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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.05.2021

Eine leidenschaftliche Erzählstimme

Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern
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James Joyce Meisterwerk Ulysses machte auch Nora, das Vorbild der Molly Bloom, bekannt. Dieser Roman wird aus ihrer Sicht erzählt und bildet ein vielschichtigeres Porträt der Frau.
1884 wurde Nora in Irland ...

James Joyce Meisterwerk Ulysses machte auch Nora, das Vorbild der Molly Bloom, bekannt. Dieser Roman wird aus ihrer Sicht erzählt und bildet ein vielschichtigeres Porträt der Frau.
1884 wurde Nora in Irland geboren, wo sie bis zum Alter von 20 lebte. Schon als junge Frau ist sie sehr in Jim (James Joyce) verliebt.
1904 setzt dann die Handlung ein. Gemeinsam verlassen sie Irland Richtung Europa. Triest, Rom und Zürich werden wichtige Stationen.
Es ist eine wilde Ehe, die auch Bestand hat, als sie Kinder bekommen.
Aber es ist auch keine einfache Beziehung. Jims Trinkerei, seine Augenprobleme, wenig Geld und viel Streitigkeiten.

Nuala O’Connor schafft wirklich eine Erzählstimme für ihre Protagonistin, bei der man immer nah dran ist und alle Stimmungen und Emotionen nachvollziehen kann. Dadurch wird es mehr als nur eine typische Romanbiografie, wie es sie zur Zeit viele gibt.

Ich denke schon, dass man auch ein wenig von James Joyce kennen sollte, um viel von dem Buch zu haben. Aber grundsätzlich funktioniert die Geschichte auch ohne Vorkenntnisse, denn die Gefühle beim Auswandern und der Liebe sind wahrscheinlich universal.

Veröffentlicht am 26.05.2021

Ein Roman im Künstlermilieu

Die Bildhauerin
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Die Bildhauerin erzählt von der Künstlerin Camille Claudel. Bücher, die sich im Künstlermilieu abspielen, mag ich sehr und zum Glück gibt es hier tatsächlich einige Beschreibungen von den künstlerischen ...

Die Bildhauerin erzählt von der Künstlerin Camille Claudel. Bücher, die sich im Künstlermilieu abspielen, mag ich sehr und zum Glück gibt es hier tatsächlich einige Beschreibungen von den künstlerischen Tätigkeiten.

Es ist anfangs 1881 und Camille ist 17. Schon zu Anfang begegnet sie durch Zufall Claude Debussy. Später wiederholen sich ihre Begegnungen. Diese Kurzepisode mit Debussy ist eine nette Idee der Autorin Pia Rosenberger, doch später wird Rodin wichtigster Einfluß auf Camille. Aber dann geht es erst einmal darum, wie schwer es für eine Frau ist, sich als Künstlerin durchzusetzen. Frauenrechte ist natürlich wichtiges Thema dieser Zeit.

Rodin bleibt als Persönlichkeit verhalten, Hauptfigur bleibt Camille Claudel.

In letzter Zeit erscheinen wirklich inflationär viele Romane über berühmte Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts und es gibt anscheinend einen Konsens darüber, die diese Frauen gewesen sein müssen. Bis auf ein paar Nuancen ähneln sich fast alle dieser Figuren stark.
Diese kritische Einwendung wendet sich aber eher generell an das Genre und nicht explizit gegen diesen Roman, der sich eigentlich ganz gut schlägt.
Camille Claudel ist eine Künstlerin, von der ich nicht viel wusste, daher fand ich das Buch wirklich interessant.

Veröffentlicht am 26.05.2021

Amerikaner in China

Im Reich der Schuhe
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Die Handlung von “Im Reich der Schuhe” ist in China angelegt. Ein amerikanischer Geschäftsmann und sein Sohn Alex befinden sich dort, weil sie da eine Fabrik haben.
Zwischen Alex und seinen charismatisch-exzentrischen ...

Die Handlung von “Im Reich der Schuhe” ist in China angelegt. Ein amerikanischer Geschäftsmann und sein Sohn Alex befinden sich dort, weil sie da eine Fabrik haben.
Zwischen Alex und seinen charismatisch-exzentrischen Vater gibt es eine Reihe von Konflikten. Zu unterschiedlich sind ihre Sichtweisen, dennoch soll Alex als Partner aufgebaut werden. Alex möchte gerne eine andere Unternehmenskultur.
Er hat außerdem eine Liebschaft mit Ivy, eine für Demokratie engagierte Chinesin. Schließlich verstrickt sich Alex immer mehr in Interessenkonflikten und die Situation scheint ihm zu entgleiten.

Der in Boston geborene Schriftsteller Spencer Wise hat selbst in China gearbeitet und anscheinend einige Erfahrungen gesammelt und Beobachtungen gemacht, die er in seinem Buch verarbeitet hat.

Der Debütroman überzeugt mich nicht ganz, hat aber einige gute Ansätze, zum Beispiel sind die Dialoge ausgezeichnet gemacht und die Lage und Sicht der Amerikaner in China ist glaubwürdig geschildert.
Daher bin ich ganz zufrieden mit dem Roman.

Veröffentlicht am 18.05.2021

Eine bedrohliche Zeit

Die Akte Adenauer
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Die Akte Adenauer handelt abgesehen vom Prolog 1945 im Wahljahr 1953. Einige Kapitel geben den Ablauf der Tage bis zur Wahl an, daran kann sich der Leser orientieren.

Der Protagonist, Krimniakhauptkommissar ...

Die Akte Adenauer handelt abgesehen vom Prolog 1945 im Wahljahr 1953. Einige Kapitel geben den Ablauf der Tage bis zur Wahl an, daran kann sich der Leser orientieren.

Der Protagonist, Krimniakhauptkommissar Philipp Gerber ist ein Held klassischer Schule, wie aus den guten alten Agentenromanen.
Auch mit den Damen weiß er umzuspringen. Er hat Fähigkeiten, ist fit und durchsetzungsfähig. Seine Herkunft ist interessant, denn obwohl deutscher Abstammung war er lange Amerikaner.
Das lässt die Frage zu, ob er sich mehr als Deutscher oder als Amerikaner fühlt.
Jetzt hat er eine wichtige Position beim Bundeskriminalamt bekommen. Gerber schafft es als Charakter, den Roman zu tragen.

Eine intererssante Figur hätte Eva Herden werden können, aber meiner Meinung nach bleibt die Figur hinter ihren Möglichkeiten.

Dem Autor Ralf Langroth gelingt es tatsächlich, die politisch angespannte Zeit der frühen Fünfziger Jahren zu porträtieren.
Adenauer selbst hat nur Kurzauftritte, aber immerhin.

Es ist ein sorgfältig geschriebener krimi, der bietet, was man erwartet. Das heißt aber gleichzeitig auch, dass er ohne Risiko und ohne größere Überraschungen bleibt.
Zu loben ist aber der Drive am Ende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.05.2021

Ein origineller Berlin-Roman

Berlin Heat
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Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag in einem Wettbüro.
Die nervliche Anspannung und die Hitze meint man als Leser spüren zu können.
Ein wenig sehe ich den Autor Johannes Groschupf als einen Erben ...

Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag in einem Wettbüro.
Die nervliche Anspannung und die Hitze meint man als Leser spüren zu können.
Ein wenig sehe ich den Autor Johannes Groschupf als einen Erben von Krimiautoren wie Dick Francis, natürlich mit jüngeren Sound. Den Vergleich beziehe ich in erste Linie auf die Kenntnisse menschlicher Psyche und das schätze ich sehr.
Gleichzeitig ist er auch sehr heutig sogar leicht in der Zukunft den die Corona-Pandemie ist bezwungen.

Der Protagonist, der gleichzeitig Icherzähler ist, halte ich für ebenso interessa nt wie ambivalent. So ganz koscher ist er auch nicht. Spielsucht, Schulden und nicht ganz einwandfreie Geschäfte, aber er ist im großen und Ganzen ein vernünftiger und cooler Typ, nur halt mit Schwächen.
Aber er ist momentan doch ziemlich am Boden und hat jede Menge Probleme. Ein Sumpf, in der versinkt. Das ist teilweise so intensiv geschrieben, das man es mit Beklemmung liest.
Manche Passagen sind rüde oder sogar drastisch.
Ein Roman, der sich nicht scheut, konsequent zu sein.