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Veröffentlicht am 19.02.2018

Über eine liebenswerte Familie mit übernatürlichen Fähigkeiten

Die erstaunliche Familie Telemachus
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Wer Fantasy-Romane mag und Spaß an Zaubereien (auch faulen) hat, wird bei diesem Buch auf seine Kosten kommen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht „die erstaunliche Familie Telemachus“, der das Buch in ...

Wer Fantasy-Romane mag und Spaß an Zaubereien (auch faulen) hat, wird bei diesem Buch auf seine Kosten kommen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht „die erstaunliche Familie Telemachus“, der das Buch in seiner deutschen Ausgabe seinen Titel verdankt. Ihr steht der Patriarch Teddy vor, ein Trickbetrüger. Seine Frau Maureen besitzt demgegenüber wirkliche übernatürliche Kräfte. Die gemeinsamen drei Kinder haben von ihr die übersinnlichen Fähigkeiten geerbt. Irene erkennt, ob jemand lügt oder die Wahrheit sagt; Frankie kann Gegenstände mit seinen Gedanken bewegen; Buddy kann die Zukunft voraussehen. Eine kurze Zeit traten sie als „die erstaunliche Familie Telemachus“ auf der Bühne auf, bis sie in einer Fernsehshow als Schwindler enttarnt wurden.
Die Handlung ist im Jahr 1995 angesiedelt, als Maureen schon vor vielen Jahren verstorben ist, Teddy noch immer seine kleinen Schwindeleien betreibt, Irene als allein erziehende Mutter mit ihrem Sohn Matty zurück ins Elternhaus gezogen ist, Frankie mit seiner Familie am finanziellen Abgrund steht und Buddy verrückt geworden zu sein scheint, indem er ständig ein neues Projekt beginnt, ohne es zu beenden, während keiner von ihm, der stumm ist, erfährt, was er vorhat.
Durch Rückblenden erfahren wir, wie sich Teddy und Maureen kennenlernten, wie die Regierung auf ihre besonderen Gaben aufmerksam wurde, warum Maureen sich entschied, für sie zu arbeiten, welchen Einfluss ihr früher Tod auf die übrigen Familienmitglieder hatte und wie ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten sie prägten.
Matty wird zur zentralen Hauptfigur, da er anscheinend die ungewöhnlichen Fähigkeiten geerbt hat. Er will die Familiengeschichte ergründen und muss vor Regierungsmitarbeitern geschützt werden, die seine Fähigkeiten nutzen wollen. In gewisser Weise ist es eine Geschichte über Mattys Erwachsenwerden, daneben eine Familiengeschichte über drei Generationen. Sie bringt viel Nostalgie herüber, die vor allem die amerikanischen Leser verstehen werden – die 70er Jahre mit der Mike Douglas-Show und der Faszination übernatürlicher Kräfte, die 90er Jahre mit AOL-CD’s, online-Chatrooms, Videocassetten.
Berührend ist die noch immer bestehende Verbindung von Maureen zu Teddy, mit dem sie, obwohl schon Jahre tot, noch immer über Briefe kommuniziert, und zu Matty. Was das Lesen angenehm macht, ist Themenvielfältigkeit der Geschichte – ein bisschen Romantik, einige lustige Passagen und Dialoge, viel Spannung und Action, jede Menge Intrigen. Die Handlung scheint so manches Mal abzuschweifen und lässt die Frage aufkommen, wohin alles führt. Am Ende mündet alles in ein abenteuerliches Finale.
Die Geschichte fällt aus dem Rahmen, ist aber wert, sich von ihr verzaubern zu lassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Geschichte
  • Humor
  • Fantasie
Veröffentlicht am 15.02.2018

Eine originelle Resozialisierung

Die Königin von Lankwitz
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Was machen zwei weibliche Strafgefangene, um nach der Haftentlassung ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, wenn sie in ihren früheren Berufen als Steuerfachgehilfin bzw. Miederwarenverkäuferin nicht mehr ...

Was machen zwei weibliche Strafgefangene, um nach der Haftentlassung ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, wenn sie in ihren früheren Berufen als Steuerfachgehilfin bzw. Miederwarenverkäuferin nicht mehr Fuß fassen können? Sie gründen eine Ich-AG und bieten als Dienst an, auf Wunsch ihrer (ausschließlich weiblichen) Kundinnen unliebsame Männer aus dem Weg zu räumen. Die eine ist für die Kundenakquise zuständig, die andere für die praktische Durchführung, die durch das An- bzw. Überfahren mit dem firmeneigenen PKW vonstattengeht.
Dieser zwar wirklichkeitsfernen, aber recht originellen und humorvoll beschriebenen Geschäftsidee lässt sich über gut ein Drittel des Buches gut folgen und ich war sicher, das Buch am Ende mit Bestnote bewerten zu können. Die beiden Protagonistinnen – zwei Berliner Typen - kommen einfach sehr sympathisch herüber, indem sie zwar eindeutig als Kriminelle einzustufen sind, andererseits aber doch ein Gewissen und durchaus ehrenwerte Prinzipien haben. Im Widerspruch zu ihrer kriminellen Ader stellen sie sogar für sich geltende Vorschriften auf, den sog. Zehn-Punkte-Plan. Dann jedoch wird ein potentieller männlicher Kunde mit einem K-Orakel (was ist das überhaupt?) eingeführt und mit ihm tut sich ein Bruch auf, der noch tiefer wird, als auch noch eine Konkurrenz-Agentur auf der Bildfläche erscheint. Aus Spaß wird jetzt Ernst. Das Weiterlesen fiel mir fortan immer schwerer. Der skurrile Humor, Charme und Sarkasmus aus dem ersten Teil fehlen. Mich hat die Geschichte nicht mehr unterhalten.
Deshalb alles in allem nur drei Sterne. Schade.

Veröffentlicht am 12.02.2018

Über Tod und Trauer

In jedem Augenblick unseres Lebens
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Diesen autobiografischen Roman über einen eigenen Schicksalsschlag sollte besser nur lesen, wer gesundheitlich stabil ist, damit er nicht runtergezogen wird.
Toms hochschwangere Lebensgefährtin Karin verstirbt ...

Diesen autobiografischen Roman über einen eigenen Schicksalsschlag sollte besser nur lesen, wer gesundheitlich stabil ist, damit er nicht runtergezogen wird.
Toms hochschwangere Lebensgefährtin Karin verstirbt urplötzlich an Leukämie. Ihre gemeinsame Tochter Livia überlebt die Kaiserschnittgeburt. Über die nachfolgenden Monate der Trauer, die über den Tod hinaus fortbestehende Liebe und das Zusammenleben mit seiner kleinen Tochter schreibt der Autor, immer wieder unterbrochen durch Rückblicke auf seine Jugend, als er ein vielversprechender Eishockey-Spieler war, sein Studium, seine Neigung zum Schreiben, das Kennen- und Liebenlernen Karins, die schon mehrere schwere Krankheiten durchgemacht hat.
Die Geschichte ist nicht einfach zu lesen. Wörtliche Reden werden weder durch Anführungszeichen noch Spiegelstriche kenntlich gemacht, sondern stehen nebeneinander, so dass sich die jeweiligen Sprecher manchmal nur schwer ausmachen lassen. Auch die Zeitsprünge geschehen unvermutet und es lässt sich nicht immer nachvollziehen, in welchem Jahr wir uns befinden. Einige Insider-Informationen werden nur schwedische Leser verstehen, wie den Wettskandal oder die Arbeitsweise der Behörden. Dem Thema Trauer widmet sich der Autor jedoch wirklich gelungen. Er als der Trauernde durchläuft alle Phasen – Verzweiflung, Wut, Unverständnis, Müdigkeit, Leere. Berührend sind auch die kleinen Kämpfe, die er mit seinen Schwiegereltern über die Verstorbene und das hinterbliebene Baby austrägt. Als Lehre vermittelt das Buch, dass man schwere Schicksalsschläge überleben kann.
Insgesamt durchaus lesenswert.

Veröffentlicht am 10.02.2018

Scheidungskinder

Vier Schwestern
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Vier – sehr unterschiedliche – Schwestern aus Neuseeland verbringen einen gemeinsamen Sommerurlaub in der italienischen Region Cinque Terre. Recht bald verschwindet die zweitjüngste Schwester unvermittelt ...

Vier – sehr unterschiedliche – Schwestern aus Neuseeland verbringen einen gemeinsamen Sommerurlaub in der italienischen Region Cinque Terre. Recht bald verschwindet die zweitjüngste Schwester unvermittelt ohne Nachricht. Das ruft bei den übrigen drei zunehmende Spannungen hervor. Jede erklärt sich die Abwesenheit der Schwester anders. In der Vergangenheit erlittene Verletzungen und gemachte Erfahrungen vor allem in der Familie kommen aufs Tapet, die unterschiedlichen Beziehungen der Schwestern zu ihren Eltern und deren leidvolle Scheidung. Die – namenlos bleibende – Ich-Erzählerin steht der vermissten Schwester am nächsten. Sie teilen ein Geheimnis aus ihrer Jugend. Beide haben ein schwieriges Verhältnis zu ihren jeweiligen Partnern. Am Ende lösen sie ihre Probleme unterschiedlich.
So ganz konnte mich der Roman nicht einnehmen. Für meine Begriffe gibt es zu wenig Handlung. Stattdessen reflektiert die Erzählerin ihre Beziehungen zu den anderen Schwestern sehr/zu ausführlich gedanklich. Die Sorgen der Schwestern um ihre Schwester stehen zu sehr im Fokus und wirken auf mich übertrieben. Der Originaltitel „Absence“ würde besser passen, da es weniger darum geht, dass die vermisste Schwester gefunden wird, als darum, dass sich die Schwestern selbst finden.
Ein Buch, das ich als durchschnittlich bewerte.

Veröffentlicht am 10.02.2018

Familiengeheimnisse

Das Geheimnis meines Vaters, von dem er selbst nichts wusste
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Wer gerne Familiengeschichten liest, wird dieses Buch mögen.
Im Mittelpunkt steht Karl, Anfang 50, in der IT-Branche tätig, Sonderling mit Berührungsängsten gegenüber Frauen. Nachdem er sich vor zwanzig ...

Wer gerne Familiengeschichten liest, wird dieses Buch mögen.
Im Mittelpunkt steht Karl, Anfang 50, in der IT-Branche tätig, Sonderling mit Berührungsängsten gegenüber Frauen. Nachdem er sich vor zwanzig Jahren mit seinem verwitweten Vater überworfen und nur noch sporadisch mit ihm telefoniert hat, muss er sich jetzt um dessen Beerdigung und die Regelung des Nachlasses kümmern. In seinem Elternhaus im Oldenburger Münsterland trifft er eine junge Polin an und rekonstruiert die Beziehungen seines Vaters zu Polen. Außerdem werden in Karl Erinnerungen an seine Jugend wach, auch eine unschöne, die sein Sozialverhalten erklärt.
In der Geschichte habe ich mich schnell zu Hause gefühlt, ist ihre Handlung doch in der Nähe meines eigenen Heimatortes angesiedelt, so dass mir viele in Bezug genommene Örtlichkeiten vertraut vorkommen, etwa die erwähnten Umgehungsstraßen rund um Diepholz oder Nienburg, das Cloppenburger Museumsdorf. Der Protagonist ist in etwa mein Geburtsjahrgang, so dass ich mich auch in ihn gut hineinversetzen kann. Einige Dinge, die er aus seiner Jugend erzählt, kenne auch ich noch – etwa das Fotografieren mit der Agfamatic. Dass Karl eine etwas sehr spezielle, widersprüchliche Persönlichkeit hat, macht ihn für den Leser umso interessanter. Einerseits arbeitet er im modernen IT-Umfeld und ist in seiner Freizeit sehr sportlich, andererseits hatte er trotz seines inzwischen mittleren Alters noch nie eine Beziehung zu einer Frau. Ob sein Sozialverhalten allein mit einem Schlüsselerlebnis in seiner Jugend zusammenhängt, weiß ich nicht. Das Geheimnis seines Vaters, auf das der Buchtitel Bezug nimmt, ist recht interessant und wird glücklicherweise recht spät aufgeklärt. Ein paar Längen hat die Geschichte, die einerseits zwar fundiertes Wissen vermitteln, sich aber etwas hölzern lesen. Ich denke da an die Beschreibung der Fotografie in den 70er Jahren oder des VW-Kübelwagens.
Insgesamt kann ich das Buch weiterempfehlen.