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Veröffentlicht am 24.01.2018

Kurzweilige Geschichte

Die Luna-Chroniken: Die Armee der Königin
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Sie warteten. Und dann wehte ein neuer Duft herein. Ein blumiger, warmer, der ihn an seine Mutter erinnerte. Eine Frau in einem hauchdünnen Kleid, das ihr locker bis auf die Füße fiel, betrat den Saal. ...

Sie warteten. Und dann wehte ein neuer Duft herein. Ein blumiger, warmer, der ihn an seine Mutter erinnerte. Eine Frau in einem hauchdünnen Kleid, das ihr locker bis auf die Füße fiel, betrat den Saal. Ihr Gesicht war unter einem gazeartigen Schleier verborgen. Auf dem Kopf trug sie eine feine Krone aus schimmerndem Regolithgestein. [...] "Meine Herren", sagte die Königin, "Ich gratuliere Ihnen zu Ihren Fortschritten als Soldaten meiner hervorragenden Armee."
["Die Armee der Königin" - Marissa Meyer]

Inhalt:
Ze´ev Kesley ist ein ganz normaler Junge und lebt zusammen mit seinen Eltern und jüngeren Brüder auf Luna. Eines Nachts erschüttert ein lautes Klopfen das Haus der Familie Kesley und das Leben des jungen Ze´ev ändert sich schlagartig. Männer strömen hinein und das unvermeidliche geschieht: Ze´ev wird als Soldat für die Königin von Luna eingezogen. Im Kampf gegen die Erde soll er zu einer ganz neuen und außergewöhnlichen Killermaschine ausgebildet werden: Zu einem Mischwesen, halb Wolf, halb Mensch.

Fazit:
Genau wie "Das mechanische Mädchen" die Vorgeschichte zu "Wie Monde so silbern" ist, ist "Die Armee der Königin" die Vorgeschichte zu "Wie Blut so rot", von Bestsellerautorin Marissa Meyer. Und ähnlich wie die erste Kurzgeschichte, stellt auch diese auf der einen Seite eine Bereicherung, auf der anderen Seite eine große Falle für uninformierte Leser dar. Es ist interessant zu beobachten, wie Wolf zu der Person wird, die er letztlich in "Wie Blut so rot" ist. Es verleiht seiner Figur mehr Tiefe und weckt die Emotionen des Lesers, wenn man seinen Hintergrund kennt, weiß wer seine Eltern waren, wie er zur Armee gekommen ist und warum er sich quasi in der Rangordnung hocharbeiten musste. Trotz allem sind es gerade diese zusätzlichen Einsichten, die der folgenden Geschichte spannende Wendungen und Überraschungen rauben. Durch das Wissen um Wolfs Gedanken und die Rudeldynamik, die in diesem kurzen Werk hervortritt, lassen sich viele anschließende Handlungen mit Leichtigkeit entlarven. Im Vergleich der beiden Kurzgeschichten, kann dieses Werk jedoch trotzdem in gewisser Weise überzeugen. Sein Inhalt bereichert die Handlung und ist für den Leser neuer und damit anziehender. Während sich die erste Kurzgeschichte demnach fast ausschließlich an Märchenklischees entlang hangelt und keine neuen Facetten für den Leser offen legt, bietet dieses kurzweilige eBook einen sehr umfassenden Blick auf das bisher sehr geheim gehaltene und mystische Luna selbst und hat dabei gar nichts mit der Märchenvorlage "Rotkäppchen" gemein.

Kurz und knapp: Als ergänzendes Werk zu "Wie Blut so rot", kann ich diese kurzweilige Geschichte um Wolf, Luna und das Rudel definitiv empfehlen, lege aber auch nahe, sich der Geschichte nicht Vorweg, sondern erst im Nachhinein zu widmen, um sich nicht selbst der Spannung und Überraschungen im eigentlichen Hauptwerk zu berauben. Denn der zweite Band der Luna-Chroniken ist mitreißend, temporeich, anrührend und intensiver erlebbar, ohne das hier gelieferte Hintergrundwissen.

Veröffentlicht am 24.01.2018

Viele Emotionen, wenig Tiefgang

Bad Romeo & Broken Juliet – Wohin du auch gehst
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Fazit:
Ich muss gestehen, dass mich die erste Hälfte des Buches positiv überraschen konnte, denn um ehrlich zu sein hatte ich mir aufgrund von Cover und Titel nicht allzu viel von diesem Werk versprochen. ...

Fazit:
Ich muss gestehen, dass mich die erste Hälfte des Buches positiv überraschen konnte, denn um ehrlich zu sein hatte ich mir aufgrund von Cover und Titel nicht allzu viel von diesem Werk versprochen. Die Geschichte von Cassandra und Ethan schafft es jedoch schon nach wenigen Seiten zu bannen. Die Anziehungs- und Abstoßungskraft zwischen den Beiden gibt Leisa Rayven auf sehr eingehende Weise wieder - die Leidenschaft, die Chemie der Beiden wird auf jeder Seite greifbar - und dies hat mir gerade zu Beginn sehr gut gefallen, die Geschichte gegen Ende wiederrum aber für mich zunichte gemacht. In den ersten Kapiteln mag man das Katz und Maus - Spiel zwischen Cassie und Ethan vielleicht noch amüsant finden, doch spätestens wenn sich das ganze Spiel dann zum 126382628 Mal wiederholt und immer unglaubwürdiger wird, wird man der Geschichte schnell überdrüssig. Da sich Frau Rayven zusätzlich nur auf die Handlung zwischen den Protagonisten vertieft und kaum Nebencharakter einführt, und die Wenigen, die sie einführt zudem auch ziemlich blass bleiben, wird der Inhalt kaum bis gar nicht aufgelockert.

Kurz und knapp:Wer neckische Spiele zwischen Protagonisten, eine leidenschaftliche Romanze und Handlung ohne viel Tamtam und Tiefe sucht, der wird mit dieser Geschichte sicherlich gut bedient werden können, wer jedoch hinter der zunächst sehr guten Grundidee nach einer tieferen und sinnstiftenden Handlung sucht, der wird hier hingegen - nach anfänglicher Euphorie - enttäuscht werden. Da ich trotzdem gern wissen würde, wie die Geschichte zwischen den Beiden weitergeht, werde ich wohl auch die Fortsetzung lesen, denn neugierig geworden bin ich trotz allem.

Veröffentlicht am 24.01.2018

Dieses Buch ist genial!

Der Seelenbrecher
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Es heißt, der Mensch würde sein wahres Ich erst in Extremsituationen erkennen. In Momenten, in denen es die Umstände unmöglich machen, nach den antrainierten Werten zu handeln, die in jahrelanger Konditionierung ...

Es heißt, der Mensch würde sein wahres Ich erst in Extremsituationen erkennen. In Momenten, in denen es die Umstände unmöglich machen, nach den antrainierten Werten zu handeln, die in jahrelanger Konditionierung durch Eltern, Schule, Freunde und sonstige Bezugspersonen von außen an einen herangetragen wurden. Eine Krise sei wie ein scharfes Obstmesser. Sie schäle die Hülle und lege den inneren Kern frei; den ungeformten, meist instinktgeprägten Urzustand, in dem die Selbsterhaltung die Moral dominiert.
"Der Seelenbrecher" von Sebastian Fitzek
[S. 236]

Inhalt:
Äußerlich sind sie unversehrt, innerlich sind die gebrochen - die Opfer des Seelenbrechers. Er raubt ihnen ihr Innerstes und lässt sie in sich selbst gefangen zurück, nur mit einem kleinen Zettel zwischen den Fingern, auf denen sich ein Rätsel befindet. Seit zehn Tagen ist es nun still, seit zehn Tagen hat sich der Seelenbrecher kein neues Opfer gesucht und alle bangen vor seinem nächsten Schritt.
Caspar kriegt von alledem nur bedingt etwas mit, denn er sitzt in seinem ganz eigenen Gefängnis. In einer luxuriösen Privatklinik auf dem Berliner Teufelsberg, versucht er bemüht seine Erinnerungen wieder zu erlangen. Erst vor wenigen Tagen fand man ihn bewusstlos vor den Türen der Heilanstalt. Nun weiß er weder wo er her kommt, noch wie er heißt.

Einen Tag vor Weihnachten, als ein gewaltiger Blizzard über Berlin hinwegfegt und die Teufelsbergklinik somit ganz von der Außenwelt abschneidet, wird Caspar auf grausame Weise gezwungen, sich seinem alten Leben zu stellen, als jemand mit dem Sturm in das Gemäuer eindringt - jemand der nur unter dem Namen der Seelenbrecher bekannt ist.

Meinung:
Wie schwerwiegend können äußere Verletzungen sein, im Vergleich zu einer labilen und zerbrochenen Seele? Dieser Frage widmet sich nicht nur Sebastian Fitzek in seinem Psychothriller: "Der Seelenbrecher", auch ich komme nicht umhin mich zu fragen, wann es wohl die ersten Warnhinweise auf Büchern geben wird, um die lesende Seele vor schlaflosen Nächten zu schützen. Denn wenn man als Leser schwitzige Hände und den einsamen Gang durch die dunkle Wohnung fürchten sollte, dann definitiv in Verbindung mit Werken dieses Autors. Fitzek schreibt unglaublich spannende und mitreißende Bücher, die bis zur letzten Seite hoffen und bangen lassen, die den Herzschlag beschleunigen und Lesestunden wie Minuten erscheinen lassen. Besonders mit "Der Seelenbrecher" ist dem deutschen Autor ein absolut einmaliger Pageturner gelungen, den man nur schwer aus der Hand legen kann.

Dabei wird man als Leser schon von Beginn des Psychothrillers gekonnt mit der Handlung verwoben. Denn die Geschichte rund um Caspar und den Seelenbrecher, ist eine Geschichte in einer Geschichte. Eigentlicher Ausgangspunkt ist eine verlassene und kalte Bibliothek. Dort lauschen eine Hand voll Studenten einem Professor, der mit ihnen einen psychologischen Versuch durchführen will. Die Entlohnung: zweihundert Euro. Letztlich lässt sich ein junges Paar auf den Test ein. Ziel ist es, die vermeintlich psychologische Akte des Seelenbrechers direkt vor Ort und ohne große Umschweife zu lesen. Damit beginnt die Geschichte... Da man als Leser im Folgenden die gleiche Akte liest, findet man sich kurze Zeit später selbst als Proband, neben den beiden Studenten des Professors wieder und verschlingt begierig Zeile um Zeile.

Nachdem mich "Passagier23" mangels Überraschungen eher enttäuscht hatte, trumpft "Der Seelenbrecher" wieder in altbekannter Fitzek-Manier auf. Eine mitreißende Idee, trifft auf eine düstere und authentische Atmosphäre, sowie einen sympathischen Protagonisten, mit dem man mit fiebert, mitleidet und mitkämpft. Eine von der Außenwelt abgeschnittene Klinik, verriegelt, ohne jegliche Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt, ein psychopathischer Killer, ein Mann ohne Erinnerungen und eine verschneite Nacht des Grauens, wie könnte man die Neugier des Lesers mehr fesseln, als durch diese gelungene Buchidee?

Zusätzlich ist das Werk wunderbar geschrieben. Atmosphärisch dicht, spannend und mit vielen kleinen und größeren Wendungen. Dominant vibriert die Frage nach der Identität des Killers nach jedem Kapitel nach und verleitet zu unzähligen Spekulationen.

Jedes Kapitel formt einen weiteren Gang, der in die Tiefen eines Irrgartens führt, den Fitzek realistisch vor den Augen des Lesers erbaut. Man wird immer tiefer in das Geschehen gezogen, aber auch in die Irre geführt und wenn man am Ende die Auflösung dieses ca. vierhundert Seiten langen Rätsels vor Augen hat, kommt man nicht umhin vor Überraschung und Schock noch einmal alle Ereignisse des Werkes im Schnelldurchlauf zu durchleben. Plötzlich stechen die Hinweise einem unerbittlich ins Auge und man fragt sich, wie man so blind sein, wie dieses Werk einen so sehr hinters Licht führen konnte. Die Auflösung ist grandios, das Ende an sich in meinen Augen jedoch noch ausbaufähig. Die letzten Seiten hätten letztlich doch etwas mehr hergeben können. Ich verstehe zwar, warum dieser Schluss gewählt wurde, denn sonst würde die ganze Geschichte wahrscheinlich nicht auf diese Weise funktionieren, trotzdem war er in meinen Augen etwas zu blass, etwas zu formlos, etwas zu wage.

Fazit:
Würde es Warnhinweise auf Bücher geben, würde auf "Der Seelenbrecher", ein Psychothriller vom Meister des Wahns Sebastian Fitzek, wahrscheinlich folgendes stehen: Achtung: Dieses Buch verursacht schwitzige Hände, schlaflose Nächte und beschleunigt den Herzschlag. In meinen Augen hat man mit diesem Werk eines der besten Werke des Autors zwischen seinen Fingern. Nicht nur die Idee an sich ist einfach grandios, auch die Umsetzung macht sprachlos. Atmosphärisch dicht, spannend bis zum letzten Wort, mit unterschiedlichen und der Handlung zuträglichen Charakteren, einem sehr interessanten Protagonisten, der genauso ratlos ist wie man selbst und zahlreichen überraschenden und plötzlichen Wendungen, wird der Leser schon von den ersten Seiten an tief in das Geschehen gezogen und zum Rätsel- und Täterraten animiert. Dieses Buch ist genial und zugleich krank, mitreißend und zugleich abstoßend und einfach nur WOW!

Veröffentlicht am 24.01.2018

Authentische Beschreibungen, doch fehlende Spannung

Der Meister
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Als Polizistin hatte sie sich immer in der Rolle der Kämpferin gesehen, der Jägerin. Nie hatte sie sich vorstellen können, einmal selbst das Opfer zu sein. Aber jetzt musste sie feststellen, dass sie sich ...

Als Polizistin hatte sie sich immer in der Rolle der Kämpferin gesehen, der Jägerin. Nie hatte sie sich vorstellen können, einmal selbst das Opfer zu sein. Aber jetzt musste sie feststellen, dass sie sich genau wie ein Opfer verhielt, ängstlich und misstrauisch wie ein Kaninchen, das wartet, bis die Luft rein ist, ehe es sich aus dem sicheren Bau wagt. Sie, die immer so furchtlos gewesen war, sah sich jetzt gezwungen, nervöse Blicke in alle Richtungen zu werfen, bevor sie aus dem Wagen stieg. Sie, die Türen eingetreten hatte, die immer ganz vorne dabei gewesen war, wenn die Cops die Wohnung eines Tatverdächtigen gestürmt hatten, erblickte jetzt im Rückspiegel das bleiche Gesicht, die gehetzten Augen einer Frau, die sie kaum wiedererkennte. Keine Eroberin, sondern ein Opfer. Eine Frau, die sie verachtete.
"Der Meister" von Tess Gerritsen
[S. 321 f.]

Inhalt:
Ein neuer Sommer in Boston, ein sicherer Sommer, denn der Chirurg wurde gefasst und sitzt hinter Gittern. Doch Jane Rizzoli fühlt sich nicht im Geringsten sicher. Täglich kämpft sie gegen die Dämonen und Geister ihrer Vergangenheit und versucht zu vergessen, was ihr letzter Fall ihr abverlangt hat. Dies wird ihr jedoch nicht gerade einfach gemacht, als ein neuer Killer auf der Bildfläche erscheint, der die Vorgehensweise des Chirurgen zu imitieren versucht. Jane Rizzoli übernimmt aufgrund ihres Vorwissens die Leitung in dem Fall, nichts ahnend, dass sie sich erneut auf das gefährliche und mörderische Spiel eines Psychopathen einlässt, der einen langjährigen und grausamen Plan bereithält. Einen Plan, indem Jane die Hauptrolle spielen soll.

Meinung:
Mit Sebastian Fitzek, Simon Beckett und Cody McFadyen, drei sehr unterschiedlichen, aber gleichsam genialen Thrillerautoren, habe ich meine Liebe zum Genre entdeckt. Mit Karin Slaughter und Karen Rose, habe ich diese Liebe geschürt. Seitdem bin ich auf ständiger Suche nach ähnlichen Autoren, nach ähnlichen Geschichten, die es vermögen mich sofort in ihren Bann zu ziehen, denn nicht alle Thriller wecken die gleiche Begierde in mir. Für mich das Wichtigste: Die Charaktere. Sie sind das Herz einer jeden Geschichte und auch in diesem Genre, sind sie für mich wichtiger, als die Handlung selbst. Dabei müssen sie ein ganz bestimmtes Kriterium erfüllen - sie müssen einzigartig sein. Nicht diese Nullachtfünfzehn-Ermittler, mit dickem Bierbauch, einer gescheiterten Beziehung, Alkoholfahne und im Einsiedlermodus. Sie müssen mich begeistern, durch eine Fähigkeit oder einen Charakterzug - und genau dies, ist Tess Gerritsen mit ihrer Rizzoli und Isles - Reihe gelungen, weshalb sie sich nun in meinen Thriller-Olymp einreihen darf.

Die Werke von Tess Gerritsen - früher Internistin, nun Bestsellerautorin - zeichnen sich besonders durch fundiertes Hintergrundwissen im Hinblick auf den menschlichen Körper aus. So werden Leichenfunde, Autopsien und Einblicke in die Vorgehensweise des Täters nicht nur sehr ausführlich von der Autorin geschildert, sondern ebenso authentisch. Den ein oder anderen Leser wird diese Ausführlich- und Genauigkeit eventuell im Verlauf des Werkes zermürben, andere Leser hingegen, so wie mich, werden von diesen Szenen fasziniert werden, denn gerade sie, ebenso wie die Figuren, bilden das Herzstück von "Der Meister".

Waren die Charaktere in "Die Chirurgin" nur schemenhaft gezeichnet, so bekommen sie in seinem Nachfolger nun ein Gesicht und Tiefe. Jane Rizzoli ist ein starker Charakter. In einem Männerjob, in welchen eine Frau stetig unter Beobachtung steht und sich beweisen muss, kämpft die Polizistin täglich um Anerkennung. Doch im Grunde hält Jane seit den Ereignissen mit dem Chirurgen lediglich eine Fassade aufrecht, eine Fassade für ihre Kollegen, eine Fassade für sich selbst. So bestreitet sie Tag um Tag - im Job eine harte Frau, zu Hause ein Opfer ihrer Erinnerungen. In "Der Meister" arbeitet Tess Gerritsen auf sehr einfühlsame, aber auch eingängige Weise die Gefühlswelt der Protagonistin heraus und legt so den Grundstein für die nachfolgende - mittlerweile elfbändige - Buchreihe. Im Gegensatz zum ersten Band, wird Janes Persönlichkeit und ihr Leben ausgearbeitet und dem Leser nahe gebracht. So lernt man nicht nur ihre ziemlich verrückte und gleichsam verkorkste Familie kennen, sondern erhascht zusätzlich einen Blick auf ihr Liebesleben. Besonders in einer Thrillerreihe, die sich stetig um die gleichen Figuren dreht, ein für mich unabdingbarer Punkt, der im erste Band gefehlt hat, nun aber gekonnt von der Autorin aufgenommen wird. Die Rizzoli und Isles - Reihe funktioniert gerade deshalb so gut, weil sie zwei starke, gleichsam verletzliche Frauen in den Fokus rückt, die durch ihren individuellen und spannenden Hintergrund die Handlung, die Killerjagd bereichern. Umso besser, dass im zweiten Band nun auch endlich Maura Isles ihren Auftritt feiert. Zwar erhaschen wir nur einen kurzen Blick auf sie, weil sie hier lediglich zum Nebencast gehört, trotzdem schafft es Frau Gerritsen die Neugier auf die Frau, die sich in der Welt der Toten wie zu Hause fühlt, zu schüren.

Authentizität gelungen, Charaktere überzeugend, Handlung an sich hingegen ausbaufähig, so lässt sich dieser zweite Band sehr gut charakterisieren. Die Autorin hat sich mit "Der Meister" an einer Fortsetzung der Handlung von "Die Chirurgin" versucht und den Handlungsstrang dabei in zu viele Richtungen gelenkt. Hauptgegenstand des Werkes ist der Mörder aus dem ersten Werk und die Auswirkungen seines Handelns auf die Gegenwart. Zusätzlich führt Gerritsen jedoch noch einen weiteren Täter in die Handlung ein, der sich der Vorgehensweise des Chirurgen bedient und Rizzoli damit verunsichert. Mich stört es dabei nicht, dass es zwei parallele Handlungsstränge an sich gibt, mich stört es vielmehr, dass sich die Autorin auf einen fokussiert und den anderen dabei völlig aus den Augen verliert. So sind die, von mir so geliebten Kapitel aus der Sicht des Mörders, nur aus der Sicht des Chirurgen geschildert, der neue Killer, bekannt unter dem Namen der Dominator, bleibt durchweg blass und unbedeutend, obwohl er ein ebenso wichtiger Teil dieses Werkes darstellt. Dadurch kann sich das volle Potenzial der eigentlichen Buchidee, leider erst auf den ca. letzten 50 Seiten vollkommen entwickeln.

Fazit:
"Für Mimosen ungeeignet", sagt der Spiegel. Jedoch stellt sich für mich hier die Frage, in welcher Hinsicht? Wenn man von den authentischen Beschreibungen und Analysen der Leichen ausgeht, die Gerritsen auf beeindruckende Weise auf die Seiten zaubert, dann kann ich dem definitiv zustimmen. Wenn jedoch auf die Täter und den mit ihnen verbundenen Spannungsverlauf angespielt werden soll, kann ich dem für "Der Meister" leider nicht zusagen. Denn gerade handlungstechnisch, schöpft die Autorin ihr Potenzial in diesem Band leider nicht aus. Ein verborgenes Herzstück dieses Buches hingegen, bilden die Charaktere und ihre Entwicklung. Kurz und knapp: Wer auf der Suche nach einer Thrillerreihe ist, die durch ihre Figuren bannt, für den ist dieses Werk ein wichtiges Puzzleteil der Rizzoli und Isles - Reihe. Wer jedoch mehr an einer reißerischen Story interessiert ist, sollte diesen Thriller vielleicht lieber überspringen.

Veröffentlicht am 24.01.2018

Solider dritter Band

Todsünde
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Inhalt:
Kurz vor Weihnachten, während Kälte und Schnee Boston fest im Griff haben, bekommen es Rizzoli & Isles mit zwei aufsehenerregenden und kniffligen Fällen zu tun.
In einem Kloster wurde eine Nonne ...

Inhalt:
Kurz vor Weihnachten, während Kälte und Schnee Boston fest im Griff haben, bekommen es Rizzoli & Isles mit zwei aufsehenerregenden und kniffligen Fällen zu tun.
In einem Kloster wurde eine Nonne umgebracht, eine andere lebensbedrohlich verletzt. Zur gleichen Zeit wird eine weitere Leiche in einem verlassenen Haus gefunden. Ihr wurden nicht nur Hände und Füße entfernt, sondern auch das Gesicht abgezogen. Maura Isles steht vor einem Rätsel und versucht herauszufinden, warum die Frau so entstellt wurde. Doch damit nicht genug, auch das Privatleben der beiden, sehr verschiedenen Frauen, steht vollkommen Kopf. Während Jane mit ihren Gefühlen für FBI Agent Dean umzugehen versucht, taucht vor Mauras Haustür nach drei Jahren Funkstille, ihr Exmann wieder auf.

Meinung:
Vor nicht allzu langer Zeit habe ich Tess Gerritsen für mich entdeckt. Nicht nur ihre starken weiblichen Hauptcharaktere, sondern ebenfalls ihr medizinisches Wissen, das sie auf sehr authentische Weise in ihre Geschichten einwebt, konnten mich vollends von sich überzeugen. Und auch wenn im dritten Band der Rizzoli und Isles - Reihe die medizinischen Einschübe nicht so ausgeprägt sind, wie noch in den zwei vorherigen Bänden, hat dies mein Interesse an der Geschichte nicht schmälern können. In diesem Band steht erstmals nicht der Fall an sich im Zentrum der Geschichte, sondern stattdessen rücken hier Jane und besonders Maura ins Rampenlicht und bekommen nun endlich mehr Kontur und Farbe. So legt uns Frau Gerritsen hier nicht nur Ängste, Wünsche und Sehnsüchte der beiden Frauen offen, sondern wirft auch einen Blick zurück und serviert uns Puzzlestücke aus ihrer Vergangenheit.

Besonders Maura, die in "Die Chirurgin" gar nicht und in "Der Meister" nur nebensächlich auf der Buchbühne erschienen ist, wird hier nun endlich mehr in den Fokus gerückt und bekommt mehr als nur einen Namen, sie bekommt ein Gesicht und wird somit zur weiteren Identifikationsmöglichkeit für den Leser. Da mir Jane als Figur bisher zwar gefallen hat, mich aber nicht ganz abholen konnte, war ich umso überraschter, wie sehr mir hingegen Maura als Figur zusagt. Die stilsichere, immer makellos aussehende Frau, die ganz für die Toten lebt und scheinbar kühl wirkt, hat auch eine versteckte, sehr weiche und gefühlvolle Seite, die durch das Einbringen ihres Exmannes in die Geschichte sehr gut herausgearbeitet wird. Da die Abschnitte über Maura den meisten Platz des Schmökers für sich einnehmen, ist sie der eigentliche Star in diesem Band.

Obwohl Jane hier folglich nur sehr wenig eingebracht wird, ist es der Autorin aber trotzdem auf sehr überzeugende Weise gelungen, diese, jeweils sehr kurzen und knappen Kapitel über sie, mit viel Inhalt und Aussage zu füllen. So lernen wir hier ihre Familie genauer kennen und entdecken, dass auch Rizzoli eine sehr zerbrechliche Seite hat - was ihr Sympathiepunkte sichern kann. Insgesamt wirken die beiden Hauptcharaktere auf den ersten Blick sehr gleich, alsbald merkt man aber, dass sie durch ganz eigene Gedanken und Wünsche umgetrieben werden, mit denen sie auf sehr unterschiedlichen Weisen umzugehen versuchen. Während Jane durchweg versucht auf Distanz zu bleiben und ihre Gefühle zu verbergen, ist Maura ein sehr offener und warmherziger Charakter. So kommt es wohl schließlich auch dazu, dass sich die beiden Frauen in "Todsünde" erstmals aufeinander zu bewegen und sich die Züge einer Vertrautheit herauskristalisieren, die hoffentlich in den Folgebänden noch genauer ausgearbeitet wird. So bekommt man hier erstmals einen Ausblick auf Rizzoli und Isles als Team - dieser Ausblick macht Lust auf mehr.

Inhaltlich haben die beiden geschilderten Mordfälle definitv Potential mitgebracht. Dieses Potential konnte jedoch nicht ganz ausgeschöpft werden. Wurde in "Die Chirurgin" und "Der Meister" der Spannungsbogen noch durch die Gedanken- und Handlungsausschnitte des Täters geschürt, hat man hier, bis zu den letzten Seiten überhaupt keine Chance ein Bild oder auch eine Ahnung über ihn zu entwickeln. Dabei ist es gerade auch dieser Faktor, der einen Thriller oder auch einen Krimi für mich ausmacht: Die Chance, neben den Ermittlern zu stehen und aktiv mit rätseln und -raten zu können, wer oder was sich hinter diesen grausamen Morden verbirgt. Diese Chance wird in "Todsünde" leider nicht geboten, weshalb das Ende viel zu schnell kommt und schwer annehmbar ist.

Aber das wohl größte Manko hier, ist der Klappentext, denn dieser hat ausgerechnet die letzte vorhandene, eingebaute Spannung von Tess Gerittsen, bereits im Keim erstickt. All die schockierenden und überraschenden Autopsieergebnisse, über die jeweiligen Leichen, welche die Handlung in ganz entscheidende Richtungen lenken, werden in der Inhaltsbeschreibung bereits aufgegriffen, weshalb man bis weit über die Hälfte des Werkes hinaus, nichts Neues oder auch Interessantes erfahren kann. Deshalb: Bitte, lest euch diesen Klappentext nicht durch und lasst euch einfach von der Geschichte überraschen, denn gerade dann, entdeckt ihr das sehr gründlich und sauber gespannte Spannungsnetz der Autorin, welches vielleicht nicht so brutal und reißerisch ist, wie noch in Band Nummer eins und zwei, aber definitiv für den ein oder anderen Aha-Moment sorgen kann.

Fazit:
Insgesamt hat man mit "Todsünde" einen soliden dritten Band der Rizzoli und Isles - Reihe zwischen den Fingern, der besonders durch seine Charakter lebendig und für den Leser interessant wird. Diesmal in der Hauptrolle: die facettenreiche und gefühlvolle Maura Isles, die nur dafür zu leben scheint, den Toten ihr Recht auf Gerechtigkeit zu gewähren und die nun endlich, genau wie Jane, zur Hauptfigur der Geschichte herausgearbeitet wird. Die Story an sich ist im Großen und Ganzen mit Potential versehen, jedoch fehlt es dem Werk an den meisten Stellen an Spannung, was in Großteilen auch dem zu ausführlichen Klappentext geschuldet ist. Hätte es mir nicht so viel Spaß bereitet, Maura und auch Jane bei den Ermittlungen zu begleiten, hätte das Werk definitiv schlechter abgeschnitten. Fans der Figuren, werden hier auf ihre Kosten kommen, Thrillerliebhaber hingegen, müssen in diesem Schmöker ihre Geduld schulen