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Veröffentlicht am 09.03.2020

solider Erstling

Wie viele willst du töten
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„Wie viele willst du töten“ ist der Erstling von Joanna Schaffhausen; trotz des deutsch klingenden Namens eine US-Amerikanerin. Die Geschichte spielt in Massachusetts. Ein angenehm kurzer, knapper Prolog ...

„Wie viele willst du töten“ ist der Erstling von Joanna Schaffhausen; trotz des deutsch klingenden Namens eine US-Amerikanerin. Die Geschichte spielt in Massachusetts. Ein angenehm kurzer, knapper Prolog lässt den Leser erahnen, was der Hauptdarstellerin, Ellery Hathaway vor 14 Jahren widerfahren ist, als sie von einem Psychopathen gefangen gehalten wurde. Hier setzt auch bereits einer meiner kleinen Kritikpunkte an, denn irgendwie kann ich es mir nicht vorstellen, dass man nach so einem traumatischen Erlebnis – und ganz ist sie noch nicht darüber hinweg – ausgerechnet Polizistin wird. Dies ist aber ja eine gängige Struktur in vielen Thrillern. Also habe ich es mal so hingenommen. Und sie bekommt auch noch jährlich seltsame Geburtstagskarten. Die Vermutung, dass ein Trittbrettfahrer unterwegs ist, liegt nahe. Als zum dritten Mal eine Person verschwindet, die Ellery kennt, holt sie sich erneut Hilfe beim FBI, welches sie damals auch befreite. Agent Reed Markham ist ein sperriger Charakter. Einer, der sich nicht alleine auf seine Gefühle verlässt, sondern immer auf der Suche nach handfesten Beweisen ist. So glaubt er Ellery auch erst nicht, dass die Karten und die Verschwundenen zusammenhängen.
Man merkt, dass die Autorin Psychologie studiert hat. Das wirkt sich durchaus positiv auf die Story aus, die die ein oder andere Wendung parat hat und trotz eines Täters, der sich im letzten Drittel auch für den Leser deutlich abzeichnet, eine große Portion Spannung bis zum Ende aufrecht erhalten kann. Das Buch liest sich flott und man fiebert durchaus mit der Heldin mit.

Sieht man mal von der Ausgangssituation ab – persönlich betroffene und psychologisch angeknackste Ermittlerin, der keiner so recht glauben will – dann kann ich den Roman durchaus empfehlen. Ich mochte es auch, dass die Autorin nicht zu sehr in die Trickkiste griff, um den Mörder zu verbergen oder sein Motiv hochzuschaukeln. Alles noch im Bereich des realistischen.

Veröffentlicht am 24.02.2020

rote Kreuze

Rote Kreuze
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Alexander zieht in eine neue Wohnung. Schon am ersten Tag lernt er seine über 90-jährige Nachbarin Tatjana kennen. Diese leidet an beginnender Demenz und dem zum Trotz erzählt sie dem neuen Hausbewohner ...

Alexander zieht in eine neue Wohnung. Schon am ersten Tag lernt er seine über 90-jährige Nachbarin Tatjana kennen. Diese leidet an beginnender Demenz und dem zum Trotz erzählt sie dem neuen Hausbewohner ihre Lebensgeschichte. Vielleicht, damit sie nicht in Vergessenheit gerät. Um sie sich selber wieder ins Gedächtnis zu rufen aber auch um einen Menschen in ihrem Umfeld zu haben, der sie kennt.

Die russischen Autoren sind ja eigentlich eher für ihre ausschweifenden wortgewaltigen Geschichten bekannt. Und das ist mir oft zu langatmig. Aber hier hätten mir mehr Erklärungen und Beschreibungen gut getan. Dazu noch etwas mehr belletristische Erzählung und nicht so kühle hölzerne Dialoge. Dann wäre bei mir vielleicht mehr Gefühl aufgekommen für die zwei Erzähler, die durchaus dramatische Erlebnisse zu verarbeiten haben.

Tatsächlich kamen mir aber Tatjana und Sascha emotional nie wirklich nahe und die politischen Umbrüche der russischen Nation werden schablonenhaft angerissen und mit den harten Geschehnissen der Kriege vermischt, ohne allerdings in die Tiefe zu gehen oder sich für das ein oder andere etwas Zeit und Muße zu lassen.

Leider konnte Sascha Filipenko mich nicht abholen mit seinem Erzählstil. Es hat mir einfach etwas gefehlt.

Veröffentlicht am 24.02.2020

schöner Schmöker

Raffael - Das Lächeln der Madonna
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Bei einem Roman über den Maler Raffael Sanzio hat man natürlich ganz bestimmte Erwartungen. Vor allem als versierte Histo-Leserin möchte ich bei so einer Geschichte nicht nur über den Menschen und Maler ...

Bei einem Roman über den Maler Raffael Sanzio hat man natürlich ganz bestimmte Erwartungen. Vor allem als versierte Histo-Leserin möchte ich bei so einer Geschichte nicht nur über den Menschen und Maler etwas erfahren, sondern auch über die geschichtlichen Fakten. Weil es mich interessiert aber auch, weil das Schaffen der Künstler durch die Zeit und die damalige Epoche beeinflusst waren und man viele Kunstwerke nur versteht, wenn man den gesellschaftspolitischen Hintergrund kennt. Hier hat mich der Roman auch wirklich abgeholt. Raffaels Kunst und die Zeit, in der er lebte und arbeitete, werden sehr gut beschrieben und gründlich beleuchtet. Der Umfang des Buches ist dem Anspruch und der relativ langen Zeitspanne, um die es geht, angemessen.

Etwas intensiver hätte ich mir die private Geschichte gewünscht. Die, die den Leser berührt und bei der er wirklich emotional mitfiebert. Da waren mir die Protagonisten manchmal etwas fremd und blass. Und vielleicht auch der Raum etwas zu gering, den der Autor Raffael in seiner Geschichte eingeräumt hat.

Ein schöner historischer Roman, der Lust auf mehr von Noah Martin macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.02.2020

nicht ganz überzeugend

Ein wenig Glaube
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„Ein wenig Glaube“ von Nicholas Butler war mein erstes Buch dieses Autors. Erzählt wir aus der Sicht des 60jährigen Lyle, der mit Ehefrau Peg im ländlichen Wisconsin lebt. Hier geht alles seinen ruhigen ...

„Ein wenig Glaube“ von Nicholas Butler war mein erstes Buch dieses Autors. Erzählt wir aus der Sicht des 60jährigen Lyle, der mit Ehefrau Peg im ländlichen Wisconsin lebt. Hier geht alles seinen ruhigen und geregelten Ganz, wozu durchaus auch der Sonntägliche Kirchgang gehört. Das erinnerte mich sehr an meine eigene Jugend, in der auch ich auf einem Bauernhof aufwuchs und der Glaube in der Dorfgemeinschaft eine feste Größe war. Das Ehepaar nimmt die Stieftochter Shilow mit ihrem kleinen Sohn Isaak bei sich auf und freut sich darüber, die beiden wieder so nahe bei sich zu haben. Die leidenschaftlichen Großeltern verbringen so viel Zeit wie möglich mit ihrem Enkel und alles könnte so schön sein, wenn nicht Shilow immer mehr in den Bann einer radikalen Glaubensgemeinschaft und deren Priester geraten würde und wenn nicht immer mehr Lyle den Eindruck gewinnen würde, dass sein kleiner Enkelsohn in psychische Gefahr geraten würde.

Mir hat gefallen, wie das einfach Leben auf der Farm und in der kleinen Stadt beschrieben wird. Man spürt die Ruhe und die Kraft, die Lyle aus seiner Arbeit mit den Apfelbäumen und dem geregelten Familienleben zieht. Umso deutlicher wird bald, wie der fanatischer werdende Glaube der Stieftochter ihn aus dem Tritt bringt und er sich und seine Familie bedroht fühlt. So sehr er sich anfangs auch zurückhält, weil er weder der erwachsenen Shilow in die Erziehung reinreden noch sich in ihren Glauben einmischen will, so muss er doch irgendwann Stellung beziehen. Die kleine einst glückliche Familie steht plötzlich vor einem Abgrund und das innere Dilemma von Lyle wird sehr genau und nahbar beschrieben.

Dennoch hat mich das Buch nicht ganz überzeugt. Es mangelt über weite Strecken an Tempo und auch an neuen Aspekten in der Geschichte. Auch das Ende ist etwas dünn. Ich hatte das Gefühl, der Autor und auch Lyle scheuen davor zurück, wirklich Nägel mit Köpfen zu machen und ihre Meinung zu sagen und auch zu vertreten und darum zu kämpfen. Dadurch schwimmt der Plot oft etwas verwässert dahin. Mich störte auch, dass Shilows Sichtweise nicht richtig rüberkommt und sie von Anfang an unsympathisch und negativ dargestellt wird, wodurch man auch ohne ihre Glaubens-Kapriolen schon gegen sie eingestellt ist.

Ein interessantes sicher schwieriges Thema welches ich mir etwas anderes aufbereitet gewünscht hätte.

Veröffentlicht am 11.02.2020

still aber hoffnungsvoll

Nach Mattias
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Keine Angst. Auch wenn der Klappentext sagt, dass es hier um Tod und Trauerbewältigung geht, so ist es doch kein wirklich trauriges Buch. Vielmehr ist es ein Rückblick auf einen geliebten jungen Menschen ...

Keine Angst. Auch wenn der Klappentext sagt, dass es hier um Tod und Trauerbewältigung geht, so ist es doch kein wirklich trauriges Buch. Vielmehr ist es ein Rückblick auf einen geliebten jungen Menschen aus der Perspektive von neun ihm nahe stehenden Menschen. Und es ist ein Blick auf darauf, dass trotz aller Trauer und trotz des erlittenen Verlustes das Leben sich schnell wieder Bahn bricht und man lernt, mit dem Geschehenen umzugehen. Das tut jeder auf seine Weise. Das geht bei jedem in unterschiedlichem Tempo und es ist nicht immer leicht. Aber gerade die Erinnerung an Matthias ist es, die den Blick nach Vorne wieder ins Positive ausrichtet. Diese Verarbeitung durchzieht alle Geschichten mal mehr mal weniger. Die Sprache ist eindringlich und sanft zugleich.

Das Büchlein ist schmal und doch gehaltvoll. Das Cover gibt sehr gut die Stimmung des Buches wieder. Still aber hoffnungsvoll. Ein Buch der leisen intensiven Töne. Mir hat es gefallen.