herzerkrankung offensichtlicher. Allerdings verdrängt er sie selbst vollkommen. Auch seine Familie sieht darin kein großes Problem. Sogar als er am Ende des Romans knapp dem Tod entkommen ist und operiert wird, ist der Umgang mit der Krankheit, die wirklich sein Leben bedroht, immer noch leicht.
Charlies Vater und Mutter sind nur an ihrer eigenen Kariere interessiert. Die Verantwortung für kleine Tochter, wurde ohne Bedenken auf Charlie übertragen. Er liebt seine Schwester wirklich. Sie ist nun allerdings einseitig hochbegabt. Fritzi liest und liest. Sie speichert all das gelesenen wortwörtlich in ihrem Gedächtnis ab. Für mich ist dies jetzt aber eine Form von Autismus. Charlie hat eine vorerst freundschaftliche Beziehung zu einem Mädchen. Diese wird intensiver und am Ende finden beide zusammen. Wohlgemerkt nachdem Charlie ihren gewalttätigen Freund "mal eben so nebenbei" getötet hat!
Total gefesselt war ich von einer Begabung Charlies. Er kann alle möglichen Gerüche, fast wie ein bestens ausgebildeter Spürhund, auch nach langer Zeit aufnehmen, zerlegen und gewissen Personen bzw. Vorgängen zuordnen. Wie der Autor dies formuliert hat, finde ich absolut toll. Im Gegensatz dazu haben mich die ellenlangen Beschreibungen, wie ein musikalisches Werk durch Charlies Vater im Keller entsteht, gelangweilt. Dafür fehlt dem einfachen Musikliebhaber einfach das technische Verständnis. Dieses Verständnis liegt beim Autor natürlich vor. Er hat versucht, es dem Leser zu vermitteln. Bei mir leider ohne Erfolg.
Den Roman habe ich als ersthafte Literatur empfunden. Inwieweit der Leser nach allen schwerwiegenden menschlichen Vergehen von Charlie, diesem Sympathie entgegenbringt oder doch der Meinung ist, dass hier eine Bestrafung erforderlich ist, lässt der Autor offen.
Mein Rechtsverständnis kämpft in diesem Fall mit meinem Gefühl. Ich hoffe, dass es auch anderen Lesern so ergeht.
Viel Spaß beim Lesen! Den werdet ihr sicher haben! Der Roman ist nicht einfach ein Lesestück. Er ist L i t e r a t u r !

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Veröffentlicht am 29.02.2020

liest sich sehr gut

Die Galerie am Potsdamer Platz (ungekürzt)
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Das Buch hält das, was die Leseprobe versprochen hat. In der Handlung sind gekonnt geschichtliche, menschliche, ein wenig künstlerische Aspekte und Einblicke in das Flair einer Weltstadt verwoben. Die ...

Das Buch hält das, was die Leseprobe versprochen hat. In der Handlung sind gekonnt geschichtliche, menschliche, ein wenig künstlerische Aspekte und Einblicke in das Flair einer Weltstadt verwoben. Die junge Alice, die versucht, ihre angesehene, reiche Familie - dabei insbesondere die hartherzige Großmutter - kennenzulernen, ist als Person genau so interessant wie ihr späterer Freund John. Alice`s Mutter wurde verstoßen, weil sie einen Künstler liebte. Lebenslang konnte die Patriarchin, Frau Helena Waldmann, ihrer Tochter dies nicht verzeihen. Wie tief diese Wunde reicht, erfährt Alice schmerzlich. Die Auflösung dieses Familiengeheimnisses ist verblüffend! Doch auch für ihre beiden Söhne und die Schweigertochter findet Fr. Waldmann kein gutes, geschweige denn liebes Wort. Umso erfreulicher ist, dass Alice von ihren Onkeln und deren Familie gerne aufgenommen wird. Als Kunststudentin kann sie sich bei der Wiedereröffnung der Familiengalerie am Potsdamer Platz hilfreich mit einbringen. Sie erobert sich sozusagen ihren Platz in der Familie der Mutter.
Die Autorin beschreibt ebenfalls das Milieu der Künstlerszene im damaligen Berlin, welches später durch die Nationalsozialisten als abartig bezeichnet wird. Ich möchte nichts vorwegnehmen. Der Leser soll sich überraschen lassen.
Ebenfalls anschaulich wurden die im totalen Aufbruch befindlichen politischen Strömungen im Schmelztiegel Berlin angesprochen und neben dem persönlichen Werdegang von Alice kurz aufgearbeitet. Hier wird der Person John (der Freund von Alice) ein besonderer Stellenwert zugeordnet. Er spricht sich absolut gegen den Nationalsozialismus aus und gerät in dessen Fokus. John wird festgenommen und (warum ist nicht erläutert) brutalen Vernehmungen ausgesetzt. John ist eine interessante Persönlichkeit innerhalb des Romans. Er bleibt bis zum Schluss geheimnisvoll. Er ist der verschlossene Typ. Die Liebe zwischen ihm und Alice wird auf eine harte Probe gestellt. Doch am Schluss finden beide sich wieder. Ich muss sagen, das war eine Überraschung für mich.
Oft musste ich schmunzeln. Die Protagonisten sind ständig damit beschäftigt, sich eine Zigarette anzuzünden und diese genüsslich, hektisch, zum Nachdenken usw. zu inhalieren. Ja, ja?! Es war damals eben eine andere Zeit.
Das äußere Erscheinungsbild des Romans ist sehr, sehr schön. Farblich ansprechend, mit einem kleinen künstlerischen Hauch kann ich für meinen Geschmack nur die Note 1 mit Sternchen vergeben. Wenn hier noch zwei weitere Romane der Autorin folgen werden, kann der Leser nur gespannt sein.

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Veröffentlicht am 29.02.2020

Weimarer Republik - mehr als Geschichtsinformation

Quintus und der Feuerreiter
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Gleich zu Beginn wurde mir klar, warum die Leseprobe nicht auf der ersten Seite begann. Hier wird meiner Auffassung nach, viel geschichtliches Wissen vermittelt und manche bereits wieder vergessene Fakten ...

Gleich zu Beginn wurde mir klar, warum die Leseprobe nicht auf der ersten Seite begann. Hier wird meiner Auffassung nach, viel geschichtliches Wissen vermittelt und manche bereits wieder vergessene Fakten wach gerufen und aufgefrischt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass bei mir von all den Fakten, die Weimarer Republik betreffend, aus dem Geschichtsunterricht nicht viel hängen geblieben ist. Wenige Charaktere aus dem Roman sind mir wenigstens namentlich ein Begriff. Andere waren vollkommen neu (die wurden im offiziellen Geschichtswissen für uns ehemalige Schüler wirklich nicht erwähnt). Der große Politikmacher Schleicher wäre mir auf keinen Fall komplett in Vergessenheit geraten. Absolut interessant ist dargestellt, wie viele der politischen Spitzen (auch der große Hindenburg) die gefährliche Lage der Erstarkung der NSDAP unterschätzt haben. Damals wie heute wurden geheime Abkommen getroffen, Intrigen gesponnen, Verbündete fallen gelassen und am Ende ging die komplette Macht an einen Adolf Hitler über. Dieser hat es verstanden, die Masse der Menschen für sich zu gewinnen, indem er versprach Deutschland aus Armut und Verfall herauszuführen. Auch damals gab es eine Rechte und eine Linke. Die Parteien der Mitte glaubten sich unüberwindlich. Falsch! (Schauen wir heute auf Thüringen - wie viele Parallelen können wir ziehen?)
In all diesen Wirren schlägt sich unser Protagonist Quintus Schneefahl sehr erfolgreich bei seiner Arbeit durch die Jahre. Nach persönlichen Enttäuschungen - mit Frauen hat er kein Glück - macht er mit Hilfe seines überragenden Intellekts und seiner Familie Karriere. Er ist und bleibt Mensch. Zwei kleine Mädchen aus sehr armen berliner Arbeiterfamilien nimmt er bei sich auf. Er heiratet seine Jungendliebe. Sie war zwischenzeitlich mit einem älteren reichen Herrn verheiratet. Sein Tod macht sie wieder frei für Quintus. Nicht nur die Liebe hat hier gesiegt, sondern auch finanziell ist die junge Familie abgesichert. Das ist besonders wichtig, als Quintus nach der Machtübernahme der Nazis arbeitslos wird. Er hat das Glück im Ausland an einer Universität eine ausgezeichnete Stellung zu finden und so der anstehenden Verfolgung durch Hitlers Polizei zu entkommen. Herr Persdorf schildert dies alles glaubhaft, nachvollziehbar und absolut gut lesbar.
Lange habe ich erfolglos gegrübelt, wer denn nun der Feuerreiter sein soll. Blitzartig kam dann die Erleuchtung. Der Feuerreiter führte das deutsche Volk in ein Feuer aus Bomben und Elend. Dieser Feuerreiter kann nur ein Adolf Hitler sein.
Was mir am Roman auch sehr gut gefallen hat, waren die beiden gleichwertigen Seiten, die bearbeitet wurden. Einerseits die deutsche Geschichte - andererseits die persönliche Chronik von Quintus Schneefahl - sind gekonnt miteinander verbunden bearbeitet.
Hinter diesem Roman steckt auf jeden Fall viele Zeit für Geschichtsforschung und Bearbeitung von Faktenmaterial. Er ist daher keine Literatur für schnelles Lesen. Der Leser muss mitdenken! Gerade das hat mir viel Spaß gemacht.
Das Cover passt genau zum Thema.

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Veröffentlicht am 07.01.2020

Wer ist mein Bruder?

Der Empfänger
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Zwei Brüder, die sich nach langer Zeit wieder begegnen. Der eine, Josef, hat sich und seiner Familie in der Nachkriegszeit in Deutschland eine bescheidene Existenz aufgebaut. Er ist so ein wenig der Typ ...

Zwei Brüder, die sich nach langer Zeit wieder begegnen. Der eine, Josef, hat sich und seiner Familie in der Nachkriegszeit in Deutschland eine bescheidene Existenz aufgebaut. Er ist so ein wenig der Typ "Pascha". Seine Frau, das Heimchen am Herd", hat den Haushalt voll im Griff. Die beiden Kinder wissen sich in Gegenwart des Vaters so zu benehmen, dass sie nicht auffallen. Der andere Bruder, Carl, hat die Nachkriegszeit in den USA verbracht. Er war der "Onkel aus Amerika". Regelmäßig schickte er der Familie Päckchen mit dem üblichen "Kehrpaketinhalt" (im Text wird erwähnt: Man konnte die Versendung dieser Pakete einfach in Auftrag geben. Selbst kümmern war nicht erforderlich. Nur bezahlen musste der Onkel Carl). Was dann eigentlich mit Carl geschehen ist, habe ich noch nicht so richtig herausbekommen. Jedenfalls wurde er zurück nach Deutschland geschickt und liegt nun der Familie seines Bruders auf der Tasche. Ich bin total neugierig, wie sich das Verhältnis von Carl und Josef weiter gestaltet. Frau Lenze versteht es, zwischenmenschliche Beziehungen langsam aufzubauen und realistisch darzustellen - gefällt mir echt gut.

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Veröffentlicht am 07.01.2020

So viele tote Mädchen

Das Böse im Herzen
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Diesmal ermitteln Kriminalistinnen nach einem Fund von zwei bereits weitestgehend verwesten Leichen. Die beiden Frauen sind gut aufeinander eingespielt. Doch in dem alten Haus, indem durch Zufall die beiden ...

Diesmal ermitteln Kriminalistinnen nach einem Fund von zwei bereits weitestgehend verwesten Leichen. Die beiden Frauen sind gut aufeinander eingespielt. Doch in dem alten Haus, indem durch Zufall die beiden Toten gefunden wurden, tauchen immer mehr Leichen auf. Alle Toten waren junge Mädchen. Alles läuft wie am Schnürchen - eben Alltag für routinierte Kriminalbeamte. Nun treffen auch die Kollegen der forensischen Anthropologie, unter Leitung von Dr. Garnet DeWinter ein. Sie ist neu im Team und das Bild einer attraktiven Frau. Für die ermittelnden Kolleginnen und Kollegen ist dieses Erscheinungsbild sowie ihr Auftreten erst noch gewöhnungsbedürftig. In einem Punkt sind sich alle Anwesenden jedoch einig: Was hier geschehen ist, kann nur als abartig bezeichnet werden. Es bedarf aller nur möglichen Anstrengungen, um die Mordfälle aufzuklären. Wenn auch nicht auf dem höchsten Spannungslevel so liest sich die Leseprobe absolut gut.

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