Profilbild von yesterday

yesterday

Lesejury Star
offline

yesterday ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit yesterday über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2016

Bodensteins persönlichster Fall

Im Wald
0

Hier haben wir einen sehr kurzen, prägnanten Titel, der aber einfach wunderbar zum Buch passt. Mit zwei Worten sind fast alle für Verbrechen wichtigen Orte in diesem Krimi zusammengefasst und noch so einiges ...

Hier haben wir einen sehr kurzen, prägnanten Titel, der aber einfach wunderbar zum Buch passt. Mit zwei Worten sind fast alle für Verbrechen wichtigen Orte in diesem Krimi zusammengefasst und noch so einiges mehr passiert im Wald, der das Örtchen Ruppertshain umgibt.
Dort lebt mit Oliver von Bodenstein jener liebenswert-grummelige Kommissar, der schon an den Vorgängerbänden an Pia Kirchhoffs (nun Sander) Seite war. Er hat hier in mehrfacher Hinsicht eine besondere Rolle bekommen. Zum einen finden die Taten in und um Ruppertshain statt und stehen mit dem Großteil der Gemeinschaft eng in Verbindung. Bodenstein kennt fast alle Beteiligten sehr gut, ging mit ihnen zur Schule oder war sogar mit einer liiert. Doch nicht nur das zieht ihn tief in den Fall hinein und er überlegt mehr als einmal, wegen Befangenheit nicht weiter zu ermitteln. Aber gerade deshalb, auch weil er durch seine Ortskenntnis unverzichtbar ist, bleibt er im Team und arbeitet interimistisch unter Pia.

Dass Pia früher oder später selbst Ermittlungen leiten wird, konnte sich ja jeder Fan dieser Reihe schon denken. Nun hat das alles noch einen interessanten Beigeschmack, denn es könnte vorerst der letzte gemeinsame Fall mit Bodenstein sein. Nele Neuhaus entfaltet neben der tief in der Vergangenheit verwurzelten Krimigeschichte ganz sacht einen anderen Plot – die Geschichte und das freundschaftliche Verhältnis zwischen Oliver und Pia wird spürbar und die Unsicherheit beider, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zwischen den schwierigen Ermittlungen gibt es dadurch immer wieder beinahe melancholische Momente.
Hervorheben muss man auch die Übersichtskarten und das Personenregister am Anfang des Buches, welche vor allem zu Beginn der Geschichte „überlebensnotwendig“ sind und dem Leser das Gefühl, den Überblick zu verlieren, ein wenig nehmen können. Gerade die große Anzahl an – in irgendeiner Weise – involvierten Personen ist nicht einfach zu bewältigen, bringt aber einen sehr authentischen Touch in die Geschichte, die von der Ortsgemeinschaft und der Verschwiegenheit der Leute lebt. Dennoch erscheinen die Charaktere nicht oder nur sehr selten klischeehaft und auch die eine oder andere Wendung hält das Buch parat und den Leser wachsam.

Veröffentlicht am 24.10.2016

Ein Kriminaler trotzt den Kriegswirren

Der Angstmann
0

Ein gänzlich anderer Held als in vielen Kriminalromanen spielt hier die Hauptrolle. Max Heller ermittelt, aber nicht mit privaten Problemen behaftet, sondern durch die Umstände Dresdens von 1945 eingeschränkt. ...

Ein gänzlich anderer Held als in vielen Kriminalromanen spielt hier die Hauptrolle. Max Heller ermittelt, aber nicht mit privaten Problemen behaftet, sondern durch die Umstände Dresdens von 1945 eingeschränkt. Der Autor zeichnet einen Mann, der nur seinen Prinzipien treu ist und sich weder vom Nationalsozialismus noch den Sowjets einnehmen lässt. Von der Zerstörung und den schwierigen Lebensbedingungen gezeichnet, stolpert Heller durch Dresden, aber er fällt nicht.

Als er einem grausamen Frauenmörder auf der Spur ist, stellt die Bombardierung der Stadt seine Pläne auf den Kopf. Aufgrund der wohl umfangreichen und detaillierten Recherche und Wiedergabe der damaligen Zustände und Empfindungen der Dresdner schafft es der Autor, den Leser immer wieder vom Fall abzulenken. Oft steht Heller und in Gedanken mit ihm der Leser vor der Frage, was das dringendste Problem ist – Essen organisieren, persönliche Sicherheit oder die Verantwortung anderen, den Opfern, gegenüber? Es ist eine Gratwanderung für Heller, der am liebsten alles erledigt haben möchte und sich dabei immer wieder selbst in Gefahr begibt. Doch in den entscheidenden Momenten ist ihm das Glück hold, auch wenn er und seine Frau materiell gesehen alles verloren haben und auch Max keiner bezahlten Arbeit mehr nachgehen kann.

Als er dann Unterstützung bei seinen Nachforschungen bekommt, läuft er dennoch einigen falschen Fährten hinterher, die der Autor gekonnt einbindet. Vieles scheint möglich, doch immer wieder fehlt ein Puzzlestück und es ist klar, dass die endgültige Auflösung noch verstörender sein muss, als angenommen. Die verschiedenen Hauptcharaktere bilden hier das Spektrum der damaligen Bevölkerung und der unterschiedlichen Meinungen, die (mal mehr, mal weniger) unterschwellig aufeinandertrafen.

Das alles macht die Arbeit für Heller nicht einfach, doch seine Hartnäckigkeit wird belohnt. Zusätzlich zur Lösung des Falls taucht zum Schluss noch ein Silberstreif am Horizont auf, der eine mögliche Rückkehr in (fast) sein altes Leben verheißt und gleichzeitig einen zweiten Band mit Heller ankündigt. Möge die Zeit bis dahin schnell vorbeigehen.

Veröffentlicht am 16.10.2016

Ines Fox traut nur sich selbst

Seezeichen 13
0

Ganz im Sinne einer klassischen Tragödie, lässt Christiane Kördel ihre Protagonistin Ines Fox, Chefin einer Web-Agentur in Konstanz, einiges durchmachen. In wenigen Tagen muss sie Mord, möglichen beruflichen ...

Ganz im Sinne einer klassischen Tragödie, lässt Christiane Kördel ihre Protagonistin Ines Fox, Chefin einer Web-Agentur in Konstanz, einiges durchmachen. In wenigen Tagen muss sie Mord, möglichen beruflichen Ruin, Begegnungen mit einer neuen Liebe ebenso wie mit ihrer alten Liebe, neue Nachbarn und die Machenschaften eines sehr dubiosen Firmengeflechts verkraften und aufdecken. Immer tiefer wird sie (die natürlich auch neugierig genug ist) in den Strudel der Ereignisse gesogen und gerät – wieder klassisch – selbst unter Verdacht, kriminell zu sein.
Das strategisch gute Setting am Bodensee bietet viele Möglichkeiten, so bekommt auch die Schweiz ihre Auftritte und nicht nur in Konstanz geschieht Mörderisches, sogar bis nach München reichen die Verstrickungen. Als Leser entdeckt man die eine oder andere Verbindung früher als Ines, kann sich aber, wie sie, fast bis zum Schluss nicht ganz sicher sein, wer nun auf welcher Seite steht. Jeder längere Dialog wird zum Minenfeld, wem kann man vertrauen? Lange Zeit nur sich selbst.
Neben ihren „Ermittlungen“ hat Ines, ganz Frau, auch noch mit privaten Stolpersteinen und Fettnäpfchen zu kämpfen. Abnehmen oder Schokolade essen? Alte oder neue Liebe? Ab und zu hilft Ines neben guten Kontakten und ihrer Intuition auch schon mal der Zufall, aber die Geschichte soll ja doch ein gutes Ende haben. Auch spezielle Träume, in denen sie Dinge sieht, die wirklich an anderen Orten passieren, geben ihr oftmals einen Vorsprung.
Mit viel Humor und Boden(see)ständigkeit lässt die Autorin ihre Hauptcharaktere durch die Geschichte wandern und schreckt auch nicht davor zurück, ihre ohnehin schon geplagte Ines Fox mehrmals durch Konstanz hetzen zu lassen, immer auf der Flucht vor diversen Gegnern. Im Großen und Ganzen kann man die Gefühle und Handlungen der beteiligten Personen nachvollziehen und kann gut mit ihnen mitleben, auch teilweise mit der „bösen Seite“.
Lediglich mit Ines‘ Träumereien konnte ich nicht so viel anfangen und grübelte die ganze Zeit, ob das nicht auch anders gelöst werden hätte können. So ist es natürlich einfach, sie an wichtige Informationen kommen zu lassen – zu einfach?

Veröffentlicht am 16.10.2016

Solider Krimi mit glaubwürdigen Charakteren

Rabenschwarzer Winter
0

Inspecteur Gilles Sebag klebt das Pech an den Füßen. Alles an seinem Beruf, seinen Ermittlungen scheint sich gegen ihn verschworen zu haben. Es reicht nicht, dass der Haussegen schiefhängt, die Verbrechen ...

Inspecteur Gilles Sebag klebt das Pech an den Füßen. Alles an seinem Beruf, seinen Ermittlungen scheint sich gegen ihn verschworen zu haben. Es reicht nicht, dass der Haussegen schiefhängt, die Verbrechen im winterlich kalten Perpignan erinnern ihn zudem den lieben langen Tag daran. Glücklicherweise kommt er im Verlauf des Buches damit klar, als ihm so manche Begegnungen und Ermittlungsergebnisse die Augen öffnen und kann sich dann wieder darauf konzentrieren, der gefeierte, intuitiv arbeitende Polizist zu sein, der er eigentlich ist.

Der Autor entfaltet hier eine grob gesehen ähnliche Geschichte wie in Band 1 (Dreimal schwarzer Kater), wenn auch Motivation und viele Details der Handlung ganz anders gelagert sind. Er rückt damit aber ein sehr verbreitetes Problem, Betrügereien zwischen Partnern, ins Rampenlicht. Es lässt die vielen daran beteiligten Charaktere sehr unterschiedlich und damit authentisch damit umgehen und lässt auch den Täter am Ende glaubwürdig wirken.
Auch nach diesem dritten Band der Reihe (mein zweites Buch von Georget) werde ich mit Gilles Sebag nicht richtig warm, auch wenn von allen anderen Hauptcharakteren weniger Privates angesprochen und weniger ihrer Gedanken für den Leser sichtbar werden, finde ich sie alle doch greifbarer als Gilles. Mit seiner weinerlichen Art, die nicht ganz zu seinem beruflichen Erfolg passen mag und seinem Alkoholzuspruch kann er bei mir nicht punkten. Zumal er zwischendrin viele Klischees bedient und das teilweise selbst anspricht.
Alles in allem aber ein solider Krimi, der dem aufmerksamen Leser die Freiheit gibt, schon ein wenig früher als die Polizei, mögliche Zusammenhänge zu sehen. Aber noch nicht so früh, dass der Rest des Buches langweilig werden könnte.

Veröffentlicht am 14.10.2016

Langwierige Ermittlungen, aber nettes Katz-und-Maus-Spiel

Dreimal schwarzer Kater (Roussillon-Krimi 1)
0

Gar nicht mal so viel französisch/spanisches Flair kommt bei diesem Krimi durch, was wohl auch daran liegt, dass in den mehr als 450 Seiten einfach anderes Vorrang hat. Die Ermittlungen stehen im Vordergrund, ...

Gar nicht mal so viel französisch/spanisches Flair kommt bei diesem Krimi durch, was wohl auch daran liegt, dass in den mehr als 450 Seiten einfach anderes Vorrang hat. Die Ermittlungen stehen im Vordergrund, der Leser ist hautnah bei jeder Besprechung und jedem bereicherndem oder nicht bereicherndem Zwiegespräch im Büro dabei und lernt die Polizisten von beruflicher und privater Sicht kennen.
Auf sie kommt kein so leichter Fall zu, als es zunächst scheint. Und auch ein Mord zu Beginn des Buches bleibt lange unter dem Radar. Er wird dann eine Rolle spielen, wenn niemand mehr damit rechnet. Nicht berechenbar wirkt auch der Täter, den es schlussendlich zu überführen gilt und Georget zeigt in diesem Buch deutlich, dass die Arbeit der Kriminalpolizei viel öfter einem Puzzlespiel gleicht, das sehr verworren sein kann, als jenen Krimiserien die das Fernsehen oft zeigt. Es entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, das, weil über weite Strecken, gut aufgebaut, darüber hinwegtäuschen kann, dass eben nicht nach Action-Film-Manier ständig „etwas passiert“ und viel Blut fließt. Vielmehr geht es auch darum, ein Motiv zu finden, herauszufinden, wie der Täter tickt. Und davor noch: Wer der Täter überhaupt ist. Das herauszufinden gelingt dem Leser schneller als der Polizei, aber es bleibt ein nettes Lesevergnügen, zu verfolgen, wie es auch die Polizei schafft.

Auch wenn am Ende einiges in Bezug auf die Täterperson klarer wird, bleibt diese leider doch noch ein wenig zu blass. Man hätte diesem Charakter und seiner Entwicklung mehr Zeilen widmen können und dafür weniger Augenmerk auf die privaten Probleme der Hauptfigur verwenden. Inspecteur Gilles Sebag mag von Zeit zu Zeit ein genialer Ermittler sein, hat in den eigenen vier Wänden aber scheinbar wenig zu sagen und kann sich nicht entscheiden, ob er wissen will, was seine Frau so ohne ihn treibt. Das ist grundsätzlich verständlich, muss aber nicht jedes zweite Kapitel ausgebreitet werden. Ebenso wie seine genehmigten und angeordneten Erholungspausen zuhause, weil ihn der scheinbar unlösbare Fall so sehr mitnimmt.
Ein großer Kritikpunkt ist auch der gewählte Titel des Buches, der auch bis zum Ende hin nichts mit der Geschichte zu tun hat. Es mag schon vorkommen, dass sich ein Titel nicht vor der Lektüre erschließt, aber er sollte den Leser nicht danach noch ratlos zurücklassen. Zum Teil mag das an der Übersetzung liegen, die keine ist. Im Original heißt das Buch doch so viel wie „Im Sommer langweilen sich die Katzen“, was man besser zum Buch in Beziehung setzen kann. Die Handlung spielt im Hochsommer und das Katz-und-Maus-Spiel entwickelt sich und hat auch mit Langeweile zu tun (mehr wird nicht verraten). Für mich ist dagegen der deutsche Titel misslungen.