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Veröffentlicht am 20.04.2022

Versöhnlich

Liebesheirat
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Der Begriff „Liebesheirat" verspricht Romantik und steht dafür, dass zwei Personen nur aus Zuneigung zueinander eine Ehe eingehen. Genau das möchten Yasmin und ihr Freund Joe tun, wobei sie sich bemühen, ...

Der Begriff „Liebesheirat" verspricht Romantik und steht dafür, dass zwei Personen nur aus Zuneigung zueinander eine Ehe eingehen. Genau das möchten Yasmin und ihr Freund Joe tun, wobei sie sich bemühen, die zwischen ihren Familien bestehenden kulturellen Unterschiede zu überwinden. Yasmins Vorbild ist dabei die Hochzeit ihrer Eltern, die sich einst mit ihrer eigenen „Liebesheirat“ gegen gesellschaftliche Vorurteile in Bangladesh durchgesetzt zu haben scheinen. Und zunächst läuft auch alles besser als befürchtet, doch dann tauchen völlig unerwartete Probleme auf …
Leicht und eingängig erzählt Monica Ali die Geschichte zweier junger Leute und ihrer unterschiedlichen Familien. Man folgt ihr gerne in den Gefühlsdschungel, der Joes Verlobte Yasmin beherrscht. Doch familiäre Spannungen, Kommunikationsschwierigkeiten, Aufrichtigkeit und Sexualität sind nicht die einzigen Probleme, um die es in diesem Roman geht. Ali, die teilweise bengalische Wurzeln hat, spricht viel mehr Themen an, unter anderem auch soziale und psychologische Probleme, die sich nicht nur mit europäischen Sachverhalten befassen, sondern auch fremdländische gesellschaftliche Zusammenhänge einbeziehen. Jedoch schlägt die Autorin trotz aller (teilweise nur angerissenen) Problematiken einen warmherzigen, oft humorvollen Ton an, in dem der Leser ihr Mitgefühl und ihre Zuneigung zu Menschen (und ihren Fehlern) spürt. Ihre versöhnliche Erzählweise macht die diversen Verwicklungen der Charaktere bei aller Dramatik nachvollziehbar und gut lesbar.


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Veröffentlicht am 19.04.2022

Lesen verbindet

Ich lese!
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Wann, wie, wo und mit wem kann ich lesen? Kurz und bündig gibt Attilio Cassinelli die Antworten: Immer, überall, allein und mit anderen. In Wort und Bild erfahren kleine und große Leser, wozu Bücher in ...

Wann, wie, wo und mit wem kann ich lesen? Kurz und bündig gibt Attilio Cassinelli die Antworten: Immer, überall, allein und mit anderen. In Wort und Bild erfahren kleine und große Leser, wozu Bücher in der Lage sind. Sie können entspannen, ablenken, Trost schenken oder eine Gemeinschaft herstellen. Dabei widmet Attilio jeder Lese-Situation eine Doppelseite des handlichen kleinen Buches. Eine Seite gehört dem Text, die andere der dazugehörigen Illustration.
Der Text, der eigentlich nur aus jeweils einem knappen Kommentar besteht, korrespondiert in seiner Kürze mit den ebenso reduzierten bildlichen Darstellungen. Ähnlich, wie es manche vielleicht noch von Dick Bruna kennen, beschränkt sich Attilio auf eine klare, einfache Form- und Farbgebung und lässt seine Figuren und Gegenstände durch kräftige, schwarze Konturen deutlich hervortreten. Diese Konzentration auf das Wesentliche und der Verzicht auf Details spricht vor allem kleinere Kinder unmittelbar an und zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich. Zudem ist die einfache Bildsprache für Kinder leicht zu decodieren und auch international für alle verständlich.
Die unterschiedlichen Lese-Situationen, liebevoll und humorig illustriert, laden Eltern und Kinder zu einem Gemeinschaftserlebnis ein, zum gemeinsamen Betrachten und Plaudern - so, wie der Illustrator es auf etlichen Seiten seines Büchleins abbildet: Lesen verbindet.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Mord mit Lokalkolorit

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
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Wieder einmal kreuzen sich die Wege von Inspektor Leopold von Hertzfeld und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer: während er den Tod eines mumifizierten Archäologen aufklären soll, verhilft ihm ...

Wieder einmal kreuzen sich die Wege von Inspektor Leopold von Hertzfeld und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer: während er den Tod eines mumifizierten Archäologen aufklären soll, verhilft ihm Rothmayer zu wichtigen Erkenntnissen. Als sich Leo schließlich der Lösung des Falles immer mehr nähert, kommt plötzlich der Befehl, alle Untersuchuchungen einzustellen. Stattdessen erhält er die Weisung, mit Hochdruck bei einer Reihe rätselhafter Morde an jungen Männern zu ermitteln, die sich häufen…
Auch dieser zweite Teil der Totengräber-Serie erzählt nicht nur auf packende Weise von verzwickten Mordfällen, sondern schildert auch anschaulich das Leben gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Wien mit all seinen Facetten. Erneut gelingt es dem Autor vortrefflich, seinen Roman lebendig werden zu lassen, indem er reale historische Ereignisse mit Fiktion verbindet. Politische und soziale Aspekte werden ebenso einbezogen wie wissenschaftliche und technische Fortschritte oder auch die Anfänge moderner Kriminalistik. Detaillierte Milieuschilderungen lassen den Leser in das Leben kurz vor der Jahrhundertwende eintauchen und mit den Protagonisten fühlen.
Ein spannender Roman mit einem eindrucksvollen Blick in eine vergangene Epoche!


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Veröffentlicht am 23.03.2022

Minenfeld Gedächtnis

Der Erinnerungsfälscher
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Wieviel Inhalt ein schmaler Buchband transportieren kann, beweist Abbas Khider sehr eindrucksvoll in seinem neuen Roman „Der Erinnerungsfälscher".
Sein Protagonist Said Al-Wahid hat sich gerade in Deutschland ...

Wieviel Inhalt ein schmaler Buchband transportieren kann, beweist Abbas Khider sehr eindrucksvoll in seinem neuen Roman „Der Erinnerungsfälscher".
Sein Protagonist Said Al-Wahid hat sich gerade in Deutschland eine neue Heimat geschaffen, als sein Bruder ihn aus dem Irak anruft, um ihm mitzuteilen, dass ihre Mutter im Sterben liege und er so schnell wie möglich kommen möge. Sie und Bruder Hakim sind Saids letzte Verbindung zu seiner Familie im Irak. Während seines Fluges nach Bagdad und des kurzen Aufenthaltes in seinem ehemaligen Vaterhaus bestürmen ihn Erinnerungen an sein früheres Leben. Welche Geschehnisse davon sind tasächlich passiert, welche sind „Lückenfüller"?
Khider versteht es meisterhaft, die bruchstückhaften Erinnerungen seines (vielleicht) Alter Ego - zeitlich Stück für Stück rückwärts gehend - in Saids gegenwärtige Existenz als angehender Schriftsteller mit deutschem Pass einzubeziehen. Sein leicht wirkender Schreibstil täuscht allerdings: gerade die kurzen Sätze und die knapp und sachlich formulierten Erinnerungen stecken voll tiefer, dramatischer Bedeutung. Eindrücklich vermitteln sie dem Leser den Grund, warum viele Erinnerungen Saids „zu den Minenfeldern im Gedächtnis …“ gehören, „die er nicht gern betreten möchte", weil sie ihn zerstören könnten. Und weshalb er für sich den Begriff des „Erinnerungsfälschers" nutzt, der traumatische Erlebnisse in seinem Gedächtnis zu unterdrücken sucht.
Gewalt, Verfolgung, Flucht: einen wirklichen Schutzwall kann Saids Gedächtnis dazu nicht aufbauen. Doch der deutsche Pass, den er ständig bei sich trägt, und sein kleiner, in Berlin

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Veröffentlicht am 15.03.2022

Charakterbildnisse

Doppelporträt
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Wer Bilder von Oskar Kokoschka kennt, weiß, dass der Maler mit seinen Porträts viel mehr darstellen will als nur das äußere Erscheinungsbild seines Modells. Auch, als er im Jahr 1969 den Auftrag, ein Bildnis ...

Wer Bilder von Oskar Kokoschka kennt, weiß, dass der Maler mit seinen Porträts viel mehr darstellen will als nur das äußere Erscheinungsbild seines Modells. Auch, als er im Jahr 1969 den Auftrag, ein Bildnis Agatha Christies zu ihrem achtzigsten Geburtstag zu malen, annimmt, wendet er seine übliche Arbeitsweise an: Er versucht, sein Modell zum Erzählen zu bewegen, um Minenspiel und Gestik studieren zu können und so etwas von dessen Persönlichkeit bildlich einzufangen. Zu seinem Erstaunen dreht die große Dame der Kriminalliteratur den Spieß zunächst allerdings um. Der 85jährige selbst sieht sich genötigt, eine Rückschau auf sein ereignisreiches Leben preis zu geben, um anschließend Agatha zum Erzählen zu bringen…
Agneta Pleijel gibt ihrem Roman einen festen Rahmen. In sechs Mal-Sitzungen, denen eine Einführung vorangestellt wird und ein Epilog folgt, entsteht nicht nur Kokoschkas Bildnis von Agatha Christie. Gleichzeitig erschafft die Autorin ein literarisches Doppelporträt der zwei alternden Künstler, indem sie beide wechselseitig bedeutsame Ereignisse, die ihr Leben stark beeinflussten, schildern lässt. Ihr knapper Schreibstil und die kurzen Sätze entsprechen den skizzenhaften Ausschnitten aus den jeweiligen Lebensläufen; manches wird nur angerissen, anderes etwas näher ausgeführt. Eine wissenschaftliche Biografie ist hier nicht gewollt, nur ein kleiner Einblick in zwei Persönlichkeiten, ein subjektives „Doppelporträt".



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