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Veröffentlicht am 28.05.2021

The Janes

Tote ohne Namen
1

Ja, die Autorin Louisa Luna hat das Rad nicht neu erfunden. Dafür hat sie aus den Themen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Einwanderung in die USA einen sehr unterhaltsamen Thriller geschaffen. Und ...

Ja, die Autorin Louisa Luna hat das Rad nicht neu erfunden. Dafür hat sie aus den Themen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Einwanderung in die USA einen sehr unterhaltsamen Thriller geschaffen. Und auch, dass Kartelle, Polizei und DEA (Strafverfolgungsbehörde) ein nicht ganz sauberes Spiel treiben ist nicht neu, passt aber trotzdem perfekt in die USA. Auf die zuvor genannten Themen geht die Autorin nicht sehr tief ein. Im Vordergrund stehen die beiden Protagonisten Vega und Cap, deren actionreiches Handel.
„Ich denke über Motivationen nach. Und darüber, dass es für viele Männer nur drei Dinge gibt: Sex, Drogen und Geld. Das magische Dreieck.“ [121]
Im deutschen starten wir mit Band 2 der Reihe. Man merkt, dass Vega und Caplan sich schon kennen, nonverbal agieren können und dass zwischen den beiden die Chemie stimmt. Dem Lesespaß oder auch Verständnis schadet dies aber nicht. Alice Vega bringt durch ihr Handeln ordentlich Tempo in die Story. Sie geht dahin wohin es weh tut. Rücksicht auf Verluste? Nein. Allerdings behält sie immer ein Auge auf den Ex-Polizisten Max Caplan, der aber nicht minder mitmischt.
„Tote ohne Namen“ von Louisa Luna überzeugt durch einen sehr guten Schreibstil, ordentliches Tempo und einer knallharten und taffen Vega. Es macht Spaß sich mit den Protagonisten ins Abenteuer zu stürzen und gemeinsam festzustellen: „Irgendetwas. Stimmt. Da. Nicht.“ [215]

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Veröffentlicht am 06.05.2021

Das kaputte System Deutschland

Die Kandidatin
1

„Nur aggressives Niederringen des weißen Patriachats bringt uns weiter.“ [116]
Der Roman „Die Kandidatin“ von Constantin Schreiber wirft einen Blick in die nicht allzu ferne Zukunft der Bundesrepublik. ...

„Nur aggressives Niederringen des weißen Patriachats bringt uns weiter.“ [116]
Der Roman „Die Kandidatin“ von Constantin Schreiber wirft einen Blick in die nicht allzu ferne Zukunft der Bundesrepublik. Einiges davon hat mich an „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq erinnert. Doch bei dem Roman von Schreiber gibt es nur ein Dafür und ein Dagegen. Eine Gesellschaft zwischen Hoffnung und Hass. Entweder man steht zur Protagonistin Sabah Hussein, oder man verachtet sie. Im normalen Leben würde es viele Facetten in jeglicher Hinsicht geben. Bewusst wird hier alles extrem auf die Spitze getrieben, ob dies nun die Themen Diversität, Auslandsbeziehungen zu China oder im Allgemeinen die politische Zukunft eines Landes ist.
„Wir reproduzieren die patriarchale Aussage, indem wir sie singen. Es wäre viel besser, wenn wir singen: I will follow Him/Her/Them. Follow Him/Her/Them wherever He/She/They may go.“ [85 f.]
Der Roman lässt sich wunderbar lesen, behandelt er doch auf wunderbare Weise die aktuellen politischen Themen. Man kann selbst bestens philosophieren, wie sich die Zukunft darstellen wird.
Zuckmayers Plädoyer für kulturelle Vielfalt findet sich auch hier wieder, allerdings ebenfalls sehr überspitzt.
„Sie mochte schon immer James Bond, aber sie findet es prima, dass 007 jetzt eine diverse Agentin ist, eine schwarze, lesbische Frau mit Behinderung.“ [94]
Sehr treffend finde ich folgendes Zitat, zeigt es doch gut, dass Deutschland, bzw. die Kandidatin, mit ihren Zielen lediglich auf ihr Land beschränkt ist. Im internationalen Vergleich ist das Ganze wie ein Alleingang zu sehen. Und wen führt dies weiter?
„Womit wird sie den Mächtigen in der Welt gegenübertreten? Ihre Waffen sind auf der internationalen Bühne stumpf.“ [161]
Wohin geht die Reise? Ein sehr pointierter Blick auf die politische Zukunft.

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Veröffentlicht am 12.02.2021

Der letzte räumt das Labor auf

Trees 1
1

„Trees 1“ ist der Auftakt einer neuen Reihe. Warren Ellis liefert eine spannende Story, die sich von der Masse abhebt. Denn sind wir mal ehrlich. Wenn Außerirdische auf unserem blauen Planeten landen, ...

„Trees 1“ ist der Auftakt einer neuen Reihe. Warren Ellis liefert eine spannende Story, die sich von der Masse abhebt. Denn sind wir mal ehrlich. Wenn Außerirdische auf unserem blauen Planeten landen, dann ist immer ordentlich was los. Aber Aliens, die nunmehr seit 10 Jahren auf der Erde sind und nur „Wurzeln geschlagen“ haben, die keiner seitdem gesehen hat? Das ist wirklich etwas Anderes. Zugleich wird dadurch das Kopfkino angeworfen. Man bekommt ein Gespür dafür wie es den Charakteren gehen mag.
Nicht nur die Story, das Setting, die verschiedenen Perspektiven, die uns das Geschehen rund um den Globus näherbringen, sondern auch die Zeichnungen von Jason Howard sind durchweg gelungen. Die Farbgestaltung ist gelungen. Die jeweilige atmosphärische Stimmung kommt dadurch perfekt zu den Lesern*innen.
Man muss sich bei Trees vor Augen halten, dass es der erste Band ist. Band 2 erscheint im März. Mit jeder Seite werden neue Fragen aufgeworfen, die nicht alle beantwortet werden. Bei verschiedenen Situationen fragt man sich, wie diese im Gesamtkontext zu betrachten sind, wie diese in diese Geschichte hineinpassen. Aber gerade das macht es so spannend. Man ist nicht viel schlauer, als die ganzen Erdenbewohner und fiebert somit dem Erscheinungstag von Band 2 entgegen.

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Der Blick durch das Schlüsselloch

Hinter diesen Türen
1

„Hinter diesen Türen“ spielt sich etwas Unheilvolles ab. Und das merkt nicht nur die Protagonistin Rowan Caine, sondern auch die Leser mit jeder weiteren Seite. Ruth Ware liefert eine spannende Story, ...

„Hinter diesen Türen“ spielt sich etwas Unheilvolles ab. Und das merkt nicht nur die Protagonistin Rowan Caine, sondern auch die Leser mit jeder weiteren Seite. Ruth Ware liefert eine spannende Story, ein tolles Setting und verblüffende Wendungen. Besonders der Schluss hat es mir persönlich angetan. Das war ein grandioser Schachzug der Autorin.
Rowan schreibt Briefe an den Strafverteidiger und wir bekommen die Informationen zu diesem verzwickten und mysteriösen Fall aus erster Hand. Nicht nur, dass die Stimmung zusehends düsterer wird, je weiter man im Buch vorankommt, so wirkt auch die ganze Atmosphäre immer bedrückender.
Obwohl wir als Leser schon am Anfang wissen worauf die Geschichte hinauslaufen wird, ist man von dem Schreibstil, den Geschehnissen so gefesselt, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Man sieht sich mit vielen Fragen konfrontiert, bildet seine Meinung, verwirft diese und folgt einer anderen Spur, nur um am Ende ordentlich überrascht zu werden. Die Klärung des Falls ist nachvollziehbar und logisch.
Spannung gepaart mit ein bisschen Grusel. Die schönen Highlands und Natur mit dem bedrohlich wirkenden Haus und der darin verbauten Technik. Die Kombinationen und die Erzählweise bieten pures Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 02.12.2020

Fremde und Verlorene

Fast ein neues Leben
1

„Einfacher war es, alles zu verstecken, was anders war. Deshalb versteckte ich meine Eltern, meine alte Sprache. Ich ahnte, dass ich mich selbst betrog.“ [62]
„Fast ein neues Leben“ von Anna Prizkau kommt ...

„Einfacher war es, alles zu verstecken, was anders war. Deshalb versteckte ich meine Eltern, meine alte Sprache. Ich ahnte, dass ich mich selbst betrog.“ [62]
„Fast ein neues Leben“ von Anna Prizkau kommt leise, unaufgeregt und sachlich daher. Weil das ganze sprachlich so präzise ist, sind die zwölf Kurzgeschichten umso intensiver, steckt in ihnen doch viel Gesellschaftskritik. Das Hauptthema ist dabei „Fremdsein“ und wird durch die Ich-Erzählerin und die distanzierten Betrachtungen auf eine besondere Weise zu den Lesern *innen vermittelt.
Das Gefühl immer eine Fremde zu bleiben umtreibt die Protagonistin. Wir erfahren nicht nur wie Diskriminierung, sexuelle Belästigung und Rassismus der Protagonistin widerfahren, sondern auch, dass diese selbst nicht frei von Vorurteilen und den daraus resultierenden Fehlern ist.
„In dieser Nacht ahnte ich es, ahnte, was eine Lüge machen kann, versuchte, es so schnell wie möglich zu vergessen.“ [80]
Es sind Geschichten aus dem Alltag, die Spielraum für eigene Interpretationen zulassen und auch fordern, die auch zeigen, dass Schweigen fatale Folgen haben kann.
Obwohl das Buch nur etwas mehr als hundert Seiten hat, zeigt es eine beachtliche Tiefe, weckt Emotionen.

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