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Veröffentlicht am 17.04.2018

Die steinige Suche nach dem Glück

Illegal am Everest
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„Dort oben, in der vollkommenen Stille und weit weg von jeder Zivilisation, fand ich es immer noch, das alte Glück.“

Hans-Peter Duttle kann auf ein sehr ereignisreiches Leben zurückblicken. Als Schweizer ...

„Dort oben, in der vollkommenen Stille und weit weg von jeder Zivilisation, fand ich es immer noch, das alte Glück.“

Hans-Peter Duttle kann auf ein sehr ereignisreiches Leben zurückblicken. Als Schweizer Diplomaten-Sohn wurde er in Beirut geboren. Eine Kindheit im Libanon, Bern, Bolivien (La Paz) und Peru (Lima), so kam er im Teenageralter zurück nach Basel in die Schweiz. Schon in der Kindheit war Duttle ein besonders sensibles Kind und machte sich über Dinge Gedanken, die manch Erwachsener sich so wohl nie überlegt. So war ihm stets das Wohl aller Menschen, unabhängig von der Hautfarbe, sowohl das von Tieren ein Anliegen. Auch kämpfte er häufig mit dem Gefühl, das weniger geliebte Kind der Eltern zu sein, immer im Schatten des jüngeren Bruders. Er zeichnet sich selbst als sehr sensibler Mensch, welcher schon als Kind sehr spannende Einblicke in die Menschheit und Beziehung Mensch-Tier hatte. Nach dem Gymnasium in Basel kam Duttle über das Militär in die Berge und fand dort unter anderem so zum Bergsteigen und zur Liebe zur Natur. Und so kommt es, dass er schließlich im Jahr 1962 illegal mit drei Amerikanern versucht, den Everest über die Nordseite zu besteigen.

Duttle blickt auf ein unglaublich vielseitiges und spannendes Leben auf verschiedenen Kontinenten zurück. Auch nach der Besteigung des Everest folgten unter anderem Aufenthalte in Kanada bei den Inuit, sowie Aufenthalte in Peru, Bolivien und Nepal. Duttle gelingt ein sehr reflektierter Rückblick auf sein Leben, in dem sehr viele, nach wie vor aktuelle Themen behandelt werden und interessante Gedanken zutage kommen. Das Buch ist sehr gut und fundiert geschrieben. Ich hätte mir oft gewünscht, die verschiedenen Erlebnisse wären noch ausführlicher beschrieben, teils bleibt es bei kurzen und nüchternen Beschreibungen. Die Expedition auf den Everest ist wahnsinnig bildhaft und mitreissend beschrieben. Auch sehr gutes Fotomaterial ist inkludiert. Doch nicht nur die Expedition zum Everest ist interessant, auch die Jahre bei den Inuit und später zurück in Bolivien und Peru sind sehr spannend und informativ. Duttle hat sein Leben lang nach dem Glück gesucht und es schließlich im Alter endlich gefunden. Es ist schade, dass es so lange gedauert hat, aber ich konnte von seiner Reise sehr viel lernen.

Fazit: ein wunderbares, unglaublich spannendes und informatives Buch. Schade, dass es sich nur um ein Taschenbuch handelt – dieses Buch wäre eine gebundene Ausgabe mehr als wert. Ich kann dieses Buch jedem nur ans Herz legen, auch wenn Sie kein Bergliebhaber sind.

Veröffentlicht am 10.04.2018

Unterhaltsamer Roman, teils etwas langatmig

Die letzte Reise der Meerjungfrau
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Jonah Hancock ist ein mäßig erfolgreicher Kaufmann im 18. Jahrhundert. Er ist Witwer, die Frau und das einzige Kind bei dessen Geburt verstorben. So lebt er vor sich hin, als eines Tages der Kapitän einer ...

Jonah Hancock ist ein mäßig erfolgreicher Kaufmann im 18. Jahrhundert. Er ist Witwer, die Frau und das einzige Kind bei dessen Geburt verstorben. So lebt er vor sich hin, als eines Tages der Kapitän einer seiner Schiffe zurückkehrt. Im Gepäck hat er eine wahrhaftige, echte Meerjungfrau, wie die Welt sie noch nie gesehen hat! Und so schafft es Jonah, durch Ausstellung und Verkauf der Meerjungfrau zu etwas Geld zu gelangen und sich schließlich in der Welt hinaufzuarbeiten. In der Stadt lebt Angelika, Edelkurtisane und anspruchsvolle Dame. Jonah findet Interesse an ihr. Sie verspricht ihm eines: bring mir eine Meerjungfrau und ich bin dein. Jonah arbeitet von nun an nur noch auf dieses eine Ziel zu, ohne zu beachten, welche Folgen dies mit sich bringt. Dann gibt es da noch Mrs. Chappell, die ein Freudenhaus betreibt, und ihre Mädchen. Die Geschichte nimmt seinen Lauf…

Der Schreibstil war insbesondere anfangs etwas langatmig, so dass ich mich zwingen musste weiter zu lesen. Die historischen Informationen sind gut in die Geschichte eingearbeitet und machen das Ganze etwas interessanter. Gegen Mitte nimmt das Buch Fahrt auf. Der Schreibstil ist insgesamt eher ruhig gehalten, teils sehr poetisch. Die Umsetzung der „Meerjungfrau“ fand ich sehr kreativ und definitiv anders als erwartet, jedoch im positiven Sinne. Insgesamt ein ruhiges Buch mit interessanten historischen Passagen, es fehlt jedoch etwas an Aufregung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.04.2018

Berührende Mischung aus Trauer, Verlust und Humor

Bis zum Himmel und zurück
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„Meine Eltern waren in der Trauer abgetaucht, nicht zusammen sondern jeder für sich. (…) Der Schmerz hatte sie überrollt, und jetzt waren sie zerbrochen.“

Katja ist Drehbuchautorin. Katja musste einiges ...

„Meine Eltern waren in der Trauer abgetaucht, nicht zusammen sondern jeder für sich. (…) Der Schmerz hatte sie überrollt, und jetzt waren sie zerbrochen.“

Katja ist Drehbuchautorin. Katja musste einiges durchmachen und geht das Leben nun entsprechend reserviert an. Sie lebt so vor sich hin, ohne sich groß etwas zu wagen, für mutige Aktionen hat sie schließlich ihre Drehbücher. Und es gibt da Ratko, einen Mann in ihrem Leben, den sie jedoch nicht ihren Freund nennt, der ihre Gutmütigkeit ausnützt. Nun soll Katja ausgerechnet ein Drehbuch zu einer Familienserie schreiben, obwohl sie doch zu ihrer eigenen Familie seit Jahren keinen Kontakt hatte. Doch plötzlich tauch Jella auf, eine Halbschwester, von der sie nie wusste. Und Jellas Halbbruder Joost, mit dem Katja nicht verwandt ist, der doch so schöne grüne Augen hat… Und Katja beginnt, ihren bisherigen reservierten Lebensstil zu überdenken.

Junks Schreibstil gefällt mir sehr gut. Der Roman wird aus Katjas Sicht erzählt, die auch über sich selbst lachen kann und eine ziemlich sarkastische Art hat. Immer wieder gibt es Rückblicke in Katjas Kindheit, die teils sehr emotional sind. Es wird sehr gut beschrieben, wie ein Tod eine Familie komplett auseinanderreißen kann. Alle Beteiligten bleiben für sich allein und müssen einen Weg finden, damit umzugehen. Junk beschreibt sehr gut, wie man sich nach dem Verlust eines Nahestehenden fühlt. Jedoch kamen mir manchmal all die Schicksalsschläge etwas überspitzt vor. Die Geschichte wird sehr gefühlvoll und mit einem guten Mix an Gefühlen und Humor erzählt. Alles in allem eine berührende Geschichte.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Zwischen tristen russischen Vororten und dem Model-Alltag in Shanghai

Fliegende Hunde
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Lena und Oksana sind sechszehn, beste Freundinnen und teilen alles im Leben, die Hausaufgaben, das Bett und unerlaubte nächtliche Berührungen. Bis Lena als Model entdeckt wird und nach Shanghai reist, ...

Lena und Oksana sind sechszehn, beste Freundinnen und teilen alles im Leben, die Hausaufgaben, das Bett und unerlaubte nächtliche Berührungen. Bis Lena als Model entdeckt wird und nach Shanghai reist, um dort in einer Model-WG zu leben, hoffentlich Aufträge zu erhalten und mit Ruhm und Geld nach Hause zurückzukehren. Oksana bleibt zurück in dem tristen Vorort in der Nähe von St. Petersburg, im kalten russischen Winter – alles, was Lena möglichst zurücklassen möchte. Sie versucht währenddessen, ihre überschüssigen Kilos mittels der „Leningrad Diät“ loszuwerden. Auch in dem Vorort von Shanghai, wo Lena gelandet ist, gibt es Plattenbauten. Das Leben als Model ist hart und voller Ausbeutung. Häufig wird mit dem Flug nach Hause gedroht, wenn man als Model nicht genügend Geld einbringt. Die Mädchen sind somit gezwungen, nicht nur mittels Fotoshootings Geld einzubringen. Die Grenzen zwischen Modelleben und Prostitution scheinen hier fließend.

Kolosowa gelingt es, abwechselnd aus der Sicht von Oksana und Lena zu erzählen, und die Geschichten dabei mühelos ineinander zu verweben. Die Erzählungen sind authentisch, aus Teenager Sicht geschrieben und machen stets Lust weiterzulesen. Durch Oksanas geschichtliches Interesse erfährt man einiges über die Geschichte der Leningrader Blockade, was sehr interessant ist. Die unausgesprochenen Gefühle zwischen Lena und Oksana illustrieren wie Homosexualität in Russland weiterhin totgeschwiegen wird. Kolosowa schafft es trotz den ernsten Themen auch Humor in die Geschichte zu bringen. Ein außerordentliches Roman-Debüt und ein gut gelungener russischer Coming of Age Roman – klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 31.03.2018

Tiefgründiger Roman zum Umgang mit Suizid

Für immer ist die längste Zeit
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„Leben heißt nicht, dass du darüber hinweg bist oder egoistisch oder kalt; es heißt nur, dass du noch da bist und sie nicht.“

Maddy ist tot. Vom Dach der Bibliothek gestürzt. Sie hinterlässt ihre sechzehnjährige ...

„Leben heißt nicht, dass du darüber hinweg bist oder egoistisch oder kalt; es heißt nur, dass du noch da bist und sie nicht.“

Maddy ist tot. Vom Dach der Bibliothek gestürzt. Sie hinterlässt ihre sechzehnjährige Tochter Eve und ihren Ehemann Brady. Maddy ist jedoch nicht im Himmel (oder der Hölle) gelandet, sondern ist nach wie vor auf der Erde und muss mit ansehen, wie schwer ihr Verlust für Eve und Brady ist. Die beiden kommen mit Maddys Suizid nicht zurecht und zerbrechen schier daran. So fasst Maddy den Beschluss, dass sie eine neue Frau für Brady und Eve suchen muss, die den beiden hilft, alles wieder ins rechte Licht zu rücken.

Ich muss zugeben, dass ich das Buchcover ganz und gar unpassend finde. Bunte Blumen und Schmetterlinge passen für mich nicht zum Tod. Dennoch wollte ich das Buch wegen der Beschreibung unbedingt lesen. Der Start ist ein wenig langatmig, doch die Erzählung wird mit zunehmender Seitenzahl tiefgründiger, sodass man bis zu den letzten Seiten sehr viel an Trauerarbeit und Umgang mit Suizid behandelt hat. Es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt (Maddy, Eve und Brady). Fabiaschi gelingt es außerordentlich gut, die Gedanken um den Tod und die Trauer eines nahen Angehörigen, insbesondere durch Suizid, zu beschreiben und in einen Roman zu verpacken. Auch die Frage nach dem Warum ist Kern des Buches und man erkennt, wie zentral diese Frage für Hinterbliebene werden kann. Auch die Schuldfrage ist zentral. Dies ist kein klassisches Buch über den Umgang mit Suizid, da es die ganzen Botschaften bzw. Weisheiten in einen Roman verpackt. Die Umsetzung finde ich jedoch außerordentlich gut. Ich empfehle dieses Buch Suizid Hinterbliebenen, sowie auch Menschen, die einen nahen Angehörigen auf andere Weise unerwartet verloren haben. Ein wunderbares Buch!