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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.07.2018

Magic!

Hyde
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Nachdem ich das Buch zwei Wochen lang vor mir her geschoben hatte, weil meine Erwartungshaltung sehr hoch war und ich auch ein bisschen Angst hatte, enttäuscht zu werden, habe ich es schließlich angefangen ...

Nachdem ich das Buch zwei Wochen lang vor mir her geschoben hatte, weil meine Erwartungshaltung sehr hoch war und ich auch ein bisschen Angst hatte, enttäuscht zu werden, habe ich es schließlich angefangen und dann innerhalb eines Tages zu Ende gelesen.
Es geht um Katrina, eine junge Frau, die auf der Flucht vor etwas zu sein scheint, bis sie zu einem Haus kommt und dort anfängt als Verwalterin zu arbeiten. Die Geschichte besteht aus sehr vielen Handlungssträngen, die jeder aber selbst entdecken sollte, weil es viel zu einfach wäre, etwas zu verraten und das würde dem Leseerlebnis vermutlich sehr schaden.

Es herrscht eine konstante Atmosphäre der Bedrohung und der Ungewissheit, die sich durch alle Erzählstränge zieht. Das Tempo ist am Anfang sehr hoch, die ersten 200 Seiten fühlte ich mich wie gehetzt lesend, und weil es so viele Andeutungen auf Vergangenes gibt und ich unbedingt wenigstens einige wenige Details erfahren wollte, habe ich immer weiter gelesen. Das ständige Unterwegssein der Hauptfigur hat dazu auch seinen Teil beigetragen.
Erst als sie anfängt das Haus zu renovieren, wird das Erzähltempo ruhiger, aber das Rätselhafte hält die Spannung kontinuierlich auf hohem Niveau. Die Erzählstränge steigern sich gleichwertig und sind, was ungewöhnlich ist, gleichermaßen spannend zu lesen.
Die Hauptfigur Katrina war mir sofort sympathisch, sie ist unglaublich stark und unabhängig und lässt sich nie unterkriegen. Ihr Einfallsreichtum und ihre Selbstsicherheit lassen sie älter wirken, als sie ist.
Manche Dinge lassen sich erahnen und die Leserin antizipiert einige Kleinigkeiten, was aber dazu führt, dass der größte plot twist sehr überraschend kommt!

Ohne zu viel verraten zu wollen, das Ende ist wahnsinnig gut und lässt keine Wünsche offen!

Ich finde 'Hyde' schreit geradezu danach als Serie verfilmt zu werden und gegen eine Fortsetzung hätte ich auch nicht einzuwenden. Ich bin eigentlich noch nicht bereit Katrina gehenzulassen und würde das Buch am liebsten gleich nochmal lesen! Deshalb meine Empfehlung:

Lesen! Lesen! Lesen!

Veröffentlicht am 02.07.2018

Ein Kochbuch zum Lesen

Naturnahes Kochen – einfach, gut, gesund
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Wer ein normales Kochbuch erwartet, wird hier wahrscheinlich enttäuscht. Das Buch ist unterteilt in zwei Teile, im ersten Teil erklärt der Autor vor allem Warenkunde, welche Produkte am besten zum Kochen ...

Wer ein normales Kochbuch erwartet, wird hier wahrscheinlich enttäuscht. Das Buch ist unterteilt in zwei Teile, im ersten Teil erklärt der Autor vor allem Warenkunde, welche Produkte am besten zum Kochen zu benutzen sind und wo man sie herbekommt. Er gibt auch Adressen zu den Bezugsquellen an und erklärt seine Philosophie des Kochens und Essens. Er legt Wert auf die Qualität der Produkte, empfiehlt Bio Produkte. Im zweiten Teil folgt dann eine übersichtliche Auswahl von traditionellen Rezepten.
Außerdem stellt er verschiedene Essensphilosophien vor, und entwickelt daraus seine eigene, nämlich möglichst viele verschiedene Produkte und so vielfältig wie möglich zu essen . Er legt den Fokus auf Gemüse, Hülsenfrüchte, Fleisch, Getreide, Fisch, Milchprodukte. Zucker ist für ihn nur in Obstform und maßvoll als Honig zulässig. Nach dem Warenkundeteil habe ich vor allem Rezepte die auf Gemüse basieren erwartet, aber der Fleisch und Fischanteil ist doch recht hoch. Für Vegetarier ist das Buch definitiv ungeeignet, für Menschen, die auf vielfältige und traditionelle Kost Wert legen, ist es jedoch empfehlenswert.

Mir hat besonders das Cover und die Haptik des Buches gefallen, das Papier ist hochwertig, leicht aufgeraute Oberfläche, naturweiß. Die Fotos sind bunt, aber zurückhaltend. Zu jedem Rezept gibt es mehrere Fotos und eine Geschichte. Die Rezepte sind ausführlich, den Zutaten kommt dabei ebenso viel Beachtung zu wie der Zubereitung.

Veröffentlicht am 02.07.2018

Kein einfaches Buch

Die Unruhigen
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„Die Unruhigen“ ist kein einfaches Buch. Ich musste mich mehrmals während des Lesens bremsen, kurz innehalten und dann weiterlesen, sonst hätte ich zwar die Worte gelesen, aber nichts verstanden. Es ist ...

„Die Unruhigen“ ist kein einfaches Buch. Ich musste mich mehrmals während des Lesens bremsen, kurz innehalten und dann weiterlesen, sonst hätte ich zwar die Worte gelesen, aber nichts verstanden. Es ist die Geschichte einer Familie, die immer nur aus zwei Personen zur gleichen Zeit besteht: Vater + Mutter, Mutter + Tochter, Vater + Tochter, zusammengesetzt aus Gegenwärtigem und Vergangenem. Die Mutter fällt vor allem in ihrer Abwesenheit auf, der Vater mit seinen Regeln und seiner Struktur.

Linn Ullmann beschreibt ihre Beziehung zu ihrem (sterbenden) Vater, später auch zu ihrer Mutter aus wechselnden Perspektiven. Teilweise schreibt sie von sich in der dritten Person, baut Distanz auf und reißt sie im nächsten Moment wieder ein. Die Sprache bleibt dabei aber immer klar und schnörkellos, einfach, aber trotzdem elegant. Der Wechsel zwischen Er/Sie- Perspektive und Ich-Perspektive ist kaum spürbar, erfolgt fließend und stört den Lesefluss überhaupt nicht.

Die Geschichte ist zerstückelt, springt ständig zwischen den Handlungssträngen und -zeiten. Aber durch die gleichbleibende Erzählstimme und die Konstanz des Schreibstils verliert die Leserin den Faden nicht und kann jederzeit wieder in die Geschichte einsteigen.
Gegen Ende bekommt das Buch aber auch Längen, verliert sich in Wiederholungen und teilweise auch unnötigen Details. Die Beschreibung der skandinavischen Landschaft und des Ferienhauses des Vaters ist sehr gut gelungen, sie wirken greifbar und sehr anschaulich.

Ein unruhiges Buch, das aber ruhig und konzentriert erzählt wird, und auch wenn die einzelnen Bestandteile relativ unverbunden nebeneinander stehen, zieht sich das Thema des Romans, nämlich die Beziehung der Tochter zu ihren Eltern, konsequent über 400 Seiten.

Veröffentlicht am 30.05.2018

Wunderschöne Sprache!

Häuser aus Sand
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Häuser aus Sand ist die Geschichte einer Familie, erzählt über 50 Jahre, beginnend 1963 in Nablus. Der Fokus der Geschichte liegt auf den Frauen der Familie, es beginnt mit Salma, am Vorabend der Hochzeit ...

Häuser aus Sand ist die Geschichte einer Familie, erzählt über 50 Jahre, beginnend 1963 in Nablus. Der Fokus der Geschichte liegt auf den Frauen der Familie, es beginnt mit Salma, am Vorabend der Hochzeit ihrer Tochter Alia und endet mit Alia, als alte Frau und Großmutter von vier Enkeln.

Der Inhalt ist schwierig zu beschreiben, da mit jedem neuen Kapitel die Hauptfigur wechselt und die Leserin jedes Mal einer anderen Figur über die Schulter schaut. Der Wechsel erfolgt meistens unvermittelt, manche Dinge werden nur angedeutet und erst viele Kapitel später wieder aufgegriffen und zu Ende geführt. Trotzdem hat man als Leserin das Gefühl eine abgeschlossene Episode zu lesen.

Erzählt wird die Zerrissenheit der Familie, die Handlung wechselt immer wieder den Ort und die Zeit, es ist eine Flucht vor den Unruhen des Nahen Ostens, die mal näher, mal ferner erscheinen. Den Krieg nimmt der Leser vor allem aus dem Fernseher oder durch Erzählungen einzelner Figuren wahr, erst am Ende spürt man die direkten Auswirkungen, erzählt durch die Augen zweier Kinder. Vor allem die jüngere Generation weiß nicht mehr, was ihre Heimat ist: wo sie aufgewachsen sind oder wo ihre Eltern/Großeltern aufgewachsen sind.

Das Buch ist durchweg fesselnd geschrieben, die Figuren lassen einen nicht mehr los und auch wenn es kein Buch ist, das man am Stück verschlingt, ist es definitiv spannend und lesenswert. Die Sprache der Autorin ist klar, poetisch und wunderschön. Man liest mit allen Sinnen, kann die Hitze spüren, die Farben sehen, die Früchte schmecken, die Düfte riechen. Das Buch ist im Präsens geschrieben, aber mit vielen Rückblicken und Zeitsprüngen von bis zu zehn Jahren ausgestattet, die die Sprache abwechslungsreich machen. Es ist kein Buch zum Abschalten sondern eines zum Kennenlernen einer anderen Welt, eines das erinnert anstatt zu vergessen, ein Buch das bewusst macht.

Veröffentlicht am 26.05.2018

76 Seiten bis zur ersten Leiche

Das Grab unter Zedern (Ein-Leon-Ritter-Krimi 4)
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Der Rechtsmediziner Leon Ritter lebt und arbeitet (gelegentlich) in Südfrankreich, einem Ort an dem andere Leute Urlaub machen. Nachdem ein toter Mann aus dem Wasser gefischt wird und später noch weiter ...

Der Rechtsmediziner Leon Ritter lebt und arbeitet (gelegentlich) in Südfrankreich, einem Ort an dem andere Leute Urlaub machen. Nachdem ein toter Mann aus dem Wasser gefischt wird und später noch weiter Leichen auftauchen, bei denen er als einziger davon überzeugt ist, dass sie ermordet wurden und nicht, wie offenbar die französische Polizei annimmt, durch einen Unfall oder Suizid gestorben sind, übernimmt er kurzerhand die Ermittlungen persönlich.

Er ist umgeben von inkompetenten Männern, die bei der Polizei/in der Rechtsmedizin arbeiten. Das fällt auch als erstes auf: es gibt sehr viele Männer in diesem Kriminalroman, vor allem in Führungspositionen. Ärzte, Polizeichefs, Cafébesitzer etc. Frauen existieren offenbar nur in Form der vorlauten Zieh-Tochter, Kellnerin, Sprechstundenhilfe, verrückten Alten oder eben als Opfer. Die einzige Ausnahme stellt Isabelle, seine Lebensgefährtin dar, die obwohl sie Polizistin ist, nur bedingt in seine ermittlerische Arbeit miteinbezogen wird.

Die Roman schwankt zwischen den Genres Thriller und Krimi. Für einen Thriller fehlt ihm das Tempo, aber die vielen Leichen, der kurze Zeitraum in dem die Handlung stattfindet, und dass der Ermittler am Ende selbst in Gefahr gerät, sprechen eher für einen Thriller als einen Krimi. Trotzdem plätschern die 480 Seiten so dahin, Spannung kommt nur selten auf. Der erste Tote taucht auch erst auf Seite 76 auf. Eine starke Kürzung hätte dem Buch und vor allem der Leserin gutgetan.

Leon Ritter weist, worauf sein Name schon hinweist, sehr ritterliche Eigenschaften auf: ein Gentleman, ein aufrichtiger, gerechtigkeitsliebender und treuer Ehrenmann, der Konflikte am liebsten sofort mit Worten löst, keine Vorurteile, außer vielleicht gegenüber Vegetariern, hat, seiner Frau morgens Kaffee ans Bett bringt und bis auf gelegentliche Machoanwandlungen der perfekte Arzt, Vater, (Ehe-)Mann ist. Ein Ritter eben.

Eine positive Ausnahme stellen die gerichtsmedizinischen Szenen dar. Sie sind anschaulich, verständlich und wissenschaftlich fundiert geschrieben. Sie gehören aber zu den wenigen interessanten Augenblicken des Romans.

Bei einem Krimi erwarte ich eigentlich vor allem Spannung, ich will wissen, wer wen warum umgebracht hat. Das habe ich hier leider vermisst, weder die Figuren waren interessant, noch der Fall besonders spannend. Der Handlungsort, der durchaus schön beschrieben wird, und die gerichtsmedizinischen Szenen zählen zu den Highlights des Buches. Das Leseerlebnis wäre aber durch eine Kürzung des Romans erheblich verbessert worden.