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Veröffentlicht am 07.06.2021

Kurzprosa

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Sämtliche Erzählungen. Das bedeutet fast 800 Seiten, die man selbstverständlich nicht von vorne bis hinten komplett durchliest sondern erst einmal eine Auswahl trifft. Es ist ein Buch für nicht nur ein ...

Sämtliche Erzählungen. Das bedeutet fast 800 Seiten, die man selbstverständlich nicht von vorne bis hinten komplett durchliest sondern erst einmal eine Auswahl trifft. Es ist ein Buch für nicht nur ein paar Stunden, durch das man eine originelle Schweizer Autorin kennen lernt. Adelheid Duvanel lebte von 1936 bis 1996.
Das Buch enthält außerdem ein Essays zur Poetik Adelheid Duvanels.

Die Erzählungen sind überaus eigen und originell.
Es sind alles kurze Erzählungen, oft nur eine oder einige Seiten lang. Ist doch einmal eine länger, wie z.B. die letzte Story „Jan“ ist diese in sich noch mehrfach unterteilt.

Schon mit der ersten Geschichte „Der Dichter“ wird eine bildhafte Sprache deutlich. Da spaziert der Protagonist mit seiner Hündin, die auf genau die gleiche weise hinkt wie er, durch die Vorstadt.
Häslein in der Grube zeigt ein 15jährigs Mädchen, das Häslein genannt wird, und so hoppelt sie durch die Straßen.
Ein krankes Mädchen wird Meerschweinchen genannt und trägt tatsächlich gewisse Züge dieses Tieres, wie eine hochgezogene Lippe und Schnüffeln.
Besonders gelungen halte ich die Geschichten, die von Kindern oder jungen Frauen erzählt, die sozial im Abseits stehen (Catalina, Taddea, Sabel, Das Kind, Katja, und andere).

Immer ist der Schmerz der ausgegrenzten Figuren erkennbar und als Leser kann man sich dem nicht entziehen.

Man muss dem Verlag dankbar für diese Leistung mit diesem Buch sein. Es ermöglicht eine große Entdeckung und die Begegnung mit einer außergewöhnlichen Autorin.

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Veröffentlicht am 02.06.2021

Eín gewaltiger Bergsturz

Derborence
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Derborence ist ein Roman, der wie aus der Zeit gefallen wirkt. Und vielleicht kann wirklich nur ein Schweizer Autor aus der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts so authentisch ein Ereignis darstellen, dass ...

Derborence ist ein Roman, der wie aus der Zeit gefallen wirkt. Und vielleicht kann wirklich nur ein Schweizer Autor aus der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts so authentisch ein Ereignis darstellen, dass die damalige Gesellschaft erschütterte. Tatsächlich stammt das reale Ereignis aus dem frühen 18.Jahrhundert. Ein Bergunglück, bei dem ein Berg einen Ort auf der Alb Namens Derborence verschüttete und mit ihm einige Männer.
Auch Therese Ehemann Antoine gehört zu den Vermissten. Seine späte Rückkehr erschüttert das Dorf.

Charles Ferdinand Ramuz, der auf dem Autorenfoto so kantig wirkt, vermag sensibel und eindringlich die Auswirkungen zu schildern. Er setzt starke Motive ein.

Das 1934 erstmals erschienene Buch ist ein Ereignis, das auch heute noch große Faszination ausstrahlt. Was für eine großartige Entdeckung!

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Veröffentlicht am 11.05.2021

Die Leidenschaft für das Fahrradfahren

Die Rebellion der Alfonsina Strada
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Die Rebellion der Alfonsina Strada ist eine schöne Romanbiografie, die ich gerne gelesen habe.
Alfonsina wurde 1891 in Italien geboren. Die Familie lebte in Armut, aber Alfonsina war schon als Kind von ...

Die Rebellion der Alfonsina Strada ist eine schöne Romanbiografie, die ich gerne gelesen habe.
Alfonsina wurde 1891 in Italien geboren. Die Familie lebte in Armut, aber Alfonsina war schon als Kind von Fahrradfahren begeistert und merkte schnell ihre große Begabung. Mit 13 Jahren gewann sie ihr ersten Rennen. Der Preis war ein Schwein! Später gewann sie viele Rennen, auch gegen Männer.

Der Roman ist so konzipiert, das er zeitlich hin- und herwechselt. Und man ist nah an der Figur, leidet mit und teilt ihre Erfolge. Sie ist forsch, selbstbewusst und sehr sympathisch. So überwindet sie manche Hindernisse und schafft eine beeindruckende, langjährige Radsportkarriere.

Höhepunkt des Romans werden die langen Beschreibungen von Alfonsinas Teilname an der Giro d Italia 1924, die über 12 Etappen ging.

Es ist ein anspruchsvoller wie auch unterhaltender Roman, der aber auch Härten der Zeit nicht verschweigt.

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Veröffentlicht am 05.05.2021

Es war einmal in einem Dorf

Der Himmel vor hundert Jahren
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Der historische Roman „Der Himmel vor Hundert Jahren“ hat den Vorteil, dass er eine vergangene Zeit glaubhaft darstellt. Die Menschen und ihr Leben im russischen Dorf, das klein aber nicht winzig ist, ...

Der historische Roman „Der Himmel vor Hundert Jahren“ hat den Vorteil, dass er eine vergangene Zeit glaubhaft darstellt. Die Menschen und ihr Leben im russischen Dorf, das klein aber nicht winzig ist, wirken echt und unverstellt. Gut 100 Jahre liegt die Handlung zurück, aber die Autorin Yulia Marfutova vermag es, die Zeit so darzustellen, das man glaubt, man hätte dabei sein können.

Yulia Marfutova geht sorgsam mit ihren Figuren um. Es sind Originale, die fest in ihrem Dorf verwurzelt sind und manche sind abergläubisch, aber die Autorin macht keine Kasper oder Hanswurst aus ihnen. Ihnen verbleibt stets eine innere Würde. Ich mag das.
Das Element des Aberglaubens, z.B. an Flussgeister, beinhaltet Motive, die an den magischen Realismus erinnern.
Hinzu kommt eine entspannte, gute Handlungsführung, der man gerne folgt. Ein wirklich guter Debütroman!

Veröffentlicht am 05.05.2021

streitbare Essays

Was ist eigentlich los?
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Monika Marons eigenwillige und kompromisslose Äußerungen der letzten Jahre haben ihren Ruf teilweise angegriffen und manche haben sie klar in die ganz Rechte Ecke gestellt.
Wenn man sich aber diesem Sammelband ...

Monika Marons eigenwillige und kompromisslose Äußerungen der letzten Jahre haben ihren Ruf teilweise angegriffen und manche haben sie klar in die ganz Rechte Ecke gestellt.
Wenn man sich aber diesem Sammelband die Essays der letzten Jahre ansieht, kommt man zum Schluß, dass es sich um eine konservative, aber demokratisch gesinnte Autorin handelt.

Monika Maron besteht auf ihrer Meinung, natürlich beklagt sie sich auch viel, was man auch als Masche ansehen kann.
Aber es lohnt sich, die Texte vorurteilsfrei zu lesen. Auch wenn ich oft nicht mit ihrer politischen Auslegung übereinstimme, ist es doch legitim das alles zu thematisieren. Die AfD und Pegida verharmlost sie jedoch meiner Meiner Meinung nach. Doch ich kann Monika Marons streitbaren Texten und Meinungen mit Toleranz begegnen.
Stilistisch sind die Essays messerscharf und nicht gerade langweilig.
Einige Beiträge erzählen glaubhaftes über ostdeutsche Gefühlslage.

Zu den schönsten Essays gehören dass über ihren Hund Bruno, das mich leicht an Bonnie Propeller erinnert und der Beitrag über Sarah Wagenknecht , die sie dafür interviewt hat.