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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.06.2022

Zurück ins Leben

Für immer und noch ein bisschen länger
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Anna Trost, leidenschaftliche Pianistin, lebt seit dem Tod ihres Verlobten Jeremias sechs Jahre zuvor allein in der ehemals gemeinsamen Wohnung - bis ihr Vermieter Eigenbedarf anmeldet und sie ausziehen ...

Anna Trost, leidenschaftliche Pianistin, lebt seit dem Tod ihres Verlobten Jeremias sechs Jahre zuvor allein in der ehemals gemeinsamen Wohnung - bis ihr Vermieter Eigenbedarf anmeldet und sie ausziehen muss. Sie muss also nicht nur die gemeinsame Vergangenheit mit Jeremias in der Wohnung hinter sich lassen, sondern sich auch der nahezu aussichtslosen Herausforderung stellen, in München eine bezahlbare Wohnung zu finden. Ihre fast schon einzige Wahl ist das leere Zimmer in der Wohnung von Gunilla. Sie lebt dort gemeinsam mit ihrem Sohn Michael, der häkelnden Rose und Kurt-Georg, die auf den ersten Blick alle etwas seltsam erscheinen und sich aus dem Leben zurückgezogen haben. Doch nach einer Weile stellt Anna fest, dass sie sehr gut in diese Gruppe passt und setzt sich zum Ziel, alle zurück ins Leben zu holen - auf die eine oder andere Weise.

Seit ich "Vergiss nicht, dass wir uns lieben" von Barbara Leciejewski gelesen habe, steht für mich fest, dass ich jedes Buch von ihr lesen werde und bis jetzt hat mich jedes begeistert zurückgelassen.
Die Autorin hat einen so nahbaren, bildhaften und intensiven Schreibstil, beschreibt die Figuren sehr detailliert, lässt sie sich bis in die Tiefen öffnen, entfalten und entwickeln. Dabei sind ihre Schilderungen, die Gedanken und Gefühle so genau und nachvollziehbar beschrieben, dass es sich für mich anfühlte, als lebte ich selbst in der WG und säße mit Anders auf dem Balkon. Leciejewski spricht Themen wie Behinderung, Angst, Trauer und Verlust an, die sie authentisch in die Lebensgeschichten der Figuren und ihren Handlungen einarbeitet. Daher wirkte für mich nichts konstruiert, sondern vielmehr wie eine Darstellung verschiedener tragischer Lebenskonstrukte und -wendungen, die Offenbarung tiefer Gedanken und Gefühle sowie der gemeinsame Weg in eine hoffnungsvolle und wertschätzende Perspektive.
Einziger Kritikpunkt ist die Thematisierung der Pandemie, das hat es meines Erachtens überhaupt nicht für die Geschichte gebraucht und hat mich persönlich etwas ausgebremst.

Eine absolute Leseempfehlung für alle, die echte und gefühlvolle Romane ohne Klischee und Kitsch mögen.

Veröffentlicht am 07.06.2022

Liest sich in einem Rutsch

Flug 416
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Kapitän Bill Hoffman startet gerade in Los Angeles im Cockpit des Coastal Airways Flug 416, als er einen alles verändernden Anruf erhält: Ein Mann hat Bills Ehefrau und seinen Sohn in der Gewalt ...

Kapitän Bill Hoffman startet gerade in Los Angeles im Cockpit des Coastal Airways Flug 416, als er einen alles verändernden Anruf erhält: Ein Mann hat Bills Ehefrau und seinen Sohn in der Gewalt und droht damit, sie in die Luft zu sprengen, wenn Bill nicht das Flugzeug abstürzen lässt. Er steht nun vor der Wahl: Rettet er das Flugzeug inklusive der 149 Passagiere an Bord oder seine Familie?

T. J. Newman beginnt direkt mit einem spannenden Einstieg und hält den Spannungsbogen konstant straff gespannt. Recht schnell erfahren wir von dem Geiselnehmer, dass es an Bord noch einen Komplizen gibt. Um wen es sich dabei handelt, bleibt jedoch recht lange offen. Obwohl die Crew über die Situation Bescheid weiß, eskaliert die Situation sowohl an Bord als auch bei Hoffmans Familie immer stärker und die Leserinnen können minütlich mitfiebern und der finalen Entscheidung bzw. auf die Rettung sowohl der Passagiere als auch Bills Familie hoffen.
Mir haben sowohl der Plot als auch die Umsetzung und der Aufbau von "Flug 416" sehr gut gefallen.
Ein spannendes Buch, das sich in einem Rutsch lesen und Leser
innen ordentlich mitfiebern lässt.

Veröffentlicht am 07.06.2022

Haarscharfe Beobachtungen in Sarkasmus umgesetzt

New York und der Rest der Welt
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Fran Lebowitz war mir bis zu "New York und der Rest der Welt" noch gar kein Begriff, was ich definitiv ändern muss. Sie hat mich durch ihre Ausführungen, ihre Beobachtungen und clever gelegten Pointen ...

Fran Lebowitz war mir bis zu "New York und der Rest der Welt" noch gar kein Begriff, was ich definitiv ändern muss. Sie hat mich durch ihre Ausführungen, ihre Beobachtungen und clever gelegten Pointen mehrmals zum Lachen gebracht. Bisher habe ich noch bei niemanden gelesen, Sarkasmus so galant, fast schon nebensächlich und dennoch mit voller Kraft und bedeutsamer Botschaft zu formulieren - und das trägt sich sogar durch die Übersetzung ins Deutsche.
Ob es um Kindererziehung, Karriere, Beziehungen, Ernährung oder das alltägliche Leben in der Stadt oder auf dem Land geht, Fran Lebowitz hat offenbar zu allem etwas zu sagen und schafft es, durch interessante Perspektiven, Überspitzungen und Rollenumkehr den Finger kritisch in gesellschaftliche Wunden zu legen.
Eine absolute Empfehlung für alle, die cleveren, sarkastischen Humor mögen und bereit für (Selbst)Kritik sind!

Veröffentlicht am 07.06.2022

Vorhersehbarer Feel-Good-Roman

Die kleine Buchhandlung im alten Postamt
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Hannah kommt eines Tages zu dem Schluss, dass sie ihr Leben vielmehr nach ihrem Ehemann und ihrem Sohn ausgerichtet hat als nach ihren eigenen Interessen. Da kommt die Gelegenheit, den Dorfladen und das ...

Hannah kommt eines Tages zu dem Schluss, dass sie ihr Leben vielmehr nach ihrem Ehemann und ihrem Sohn ausgerichtet hat als nach ihren eigenen Interessen. Da kommt die Gelegenheit, den Dorfladen und das Postamt in Little Maudley, gerade recht. Während Hannah sich mit den Dorfbewohnerinnen anfreundet und von einer kleinen Buchhandlung träumt, wird ihr fußballversessener Sohn von dem Ex-Fußballstar Jake Lovatt trainiert, dessen Erscheinung auch Eindruck auf Hannah macht.

Allein der Klappentext lässt eigentlich keine Überraschungen zu und lässt ziemlich genau erahnen, worauf "Die kleine Buchhandlung im alten Postamt" hinausläuft und mit welchen Gedanken und Gefühlen sich Hannah auseinandersetzen wird. Und genau so kommt es auch. Wer also Lust auf einen schönen Liebesroman mit ordentlich Feel-Good-Atmosphäre hat, Beschreibungen der Dorfidylle und das Thema Selbstverwirklichung bzw. Weg hinaus aus eingefahrenen Beziehungen mag, kommt ganz auf seine
ihre Kosten. Dazu ist Rachael Lucas' Schreibstil sehr angenehm, ruhig und sie lässt sich Zeit, die Figuren zu entwickeln und sich zu entfalten.

Ein schöner, recht vorhersehbarer Liebesroman für zwischendurch!

Veröffentlicht am 06.06.2022

Nicht wirklich warm geworden

Love in the Big City
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Young ist Student in Seoul, liebt Parties und lebt dort gemeinsam mit seiner besten Freundin Jaehee in einer Wohnung. So feiern sie fast jede Nacht, Young hat viele One-Night-Stands und kurze Affären, ...

Young ist Student in Seoul, liebt Parties und lebt dort gemeinsam mit seiner besten Freundin Jaehee in einer Wohnung. So feiern sie fast jede Nacht, Young hat viele One-Night-Stands und kurze Affären, an die er sich nur in seltenen Fällen noch erinnert. Jaehee hingegen kann sich an jede Person erinnern, die er nach Hause gebracht hat. Eines Tages beschließt seine beste Freundin, sesshaft zu werden, zu heiraten und auszuziehen, sodass Young allein im Partyleben zurückbleibt und sich nun neben der Pflege seiner Mutter und dem Schreiben allein durch das Nachtleben schlägt.

Die Thematik eines queeren, lebenshungrigen und partybegeisterten Studenten in Südkorea, der mit seinen Gefühlen strugglet, finde ich im Grunde sehr gut. Allerdings habe ich es während der gesamten Lektüre nicht geschafft, eine Verbindung zu Young aufzubauen, seine Figur begreifen oder gar seine Handlungen und Denkweisen nachvollziehen zu können. Der Lesefluss war nicht ganz so fließend und flüssig wie in anderen Büchern, was vermutlich an der Übersetzung liegt.
Erhofft habe ich mir einen Einblick in den Kopf eines queeren Mittzwanzigers in Soeul, der auf dem Weg zu sich selbst ist und fündig wird. Das geschieht zum Teil, allerdings gleicht "Love in the Big City" eher einer Sammlung von Sexgeschichten und der Suche nach irgendwas anstatt einer konstanten Entwicklungsgeschichte.

Trotz allem eine interessante Lektüre, aber richtig warm geworden bin ich leider nicht damit.