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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.03.2019

Spannung ja, aber leider dem übernatürlichen Bösen untergeordnet

Lazarus
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Zum bereits siebten Mal darf Super-Ermittler und Wunder-Hirn Joona Linna die (schwedische) Menschheit vor dem Bösen retten. Jemand bisher totgeglaubtes läuft ihm in “Lazarus” über den Weg. Doch zu Beginn ...

Zum bereits siebten Mal darf Super-Ermittler und Wunder-Hirn Joona Linna die (schwedische) Menschheit vor dem Bösen retten. Jemand bisher totgeglaubtes läuft ihm in “Lazarus” über den Weg. Doch zu Beginn sind es nur Taten, die Ähnlichkeit aufweisen und merkwürdige Vorkommnisse. Ist hier also tatsächlich Joonas langjähriger “persönlicher” Freund am Werk?

“Lazarus” vereint zwei Dinge meisterlich: Grundlegende Spannung durch kurze Kapitel und regelmäßige Einsprengsel an Brutalität sowie die schon fast “Lars-Kepler-übliche” Ungenauigkeit in manchen Bereichen.

Bei dem Autorenduo gibt es zunehmend nicht mehr einfach einen bösen Gegenspieler, sondern gerne den allwissenden und übermächtigen Bösewicht. Das gibt zwar viel Spannung her, wird aber immer wieder davon getrübt, dass die Geschichte stark ins Unrealistische abdriftet.

Auch manche Charaktere handeln stark wider dem was man erwarten könnte, alles zugute des Storyverlaufs. Wenn man nicht zu tief ins Detail analysiert was passiert, sondern sich nur durch die Seiten treiben und unterhalten lässt, funktioniert der Thriller aber ganz gut. Diesen Effekt noch verstärkt hätte wohl die eine oder andere Straffung im Mittelteil.

So ist “Lazarus” eine nicht optimal ausgewogene Mischung zwischen Tempo, Spannung, Brutalität sowie detailreicher Erzählung mit Längen und unrealistischen Abschnitten und Wendungen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 03.03.2019

Kaffeekonsum überragend, Krimihandlung solide

Lago Mortale
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Dieser Piemont-Krimi kann auf mehreren Ebenen punkten: Ein wunderbares Setting (dazu sind auch die Anmerkungen der Autorin am Ende sehr interessant), abwechslungsreiche Charaktere (auch wenn ich mir beim ...

Dieser Piemont-Krimi kann auf mehreren Ebenen punkten: Ein wunderbares Setting (dazu sind auch die Anmerkungen der Autorin am Ende sehr interessant), abwechslungsreiche Charaktere (auch wenn ich mir beim Protagonisten noch mehr gewünscht hätte, dazu später mehr) und neben Mord kommt auch die Kulinarik nicht zu kurz.

Im Zentrum, neben dem Lago d’Orta, steht natürlich einer: Simon Strasser, von manchen Italienern (zurecht) Simone genannt, ein Deutscher aus Frankfurt, ehemaliger Kriminalreporter und nun Rückkehrer zu den Wurzeln seiner italienischen Mutter.

Wäre das nicht schon genug, gibt es zudem kleine Wirrungen mit den Frauen an Simons Seite, mit seiner aktuellen Freundin vor allem und dann gibt es noch Nicola. Sie ist nicht seine leibliche Tochter, aber lebt nun bei ihm und stellt seine Gedankenwelt täglich mehrmals auf den Kopf.

Das ist, was an Simon Strasser mit Fortdauer des Krimis etwas nervig rüberkommt, seine unsichere Art, vor allem was Nicola betrifft. In anderen Bereichen seines Lebens kommt er dafür wieder hervorragend zurecht. In jedem Fall trinkt er gerne und viel Kaffee, wahlweise Cappuccino oder Espresso.

Sein Leben als freier Redakteur für eine Wirtschaftszeitung in Frankfurt gibt ihm viel Freizeit, die er gelegentlich dazu nutzt, um der Polizei vor Ort etwas unter die Arme zu greifen. Und dabei viel und oft Kaffee zu trinken.

Hauptsächlich nutzt er seine Zeit dazu, Recherchen anzustellen, Mordfälle im Alleingang zu lösen und sich dabei in Gefahr zu begeben. Und um Kaffee zu trinken. Die aktuelle Leiche findet Simon natürlich zuerst und kann nicht glauben, dass das was wie ein Unfall aussieht auch einer war. Zudem gibt es innerhalb der Familie des Toten offenbar einige seltsame Vorgänge aufzudecken.

“Lago Mortale” ist eine in Summe runde Sache. Kein unbedingtes Must, aber dennoch ein gelungener Sommerkrimi, der nun zum Erscheinen im Frühjahr schon ein bisschen Urlaubslust aufkommen lässt.

Veröffentlicht am 02.03.2019

Quo vadis, Franziska - quo vadis, Erde?

Schiff oder Schornstein
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Mit einer abwechselnd romantisch verklärten und vorsichtig idealisierten Erzählung nähert sich Autorin Andrea Stift-Laube einer der aktuellen Fragen unserer Zeit: Sollten wir Menschen unser Essverhalten, ...

Mit einer abwechselnd romantisch verklärten und vorsichtig idealisierten Erzählung nähert sich Autorin Andrea Stift-Laube einer der aktuellen Fragen unserer Zeit: Sollten wir Menschen unser Essverhalten, unseren Fleischkonsum, nicht auch unter ethischen Gesichtspunkten beurteilen und überdenken?

Klar, das “Hauptproblem” ist der Klimawandel. Oder zumindest die wohl global ausgeprägteste Bedrohung für unseren Lebensraum. Mit Schuld daran ist auch, wie wir unsere großen Mengen Fleisch produzieren. Dazu braucht es auch im Jahrhundert der 3D-Drucker ja noch immer lebende Tiere, die gezeugt und aufgezogen werden müssen. Das verschlingt Ressourcen.

Und der Konsum steigt, in Summe gesehen. Zudem gibt es für jeden Einzelnen klare Grenzen beim Fleischessen - nicht immer Mengenmäßig, aber doch was die Art anbelangt. Welcher Geflügelliebhaber würde schon seinen eigenen Papagei grillen?

Doch zurück zum Buch, in dem wir anhand von wenigen, wichtigen Figuren vor Augen geführt bekommen, wie sehr sich die Dinge doch gleichen: Seit Jahrzehnten sind die Probleme bekannt, seit Jahrzehnten wird gesagt, tun wir doch etwas gegen beispielsweise den Ozonschwund oder Kernkraft oder übermäßigen Fleischkonsum oder die Überfischung der Meere oder das Artensterben im Tierreich. Alles nicht neu, aber dennoch fast nicht zu glauben, dass es in diesen Bereichen schon so lange keine oder kaum Fortschritte gibt.

Auch die Schwestern Ila und Franziska, wenn sie denn real wären, könnten das nicht glauben. Sie leben in einer österreichischen Kleinstadt und engagieren sich auf ihre Weise mit Aktivisten und Gleichgesinnten für weniger Verschwendung und achtsameren Umgang mit Tieren. Der Leser verfolgt in Etappen ihr Leben vom Volksschulalter bis aus ihnen erwachsene Frauen geworden sind, die man auch dadurch erst verstehen kann, weil man ihre Kindheit und Jugend kennt.

Doch dann tritt ein unvorhergesehenes Ereignis in das Leben der beiden und derer die sie kennen und die ganzheitliche Sichtweise wird brutal überschattet von den Probleme eines Einzelnen. Ist man egoistisch oder ist das nur natürlich, wenn man selbst als Teil des “Großen Ganzen” dann manchmal doch eigene Bedürfnisse darüber stellt?

Der Roman gibt hier versteckt noch weitere Denkanstöße und regt auch lange nach der Lektüre selbst noch zu spannenden und kontroversen Diskussionen an. Vielleicht erkennt sich der eine oder andere Leser dann sogar in einem Protagonisten aus dem Buch wieder.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Gefährliche Machenschaften in der Handelsstadt

Moses und das Schiff der Toten
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Der bisher erste Fall für einen ungewöhnlichen Ermittler in einer ebenso wenig gewöhnlichen Stadt: Hauptkommissar Stefan Moses hat einen weiten Weg hinter sich, der ihn gelegentlich in seinen Träumen heimsucht. ...

Der bisher erste Fall für einen ungewöhnlichen Ermittler in einer ebenso wenig gewöhnlichen Stadt: Hauptkommissar Stefan Moses hat einen weiten Weg hinter sich, der ihn gelegentlich in seinen Träumen heimsucht. Er hatte, im Gegensatz zu vielen anderen Flüchtlingskindern aus Afrika Glück und für den Gerechtigkeitsfanatiker gab es nur einen Berufswunsch: zur Polizei zu gehen.

In seiner neuen Heimat Hamburg trifft er auch als Erwachsener immer noch auf Vorurteile und Misstrauen. Mit einer neuen Kollegin, Katja Helwig, die ebenso ihre optischen wie charakterlichen Eigenheiten hat, gibt er also ein recht interessantes berufliches Paar ab.

Moses ermittelt im Fall eines scheinbar im Meer ertrunkenen Mannes, der tot in einem Park gefunden wird. Erst nach und nach erschließt sich, wer der Tote ist und welche Personen ein Motiv gehabt hätten, ihn umzubringen.

Da dieser Krimi ein “Band 1” ist, gibt es zwischendurch ein paar Längen, um wichtige Figuren etwas ausführlicher einzuführen, aber die Spannung nimmt gegen Ende noch einmal stark zu, Showdown inklusive. Gelungen ist auch die Konstruktion mehrere Handlungsstränge, die sich verblüffenderweise näher kommen als man zunächst vermuten würde. Zuviel lässt sich davon ohne zu spoilern leider nicht verraten.

Punkten kann der Krimi von Ortwin Ramadan auch mit kurzen Abschnitten, einem unaufgeregten, flüssig zu lesenden Erzählstil. Zudem sind manche Charaktere, auch abseits der Hauptpersonen, vielversprechend.

Veröffentlicht am 22.02.2019

Tango in Tanger

Der Tod, den man stirbt
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Ich schreibe selten über Cover oder einen ersten Eindruck des Buches, weil das sehr viele Leute meist lang und breit tun. Hier mache ich eine Ausnahme. “Der Tod, den man stirbt” wirkt sehr edel, das Cover ...

Ich schreibe selten über Cover oder einen ersten Eindruck des Buches, weil das sehr viele Leute meist lang und breit tun. Hier mache ich eine Ausnahme. “Der Tod, den man stirbt” wirkt sehr edel, das Cover beziehungsweise der Umschlag des Hardcovers ist eine Augenweide. Schlicht, doch kraftvoll. Die Farben schwarz und gold dominieren und gerade das Goldene hat einen sehr guten Bezug zum Großteil der Handlung.

Aber genug davon. Inhaltlich ist der Folgeband von “Der Preis, den man zahlt” wieder wie erwartet gut, spannend und teilweise brutal. Lorenzo Falcó, seines Zeichens spanischer James Bond zur Zeit des inneriberischen Krieges bevor dann der Zweite Weltkrieg ganz Europa umfasste, lebt im Schatten und nach dem Prinzip “Vorsicht ist besser als Nachsicht”. Er tötet oder foltert nie zum Spaß sondern nur um Aufträge, Unternehmungen abschließen zu können. Vorzugsweise zu seinen Gunsten und denen seines Chefs.

Falcó trifft auf einige bekannte Gesichter und natürlich gibt es Andeutungen über die Handlung des Vorgängers, dennoch kann man die historischen Krimis auch unabhängig voneinander lesen und gut verstehen.

Aktuell wird er nach Marokko entsendet, wo ein Frachtschiff im Hafen Zuflucht vor der drohenden Versenkung gesucht hat. Dieser Hafen ist internationales Gebiet und steht unter dem Schutz von Briten und Franzosen. Besagtes Frachtschiff transportiert wertvolles Gut: eine große Menge Gold, spanisches Gold, das von iberischer kommunistischer Seite während des Krieges in Russland zwischengelagert werden soll, bei den verbündeten Kommunisten dort.

Doch die spanische Regierung unter Franco beansprucht die Ladung für sich und will sie sich notfalls mit Gewalt holen. Um die Lage nicht eskalieren zu lassen, soll Falcó verhandeln und eine für zumindest halb Spanien zufriedenstellende Lösung erreicht. Es entsteht eine gefährliche Pattsituation...

Allgemein punktet Arturo Pérez-Reverte wieder mit wundervoll eingeflochtenen Fakten und historisch belegten Details in seine diesmal örtlich etwas beschränktere Handlung. Dies ist ein kleiner Minuspunkt, wenn man so will. Falcó hat diesmal einen großen Auftrag zu erledigen, der einfach sehr viel Raum und Seiten einnimmt. Somit kommt die Stadt Tanger in Marokko zum Handkuss und muss fast durchgehend als Kulisse herhalten. Nicht unspannend, aber auf Dauer einfach nicht so packend wie ein häufigerer Ortswechsel das wäre.