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Veröffentlicht am 20.07.2022

In den Marschen

Diese ganzen belanglosen Wunder
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Wer den Ingeborg Bachmannwettbewerb dieses Jahr gesehen hat, kennt schon einen Auszug aus dem Roman.

Der 12jährige Junge Zeno lebt mit seiner Mutter, die aber seit 30 Tagen verschwunden ist, in einer ...

Wer den Ingeborg Bachmannwettbewerb dieses Jahr gesehen hat, kennt schon einen Auszug aus dem Roman.

Der 12jährige Junge Zeno lebt mit seiner Mutter, die aber seit 30 Tagen verschwunden ist, in einer Saline in den Marschen. Es ist ein ungewöhmliches Setting im Marschland. Das ermöglicht kraftvolle Naturbeschreibungen, auch wenn das Ökosystem gestört ist und immer mehr Tierarten aussterben.

Im zweiten Teil des Buches gibt es einen erzählperspektischen Wandel und mit Katt gibt es eine neue Erzählstimme.

Kennzeichnend für den Roman ist eine glasklare, harte Sprache mit schillernen Sätzen.
Teilweise ist es überzogen, zu viele Vergleiche, die zu weit hergeholt sind.
Dann gibt es aber auch viele gute Sätze, die zu überraschen vermögen.
Es ist ein ungewöhnlicher Roman. Begrüßenswert, wenn AutorInnen etwas wagen und die Sprache zur eigentlichen Hauptfigur machen.

Veröffentlicht am 20.07.2022

Tonspuren: Erinnerungen an eine Jugend

Tonspuren
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Die britische Dichterin Lavinia Greenlaw schreibt in diesem Buch von ihren Erinnerungen an ihre Jugend.
Es ist eine Kindheit und Aufwachsen in den sechziger und siebziger Jahren in Londoin, später in Essex.
Leitmotiv ...

Die britische Dichterin Lavinia Greenlaw schreibt in diesem Buch von ihren Erinnerungen an ihre Jugend.
Es ist eine Kindheit und Aufwachsen in den sechziger und siebziger Jahren in Londoin, später in Essex.
Leitmotiv dieses autobiografischen Textes sind Tanz und Musik. Daher hat auch der Text gro0e Musikalität.
Lavinia ist schon als Kind sehr aufnahmefähig und phantasiebegabt. Wenn die Autorin es schafft, das auszudrücken, entstehen die stärksten Passagen.
Manche autobiograisch geschilderte Abschnitte sind auch nicht so außergewöhnlich. Dann konnte mich das Buch weniger packen..

Führend ist die Musik dieser Zeit, besonders in den siebzigern. Lavinia Greenlaw verdeutlicht die Wirkung der Songs auf ihr Leben.
Der Originaltitel The Importance of Music to Girls ist vielleicht besser als der etwas banale deutsche.

Veröffentlicht am 19.07.2022

Reisen mit leichtem Gepäck: 12 Erzählungen

Reisen mit leichtem Gepäck
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Tove Jannson, die Autorin von Briefe an Klara, ist eine kluge und geschickte Autorin, wie sie in diesem erzählungsband beweist.
Man erfährt in den Geschichten viel von den Menschen.

Schon die erste Geschichte ...


Tove Jannson, die Autorin von Briefe an Klara, ist eine kluge und geschickte Autorin, wie sie in diesem erzählungsband beweist.
Man erfährt in den Geschichten viel von den Menschen.

Schon die erste Geschichte ist großartig und anrührend. Ein 13jähriges Mädchen aus Japan schreibt Briefe und Gedichte an die bewunderte Autorin.
Darin erfährt man von ihren Sehnsüchten und Träumen, sieht aber allmählich auch eine Entwicklung zum Erwachsenwerden.

Tove Jansson braucht nicht viele Wörter, um sehr viel auszudrücken.
Die nachfolgenden Geschichten sind mehr erzählerisch ausgestaltet. Herausheben möchte ich die Titelgeschichte.
Ebenfalls erwähnenswert ist die kurze, aber eindringliche Erzählung Der "ald.
Meine Lieblingserzählung ist Der Lustgarten, mit einem spanischen Bergorf westlich von Alicante als Schauplatz und einer eindrucksvollen Protagonistin.

Tove Janssen ermöglicht ihren Lesern das Gefühl, mit auf Reisen zu gehen.

Veröffentlicht am 19.07.2022

Elkes Sinnsuche

Die Ewigkeit ist ein guter Ort
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Die Ewigkeit ist ein guter Ort ist ein Roman im Umfeld von Kirche und Glauben, aber es ist an keiner Stelle Erbauungsliteratur sondern es ist ein ehrlicher Roman um den Weg einer Frau.


Die niederländisch-deutsche ...


Die Ewigkeit ist ein guter Ort ist ein Roman im Umfeld von Kirche und Glauben, aber es ist an keiner Stelle Erbauungsliteratur sondern es ist ein ehrlicher Roman um den Weg einer Frau.


Die niederländisch-deutsche Schriftstellerin und Filmemacherin Tamar Noort hat ihren Roman gut verfasst und findet einige ausgezeichnete Formulierungen um den emotionalen Zustand der Hauptfigur darzustellen.

Elke ist in eine Lebenskrise geraten. Sie gerät als angehende Pastorin auch in eine Glaubenskrise, es fallen ihr sogar Worte von Gebeten nicht mehr ein.

Ihre Stelle als Seelsorgerin kann sie nicht mehr ausfüllen, mit ihrem Freund Jan versteht sie sich auch nicht mehr so gut und ob sie als Nachfolgerin ihres Herzkranken Vaters,,der Pastor ist, taugt, weiß sie nicht.

Diese Orientierungslosigkeit verdeutlicht die Autorin anhand zahlreichen Szenen, die Elke immer mehr zweifeln lassen.


Als Leser versucht man Elke und ihre Situation zu verstehen. Da ist zum Beispiel die Leerstelle in der Familie. Ihr Bruder ertrank vor langer Zeit.

Da der Roman Elkes Sinnsuche als Prozess zeigt, wird ein Verstehen auch möglich und das Buch konnte mich wirklich überzeugen.

Veröffentlicht am 19.07.2022

autobiografisch geprägte Literatur

Eine Feder auf dem Atem Gottes
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Die US-amerikanische Autorin Sigrid Nunez hat schon viele bemerkenswerte Bücher geschrieben (z.B. Der Freund, Sempre Susan).
Daher bin ich froh, dass nun auch ihr erstes Buch von 1995 in Deutsch neu aufgelegt ...

Die US-amerikanische Autorin Sigrid Nunez hat schon viele bemerkenswerte Bücher geschrieben (z.B. Der Freund, Sempre Susan).
Daher bin ich froh, dass nun auch ihr erstes Buch von 1995 in Deutsch neu aufgelegt wurde. Es ist ein sehr autobiografisches Buch.

Darin erzählt Nunez von ihrer Herkunft, von ihren Eltern. Ihr Vater war in Panama geboren und Chinese, ihre Mutter war Deutsche.
Zusammen gingen sie in die USA. Doch die Herkunft prägt die Familie und ihr Leben in den USA.


Das erste, relativ kurze Kapitel ist dem Vater gewidmet. Es ist ein Porträt mit Lücken, da der Vater ein schweigsamer, zurückhaltender Mensch war.

Der zweite Teil gehört der Mutter und aufgrund deren charakterlichen Veranlagung wird das Buch wesentlich lebhafter.

Immer hat die Mutter eine Sehnsucht nach Deutschland behalten.


Beide Elternporträts halte ich für überaus ehrlich und von außerordentlich starker Wirkung.


Dann beschreibt Nunez ihre eigene Kindheit. Da die beiden ersten Teile so stark waren, verblasst dieser Abschnitt im Vergleich ein wenig.

Im vierten, wieder interessanteren Teil geht es um Vadim, einen russischen Mann, in den Sigrid sich verliebt hat.
Mit ihm wird eine weitere Immigrationsgeschichte geschrieben.


Eine Feder auf dem Atem Gottes ist zwar autobiografisch, aber es ist auch ganz klar Literatur und ich bin froh, es gelesen zu haben.