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Veröffentlicht am 12.11.2020

Kindermord

Spiele
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Als er noch ein Kind war, hat Robert Lindström seinen Freund Max umgebracht. So lautet jedenfalls das Ergebnis der Untersuchung der Polizei. Robert war noch nicht strafmündig und wurde deshalb nicht verurteilt. ...

Als er noch ein Kind war, hat Robert Lindström seinen Freund Max umgebracht. So lautet jedenfalls das Ergebnis der Untersuchung der Polizei. Robert war noch nicht strafmündig und wurde deshalb nicht verurteilt. Doch sein ganzes Leben ist geprägt von der Tat. Als Erwachsener funktioniert er, aber viel Freude im Leben hat er nicht. Als die Journalistin Lexa ihn um ein Interview bittet, ist er in heller Aufregung. Sie will ein Buch über seinen Fall schreiben und sie zweifelt an seiner Täterschaft. Um die selbe Zeit wird ein Mädchen tot aufgefunden. Und Robert hat sich in der Nähe des Fundorts aufgehalten. Kommissar Carl Edson schöpft Verdacht.

Zum zweiten Mal ermittelt Carl Edson und wieder bekommt er es mit einem verwickelten Fall zu tun. Der Verdacht auf Robert drängt sich auf, aber kann es auch noch andere Verdächtige geben? Unklar ist, was mit dem Mädchen geschehen ist, nachdem ihre Eltern sie vermisst haben. Und warum hat sich Lexa gerade Roberts Fall ausgesucht, um darüber zu berichten. Schließlich hat Robert immer behauptet, dass er sich nicht an seine Tat erinnern kann und so kann er eigentlich keine großen Auskünfte geben. Und sehr auskunftsfreudig wirkt er auch nicht.

Wie auch im ersten Band um Carl Edson legt der Autor sehr viel Wert auf die Schilderung der Lebensumstände des vermeintlichen Täters. Das führt zu dem Eindruck, dass die Ermittlungen manchmal am Rande nebenher laufen und Carl Edson als Person sehr neutral wirkt. Dennoch packt einen die Frage, ob Robert damals wirklich der Täter war. Und natürlich will mal wissen, wieso das Mädchen umgebracht wurde. Das Buch ist sehr verschachtelt und spielt auch auf verschiedenen Zeitebenen. Führt man sich das Hörbuch, das sehr ansprechend vorgetragen wird, zu Gemüte, muss man schon sehr genau aufpassen, um jeden Wechsel mitzubekommen. Dennoch ist es interessant und spannend nach und nach die verschiedenen Schichten der Story zu durchdringen. Für mich war dieser zweite Teil etwas fesselnder als der erste.

Veröffentlicht am 10.11.2020

"Liverpool"

Die Krieger
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Nach dem Tod seiner Frau ist der Polizist Nick Marzek abgestürzt. Um sich wieder zu fangen, nimmt der die Hilfe eines Kollegen aus München an und lässt sich von Berlin an die Isar versetzen. Die Eingewöhnung ...

Nach dem Tod seiner Frau ist der Polizist Nick Marzek abgestürzt. Um sich wieder zu fangen, nimmt der die Hilfe eines Kollegen aus München an und lässt sich von Berlin an die Isar versetzen. Die Eingewöhnung bei der Mordkommission fällt ihm schwer, lenkt ihn aber von den Gedanken an seine Frau ab. Da wird Anfang 1984 ein folgenschwerer Brandanschlag auf die Münchner Diskothek Liverpool verübt. Zunächst geht die Polizei von einem Kleinkrieg rivalisierender Kiezgrößen hin. Denn kurz zuvor brannten auch Wohnwagen von Prostituierten aus. Völlig überraschend taucht dann jedoch ein Bekennerschreiben auf, das bei einer italienischen Presseagentur abgegeben wurde.

Im Untertitel heißt es „Ein Fall für Nick Marzek“, was darauf hindeutet, dass es sich hier um den ersten Band einer Reihe handeln könnte. Mit seinen 43 Jahren ist Marzek auf jeden Fall jung genug, um noch einige Fälle aufzuklären. Bei seinem ersten richtigen Einsatz in München ist er gleich mit einem besonders verzwickten Fall befasst. Der vermeintliche Krieg im Rotlichtmilieu entpuppt sich als geheimnisumwitterter Anschlag, bei dem sogar ein politischer Hintergrund zu vermuten ist. Da das Bekennerschreiben von den italienischen Polizeibehörden weitergeleitet wurde, wird Nick nach Italien geschickt. Als seine Übersetzerin reist Graziella mit, die in der Mordkommission eigentlich als Putzfrau angestellt ist.

Natürlich sind Nick Marzek und seine Kollegen frei erfunden. Der Kriminalfall um den Anschlag auf die Diskothek Liverpool allerdings nicht. Diese Geschehnisse beruhen auf einem echten Fall. Und immer, wenn man meint, der Autor hat seine Phantasie etwas zu sehr spielen lassen, dann kann nur empfohlen werden, spätestens nach Ende der Lektüre mal das www aufzusuchen, um weitere Hinweise zu finden. Man wird erstaunt feststellen, dass sich der Autor an den berichteten Tatsachen orientiert hat. Wahrheit und Fiktion hat der dabei so geschickt verwoben, dass man beinahe glauben könnte, selbst wenn auch nur beobachtend Teil der Ermittlung zu sein. Die Art der Nachforschungen sind sehr authentisch, kleinteilige Polizeiarbeit. Ob es in der realen Welt passieren könnte, dass eine Putzfrau ohne die entsprechende Ausbildung zur Übersetzerin gemacht wird, erscheint eher zweifelhaft. Allerdings bringt Graziella gerade die nötige Leichtigkeit und ein gewisses Flair, ohne das der Roman manchmal etwas zu trocken geraten könnte. Der Anschlag auf die Diskothek Liverpool hat sich irgendwie nicht in die Erinnerung eingebrannt. Die Opfer haben da allerdings etwas Besseres verdient und dieses Bessere hat der Autor auf packende Art geliefert.

Veröffentlicht am 09.11.2020

Die Wasserkonferenz

Dunkle Wolken über Alberta
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Thumbs DreadfulWater hat es nach Chinook gezogen. In Kanada soll es ruhiger zugehen als in Kalifornien, wo er als Polizist den einen Fall hatte, mit dem er nicht fertig werden konnte. Von der Polizeiarbeit ...

Thumbs DreadfulWater hat es nach Chinook gezogen. In Kanada soll es ruhiger zugehen als in Kalifornien, wo er als Polizist den einen Fall hatte, mit dem er nicht fertig werden konnte. Von der Polizeiarbeit will er nichts mehr wissen und verdingt sich als Fotograf. Das hindert den örtlichen Sheriff allerdings nicht, Thumbs als kommissarischen Deputy anzuheuern. Zum einen ist kein anderer verfügbar und zum anderen hat Thumbs schließlich einschlägige Erfahrung. Und so wird Thumbs gegen seinen Willen in die Ermittlung um den Tod eines Unternehmers hineingezogen, der wegen der anstehenden Wasserkonferenz im Ort weilte.

Eigentlich ist Thumbs DreadfulWater vor seiner Vergangenheit geflohen. So ganz lässt sie ihn allerdings nicht los. Er trägt die Ermittlergene einfach in sich. Doch zu Beginn dieses Falls fühlt er sich garnicht wohl. Zwar erreicht er so langsam die Mitte des Lebens, aber ein Mann wird nicht krank und schon erst recht nicht geht er zum Arzt. Seine freundlichen Mitmenschen weisen ihn aber immer wieder auf die Möglichkeit hin, dass er sich doch mal untersuchen lassen kann. Und schließlich ist Beth, die Leichenbeschauerin, auch Ärztin. Da kann sie ihm nach der Obduktion doch gleich mal Blut abnehmen. Da gehen Thumbs dann doch die Argumente aus.

Dies ist der erste Band um den indigenen Ex-Polizisten Thumbs DreadfulWater, der auf Deutsch erschienen ist. Im englischen Original handelt es sich wohl bereits um den dritten Band. Da Thumbs eine Vorgeschichte hat, stellt sich die Frage, warum mit der Reihe nicht von vorne begonnen wird. Zum Verständnis der vorliegenden Geschichte ist dies glücklicherweise nicht notwendig, die vorhandenen Hinweise machen aber schon neugierig. Thumbs wirkt wie ein sympathischer, aber etwas paddeliger mittelalter Mann, der auch nicht richtig nein sagen kann. Vielleicht will er das insgeheim auch nicht. Mit seiner Art, nicht als Polizist zu arbeiten kommt er ganz gut durch und auch ganz gut an. Obwohl eine ganze Menge passiert wirkt die Handlung eher ruhig, aber auf eine positive Art. Gut vorstellbar, sich weitere Fälle über Thumbs DreadfulWater einzuverleiben.

Veröffentlicht am 08.11.2020

Mietindustrie

Kreuzberg Blues
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Im Stuttgart lässt es sich leben. Und doch nehmen Georg Dengler und seine Freundin Olga einen Auftrag in Berlin an. Eine Freundin von Olga hat sie um Hilfe gebeten. In ihrem Mietwohnblock werden die Wohnungen ...

Im Stuttgart lässt es sich leben. Und doch nehmen Georg Dengler und seine Freundin Olga einen Auftrag in Berlin an. Eine Freundin von Olga hat sie um Hilfe gebeten. In ihrem Mietwohnblock werden die Wohnungen ein ums andere Mal verkauft. Und die neuen Eigentümer versuchen entweder immer mehr Geld aus den Mietern herauszupressen oder die Mietbedingungen so zu verschlechtern, dass den Mietern kaum etwas anders übrig bleibt als zu kündigen. Entmietung nennt sich dieses perfide Spiel. Dengler will den Sumpf aus Wohnungskonzernen durchdringen. Und dann gibt es noch erste Meldungen, die sich von China aus über den ganzen Erdball verbreitet.

In Denglers zehntem Fall geht es ihm richtig gut. Mit Olga läuft alles prima und auch mit seiner Detektei konnte er ein paar lukrative Fälle bearbeiten. In Berlin, wo die Sozialwohnungen schon vor Jahren privatisiert wurden, herrschen im Wohnungssektor Investoren, denen es nur um Profit geht. Die Menschen, die Mieter, sind ihnen total egal. Die Mittel, zu denen sie greifen, um ihre Ziele zu erreichen, sind schon grausam zu nennen. Dengler beginnt quasi undercover zu ermitteln.
Er will die Wahrheit finden und den verzweifelten Mietern helfen. Diese neue Krankheit, von der aus Asien berichtet wird, scheint da erstmal bedeutungslos.

Wie niederträchtig diese Konzerne doch vorgehen, der Gewinn geht über alles. Es wird Geld eingesammelt, dass Rendite bringen soll. Man fragt sich, wie es Menschen vor sich selbst rechtfertigen können, jegliche Anständigkeit außer acht zu lassen. Sie sollten nicht nur dem Geld dienen, sondern auch den Menschen, denen sie die Mieten aus den Taschen ziehen. Unschuldig ist der Staat an der Situation allerdings nicht. Gerade hier wurde die staatlich geförderten Wohnungen für das schnelle Geld verhökert und muss nun zum Teil teuer zurückgekauft werden. Wie immer beschreibt Wolfgang Schorlau mitreißend und aufrüttelnd. Er versteht es, den Finger auf den Punkt zu legen. Sehr authentisch wirkt dabei, wie der Autor die aktuellen Entwicklungen in seinen Roman einbaut. Ein brisantes Thema gepaart mit aktuellen Entwicklungen - das ergibt ein packendes Buch, das sich zu lesen lohnt.

Veröffentlicht am 05.11.2020

Die schönste Stadt

Im schwarzen Wasser
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In einem der Becken der Gerber an der kleinen Alster findet der Lehrjunge Jakob, bei dem es sich gleichzeitig um den Sohn des Hauses handelt, eine männliche Leiche. Schnell müssen die Leichenfrau und Weddemeister ...

In einem der Becken der Gerber an der kleinen Alster findet der Lehrjunge Jakob, bei dem es sich gleichzeitig um den Sohn des Hauses handelt, eine männliche Leiche. Schnell müssen die Leichenfrau und Weddemeister Wagner herbeieilen, um den Toten zu untersuchen. Jacob kannte den Toten flüchtig. Dieser war ein junger Erfinder, über dessen Herkunft nicht viel bekannt war. Meunier war noch neu in Hamburg und dennoch hatte er schon einige Bekanntschaften geschlossen. Aber nichts hätte darauf hindeuten können, dass ihm jemand nach dem Leben trachtet. Auch die ehemalige Komödiantin Rosina, nun eine ehrbare und meist glückliche Ehefrau, beginnt sich zu fragen, wieso der junge Mann sterben musste.

Nach etlichen Jahren Pause ist die Komödiantin Rosina wieder da. Auf ruhigeren Wegen wandelt sie durch Hamburg. Mit ihrem Mann Magnus Vinstedt lebt sie in einem wohlhabenden Haus, das auch Platz für ihren Pflegesohn Tobi bietet. Doch so sehr verändert hat Rosina sich nicht. Noch immer treiben Wissbegier und Neugier sie an. Und die Sehnsucht mal wieder in die Ferne zu schweifen, ist nicht aus Rosinas Leben wegzudenken. Doch meist genießt Rosina ihr Leben in der Stadt, die sie so gut aufgenommen hat. Der Tod des jungen Meunier bringt einiges an Aufruhr und Rosina möchte herausfinden, was hinter der Tat steckt.

Mit ruhigen und genauen Beschreibungen über das Leben in Hamburg um das Jahr 1774 trifft die Autorin den richtigen Ton. Das führt beim Lesen zu einer gewissen Entschleunigung, was man durchaus genießen kann in der heutigen recht schnelllebigen Zeit. Hin und wieder nimmt dies ein wenig zu viel Raum ein und auch die diversen Handlungsstränge, denen es zu folgen gilt, lassen Rosina fast schon in den Hintergrund treten. Doch gerade wenn Rosina mit der ihr eigenen Frische und Neugier ins Geschehen eingreift, werden Erinnerungen an die junge Frau geweckt, die schon so manches Rätsel gelöst hat. Dennoch kommt Freude auf, wenn man durch Rosinas Hamburg wandelt.