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Veröffentlicht am 06.06.2020

Hamburg am Ende des 19. Jahrhunderts

Die Krankenschwester von St. Pauli – Tage des Schicksals
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Svantje wächst Ende des 19. Jahrhunderts im Gängeviertel in Hamburg auf. Zusammen mit Raik, der von ihrer Familie immer mit unterstützt wird. Ihr größter Traum ist es Krankenschwester zu werden, um den ...

Svantje wächst Ende des 19. Jahrhunderts im Gängeviertel in Hamburg auf. Zusammen mit Raik, der von ihrer Familie immer mit unterstützt wird. Ihr größter Traum ist es Krankenschwester zu werden, um den Menschen helfen zu können. 1890 verliebt sie sich in Friedrich Falkenberg, ein Tuchhändler aus der gehobenen Gesellschaft Hamburgs. Die Liebe ist schwierig, nicht nur der Standesunterschied steht zwischen ihnen, auch muss Friedrich immer wieder für lange Reisen ins Ausland. Als 1892 die Cholera in Hamburg ausbricht, versucht Svantje alles um den Menschen ihrer Stadt zu helfen.

Das Buch wird aus den Perspektive von Svantje, Friedrich, Raik, Richard, einem Freund Friedrichs und seiner Schwester Hilde erzählt. Während Svantje und Raik aus den Armenvierteln stammen, sind Richard, Friedrich und Hilde in Reichtum groß geworden. Richards Vater ist Besitzer einer Reederei und Richard soll die Firma später erben. Allerdings ist Richard auch an Arbeitsverbesserungen für die Arbeiter interessiert, was seinen Vater eher zur Weißglut treibt. Durch die unterschiedlichen Perspektive bekommt man viel über das Hamburg dieser Zeit vermittelt.

Allerdings trügt hier der Klappentext. Wer Krankenschwester Geschichten wie in Call the midwife oder Die Charité erwartet, wird eher enttäuscht. Dafür gibt es ganz viel Gesellschaftsgeschichte. Was mich sehr fasziniert hat, war die Ähnlichkeit der damaligen Epidemie in Hamburg zu unserer jetzigen Situation mit Corona. Auch damals wurde erst einmal runtergespielt und als sich die ersten schon in Todeskrämpfen in den Krankenhäusern wanden tobte draußen noch das Leben, als gäbe es nichts. Auch die Unbelehrbarkeit der Menschen beim Infektionsschutz wird hier sehr deutlich.

Ich habe das Buch gerne gelesen und ab dem Ausbruch der Krankheit wird es auch so spannend, das aus „Ich lese noch das Kapitel fertig“ ein „Huch, das Buch ist schon zu Ende“ wurde.

Ich werde die Reihe weiter verfolgen, warten auf uns doch noch zwei Bände, in denen Svantjes Geschichte weiter erzählt wird.

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Veröffentlicht am 31.05.2020

Tolles Setting

Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich
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Hope Turner liest für ihr Leben gerne, arbeitet bei einer Partnervermittlung und kümmert sich um ihre demente Mutter. Sehr viel mehr passiert in ihrem Leben nicht. Bis sie eines Tages Rufus trifft und ...

Hope Turner liest für ihr Leben gerne, arbeitet bei einer Partnervermittlung und kümmert sich um ihre demente Mutter. Sehr viel mehr passiert in ihrem Leben nicht. Bis sie eines Tages Rufus trifft und plötzlich steht ihr Leben Kopf. Es stellt sich heraus, dass Hope in die Welt der Bücher eintauchen kann. Und das sie in der Lage ist, das Buch der gelöschten Wörter komplett zu reinigen. Dieses Buch beinhaltet all jene Wörter und Sätze, die mit schlechten Absichten im Internet geschrieben wurden und dann wieder gelöscht wurden. Sollte dieses Buch jemals komplett gefüllt sein, würden all diese Sätze zur Realität. Daher ist Hopes Fähigkeit natürlich außergewöhnlich, andere Verwandler können immer nur einen Teil löschen.

Ich fand das Setting toll erdacht, die Welt der Bücher ist hier so gar nicht, wie man es sich so vorstellen würde. Die Figuren führen in ihren Büchern ein Eigenleben, nachdem das Buch das erste Mal von einem Leser komplett gelesen wurde. So treffen wir auch mal auf Figuren, die so gar nicht dem entsprechen, was man als Leser in dem Moment erwartet hätte. Hope wird in der Bücherwelt von Gwen und Lance begleitet, die eigentlich Guinivere und Lancelot heißen. Die beiden haben mittlerweile nicht mehr allzu viel mit dem zu tun, was wir in der Artus Saga so über sie gelesen haben 🙂

Zusammen mit den beiden und mit Rufus, ihrem Wanderer muss Hope nun herausfinden, was es denn mit den Absorbierern auf sich hat. Diese versuchen das Buch der gelöschten Wörter immer schneller zu füllen und zusätzlich auch eine Möglichkeit zu finden, die Buchfiguren in die reale Welt übertreten zu lassen. Was bei Mr. Darcy vielleicht noch ganz nett sein mag, aber all die Figuren aus Thrillern und Horrorromanen möchte man in der realen Welt doch eher nicht begegnen.

Das Buch ist spannend geschrieben und man kann sich die Buchwelt toll vorstellen. Die Charaktere fand ich gut durchdacht und das Hope kein Teenager mehr ist, sondern in ihren Vierzigern unterwegs ist, fand ich wohltuend. Normalerweise retten ja immer irgendwelche Teenager oder junge Erwachsene die Welt 🙂

Schade ist nur, dass ich jetzt auf Band 2 warten muss…. Das Buch endet nämlich mit vielen Fragezeichen und ich habe viele Fragen, auf die eine Antwort gefunden werden will. Glücklicherweise sind Band 2 und 3 bereits vom Verlag für Juni und August angekündigt.

Von mir unbedingt eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 29.05.2020

Tolles Buch!

Die Optimisten
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Chicago 1985: Yales Leben könnte so schön sein. Er hat einen guten Job, lebt in einer festen Beziehung und hat viele Freunde. Nur eins trübt das Glück: AIDS. Die Krankheit verbreitet sich immer weiter ...

Chicago 1985: Yales Leben könnte so schön sein. Er hat einen guten Job, lebt in einer festen Beziehung und hat viele Freunde. Nur eins trübt das Glück: AIDS. Die Krankheit verbreitet sich immer weiter und es gibt kein Heulmittel. Nach und nach erkranken und sterben seine Freunde daran. Es beginnt mit Nico und über die Jahre hinweg ist Fiona, Nicos Schwester die einzige Konstante in Yales Leben.

2015 ist Fiona in Paris auf der Suche nach ihrer Tochter. Sie ist bei einem befreundeten Fotografen untergekommen und wird dadurch immer wieder an die Zeit Mitte der Achtziger in Chicago erinnert. In seiner neuen Ausstellung werden bekannte und unbekannte Aufnahmen aus dieser Zeit gezeigt werden. Für Fiona ist dies wie eine Reise in die Vergangenheit.

Das Buch spielt konsequent auf zwei Zeitebenen. In dem Teil, der in den Achtzigern spielt ist Yale die Hauptfigur, Fiona taucht zwar immer wieder auf, der Fokus liegt aber auf Yale. Ich fand ihn sehr sympathisch und liebenswert. Ein Mensch, mit dem ich gerne befreundet wäre. Seine Freunde sind sehr unterschiedlich, der Autorin gelingt es hier ein wirklich buntes Völkchen zu versammeln, jeder auf seine eigene Art und Weise schwul. So wird die schwule Gemeinschaft in Chicago wirklich lebendig.

Fiona im Jahre 2015 ist ganz anders als die in den Achtzigern. Ich fand das sehr erstaunlich und habe mich lange gefragt, was wohl passiert war, dass sie sich so verändert hat. Zum Ende des Buches klärt sich das dann auch. Wobei ich sagen muss, dass mir die junge Fiona wesentlich sympathischer war als die ältere.

Alles in allem war es ein wirklich rundes Buch, dass ich gerne gelesen habe. Das Flair der Achtziger Jahre und der Schwulenszene Chicagos kam toll rüber. Und der Schluss machte das Buch dann insgesamt sehr rund.

Von mir daher eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 26.05.2020

Die Kinder von Orisha

Children of Virtue and Vengeance
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Im Vorhinein möchte ich kurz darauf hinweisen, dass die Rezension Spoiler enthält! Wer Band eins noch nicht gelesen hat, sollte sie nicht lesen!

Nachdem Zélie die Magie zurück geholt hat, ist nichts mehr ...

Im Vorhinein möchte ich kurz darauf hinweisen, dass die Rezension Spoiler enthält! Wer Band eins noch nicht gelesen hat, sollte sie nicht lesen!

Nachdem Zélie die Magie zurück geholt hat, ist nichts mehr wie zuvor. Nicht nur die Maji können ihre Magie wieder nutzen, auch ein Teil der Adeligen besitzen nun Magie und stellen diese der nicht geschlagenen Monarchie zur Verfügung.

Lange mussten wir auf den zweiten Band der Kinder von Orïsha warten. Nun hätte eigentlich alles gut werden können, aber dann wäre das Ganze ja keine Trilogie. Amira und Inans Mutter hat in Lagos die Macht an sich gerissen. Inan hat seine schwere Verletzung überlebt und wird nun als König eingesetzt.

Zélie und Amira schließen sich den aufständischen Iyika an. Amira möchte Frieden mit ihrem Bruder schließen, Zélie möchte ihn einfach nur umbringen, für das, was er ihr angetan hat.

Ich muss sagen, ich hatte einige Punkte, da hätte ich der Truppe gerne einmal eine laute Standpauke gehalten. Gerade Zélie ist so zwischen dem Wunsch alles hinzuschmeißen und dem Wunsch zu kämpfen hin und her gerissen, dass sie Amira komplett ignoriert. Aber eigentlich ist sie doch ihre beste Freundin. Statt mit ihr zu sprechen lässt sie sie immer wieder vor den anderen Iyika im Stich. Amari versucht aller Welt zu beweisen, dass sie nicht wie ihr Vater ist und es als Königin besser machen wird. Ihre Alleingänge machen dann aber vieles schlimmer statt besser. Und Inan handelt in seiner Rolle als König nicht. Er lässt sich von seiner Mutter als Schachfigur missbrauchen und kann so viele Grausamkeiten, hinter denen er nicht steht, nicht verhindern.

In den Momenten, wo Zélie und Amira zusammen arbeiten gewinnt das Buch an Fahrt und es macht wieder Spaß sie zu begleiten. Immer wenn die beiden gegeneinander arbeiten war ich oft am Verzweifeln.

Mir hat das Buch als Ganzes gut gefallen, gerade das Ende reißt noch einmal vieles raus. Allerdings fand ich es schwächer als den Vorgänger. Mir hätte hier mehr miteinander statt gegeneinander besser gefallen.

Trotzdem freue ich mich auf Band drei, auch wenn wir vermutlich wieder lange auf ihn warten müssen.

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Veröffentlicht am 17.05.2020

deutsch-deutsche Familiengeschichte

Die Bilder unseres Lebens
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In „Die Bilder unseres Lebens“ begleiten wir die Familie Lindemann durch die Nachkriegszeit bis zur Wende im Jahre 1989. Lindemanns haben schon vor dem Krieg ein Kino in Leipzig betrieben. Als nun der ...

In „Die Bilder unseres Lebens“ begleiten wir die Familie Lindemann durch die Nachkriegszeit bis zur Wende im Jahre 1989. Lindemanns haben schon vor dem Krieg ein Kino in Leipzig betrieben. Als nun der Krieg endet und die sowjetische Besatzung beginnt wird schnell klar, dass es in Zukunft nicht wie vor dem Krieg weitergehen wird. Bald werden die Lindemanns enteignet und dürfen nur noch als Angestellte in ihrem Kino arbeiten. Die Kinder Sigrid und Stefan gehen ihrer Weg und Stefan sieht nach einem Vorfall, der ihn den Job kostet nur noch die Möglichkeit in den Westen zu gehen.

Im Prinzip wird in diesem Buch das Leben des ganz normalen DDR-Bürgers geschildert. Ursula wurschtelt sich mit ihrem Job als Filmvorführer so durch, Gerhard tritt erst der Partei und der Gewerkschaft bei, muss aber bald feststellen, dass Theorie und Praxis im Sozialismus leider oft unterschiedliche Wege gehen.

Ich fand das Buch gut zu lesen und interessant, allerdings sind mir die Charaktere gerade am Anfang eher fremd geblieben. Das wurde im Laufe des Buches zwar besser, aber so wirklich rangekommen bin ich nicht an sie. Manchmal waren mir die Szenen auch zu bruchstückhaft, oft gibt es einen Zeitsprung von mehreren Jahren. Das bekommt man auch immer mit, von daher war das schon ok, aber ich hätte mir an manchen Ecken doch einfach mehr gewünscht. So hatte man teilweise das Gefühl, dass in manchen Jahren so gar nichts passiert ist. Die Figuren haben sich aber trotzdem weiterentwickelt und so entstand bei mir teilweise das Gefühl Bekannte nach langen Jahren wiederzusehen, aber nicht zu wissen was ihnen denn in der ganzen Zeit passiert ist.

Trotz aller Kritik fand ich das Buch interessant und auch gut zu lesen. Ich hätte es wohl sonst auch nicht an einem Tag gelesen. Interessant fand ich die Gespräche in den siebziger und achtziger Jahren, als den DDR-Familienmitgliedern klar wird, dass ihr Leben doch so schlecht nicht ist und dass man im Westen anderen Zwängen unterliegt. Und dass ein gutes Leben wohl irgendwo dazwischen liegt.

Von mir daher durchaus eine Leseempfehlung.

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