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Veröffentlicht am 02.10.2019

Norwegischer Familien- und Gesellschaftsroman

Segen der Erde
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Von Knut Hamsun halte ich einige seiner Romane für zeitlos grandios: Pan, Hunger, Gedämpftes Saitenspiel, Mysterien.
An sein berühmtes Buch Segen der Erde von 1917 hatte ich mich lange nicht ran getraut, ...

Von Knut Hamsun halte ich einige seiner Romane für zeitlos grandios: Pan, Hunger, Gedämpftes Saitenspiel, Mysterien.
An sein berühmtes Buch Segen der Erde von 1917 hatte ich mich lange nicht ran getraut, aber jetzt ist es neu veröffentlicht. Die sicher zu Recht viel gelobte Übersetzung ist von Alken Bruns.

Meine früheren Vorbehalte speisten sich größtenteils aus dem Titel, der Blut-und-Boden-Ideologie mit Ideologisierung des Bauernlebens befürchten lässt, aber das trifft nicht zu und beim Lesen denkt man an so was sicher nicht. Leider deuteten es die Nationalsozialisten damals in ihrem Sinne.
Hamsuns Text bricht eigentlich mit diesen Erwartungen und der Text hat romantisierende wie gebrochene Passagen über das Bauernleben.

Zur Handlung: In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Der bisher herumwandernde Isak beginnt, sich in der norwegischen Wildnis eine Heimat zu schaffen. Er baut sich erst eine Hütte, später ein Haus, züchtet Vieh und bepflanzt das Land. Dann kommt Inger. Gemeinsam leben sie, bekommen Kinder und bewirtschaften dass Land erfolgreich.
Es gibt auch Rückschläge, wie Missernten und schließlich eine mehrjährige, unfreiwillig Trennung.
Doch dann kommen sie wieder zusammen und alles entwickelt sich weiter, auch der Ort, inzwischen Sellanra genannt, wächst. Das wird von Hamsun in einer klaren kontinuierlichen Art dargestellt.

Erwähnenswert auch das Nachwort des Literaturkrikers Peter Urban-Halle, ein Kenner skandinavischer Literatur, der u.a. über den Umgang mit Hamsun in Verehrung und Analyse spricht.

Der Roman hat eine wuchtige Wirkung und versteht es, den Leser zu fesseln. Es wird nie langweilig. Wer gerne einmal ein wichtiges Buch der Weltliteratur lesen möchte, ist bei diesem Klassiker richtig.

Veröffentlicht am 02.10.2019

mehr als gelungen

Kühn hat Hunger
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Jan Weilers Kühn-Romane lassen sich gut lesen und erfreulicherweise gelingt es dem Autor das Niveau zu halten. Kühn hat Hunger hat mir genauso gut gefallen wie die beiden Vorgängerromane.
Weiler hat sich ...

Jan Weilers Kühn-Romane lassen sich gut lesen und erfreulicherweise gelingt es dem Autor das Niveau zu halten. Kühn hat Hunger hat mir genauso gut gefallen wie die beiden Vorgängerromane.
Weiler hat sich auch wieder etwas originelles einfallen lassen und lässt die Kriminalhandlung in eine gesellschaftliche Klammer fügen. Kühns Familienprobleme, seine Wunsch abzunehmen und Konflikte mit Kollegen spielen eine genauso wichtige Rolle wie die Ermittlung in einem Mordfall an einer jungen Frau. Damit ist es mehr als ein Krimi, da die gesellschaftliche Thematik wichtiger ist.
Die meiste Zeit wird aus Kühns Gedanken heraus erzählt. Er ist Kommissar, und so genial er bei Verhören und Ermittlung ist, so ist er ein Tropf was die persönlichen Probleme angeht. Das ist überwiegend amüsant zu lesen, obwohl man sich besonders als männlicher Leser gelegentlich selbst vergleicht.
Ich mag die Ironie von Jan Weiler.

Stilistisch gefällt mir auch, dass es dem Autor gelingt, tiefe Einblicke in die Figuren zu gewähren, zum Beispiel auch in den jungen Polizisten Sebastian Pflug, ein labiler Typ, der an der Tötung des Opfers beteiligt ist.

Der Roman bietet ernste Passagen und welche mit umwerfender Komik, sowie milder Spott auf menschliche Schwächen und einem kompakten Plot. Das alles ist mehr als gelungen!

Veröffentlicht am 02.10.2019

Für Iny Lorentz-Leser dürfte dieses Buch bereichernd sein.

Die Wanderschriftsteller
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Iny Lorentz haben in diesem Buch ihre Recherchereisen zu ihren Romanen thematisiert. Nebenbei werden auch ein paar bemerkenswerte Dinge aus ihrem Leben und zur literarischen Arbeit verraten.
Einiges ist ...

Iny Lorentz haben in diesem Buch ihre Recherchereisen zu ihren Romanen thematisiert. Nebenbei werden auch ein paar bemerkenswerte Dinge aus ihrem Leben und zur literarischen Arbeit verraten.
Einiges ist fast verblüffend, denn es ist letztlich dem Druck der Verlage zuzuschreiben, dass Iny Lorentz so viel und so schnell schreiben mussten, um überhaupt veröffentlicht zu werden. Auch ist es der Verlag, der auf Fortsetzungen zu Iny Lorentz größten Erfolg Die Wanderhure drängte.
Wären Iny Lorentz unabhängiger gewesen, würde ihr Werk vielleicht weniger gehetzt wirken. Andererseits wussten die Autoren natürlich, auf was sie sich einlassen und haben den Weg bewusst gewählt.

Erstaunlich, wie sehr die Autoren als eine Einheit schreiben.

Interessant, wie die Reisen von Iny Lorentz gebraucht wurden, um sie zu inspirieren. Mit ihrem Wohnwagen bewältigten sie wohl so einige tausende Kilometer. Eine ganz schöne Leistung.
Dem Buch sind einige Fotos beigefügt, um Eindrücke zu vermitteln. Außerdem sind die Buchcover abgebildet.

Veröffentlicht am 01.10.2019

Talentiert, stark, aber auch verletzlich

Poet X
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Poet X ist ein wunderbares Jugendbuch, dass viel über das Leben einer Familie in Harlem erzählt.
Sie stammen aus der dominikanischen Republik und hatten es anfangs nicht leicht.
Zentrale Hauptfigur ist ...

Poet X ist ein wunderbares Jugendbuch, dass viel über das Leben einer Familie in Harlem erzählt.
Sie stammen aus der dominikanischen Republik und hatten es anfangs nicht leicht.
Zentrale Hauptfigur ist die 15jährige Xiomara, ein eigensinniger Teenager, die anfängt gegen die starre, einschränkende Erziehung und strenge Religion ihrer Mutter zu rebellieren. Sie hat einen Zwilling, ein sensibler Junge und ihre beste Freundin Carida sowie Aman, ein Junge, den sie in der Schule kennen lernt.
Fasziniert ist sie von Worten und Gedichten, die sie in einem Notizbuch verfasst, aber bis sie sich traut an einem Poetry Slam teilzunehmen, dauert es noch. Erst muss sie mit den Konflikten in der Schule und mit der Mutter fertig werden. Xiomara ist talentiert, stark, aber auch verletzlich.

Die Form des Buches ist an Poetry Slam-Texten angelehnt, dennoch sehr gut und leicht lesbar. Mich überzeugt dieser Stil. Elizabeth Acevedo, die auch dominikanische Wurzeln hat, kann wirklich schreiben. Ich bin gespannt, ob weitere Bücher von ihr in deutscher Übersetzung folgen werden.

Veröffentlicht am 30.09.2019

Geiselnahme ohne Drive

Hotel Cartagena
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Hotel Cartagena ist ein Triller angesiedelt in Hamburg.
Es verwundert nicht, dass die Staatsanwältin Chastity Riley so kaltschnäuzig und cooll ist. Schließlich ist auch die Autorin Simone Buchholz, die ...

Hotel Cartagena ist ein Triller angesiedelt in Hamburg.
Es verwundert nicht, dass die Staatsanwältin Chastity Riley so kaltschnäuzig und cooll ist. Schließlich ist auch die Autorin Simone Buchholz, die ich letztes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse sah, abgeklärt und ironisch. Das überträgt sich beim Lesen.

Bei dem Plot hingegen bleiben leichte Zweifel. Weder begeistern mich das viele Springen zwischen den Zeiten noch überzeugt mich die Geiselnahme. Das Gefühl der Beklemmung fehlt. Chas mentalen Zustand kann ich nicht so ganz nachvollziehen, vielleicht muss man aber auch die Vorgängerroman gelesen haben, um die Figur ganz zu greifen.
Dennoch entwickelt sich die Situation. Schließlich wird es aber zu verspielt.
Kein schlechtes Buch, aber so richtig hat es mich nicht überzeugt.