Profilbild von wortmelodie

wortmelodie

Lesejury Profi
offline

wortmelodie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit wortmelodie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.07.2019

Eine mitreißende Nacherzählung

Das Labyrinth des Fauns
1

"Eine neue Geschichte von Cornelia Funke!", dachte ich und freute mich aufs Lesen. Spätestens nach der Hälfte des Buches und unzähligen Déjà-vus las ich mir dann den Klappentext erneut durch und stellte ...

"Eine neue Geschichte von Cornelia Funke!", dachte ich und freute mich aufs Lesen. Spätestens nach der Hälfte des Buches und unzähligen Déjà-vus las ich mir dann den Klappentext erneut durch und stellte fest: Was hier als "inspiriert von Guillermo del Toros grandiosem oscarprämierten Meisterwerk »Pans Labyrinth«" bezeichnet wird, ist im Grunde nichts anderes als eine reine Nacherzählung dieser Geschichte. Nach dieser Erkenntnis war ich zugegebenermaßen etwas enttäuscht - und trotzdem schmälerte es das Lesevergnügen nicht.

Denn wenn Cornelia Funke eins kann, dann Geschichten erzählen Schon die "Tintenwelt"-Trilogie fand ich toll und bereits nach den ersten Seiten von "Das Labyrinth des Fauns" zeigt sich wieder einmal Cornelia Funkes unglaublich toller und bildhafter Schreibstil. Jede ihrer Metaphern sitzt und das Buch ist atmosphärisch so dicht, dass ich manchmal geglaubt habe, mit Protagonistin Ofelia im Wald zu sein, die Blätter im Wind rauschen zu hören und die Gräser an meinen Beinen spüren zu können. Der Stil bewegt sich dabei irgendwo zwischen märchenhaft und grausam detailliert - und letzteres ist positiv gemeint!

Nun kann man - finde ich - Cornelia Funke kein Kompliment für die Charaktere oder die Handlung machen, da sie nicht aus ihrer Feder stammen, aber die Nacherzählung der Geschichte ist ihr wirklich meisterhaft gelungen. Wer bei Cornelia Funke jedoch direkt an Jugendbücher denkt, der sei gewarnt, dass "Das Labyrinth des Fauns" in meinen Augen nicht für unter 16-Jährige geeignet ist - hierfür sind brutale und ekelerregende Szenen zu detailliert beschrieben.

Wenn man sich im Vorhinein darüber bewusst ist, dass es sich hier um eine Nacherzählung von "Pans Labyrinth" handelt, ist das Buch eine tolle und mitreißend erzählte Geschichte, nicht nur für Fans.

Veröffentlicht am 23.05.2019

Für alle Frauen und Männer dieser Welt

Schamlos
1

Obwohl ich nicht zu einer Minderheit gehöre, hat mich "Schamlos" direkt angesprochen. Etwas über andere Kulturen und Religionen zu erfahren, finde ich spannend - und in einer multikulturellen Welt wie ...

Obwohl ich nicht zu einer Minderheit gehöre, hat mich "Schamlos" direkt angesprochen. Etwas über andere Kulturen und Religionen zu erfahren, finde ich spannend - und in einer multikulturellen Welt wie unserer auch wichtig. Ich muss gestehen, dass ich "Schamlos" zunächst für "ganz nett für zwischendurch" hielt und keine großen Erwartungen daran hatte, doch die drei Autorinnen haben mich wirklich überrascht.

Anschaulich, unterhaltsam und mit vielen Beispielen erzählen die drei jungen Frauen, wie sie ihre Kindheit und Jugend als Muslima erlebt haben, welche Werte in ihrer Religion und ihren Familien eine Rolle spielen und warum, und wie sie es geschafft haben, ihre eigene Freiheit zu finden und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich als "weiße Frau der Mittelschicht" habe beim Lesen gemerkt, wie ich plötzlich ein tieferes Verständnis für diese andere Kultur, die ja auch in Deutschland eine große Präsenz hat, entwickelt habe. Ich habe sogar gemerkt, dass ich nun anders durch die Straßen laufe, Mädchen und Frauen mit Kopftuch nun viel offener begegne, weil ich durch "Schamlos" das Gefühl bekommen habe, sie ein Stück weit mehr verstehen zu können.

Für aufgeklärte, emanzipierte Frauen wie mich ist es teils erschreckend zu lesen, wie das Leben in muslimischen Familien oft (aber bei weitem nicht immer!) aussieht und kann daher dem Klappentext nur zustimmen, dass dies ein mutiges Buch ist, das die drei Autorinnen hier herausgegeben haben. Ihrer Stimme Gehör zu verleihen, sich dafür einzusetzen, dass jede Muslima ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben führen DARF und SOLLTE, das erfordert viel Courage, insbesondere, wenn man noch so jung ist.

Daher war es für mich eine Offenbarung so unterschiedliche Geschichten zu lesen und auch unterschiedliche Perspektiven auf die Lebensrealität von Muslima zu bekommen. Wie die Autorinnen selbst auch schon schreiben, ist es eben nicht nur ein Buch für Muslima, sondern auch für Männer und Frauen aller anderen Kulturen und Religionen, die toleranter und offener gegenüber ihren Mitmenschen sein wollen. Bücher wie "Schamlos" können in unserer Gesellschaft etwas verändern.

Veröffentlicht am 14.05.2019

Ein "Ich will unbedingt weiterlesen"-Buch

Crazy Rich Asians
1

Meine Erwartungen an "Crazy Rich Asians" waren einigermaßen hoch, immerhin steht "der internationale Megaseller" groß auf dem Cover. Zugegebenermaßen glaubte ich nicht wirklich daran, dass meine Erwartungen ...

Meine Erwartungen an "Crazy Rich Asians" waren einigermaßen hoch, immerhin steht "der internationale Megaseller" groß auf dem Cover. Zugegebenermaßen glaubte ich nicht wirklich daran, dass meine Erwartungen auch erfüllt wurden - aber ich sollte mich täuschen.

Was hatte ich erwartet? Nun ja, zumindest ein besseres "Gossip Girl". Was ich bekam? Einen Roman, der mit genau der richtigen Portion Drama und jeder Menge Authentizität überzeugt. Wo man in "Gossip Girl" merkt, dass stark übertrieben wurde und die Welt der Reichen nicht wirklich so aussieht, denkt man beim Lesen von "Crazy Rich Asians" die ganze Zeit: Oh mein Gott, das ist alles so abgefahren, was hier gerade passiert, aber ich glaube mit jeder Faser meines Körpers, dass das genau so in der Welt der Superreichen abläuft. Man merkt einfach, dass hier ein Insider am Werk war, jemand, der sich in dieser Szene bestens auskennt - und zwar nicht nur, weil es unzählige asiatische Ausdrücke gibt, die mittels Fußnoten humorvoll erklärt werden, oder weil zig Luxusmarken genannt und Kleidungsstile beschrieben werden, mit denen nicht mal eine modebewusste Frau unbedingt etwas anfangen kann.

Der Schreibstil von Autor Kevin Kwan ist ebenso meisterhaft wie seine Recherche. Mühelos wechselt er zwischen zwei Absätzen die Erzählperspektive, ohne den Leser dabei ein einziges Mal zu verlieren. Und das ist allein deshalb schon eine Kunst, weil so viele Charaktere im Buch auftauchen, dass man leicht den Überblick verlieren könnte. Das passiert jedoch - auch dank des übersichtlichen und ebenfalls humorvoll gestalteten Stammbaums - nicht. Und das, obwohl ich zugeben muss, normalerweise mit zu vielen Personen gerne mal durcheinander zu kommen, gerade, wenn es sich nicht unbedingt um westliche Namen handelt.

Das, was "Crazy Rich Asians" für mich zu einem "Ich will unbedingt weiterlesen"-Buch gemacht hat, war die subtile Spannung, die sich von Seite zu Seite steigert und das Erahnen dieses bösen Showdowns, der dann auch kommt, sich aber nahtlos einfügt und keinesfalls überdramatisiert wirkt. Wer auf Intrigen und Familiengeheimnisse steht, kommt hier ganz sicher auf seine Kosten.
Auch die Charaktere sind so anschaulich beschrieben, dass sie sofort authentisch wirken und man selbst denjenigen Charakteren gern folgt, deren Ansichten und Werte man absolut nicht teilt.

Ich habe keinerlei Kritikpunkte an "Crazy Rich Asians", weshalb ich das Buch uneingeschränkt all jenen empfehlen möchte, die einen authentischen Blick in die Welt der Superreichen werfen und die feine Ironie genießen möchten, mit der Kevin Kwan seine Geschichte erzählt.

Veröffentlicht am 04.01.2019

Wieder einmal ein absolutes Highlight

Revenge. Sternensturm (Revenge 1)
1

Endlich!
Nach Harry Potter war die Obsidian-Reihe nach langer Zeit mal wieder eine Fantasy-Serie, die mich richtig gepackt hat und nach Band 5 war ich traurig, nicht noch mehr aus dieser Welt lesen zu ...

Endlich!
Nach Harry Potter war die Obsidian-Reihe nach langer Zeit mal wieder eine Fantasy-Serie, die mich richtig gepackt hat und nach Band 5 war ich traurig, nicht noch mehr aus dieser Welt lesen zu können. Umso aufgeregter war ich als ich erfuhr, dass es mit "Revenge" eine Spin-Off-Reihe geben wird, an die ich große Erwartungen hatte.

Und um das schon mal vorweg zu nehmen: Die Erwartungen wurden erfüllt und übertroffen! Wieder einmal schafft es Jennifer L. Armentrout mühelos, uns in die Welt der Aliens mitzunehmen und diesmal eine romantische, dramatische und spannende Liebesgeschichte rund um Luc und Evie zu kreieren, die einen ab Seite 1 abholt, mitreißt und nicht mehr loslässt. Natürlich treffen wir dabei alte Bekannte, aber auch viele neue spannende und überraschende Charaktere.

Die Handlung ist einige Jahre nach "Obsidian" angesiedelt und birgt einige spannende Entwicklungen, die seither passiert sind. Ich war wirklich fasziniert mit welcher Logik und Liebe zum Detail die Autorin hier herangegangen ist und eine Welt geschaffen hat, die in sich völlig stimmig und nachvollziehbar ist. Aber auch die Geschichte von Evie und Luc ist toll ausgearbeitet, schreitet genau im richtigen Tempo voran und trifft einfach genau den richtigen Ton und den schmalen Grat zwischen "zu kitschig" und "zu neutral". Kurz gesagt: Es macht einfach wieder unglaublich Spaß, der Geschichte zu folgen, die Zeilen rauschen nur so an einem vorbei und lassen einen nach der letzten Seite sehnsüchtig auf mehr warten.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Leider etwas enttäuscht

Vox
1

Eine Welt, in der Frauen nur 100 Wörter am Tag sprechen dürfen – was ist das für eine Welt? Wie kann es dazu kommen? Diese Fragen waren es, die mich dazu verleitet haben, ebenfalls mal in diesen Roman ...

Eine Welt, in der Frauen nur 100 Wörter am Tag sprechen dürfen – was ist das für eine Welt? Wie kann es dazu kommen? Diese Fragen waren es, die mich dazu verleitet haben, ebenfalls mal in diesen Roman zu schauen, der gerade in aller Munde ist. Und vielleicht war es genau dieser Hype ums Buch, der meine Erwartungen etwas zu hochgeschraubt hat, denn ich wurde leider beim Lesen etwas enttäuscht.

Aber erstmal zu den positiven Punkten: Antworten auf meine Ausgangsfragen habe ich gefunden und war erschrocken darüber, wie einfach gerade die Antwort auf „Wie kann es dazu kommen?“ ausfiel – und wie realistisch. Die Welt, die Autorin Christina Dalcher hier erschaffen hat, ist unserer nicht besonders fern, genau genommen kann es jederzeit so kommen, wenn wir nicht aufpassen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Jean, eine Mutter von vier Kindern und natürlich – wie alle Frauen – mit dem Wortzähler ausgestattet, der genau darauf achtet, dass sie auch ja die 100 Wörter am Tag nicht überschreitet. Es ist ein irgendwie beklemmendes Gefühl, ihr durch die Geschichte zu folgen, denn wir bekommen mit, wie oft sie sich zurückhalten, zensieren muss, wie oft sie wegen ihrer begrenzten Wortzahl nicht die Mutter sein kann, die sie sein möchte. Ich bin Jean gerne durch ihr Leben gefolgt, habe ihren Geheimnissen gelauscht und die Welt aus ihren Augen gesehen, aber…

Ja und hier kommt das Aber: Jean schweift sehr oft in die Vergangenheit ab, erinnert sich an frühere Geschehnisse, was einerseits richtig und wichtig ist, weil wir so erfahren, wie es überhaupt zu dieser neuen Gesellschaft kommen konnte, die wir da präsentiert bekommen – andererseits aber nicht immer relevant für die Geschichte ist und somit für mich die Spannung gebremst hat.

Das Thema Spannung ist auch mein größter Kritikpunkt, denn für mich blieb das Buch bis auf das letzte Drittel leider relativ zäh. Im letzten Drittel tauchte dann nochmal eine überraschende Wendung auf, die mir richtig gut gefiel (und ich aus Spoiler-Gründen gerade nicht nennen kann), die ich mir aber für das erste Drittel des Buchs gewünscht hätte.

Somit bleibt für mich leider nur das Fazit, dass es ein durchaus spannendes und nachdenklich stimmendes Szenario ist, das Christine Dalcher hier entwirft, jedoch die Umsetzung für mich aufgrund fehlender Spannung nicht ganz gelungen ist.