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Veröffentlicht am 10.03.2020

Mörderisch spannender Jugendkrimi mit cleveren Schwestern

Highrise Mystery
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Die deutsche Übersetzung von Sharna Jacksons Jugendkrimi "Highrise Mystery - Ein tödlicher Sommer" erscheint am 12.3.2020 im Knesebeck Verlag.


Die farbigen Schwestern Anika (11), genannt "Nik" und Norva ...

Die deutsche Übersetzung von Sharna Jacksons Jugendkrimi "Highrise Mystery - Ein tödlicher Sommer" erscheint am 12.3.2020 im Knesebeck Verlag.


Die farbigen Schwestern Anika (11), genannt "Nik" und Norva (13) wohnen im Londoner Hochhaus-Komplex "The TRI" und finden in einem Müllcontainer die Leiche ihres Kunstlehrers und Antiquitätenhändlers Hugo Knightley-Webb. Die Schwestern haben ein Faible für Detektivarbeit und beobachten häufig ihre Mitbewohner und analysieren deren Aktivitäten. Deshalb sehen sie in dem Mordfall natürlich eine neue Aufgabe und als ihr Vater unter Mordverdacht gerät, setzen sie ihre ganze Kraft in die Aufklärung, um seine Unschuld zu beweisen.

Zur besseren Orientierung stellt gleich zu Beginn des Buches in einer Karte des Ortes den Tatort und die Umgebung vor. Das Buch ist eine Mischung aus kurzen Kapiteln, Video-Beschreibungen, Briefen und Tabellen und erweckt damit einen interessanten Eindruck, der zum Mitermitteln einlädt.

Der Fund der Leiche ihres Lehrers Hugo versetzt Nik und Norva in Aufregung und sie ermitteln in ihrer Nachbarschaft. Wie wichtig ihre Beobachtungen sind, merken sie erst, als auch ihr Vater, der Hausmeister in "The TRI" ist, in Verdacht gerät. Sie haben einen Heimvorteil, kennen sich im Gebäudekomplex gut aus, sind hier aufgewachsen und kennen die Bewohner.

In diesem Krimi für Kinder und Jugendliche ermitteln außergewöhnliche Ermittlerinnen, sie sind nicht nur Schwestern, farbig und blutjung, sie sind auch noch besondere Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein können. Während Nik alles mit analytischem Verstand betrachtet, sorgt Norvas Kreativität und Fantasie für den Gegenpart, sie kennen die Ortsgegebenheiten des Wohnkomplexes und mithilfe ihrer "TRI-Files" auf dem Smartphone sind sie Undercover unterwegs und der Polizei immer einen Schritt voraus.

Wie die beiden tatkräftigen Hobbydetektivinnen Socialmedia einsetzen und ermitteln, hat mir gut gefallen, auch wenn man ihnen vielleicht nicht alles abnimmt. Womit ich allerdings so meine Probleme hatte, ist ihre Sprache, die stark mit Anglizismen und Slangbegriffen angereichert ist. Ob sich hier die Zielgruppe genügend auskennt, wage ich zu hinterfragen. Es hätten einige Begriffe wie Dogwalking durchaus ins Deutsche übersetzt werden können.

Das Thema Diversität wird in diesem Krimi perfekt eingebunden, endlich ermitteln mal Mädchen mit schwarzer Hautfarbe und sind auch noch allen überlegen.

Auch wenn in dieser Geschichte ein Mord geschehen ist, so bleibt dieser eher als Hintergrund, vordergründig ist die Ermittlung und die ist zwar auf den Punkt, aber nicht bedrückend in der Stimmung.


Diese spannende Mordermittlung aus der Perspektive von Kindern lässt sicherlich auch ihre Leser in deren Rollen tauchen.

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Vielschichtig, zeitgenau geschildert und eine Empfehlung wert.

Die Schule am Meer
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Im Rowohlt Kindler Verlag erscheint Sandra Lüpkes Roman "Die Schule am Meer".

Eine Gruppe von Lehrerpaaren gründet 1925 auf Juist ein Internat, welche den Sinn einer Reformschule erfüllen soll. Hier sollen ...

Im Rowohlt Kindler Verlag erscheint Sandra Lüpkes Roman "Die Schule am Meer".

Eine Gruppe von Lehrerpaaren gründet 1925 auf Juist ein Internat, welche den Sinn einer Reformschule erfüllen soll. Hier sollen Schüler freies Denken lernen, ein Mitspracherecht haben und beide Geschlechter gemeinsam unterrichtet werden. Die Finanzierung erfolgt durch Spenden, Schulgeld und den Einkünften der Schüler mit ihren Konzert- und Theaterauftritten. So ideal die Ziele der Schule auch sind, bei den Insulanern ist sie als Hort für Juden und Kommunisten verschrien. Die Situation wird schwierig, als die Nationalsozialisten auch auf der Insel Fuß fassen und gegen die Schule kämpfen.


Dieser Roman umfasst die Zeitspanne von 1925 bis 1934 und beruht auf einer wahren Geschichte. Diese Reformschule hat es wirklich gegeben.
Mich haben beim Lesen die Ideen und Ideale der Gründer sehr beeindruckt, außerdem hatte die Schule nicht nur mit den politischen Veränderungen im Land zu kämpfen, sondern auch mit den Anfeindungen der Inselbewohner und Aspekten der Natur. Im Eiswinter 1929 war die Insel wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten und somit völlig auf sich gestellt.


Sandra Lüpkes lässt ihre umfangreiche Geschichte aus drei Perspektiven erzählen. Dadurch bekommt man ein vielfältiges Bild verschiedener Ansichten und Einblicke geboten.


Die Lehrerin Anni stammt aus einem reichen, jüdischen Elternhaus und zählt mit ihrem Mann Paul Reiner zu den Mitbegründern der Schule, die auch ihre drei Töchtern besuchen. Paul geht in der umfangreichen Arbeit für die Schule auf, allerdings auf Kosten der Familie.

Der nächste Erzähler ist der jüdische Musikpädagoge Eduard Zuckmayer, Dirigent und Konzertmeister und so von dem Prinzip der Schule überzeugt, dass er nach einem Urlaub auf Juist in der Schule eine Stelle antritt. Statt musikalischer Karriere genießt er den Bildungsauftrag an seinen Schülern.

Dritter Erzähler ist Moskito, er stammt aus Bolivien und steht stellvertretend für die ausländischen Schüler. Auch wenn er weit weg ist von seiner Familie, so findet er in der Gemeinschaft schnell Anschluß.


Dieser Roman spannt einen weiten Bogen um diese freie Schule und zeigt viele Figuren mit ihren Schicksalen, Hoffnungen, Wünschen und Verlusten auf. Aber in erster Linie geht es um die Sicht der Schüler, ihr gemeinsames Leben und Lernen auf Juist, ihre Freundschaften. Wir lernen die Schülerinnen und Schüler näher kennen und erleben das Hauspersonal Kea, Marje und andere bei ihrer Arbeit.


Sandra Lüpkes fesselnder und angenehm zu lesender Schreibstil hat mich in die Geschichte hinein gezogen und mir ein unterhaltsames Kopfkino an Charakteren und Schauplätzen beschert.

Dabei genießt man einerseits das Miteinander von Freunden und Familien, erkennt aber schnell die aufkommenden Probleme und politischen Strukturen, die für Schwierigkeiten und schlimme Vorgänge sorgen.


Den authentisch wirkenden und fein gezeichneten Charakteren kann man sich gut nähern und fühlt schnell mit ihnen mit, erkennt ihre Gefühle und Sorgen und bekommt Einblick in die sich anbahnenden politischen Ereignisse. Juden und Kommunisten unter einem Dach mit Ariern sorgte zu der Zeit für Konflikte und Schwierigkeiten.

Mir haben besonders die Szenen in der Küche gut gefallen, manche Mahlzeiten mussten aus knappen Mitteln hergestellt werden, besonders im Eiswinter eine echte Herausforderung. Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, teilweise kam mir die Ausführungen mancher Szenen etwas zu umfangreich vor.


Ein besonders zu lesender, gut recherchierter Roman, der diese Reformschule auf Juist atmosphärisch dokumentiert und geschickt in das Zeitgeschehen einbaut.

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Urlaubsmäßiger Ostfriesen-Krimi

Krabbenkuss mit Schuss
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Krabbenkuss mit Schuss ist der 7. Band einer Krimireihe vom Autorenduo Christiane Franke & Cornelia Kuhnert. Der Regionalkrimi spielt in Ostfriesland und erscheint im Rowohlt Verlag.

Rosa sieht sich ...

Krabbenkuss mit Schuss ist der 7. Band einer Krimireihe vom Autorenduo Christiane Franke & Cornelia Kuhnert. Der Regionalkrimi spielt in Ostfriesland und erscheint im Rowohlt Verlag.

Rosa sieht sich für ihre Schulklasse einem Alpakahof an und es wäre nicht Rosa, wenn sie nicht wieder über einen Toten stolpern würde. Es ist der Mann der Hofbesitzerin, der tot am Ende einer Treppe liegt. Fremdverschulden oder Unfall?



Auch im siebten Band sorgt das originelle Dreiergespann Rosa, Rudi und Henner wieder für heitere Unterhaltung und spannende Ermittlungen. Wer die Reihe kennt, freut man sich auf ein Wiedersehen mit den Figuren und ihren speziellen Charakteren. Aber auch für Neulinge der Buchreihe ist ein Einstieg mit diesem Buch möglich, alle Figuren werden in einem Personenregister vorgestellt.

Diese Krimireihe macht einfach Spaß, weil die Charaktere mit herb friesischer Art angelegt sind und Rosa immer das richtige Gespür für die richtige Fährte hat und somit zur Lösung des Falls beiträgt.


Christiane Franke und Cornelia Kuhnert erzählen wieder lebendig mit viel Schwung, ihre liebenswert beschriebenen Figuren bringen echten Ostfriesen-Charme in die Geschichte und sorgen für gute Unterhaltung.

Was mir bei dieser Reihe so gut gefällt ist der Lokalkolorit, der durch die Landschaftsbeschreibungen und die kulinarischen Besonderheiten der friesischen Küche wie bei Mudder Steffens wunderbar zur Geltung kommt.

Die Handlung wird durch Wendungen und Ermittlungsirrläufer spannend gestaltet, dem Leser eröffnen sich einige mögliche Verdächtige. Natürlich läuft die Ermittlung und Verfolgung nicht so rasant ab wie in einem amerikanischen Krimi, denn in Ostfriesland ticken die Uhren noch langsam und bedächtig. Aber die gute Unterhaltung ist auf jeden Fall garantiert und erhält schon allein durch die Szenerien vom Alpakahof, von der Teemanufaktur und dem Tortenclub, und natürlich Rosas neuer Dating-Bekanntschaft einen lesenswerten Charakter.


In gewisser Weise kann man bei dieser Krimireihe auch von Genusskrimi sprechen, denn was im Buch verspeist wird, wird im Anhang mit ein paar schöne Rezepte vorgestellt. Ob der landestypische Weißkohleintopf, Thunfischpizza, Eierlikör oder verschiedenen Torten und Kuchen, wie Trüffeltorte und ostfriesischen Napfkuchen, die Rezepte verführen zum Nachahmen.


Ein amüsanter Küsten-Krimi mit dem herben Charme der Ostfriesen und ein echtes Lesevergnügen für den Strandkorb. Ich hatte jedenfalls meinen Lesespaß und freue mich auf weitere Bände der Reihe.

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Veröffentlicht am 07.03.2020

Großartiger Roman auf den Spuren Raffaels

Raffael - Das Lächeln der Madonna
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Der historische Roman "Raffael - Das Lächeln der Madonna" ist das wunderbare Debüt von Noah Martin und erscheint im Droemer Knaur Verlag.



Raffael Sanzio aus Urbino galt schon in jungen Jahren als Malergenie ...

Der historische Roman "Raffael - Das Lächeln der Madonna" ist das wunderbare Debüt von Noah Martin und erscheint im Droemer Knaur Verlag.



Raffael Sanzio aus Urbino galt schon in jungen Jahren als Malergenie in Italien. Als sein Vater früh verstarb, ging Raffael nach Perugia, um dort bei dem Malermeister Perugino in die Lehre zu gehen. Schon im Alter von 17 Jahren wird er selbst Meister. Als er Margherita, eine einfache Bäckerstochter trifft, ist es seine große Liebe. Doch sie bindet sich an einen einflussreichen Mann. Raffael lebt für die Kunst und sein Leben entwickelt sich zu einem rastlosen Pendeln zwischen seinen mächtigen Auftraggebern der italienischen Stadtstaaten und verstrickt sich dabei immer mehr in deren Machtkämpfe. Auch für den Vatikan wird er tätig, er wird Baumeister des Petersdoms. Als Künstler war er erfolgreich, aber war er auch glücklich? Sein skandalträchtigstes Bild zeigt eine nackte junge Frau, Margherita Luti.



Diesen packenden und gut recherchierten Roman kann ich nur empfehlen, Noah Martin hat hier perfekt seine fiktiven Ideen mit den historischen Hintergründen zu einem grandiosen Roman umgesetzt.

Er schafft es, den berühmten Maler Raffael und seine Zeitzeugen aus der italienischen Hochrenaissance mit den Machtspielen und gigantischen Bauwerken der Zeit zum Leben zu erwecken.

Wir lernen Raffael als jungen meisterhaften Maler kennen, entdecken seine erste Liebe und begleiten ihn auf seinem weiteren Weg mit allen Höhen und Tiefen. Raffael lernt Michelangelo Buonarroti und Leonardo da Vinci kennen, erreicht Aufträge im Vatikan und wird erfolgreich. Wie es um seine Liebe bestellt ist, ist die Auslegung Noah Martins in seinem Roman.


Durch den anschaulichen, detailgenauen Erzählstil schaut man Raffael und seinen Zeitgenossen direkt über die Schulter und landet mitten in der Zeit der Renaissance. Die Ausübung der Malerei, die Anmischung von Farben, die Herstellung von Deckenfresken und anderen Techniken werden im Buch wunderbar versiert beschrieben. Gleichzeitig zeigt der Autor aber auch die historische Entwicklung dieser Epoche. Es geht um die Übermacht des Klerus und des Adels, um Ränkeschmiede und politische Auseinandersetzungen und die Ausschweifungen des Papstes und seiner Befürworter. Der Roman ist ein Zeugnis von opulentem Lebensstil auf Seiten des Klerus und Adels und der Ohnmacht und Armut der einfachen Leute. Die ausgesprochen bildhaften Beschreibungen von Orten, Figuren, Gemälden, Bauwerken und Handlungen lassen den Leser tief in die Szenerie eintauchen. Es gibt Kampfgetümmel, brutale Übergriffe, Feuersbrunst und Verbrennung von Menschen. Doch diese Vorgänge sind nicht übermächtig im gesamten Geschehen, hier wurde kein bedrückender Historienschmöker geschrieben, sondern ein gut recherchierter und anschaulicher Roman, der die Grausamkeiten der Zeit nicht vergisst.



Wie historisch belegt, prägen im Roman die Borgias und Künstler wie Leonardo da Vinci und Michelangelo Raffaels Leben und Schaffen. Deutlich wird das Konkurrenzgebahren Michelangelos, der sich ungern mit anderen Genies umgab. Es werden verschiedene Kunstwerke beschrieben, die Interesse am Lebenswerk des Genie Raffael wecken. Für den unterhaltsamen Charakter sorgt die Romanze mit Margeritha Luti und Raffaels Freundschaften mit Piero Petrucci und dem fiktiven Daniele.



Die Charaktere sind wunderbar vielfältig gezeichnet, ihre Emotionen werden sichtbar und dadurch wirken sie sehr lebendig. Raffael zeigt sich als Talent, der in seiner Kunst aufgeht, er folgt dem Ruf des interessantesten Auftrags und gerät dadurch immer wieder zwischen die Fronten. Was in dem Machtgetümmel zwischen den Interessen des Klerus und des Adels nicht einfach und ungefährlich war. Nur seine ewige Liebe band ihn an Margherita Luti, die für ihn die Muse seines Lebens war und



Dieses sensationelle Debüt erscheint punktgenau zum 500. Todestag des großen Künstlers Raffael und ist ein Lesetipp für alle Liebhaber des historischen Genres.

Ein großartiger, pompöser und packender Roman aus der Zeit der Renaissance.

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Veröffentlicht am 04.03.2020

Vielschichtige Suche nach Identität und Lebenswegen

Die Geheimnisse meiner Mutter
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Der Roman "Die Geheimnisse meiner Mutter" von Jessie Burton erscheint im Insel Verlag.

Als Kind schmerzt es Rose unheimlich, nicht zu wissen, warum ihre Mutter Elise einfach spurlos verschwand und als ...

Der Roman "Die Geheimnisse meiner Mutter" von Jessie Burton erscheint im Insel Verlag.

Als Kind schmerzt es Rose unheimlich, nicht zu wissen, warum ihre Mutter Elise einfach spurlos verschwand und als Baby bei ihrem Vater Matt ließ. Jahre später erfährt Rose von Matt, das die Schriftstellerin Constance Holden die Letzte war, zu der ihre Mutter vor ihrem Verschwinden Kontakt hatte. Rose möchte mehr über ihre Mutter erfahren und nimmt Kontakt zu Constance auf.

"Wenn jemand einen so ansieht, ..., ist es, als sähe man all die Persönlichkeiten dieses Menschen, die tiefsten, lang verschütteten, endlosen Missverständnisse, all die Erfahrungen von Liebe, Freude, Hass und Traurigkeit." Zitat S. 430

Dieses Buch wirft Fragen auf, es erwarten den Leser eine ganze Reihe an Lebensproblemen, es geht um Entscheidungen für den weiteren Lebensweg, um Beziehungen, auch um eine lesbische, außerdem um ungewollte Schwangerschaft und Mutterrolle, Verlust und verlorene Mutterliebe. Nicht jede Frau ist dazu bereit, ihre Selbstständigkeit zugunsten eines Kindes aufzugeben, andere gehen in ihrer Rolle auf. Fakt ist jedenfalls, dass Elise irgendwann aus Roses Leben verschwand und sie bei ihrem Vater Matt ließ.


Mit 34 Jahren hat Rose genug von ihrem Job, die Beziehung mit Joe ist nicht unglücklich, aber auch nicht so richtig glücklich. Sie weiß nicht so recht, was sie mit ihrem Leben machen will. Außerdem quält sie die Ungewissheit, warum ihre Mutter sie damals als Baby verlassen hat.

Sie findet den letzten Kontakt ihrer Mutter, die ältere Schriftstellerin Connie, die eine Assistentin zum Kochen und Tippen ihres Manuskriptes für einen neuen Roman benötigt. Unter einem anderen Namen, Laura, nimmt Rose die Stelle bei Connie an. Beide Frauen gewöhnen sich aneinander und auch wenn die Aufdeckung des Geheimnisses um ihre Mutter Rose hierher führte, genießt sie die Gesellschaft mit Conny.


Elises Leben mit Connie wird in Rückblenden deutlich, diese Kapitel werden durch Jahreszahlen erkennbar. Die Zeit konnte mich damit packen, das sie außergewöhnlich war auch ein paar Einblicke in das Filmgeschäft sichtbar machte. Später bringt eine ähnliche Beziehung auch Connie und Rose zusammen, es sind vielschichtige Figuren, die man nur bruchstückhaft kennen lernt und nie ganz erfassen kann. Das macht eigentlich den besonderen Reiz an der Geschichte aus und das sich manches wiederholt im Leben.



Jessie Burton versteht sich darin, ihren komplexen Figuren unterschiedliche, lebendige und auch polarisierende Züge zu verleihen, auch wenn ich ihnen nie richtig nahe kam. Die Geschichte fängt sehr stark an, ich hatte den Eindruck, die Figuren werden mit der Zeit etwas emotionsloser. Auch wenn ich viele Beweggründe nicht nachvollziehen konnte, hat mir der faszinierende Schreibstil Jessie Burtons sehr gut gefallen. Ihre gefühlvollen Phrasen habe ich genossen, das oben genannte Zitat lässt einen kleinen Eindruck zu. Wie sie die Beziehungsverhältnisse aufbaut, hinterfragt und am Ende auf das Geheimnis Elises zu hinleitet, hat mich über einige Längen im Mittelteil hinweggetröstet.


Es ist kein einfacher Unterhaltungsroman, man muss sich den Figuren annähern und findet ein Mutter-Tochter-Verhältnis vor, welches nicht im klassischen Sinne gelebt wurde. Dieser Roman gibt Denkanstösse, erst nach dem Lesen wirbelt er Fragen auf, die man selbst an Rosies Stelle ohne Mutter sicher auch gehabt hätte.

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