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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2016

Spannender Rachefeldzug einer gedemütigten Frau

Der Rache süßer Atem
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Kurz vor ihrem 40. Geburtstag steht die über Eichendorff promovierte Maria vor den Trümmern ihres Liebeslebens. Wie sehr sehnt sie sich nach dem Mann fürs Leben und einem Kind. Stattdessen wurde sie in ...

Kurz vor ihrem 40. Geburtstag steht die über Eichendorff promovierte Maria vor den Trümmern ihres Liebeslebens. Wie sehr sehnt sie sich nach dem Mann fürs Leben und einem Kind. Stattdessen wurde sie in den vergangenen zehn Jahren von sieben Männern gedemütigt, betrogen und belogen. Unter Zuhilfenahme eines ererbten illegalen Waffenarsenals will sie in einem Rachefeldzug alle früheren Lover erschießen. Schon bald gerät sie ins Visier des ermittelnden mysteriösen Kommissars Tesoro …

Mit einem Mörder zu sympathisieren, ist eigentlich überhaupt keine Option. Hier aber ist die Figur der Protagonistin Maria so geschickt beschaffen, dass es schwer fällt , in ihr allein die böse Verbrecherin zu sehen. Und gerade dieser Widerspruch macht den Reiz des Buches aus. Nach und nach ist zu erfahren, was die Motive und Hintergründe für Marias Taten sind. Da geht es um eine verkorkste Mutter-Tochter-Beziehung und vor allem um ganz furchtbare Demütigungen durch die Männer. Dass für Maria dann einfach das Maß voll ist, ist irgendwo verständlich, wenngleich sich natürlich die Frage stellt, warum sie immer wieder auf die Maschen der Männer anspricht. Ihre Mordtaten sind blutig beschrieben, aber nicht so, dass man von ihnen vor lauter Grausamkeit besser nicht lesen will. Nebenbei erhält man viel Nachhilfe in Waffenkunde und erfährt, zu welchem Zweck welche Waffe geeignet ist. Die Autorin hat hier gute Recherchearbeit geleistet. Zum Ende hin überstürzen sich die Ereignisse und ein Teil der verbleibenden Taten wird recht hastig erzählt. Das steht aber in Einklang mit den erfolgreichen Ermittlungen der Polizei, die ihr Netz immer enger um Maria auslegt. Auf Seiten der Polizei wird übrigens noch eine Überraschung parat gehalten. Der Schluss ist zwar offen, kann aber eigentlich nur in einer Weise zu Ende gedacht werden. Der Erzählstil ist sehr flüssig; daran ändern auch nicht die zahlreich eingewobenen Fremdwörter, deren Bedeutung nicht unbedingt geläufig ist.

Ein spannender Roman, den ich für absolut lesenswert halte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Notizkalender mit enormer Wirkung

Dein perfektes Jahr
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Unter den Pseudonymen Wiebke Lorenz und Anne Hertz ist die Autorin sicherlich schon vielen Leserinnen bekannt. Jetzt liefert sie als Charlotte Lucas einen einmal mehr unterhaltsamen Roman ab. Er ist durchmischt ...

Unter den Pseudonymen Wiebke Lorenz und Anne Hertz ist die Autorin sicherlich schon vielen Leserinnen bekannt. Jetzt liefert sie als Charlotte Lucas einen einmal mehr unterhaltsamen Roman ab. Er ist durchmischt mit lustigen, aber auch traurigen Elementen. Letztere sind vielleicht beeinflusst durch den noch frischen Tod der Mutter der Autorin, der sie dieses Buch passenderweise auch widmet. Ohne viel vorwegnehmen zu wollen, geht es kurz um Folgendes:
An einem Neujahrsmorgen findet der Verlagserbe Jonathan – Stinkstiefel und Erbsenzähler – ein Notizbuch mit Einträgen für jeden Tag. Ein Vierteljahr zuvor macht sich die stets optimistische Hannah mit einer Kita selbständig, sehnsüchtig auf den Heiratsantrag ihres passiven Freundes wartend, der leider schwer erkrankt. Bindeglied zwischen allen ist eben jener Kalender – von einem der drei abgefasst, von einem abgelehnt, von einem befolgt, für alle drei komplett lebensverändernd.
Schreibtechnisch werden zwei zu verschiedenen Zeiten angesiedelte und aus den jeweiligen Perspektiven der beiden Protagonisten Jonathan und Hannah erzählte Handlungsstränge ganz allmählich miteinander verbunden und zu einem schlüssigen und befriedigenden Ende geführt. Das geschieht, ohne dass schon allzu viel zu frühzeitig vorhersehbar ist, so dass man das Buch nur ungern wieder aus der Hand legt, um den Fortgang zu erfahren. Die Geschichte weckt viele Emotionen, vor allem weil sich glückliche und traurige Momente abwechseln. Humorvolle Passagen fehlen nicht. Philosophische Botschaften regen zum Nachdenken an. Der Liebesgeschichtenanteil wirkt überhaupt nicht kitschig. Gefallen hat mir, dass die Geschichte in Hamburg spielt und man manche erwähnte Örtlichkeit erkennt.

Ein unterhaltsamer Roman.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Gefühl
  • Cover
Veröffentlicht am 15.09.2016

Lebst du wirklich nur einmal?

Noah will nach Hause
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Die allein erziehende Janie will sich mit der Diagnose Schizophrenie bzgl. ihres vierjährigen Sohnes Noah nicht abfinden. Doch was verbirgt sich hinter seinen Verhaltensauffälligkeiten? Immerhin hat er ...

Die allein erziehende Janie will sich mit der Diagnose Schizophrenie bzgl. ihres vierjährigen Sohnes Noah nicht abfinden. Doch was verbirgt sich hinter seinen Verhaltensauffälligkeiten? Immerhin hat er eine Wasserphobie und Wissen, das er weder von Janie noch von anderen bekommen haben kann (über Reptilien, Waffen, Harry Potter). In Alpträumen jammert er immer wieder, dass er zu seiner Mama nach Hause will. Im Internet stößt Janie auf den Psychiatrieprofessor Dr. Anderson. Seit Jahrzehnten forscht dieser an Fällen von Kindern, die glauben, vor ihrem gegenwärtigen Leben schon einmal ein anderes Leben geführt zu haben. Selbst unter einer seltenen Form der Aphasie leidend, will Dr. Anderson sein Lebenswerk mit einem Buch über das Phänomen Reinkarnation/Wiedergeburt beenden, um die ihm nie zuteil gewordene Anerkennung zu erhalten. Noahs Fall soll der noch fehlende starke Fall aus Amerika sein. Aber ist Noah tatsächlich die Reinkarnation eines einige Jahre zuvor verschwundenen Jungen, wie es Dr. Anderson annimmt?

Egal, wie man persönlich zum Thema Reinkarnation steht und welcher Glaubensrichtung man sich zuzählt, dieses Buch zieht jeden in seinen Bann. Als fiktive Geschichte aufbereitet, erhält sie einen plausiblen, quasi wissenschaftlichen Touch durch zahlreiche Einschübe, die die Autorin dem Sachbuch „Life Before Life: Children’s Memories of Previous Lives“ von Dr. Jim B. Tucker entnommen hat und in denen logisch nicht erklärbare Fälle reinkarnierter Kinder vorwiegend im asiatischen Raum geschildert werden. Diese sind es denn auch, die einen am Wahrheitsgehalt von Noahs verblüffender Lebensgeschichte nicht zweifeln lassen. Neben dem beherrschenden Thema der Reinkarnation wartet das Buch auch mit einem spannenden Kriminalfall auf und thematisiert sehr berührend die engen Bindungen zwischen Mutter und Kind, Trauer und Krankheit.

Ein wirklich lesenswerter Debütroman.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Fesselnder Psychothriller

Das verlorene Kind
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Thriller mit Kindern als Protagonisten kommen wohl gerne aus der Feder des Autors. Bekannt sind mir insoweit schon „Beim Leben meiner Tochter“ und „Das Mädchen mit den blauen Augen“. Der vorliegende Roman ...

Thriller mit Kindern als Protagonisten kommen wohl gerne aus der Feder des Autors. Bekannt sind mir insoweit schon „Beim Leben meiner Tochter“ und „Das Mädchen mit den blauen Augen“. Der vorliegende Roman ist ein weiteres gelungenes Glied in dieser Kette mit der Hauptfigur des kleinen Jungen Malone, der vehement behauptet, seine Ziehmutter sei nicht seine leibliche Mutter, bis tatsächlich ein Schulpsychologe Nachforschungen zur Vergangenheit des Jungen aufnimmt. Diese führen ihn zu der Kommissarin Marianne, die ihrerseits mit Ermittlungen in einem Raubüberfall befasst ist. Der Leser ahnt recht bald, dass beide Fälle irgendwie zusammenhängen müssen. Doch wie die Verknüpfung tatsächlich ist, wird erst ziemlich zu Ende aufgelöst. Bis dahin wird der gesamte Plot zusehends verworrener und er nimmt so manche überraschende Wendung. Die polizeilichen Ermittler nehmen einmal nicht die Rolle der überlegenen Fallaufklärer ein, sondern sitzen so manchem Irrtum auf, kommen oftmals zu spät, werden sogar manipuliert. Wer als Drahtzieher dahinter steckt, beruht auf einer fulminanten Idee. Als der Fall dann gelöst ist, wird noch eins obendrauf gesetzt, was die Kommissarin in einem besonderen, vielleicht nicht so recht glaubwürdigem Licht erschienen lässt. Eine sehr schöne Idee ist es, ganze Märchen über Menschenfresser, Wälder, Piraten, Schlösser in den Text einzufügen, die für Malone und natürlich für die Gesamtauflösung eine besondere Bedeutung haben. Auch die Ausführungen zur Funktionsweise des kindlichen Gedächtnisses sind interessant. Eine gewisse Atmosphäre bekommt die Geschichte, indem sie in der Normandie rund um Le Havre angesiedelt ist, wovon der Leser schöne Eindrücke bekommt.

Ich empfand das Buch als sehr fesselnd und lesenswert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schatten im Leben einer Familie

Die unsterbliche Familie Salz
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Im Wesentlichen sind es die Jahre 1914 bis 2015, in denen wir Leben und Werdegang der Münchener Familie Salz verfolgen können. Aus wechselnden Perspektiven verschiedener Familienmitglieder und – man staune ...

Im Wesentlichen sind es die Jahre 1914 bis 2015, in denen wir Leben und Werdegang der Münchener Familie Salz verfolgen können. Aus wechselnden Perspektiven verschiedener Familienmitglieder und – man staune – des Schattens eines von ihnen wird geschildert, wie der Erwerb des prächtigen Hotels Fürstenhof in Leipzig zum Schicksal insbesondere für die Tochter des Hauses, Lola, wird, die als tragische Figur die Protagonistin ist. Dort leistet sie als Kind ihrer Mutter Sterbehilfe, woraufhin sie vom Vater verstoßen wird. Erst nach der Wiedervereinigung betritt sie das Hotel wieder. Der Zeitraum dazwischen, insbesondere die Zeit des Zweiten Weltkrieges, ist von grauenhaftem Erleben geprägt, das Lola nie wieder von sich abschütteln kann du das noch bei ihren Kindern und Kindeskindern psychische Spuren hinterlässt.
An deutscher Geschichte Interessierte werden bei der Lektüre auf ihre Kosten kommen. Vor allem die Schilderungen zum Zweiten Weltkrieg sind sehr informativ. Für Abwechslung beim Lesen sorgen verschiedene Erzählperspektiven. Die einzelnen Familienmitglieder sind recht eigenwillige Persönlichkeiten, die ihr Päckchen zu tragen haben und nicht unbedingt Sympathieträger sind. Das am meisten verwendete Substantiv dieses Romans dürfte das Wort „Schatten“ sein. Dieses Thema zieht sich variantenreich durch die ganze Geschichte. So ist z.B. die Rede von Schatten als Beweis für die Existenzen, Wegnahme von Schatten, Schattenlosigkeit, Männern ohne Schatten. Das lässt Raum für so manche Interpretation, vor allem stellt sich die Frage, welche Schatten eine Vorgängergeneration auf nachfolgende Generationen wirft. Dies führt dann auch dazu, dass das Buch recht anspruchsvoll ist. Es zu lesen lohnt sich auf jeden Fall.