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Veröffentlicht am 18.07.2022

Wie Intelligenz und Freude verknüpft sind.

Blumen für Algernon
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"Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Nicht zu wissen, wer man ist und glücklich zu sein, oder der zu werden, der man immer sein wollte, und einsam zu sein."

Von diesem Buch hatte ich mir irgendwie mehr ...

"Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Nicht zu wissen, wer man ist und glücklich zu sein, oder der zu werden, der man immer sein wollte, und einsam zu sein."

Von diesem Buch hatte ich mir irgendwie mehr Gefühl erhofft, was wohl daran lag, dass es bei traurigen Büchern eines Booktok-Reels erwähnt wurde. In gewisser Weise passt es auch in diese Kategorie, da Charlie mit steigender Intelligenz erkennt, was für falsche Freunde er hatte und wie damals über ihn gelacht wurde. Das frustrierende Ende trägt wohl ihr übriges dazu bei.

Um aber nochmal ganz am Anfang zu beginnen: Der hat mich jeden Nerv gekostet. Ja, ich verstehe die Symbolik, dass diese nicht einmal auf Grundschullevel geschriebenen Tagebucheinträge Charlies Retardierung darstellen sollen, hinter denen ein freundlicher, aber naiver Mann steht. Aber trotzdem, diese "Phase" über so viele Seiten erstrecken zu lassen, hat dazu geführt, dass ich mehrere Tage für den Anfang gebraucht habe. Es war wirklich unheimlich schwer und anstrengend zu lesen.

Das Blatt wandelt sich dann und bleibt doch gleich, wenn Charlie durch die Operation nun plötzlich fast ein Genie mit überdurchschnittlicher Intelligenz ist: Seine Einträge sind zwar besser zu lesen, doch nun mit weniger Herzenswärme geschrieben - ganz abgesehen davon, dass seine Erzählweise weiterhin ohne Spannung ist. Mir hat einfach der rote Faden gefehlt, die Spannung, die emotionale Bindung zwischen Charakter und Leser.

Die Message des Buches, höhere Intelligenz bedeutet nicht ebenso mehr Freude im Leben, finde ich recht interessant, wurde mir jedoch zu poetisch und einseitig verpackt. Nur weil Charlie plötzlich auf alle herabschaut, den Ernst des Lebens begriffen hat und an nichts mehr Spaß findet, ist das kein Regelfall. Man kann auch ein Genie ohne ein Arschloch sein.

Als schön geschrieben empfand ich Charlies Zwischenphasen. Er erkennt Fehler bei sich und anderen, und reflektiert, was das für ihn bedeutet. Welche Handlung von ihm gefordert wird. Diese Zwischenentwicklung hat Charlie für mich am menschlichsten erscheinen lassen.

"Blumen für Algernon" erhält von mir 3,5/5 Sterne. Wer eine Kombination aus Poesie und SciFi sucht, ist hier richtig, für mich war es jedoch nicht der große Bringer.

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Veröffentlicht am 21.06.2022

Der Mut dreier Frauen.

Die Zeuginnen
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"Terrorregime, sagte man einst, dabei regiert der Terror gar nicht. Er lähmt. Daher die unnatürliche Stille."

Nach dem großen offenen Ende aus Band 1 dachte ich nun, dass Band 2 dort nahtlos ansetzt - ...

"Terrorregime, sagte man einst, dabei regiert der Terror gar nicht. Er lähmt. Daher die unnatürliche Stille."

Nach dem großen offenen Ende aus Band 1 dachte ich nun, dass Band 2 dort nahtlos ansetzt - hätte ich mal den Klappentext gelesen: 15 Jahre später. Und kein Wort von Desfred. Stattdessen erhält man Einblicke in das Leben dreier Frauen: Tante Lydia, eine der Gründungstanten, die zu Beginn Gileads Richterin war und der durch den Umbruch alles genommen wurde; Daisy, die "normal" in Kanada aufwächst, aber bald von einer erschreckenden Verbindung mit sich und Gilead erfährt; und Agnes, die in Gilead aufwächst und es gar nicht anders kennt. Diese drei Perspektiven haben "Die Zeuginnen" besonders spannend gemacht, da von jeder Konstellation was dabei war und einige Hintergründe geklärt werden konnten. Wie steht der Rest der Welt zu Gilead? Wie konnte sich dieses fanatische System entwickeln? Wie war der Umbruch für Frauen? Und wie "normal" und "richtig" fühlt es sich an, mitten darin aufzuwachsen und nichts anderes zu kennen?

Dieser zweite Band beinhaltete wesentlich mehr Aktionismus, Intrigen und Geheimnisse als Band 1, weshalb er mir wohl fast noch einen Ticken besser gefiel. Natürlich geht dadurch die literarische Sprache aus "Der Report der Magd" etwas verloren, aber ich habe nichts dagegen, Szenenbeschreibungen gegen Action und Handlung einzutauschen. Die Kritik, der Fanatismus, das Grauen sind immer noch genauso Hauptbestandteil des Buches und konnten mich wieder voll in ihren Bann ziehen. Auch die Verbindung zu Desfred wird schlussendlich noch gezogen, so dass die Dilogie wirklich rund ist. Gegen einen 3. Band hätte ich aber nichts, um mehr über den Fall Gileads und die Rückkehr zur "Normalität" zu erfahren.

"Die Zeuginnen" hat mich wirklich vollends überzeugt und erhält von mir 5/5 Sterne. Die Dilogie ist absolut einzigartig und sollte eigentlich fast Schullektüre sein, als so wichtig und eindrücklich empfinde ich das Thema. Ich bin dann aber mal die Serie zusätzlich schauen, denn so schnell wird mich die Thematik der Bücher nicht loslassen!

PS.: Erst gerade ist mir die versteckte Frau im Cover aufgefallen, die "frei" die Arme zum Himmel streckt und sich nicht bedecken muss. Ein tolles kleines Detail, was den Inhalt des Buches perfekt verkörpert.

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Veröffentlicht am 21.06.2022

Als Frau nichts und doch "alles" wert zu sein.

Der Report der Magd
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"Es gibt mehr als nur eine Art von Freiheit, sagte Tante Lydia, Freiheit zu und Freiheit von. In den Tagen der Anarchie war es die Freiheit zu. Jetzt bekommt ihr die Freiheit von. Unterschätzt sie nicht."

Erzählt ...

"Es gibt mehr als nur eine Art von Freiheit, sagte Tante Lydia, Freiheit zu und Freiheit von. In den Tagen der Anarchie war es die Freiheit zu. Jetzt bekommt ihr die Freiheit von. Unterschätzt sie nicht."

Erzählt wird die Geschichte von Desfred (die Magd "des Fred") und ihrer Rolle als Magd, in die sie gezwungen wurde, um nicht zu sterben. Ein System, in dem Frauen keine Rechte haben, wie Eigentum behandelt werden und in dem Mägde als reine Geburtsmaschinen dienen - natürlich alles zum Schutz der Frauen vor den Übergriffen der Männer. Zeigst du zu viel Haut und wirst verge*altigt, bist du als Frau schuld, denn du hast die Lust im Mann geweckt.

"Der Report der Magd" liest sich genauso erschreckend, wohl einerseits in dem Wissen, dass das Buch bereits 1985 erschien, als auch in dem Wissen, dass genau solche Ansichten heutzutage noch existieren und praktiziert werden. Dafür braucht es kein fiktives Land Gileads. Frauen dürfen nicht lesen, nicht denken, sich nicht zeigen, nicht handeln. Sie sind entweder Mägde, um für alte Ehepaare ein Kind mit dem Ehemann zu zeugen, wenn diese nicht mehr können, Tanten, die diese Lebensart lehren, oder Ehefrauen, die als Symbolbild für einen guten Kommandantenehemann dienen. Oder sie sind rein gar nichts wert.

Der Leser erfährt von Desfred, die früher noch ein Individuum war, wie sie vor der Herrschaft Gileads gelebt hat, frei mit ihrer Familie, wie sie zur Magd "umerzogen" wurde, wie sie ihr Leben fortan lebt und wie sie auf "Mayday" aufmerksam wird, einer Rebellenorganisation. Natürlich findet sich das ganze zu einem offenen Ende zusammen, so dass ich Band 2 ("Die Zeuginnen") direkt für mich bereitgestellt habe.

Der Schreibstil ist irgendwie trocken, geradezu abgebrüht, man spürt Desfreds Verzweiflung, Trauer und Niedergeschlagenheit. Ihre Akzeptanz, doch nichts ändern zu können. Gepaart mit dem schrecklichen System dieser Dystopie, der absolut verdrehten Wertevorstellungen und christlichem Fanatismus, war "Der Report der Magd" wirklich schwere Kost, die mich trotzdem fasziniert hat. Die Serie dazu werde ich ebenfalls beginnen, um das Ganze noch bildlich wirken zu lassen.

Ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen, denn es ist wirklich ein Klassiker unter den Dystopien. Dieses absolut verdrehte, und doch erschreckend realistische Gedankenexperiment erhält von mir 4,5/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 20.06.2022

Abgebrochen.

Der Wüstenplanet
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"Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewußtsein. Die Furcht führt zu völliger Zerstörung. Ich werde ihr ins Gesicht sehen. Sie soll mich völlig durchdringen. Und wenn sie von mir gegangen ...

"Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewußtsein. Die Furcht führt zu völliger Zerstörung. Ich werde ihr ins Gesicht sehen. Sie soll mich völlig durchdringen. Und wenn sie von mir gegangen ist, wird nichts zurückbleiben. Nichts außer mir."

Dieses Buch wollte ich wirklich mögen. Wirklich. Mein Partner hatte mir es immer wieder angepriesen und den Film haben wir auch inzwischen 3x gesehen. Dennoch sind "Der Wüstenplanet" und ich einfach nicht miteinander warm geworden, so dass ich das Buch nach knapp 200 Seiten in 6 Monaten abgebrochen habe.

Es gab leider nichts, was mich catchen konnte. Die Handlung war unglaublich zäh, keinerlei Spannung, endlos detaillierte Gespräche und Gedanken und Umgebungsbeschreibungen. Die Charaktere, zu viele, um den Überblick zu behalten, zu unnahbar, um sie im Gedächtnis oder im Herzen zu behalten. Vielleicht war diese geschaffene Welt von Frank Herbert auch einfach zu groß und genial für mich - ich habe ungefähr alle 5 Zeilen Begriffe hinten im Glossar nachschlagen oder meinen Partner fragen müssen, was das gerade Gelesene für eine Bedeutung hat, denn ich habe es einfach nicht verstanden.

Für andere mag "Der Wüstenplanet" genial sein, ich kann dies nur für den Film aussprechen (wirklich, schaut ihn euch an!), also muss die Grundidee, die ja aus dem Roman stammt, mich trotzdem beeindruckt haben. Nur der schriftlichen Umsetzung konnte ich leider gar nichts abgewinnen. Für die gelesenen 200 Seiten vergebe ich deswegen 1/5 Stern.

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Veröffentlicht am 11.06.2022

Wie viel Wahrheit ist dein Glück wert?

All das Ungesagte zwischen uns
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"Wenn man beschließt, sich an einen Menschen zu binden, sagt man nicht: 'Ich verspreche dir, dass ich mich nie mehr zu irgendjemand anderem hingezogen fühlen werde', man sagt: 'Ich verspreche dir, dass ...

"Wenn man beschließt, sich an einen Menschen zu binden, sagt man nicht: 'Ich verspreche dir, dass ich mich nie mehr zu irgendjemand anderem hingezogen fühlen werde', man sagt: 'Ich verspreche dir, dass meine Loyalität dir gilt, obwohl ich möglicherweise anderen Menschen begegne, zu denen ich mich auch hingezogen fühlen werde.'"

Dieses Buch von Colleen Hoover habe ich ungünstigerweise nach "Layla" und "Verity" gelesen, wodurch meine Spannungserwartung wohl zu hoch war. Ich hatte mir mehr Plot Twists erhofft, mehr Unvorhergesehenes, doch stattdessen empfand ich die Enthüllungen als doch recht vorhersehbar. Das hat dazu geführt, dass die Spannung auf den mehr als 400 Seiten doch recht mau war und zu Längen geführt hat, die mir etwas die Freude am Weiterlesen verdorben haben.

Dazu kommt, wie der Titel eigentlich von Anfang an vermuten ließ, dass Morgan und Clara nicht miteinander reden. Morgen will die Wahrheit für sich behalten, um Claras Glück nicht zu zerstören, diese wiederum strickt sich durch das Schweigen ihre eigene Wahrheit zusammen (die nicht stimmt), hasst ihre Mutter und redet nicht mit ihr. Ein Teufelskreis, der mich unglaublich frustriert hat, denn als die Wahrheit dann rauskam, war natürlich alles halb so wild und Verständnis von beiden Seiten vorhanden. Für mich war das unnötiges gestrecktes Drama.

Was mir jedoch gut gefallen hat, war, dass der Fokus trotz der beiden erzählten Liebesbeziehungen auf der Mutter-Tochter-Dynamik geblieben ist. Klar, die Lovestories waren wirklich süß, voller Gestik und Geschichte, aber letztendlich war die Beziehung zwischen Morgan und Clara das, was zu Hochs und Tiefs und Weiterentwicklung geführt hat. Deren Charakterentwicklungen und Reife kann ich nur applaudieren.

"All das Ungesagte zwischen uns" ist eher eines von Colleen Hoovers schwächeren Werken, da Spannung und Gefühle zu kurz kommen. Es kann jedoch mit tollen Charakterentwicklungen, Selbstreflexion und einer intensiven Grundstory aufwarten, sodass ich 3/5 Sterne vergebe.

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